Kunstprojekt "Auto Reverse"
Die dunkle Seite des Automobils
Ganz neue Einblicke gewähren Kay Michalak und Sven Völker mit ihrem Kunstprojekt "Auto Reverse". Sie zeigen Klassiker von unten. Was recht einfach klingt, war allerdings eine Heidenarbeit.
06.09.2015 Kai Klauder
So haben die meisten, die nicht gerade ihre Freizeit liegend unter Hebebühnen verbringen, diese Klassiker noch nie gesehen. Die beiden Künstler Sven Völker und Kay Michalak setzten die Unterseite von 15 Autos der Baujahre 1958 bis 2002 mit großem Aufwand in Szene.
Sven Völker ist Professor für Kommunikationsdesign an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe - und kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Autos geht. So zeichnete er für das weltweite Corporate Design von Suzuki verantwortlich, publizierte das Werk "Go faster - The Graphic Design Of Racig Cars" und widmete sich mit Peter Sloterdijk der Kompetenzsteigerungsspirale in "Die Welt über die Straße helfen: Designstudien im Anschluss an eine philosophische Überlegung".
Soweit zur Theorie, doch für "Auto Reverse" ging es erst mal um die Praxis: Wie kann man den Unterboden eines Autos perfekt ausgeleuchtet in Szene setzen? Völker holte sich Hilfe von dem renommierten Fotografen Kay Michalak. Die beiden arbeiten schon seit Jahren zusammen - auch im Auftrag der Automobilindustrie.
Teure Autos sehen nicht so gut aus wie günstige
Beim ersten Versuch gab es gleich eine Enttäuschung, denn der Porsche 911, der von einem Kran in die Höhe gehoben wurde, präsentierte ein unspektakuläres Unterteil, das so gar nichts von dem stilbildenden Design der Karosserie hatte. "Teure Autos sehen also von unten nicht unbedingt besser aus als billige. [...] "Ich erinnere mich daran, dass der Anblick eines Citroën 2CV viel beindruckender war, als der des von oben so hübschen Porsche 911."
Doch genau darin liegt ein Reiz der ungewöhnlichen Aufnahmen. Die Karosserie der Klassiker hat jeder schon hundertfach gesehen, doch wie ein Smart, ein Renault 4 oder ein Volvo 940 von unten aussehen, wissen nur die wenigsten.
Der Blick hinter die Kulissen - Ästhetik und Technik
Durch die neue Perspektive lässt sich auch die technische Entwicklung und die Besonderheiten mancher Fahrzeuge gut studieren. So etwa beim 1958er Wartburg 311, dem ältesten Fahrzeug der Reihe. Der geschwungene Kastenrahmen mit seinen Auslegern nimmt vorne die Querlenker und hinten die Längslenker auf, an der die Starrachse mit querliegenden Blattfeder geführt wird - so eine ästhetische Konstruktion haben viele dem Ost-Wagen kaum zugetraut.
Im Vergleich dazu wirkt der Ford 17 M P7B geradezu antiquiert. Der Wagen aus dem Jahr 1972 übernahm die Fahrwerkstechnik seines Vorgängers - mit Starrachse an Längsblattfedern. Anhand von "Auto Reverse" lässt sich auch die Philosophie manches Herstellers erkennen. Etwa beim Volvo 940, dessen Unterboden die gleiche Solidität ausdrückt, wie man es von der massiven Karosserie gewohnt ist. Oder beim Mercedes 230 C der Baureihe W123. Bei ihm erkennt man den technischen Anspruch der Ingenieure an der Schräglenkerhinterachse, den sicherheitstechnischen an den stabilisierenden Sicken und Falzen im Bodenblech. Und das typische inkontinente Differenzial ist auch zu sehen.
Kurz und gut - Mini, R4 und Smart
Manche Autos erkennt man relativ einfach an den Unterböden. Wie den Renault 4 mit seinen Drehstabfedern - vorne längs und hinten quer liegend. Der kleine Franzose ist übrigens der Kilometerkönig unter den 15 Klassikern - er hat schon 269.943 km auf der Uhr. Die Motoren sind ja bekanntlich unkaputtbar, doch dass das Blech des Chassis bei dieser Laufleistung noch so gut aussieht, sorgt doch für Staunen.
Auch der Smart ist alleine schon wegen seiner Kürze und der deutlich unterschiedlichen Spurweite gut erkennbar. Ähnlich einfach ist der Mini zu identifizieren, der mit seinem Konzept einzigartig ist - auch von seiner Unterseite aus gesehen.
Für Überraschungen sorgen eher die unspektakulären Autos wie die angesprochene Ente, der Golf 1, MGA oder auch der Trabant, dessen Unterboden schon fast eine graphische Eleganz ausstrahlt.
Sehen Sie selbst, wir zeigen alle 15 Aufnahmen in unserer Fotoshow - und dazu die Fahrzeuge, wie wir sie schon kennen.
Großformatige Aufnahmen für die Wand
Die Fotografien können in den Formaten 158x100 cm sowie 68x42 cm bestellt werden. Das 36-seitige Journal zeigt alle 15 Aufnahmen und ist im Format 32x23 cm erhältlich.
Weitere Informationen zu dem Projekt und der Bestellmöglichkeit unter www.kaymichalak.de oder www.svenvoelker.com.