Youngtimer-Camper VW T2 und T3 Westfalia

Zwei Bulli für Weltreisende

Der Name Westfalia dürfte auf der ganzen Welt längst ein fester Begriff für perfekt durchdachte Reisemobile auf Bulli-Basis sein. Wir wollten wissen, warum das so ist und haben einen VW T2 sowie einen VW T3 zu einer kleinen Ausfahrt geladen.

VW T2, VW T3 Westfalia, Frontansicht Foto: Arturo Rivas 14 Bilder

Natürlich wären Oliver Merbt mit seinem VW T2 und Heiko Wacker im roten VW T3 Club Joker für die Fotos dieser Geschichte auch bis zum Gardasee gefahren. Ehrensache. Aber was soll man als Besitzer eines Bullis mit Campingvollausstattung auch anderes sagen? Diese rollenden Einzimmer-Apartments haben schließlich zigtausend Globetrotter über die Anden oder durch den Regenwald transportiert, haben weder vor zentralafrikanischen Schlammpisten noch vor isländischen Flüssen gescheut und gelten quasi als die Urmeter aller Reisemobile. Da kann man auch mal eben für ein paar Aufnahmen nach Norditalien fahren.

Dass es dann doch nur zu einem Termin am Breitenauer See nahe Heilbronn gelangt hat, liegt einzig am engen Terminkalender des Autoren. Doch eigentlich spielt der Standort für diese Geschichte auch nur eine Nebenrolle – es muss ja nicht immer gleich bis an irgendein Ende der Welt gehen, nur weil es sich bei VW T2 und T3 um zwei Bullis handelt, die bei Westfalia einst im Abstand von zehn Jahren in zwei vollausgestattete Reisemobile verwandelt wurden. Inklusive Küchenzeile mitsamt Spüle, Gasherd und Eisschrank sowie einem Doppelbett über dem Motor und einem weiteren im ersten Stock unter einem Klapp-, beziehungsweise Hochdach.

Bestseller aus Westfalen

Maximale Ausnutzung der vorhandenen Fläche für maximalen Luxus – die Erfahrung im Wohnmobilbau des Unternehmens aus dem ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück ist bei den beiden Fotomodellen aus den Baujahren 1977 und 1987 auf den ersten Blick erkennbar. Bereits 1951 fertigt Westfalia für den praktischerweise kastenförmigen T1 ein Einbauset aus Resopal-beschichteten Spanplatten an, das aus dem Nutzfahrzeug mit wenigen Handgriffen ein Reisemobil macht. Zur Ausstattung der sogenannten „Camping- Box“ gehören ein Gaskocher, ein Klapp-Doppelbett, ein Klapptisch sowie ein Regal in der hinteren Flügeltür mitsamt Waschschüssel.

Fünf Jahre später präsentieren VW und Westfalia gemeinsam den ersten Campingwagen mit fest eingebauter Einrichtung, 1963 dann den ersten VW-Bus mit einem seitlich aufstellbaren Faltdach. Ab jetzt kann man in dem Auto stehen, das nun auch noch über zwei zusätzliche Schlafmöglichkeiten in knapp zwei Metern Höhe verfügt. Klar, dass die halbe Welt sich um diesen Bus reißt, um damit die andere Hälfte der Welt zu bereisen. Oder um damit einfach zu einem Rockfestival zu fahren. Egal. Am 7. Mai 1969, also bereits zwei Jahre nach der Vorstellung des T2, verlässt der 50.000. VW-Campingwagen die Westfalia-Werke, im Juni 1971 sind es bereits 100.000 Fahrzeuge.

VW T2 bekommt modernere Hinterachse und endlich einen kräftigen Motor

Gegen Mitte der Siebziger hat sich die Idee des Campingbusses vollends etabliert. „Der VW T2 ist gegenüber seinem Vorgänger nicht nur gewachsen, sondern verfügt auch über größere Fensterflächen, eine Schiebetür sowie über ein verbessertes Fahrwerk mit einer Doppelgelenk-Hinterachse“, erklärt Bus-Fan Oliver Merbt. Und ab 1975 hätte mit dem 70 PS starken Zweiliter-Boxer endlich auch das Reisetempo mit einem 1,5 Tonnen schweren T2-Westfalia gestimmt.

Vier Jahre hat der Mann aus Heilbronn sich Zeit genommen, um seinen in der Szene als „Emil“ bekannten Bus mit dem inzwischen hinten angeschlagenen Klappdach (ab 1974) auf höchstem Niveau zu restaurieren. „Ein Kindheitstraum“, erzählt Merbt, der als Vierjähriger mit seinen Eltern in einem VW T2 unter anderem nach Elba gereist ist. „2011 bin ich mit meiner Tochter in diesem Bus noch mal nach Elba gefahren.“ Dafür habe sich jede Arbeitsstunde gelohnt.

Küchenzeile, Kühlschrank, Waschbecken, Schrank – alles an Bord

Sobald das Dach des VW T2 mit zwei Handgriffen aufgeklappt ist, fällt zusätzliches Licht in den Innenraum. „Ab 1977 wurde dieser mit dunklen Holzfurnieren und bunten Schottenmustern für die Polster deutlich aufgepeppt“, erklärt Merbt und bietet eine Führung durch seinen Reisebus an. „Rechts quer zur Fahrtrichtung die Küchenzeile mitsamt Kühlschrank, Waschbecken und einem Schrank, an dessen Außenwand sich ein Klappherd befindet, geradeaus unter den jalousieartigen Klappfenstern ein drehbarer Tisch und links eine Sitzbank, die sich natürlich in ein Bett verwandeln lässt.“

Für ihn sei dieser sogenannte Helsinki-Grundriss die optimale Lösung, weil die hintere Sitzreihe beziehungsweise Liegefläche über die gesamte Wagenbreite reichen würde.

Weiter in den ersten Stock des VW T2. Dort würde sich Westfalia-typisch das zweite Doppelbett befinden, und dort herrsche dann auch echtes Campingflair, weil der Faltenbalg des Klappdachs aus Zeltstoff gefertigt sei, schwärmt Besitzer Merbt. „Dieses Auto bedeutet absolute Freiheit.“ Irgendwo anzukommen, das Dach aufzuklappen und sich erst einmal einen Kaffee zu kochen, sei für ihn die perfekte Form des Reisens.

VW T3 Westfalia mit 112 PS und Sportfahrwerk

Ähnlich sieht es auch Heiko Wacker. Doch sein VW T3 aus dem Jahr 1987 spielt in einer anderen Liga, weil er bereits den 112 PS starken 2,1-Liter Wasserboxer (WBX) mit Einspritzanlage im Heck trägt, der 1985 als Topmodell eingeführt wurde. „In Kombination mit dem zeitgenössischen Oettinger-Sportfahrwerk meines Busses bietet diese grandiose Maschine den größten Fahrspaß in einem T3“, erklärt Bus-Spezialist Wacker aus dem nordbadischen Kraichgau.

Die Moderne hat demnach Einzug in dieses Universalgenie gehalten, die lieblichen Gesichtszüge seiner Vorgänger sind endgültig einem entschlosseneren Ausdruck gewichen. In der Szene spricht man nach der Einführung des VW T3 im Jahr 1979 von der Vollendung des Heckmotor-Layouts. Der neue Bus sei traktionsstärker, wandelbarer und fahrdynamischer. Eben ein Kumpel, der mehr denn je den Alltag und natürlich auch die große Reise meistert – so wie der T3 von Heiko Wacker, der regelmäßig raus auf die Straße und in die Ferne ziehen darf und hier und da die Spuren seiner zahlreichen Kilometer wie Auszeichnungen in seinem roten Originallack trägt.

Ausrollbare Markise spendet Schatten

Inzwischen hat sich auch der Name des VW Campingwagens made by Westfalia verändert, er nennt sich in seiner dritten Generation ab sofort Joker. „Kunden mussten vor dem Kauf jetzt allerdings eine grundlegende Entscheidung treffen: entweder Aufstelldach mit einer vorderen Gepäckwanne oder Hochdach mit einem getönten Fenster in Fahrtrichtung“, erklärt Heiko Wacker und lädt zu einem Kaffee im Schatten der ausrollbaren Markise ein, die bei einem VW T3 Joker bereits serienmäßig über der Schiebetür montiert ist.

Gegenüber der charmanten 70er-Jahre- Farbenpracht im VW T2 herrscht im Innenraum des Hochdach-T3 sachliches Grau vor, welches weniger rustikale Gemütlichkeit, sondern vielmehr puren Nutzwert signalisiert. Grundsätzlich anders auch der Innenausbau der Kabine: „Die Küchen- und Schrankzeile mitsamt einem Schwenktisch ist der Länge nach unter einem großen getönten Ausstellfenster auf der linken Fahrzeugseite montiert“, erklärt der Bus-Fan das Muster des Grundrisses. Diese Einbauvariante habe sich als so vorteilhaft erwiesen, dass sie bis heute im T5 California verwendet wird. „Allerdings ist die Liegefläche bei dieser Version schmaler als bei einem T2 mit Helsinki-Ausbau.“

Bis in den letzten Zentimeter durchdacht

Zur Ausstattung gehörten ferner eine Isolierverglasung, eine benzinbetriebene Heizung und natürlich drehbare Vordersitze, ergänzt Wacker. „Dieser Bus ist bis auf den letzten Zentimeter durchdacht.“ Am frühen Abend brechen Oliver Merbt und Heiko Wacker ihr Lager am See ab. Sie wissen, dass allein der Anblick ihrer Autos bei einigen, die hinterherschauen, bereits für Fernweh sorgt – auch so eine Disziplin, in der diese Bullis ziemlich gut sind.

So viel kosten VW T2 und T3 Westfalia

Bullis sind gesucht, Westfalia-Bullis sind noch gesuchter. Das schlägt sich auch in den hohen Preisen nieder. Für einen VW T2 Westfalia im geplegten Zustand 2 sind rund 30.000 Euro fällig, mäßige Zustand-4-Exemplare liegen bei etwa 8.000 Euro.

Der alltagstauglichere VW T3 Westfalia, mit dem ein Mitschwimmen im heutigen Verkehr dank des 112 PS starken Wasserboxers gut möglich ist, kostet im Zustand 2 rund 12.000 Euro. Fahrzeuge im Zustand 4 sind für etwa 3.500 Euro zu haben.