VW Passat Variant G60 Syncro vs. Passat VR 6
Die Topmodelle der Baureihe 35i im Vergleich
Die beiden Topmodelle der Baureihe 35i machen aus dem bürgerlichen Verbrauchs-Auto eine erhaltenswerte Rarität. Wir geben Entscheidungshilfe.
22.11.2017
Patrick Broich
Foto: Hans-Dieter Seufert
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Auf den ersten Blick zeigen die beiden Topmodelle der Baureihe 35i kaum Unterschiede. Kenner identifizieren G60 Syncro und VR6 am Design der Alurädern.
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Dennoch sind die beiden alles andere als gleich. Beide haben jedoch gemeinsam, dass sie ein biederes Auto für den Staubsaugervertreter der 90er in ein echt kultiges Spaßmobil verwandeln.
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Der G60 Syncro wurde erst zwei Jahre nach Markteinführung der Baureihe vorgestellt und hat mittlerweile Seltenheitswert. Auch wenn damals 28.456 Exemplare des Über-Passats produziert wurden, vom Kombi-G60 sollen angeblich keine 100 Fahrzeuge mehr auf deutschlands Straßen unterwegs sein.
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Der 1,8-Liter macht dank Aufladung mächtig Spaß. 160 PS waren damals eine Ansage und konnten sogar mit einem damaligen 323i mithalten. Auch heute ist man noch mit vielen Vertretern der aktuellen Passat-Baureihe auf Augenhöhe.
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Der Vierzylinder mit dem G-Lader ist ein Powerpaket, seine Laufkultur hingegen nicht berühmt.
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Auf das rote Signalwort "G60" sollte man achten und sich zweimal überlegen ob man überholen kann.
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Wie bereits erwähnt gibt das Felgendesign dem Kenner einen Hinweis.
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Nüchterne 90er auch im Innenraum. Viel Plastik und noch mehr Plastik. Ganz Serie ist dieser Innenraum nicht mehr.
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Übersichtliche Instrumente und eine durchaus ordentliche Verarbeitung kennzeichnen den Passat 35i. Hier klappert oder rappelt nichts.
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Unser G60-Kandidat war mit Lederpolstern ausgerüstet, die dem nützlichen Variant einen noblen Touch verleihen. Der Fahrersitz ist jedoch ein Fall für die Lederklinik.
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Anhängerkupplung? Klar, auch als G60 ist der Passat ein echter Lastenesel.
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Von 0 auf Landstraßentempo geht's in 9,8 Sekunden. Maximal rennt der aufgeladene Passat 210 km/h.
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Topmodelle sind sie beide, doch es will sorgfältig abgewogen sein, welcher es am Ende werden soll. Wartungsstau kann in beiden Fällen Kosten verursachen – ob nun G-Lader oder Kettenspanner. Wer ein gepfegtes, unverbasteltes Exemplar haben möchte, sollte geduldig sein – denn die starken Passat-Modelle sind rar.
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Mehr Understatement wie beim VR6 geht kaum. Ein Sechszylinder verpackt in einer biederen Vertreterkarre.
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14 PS mehr als der G60 leistet der VR6. In Sachen Drehmoment hat der VR6 mit 240 Nm zu 225 Nm die Nase vorn.
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Mit sechs Zylindern lässt sich Kraft auf kultivierte Art und Weise erzeugen, die VR-Maschine glänzt durch samtigen Lauf.
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Über eine Sekunde schneller geht es mit dem Passat VR6 auf Tempo 100. Um genau zu sein, 8,3 Sekunden benötigt es für den Standardsprint. Maximal sind 218 km/h möglich.
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Bei unserem VR6-Modell wurde deutlich mehr Originalität gewahrt. Sonst sind im Innenraum keine großen Unterschiede festzustellen.
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Solide und langlebig ist der Passat allemal, aber auch nüchtern. Schon damals ein Vernunftauto - wobei diese zwei Kandidaten nicht die vernünftigste Wahl von der Motorenpalette repräsentieren.
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Die Stoffsitze im VR6 passen bestens zum Charme des VR6. Allerdings haben auch diese ihre besten Zeiten hinter sich.
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Auch für den Sechszylinder gab es spezifische Alus gab's vom Werk aus dazu. Diese unterscheiden sich deutlich vom Design der G60er.
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Der feine Klang des VR6 darf über ein auffälliges, ovales Auspuffendrohr entweichen.
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Neu wurden über 40.000 DM für den VR6 aufgerufen. Heute bewegen sich die im Zustand 2 im Bereich unter 5.000 Euro
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Die Karosserie des Passat 35i ist weitgehend solide, von einem generellen Rostproblem kann man nicht sprechen. Viele Karosserieteile wurden feuerverzinkt. Neuralgische Stellen sind die Heckklappe und Radläufen. Eher als mit Rost muss man mit ausgeblichenen Lacken rechnen, vor allem rote Fahrzeuge sind betroffen. In puncto Verwindung gibt es selbst bei hoher Laufleistung keine Probleme – auch mit fast 300.000 Kilometern auf der Uhr fährt sich ein 35i noch immer steif und fest. Im Innenraum muss die Aufmerksamkeit insbesondere den verschleißfreudigen Lederpolstern (seinerzeit optional) gelten.
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Die Ersatzteilsituation ist schon wegen der hohen Fahrzeug-Stückzahlen recht entspannt. Es gibt derzeit noch genügend Schlachtautos. Doch Vorsicht: Nicht mehr alle Teile können als Originale geliefert werden. Bei den Verschleißteilen ist alles im grünen Bereich – unzählige Firmen tragen dafür Sorge. Neben den üblichen Dingen wie Bremse oder Kupplung wollen auch gerne mal Steuergeräte getauscht werden.
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G60 oder VR6? Das ist eine wirklich schwierige Entscheidung, denn beide „Varianten“ sind souverän, schnell und bereiten mächtig Fahrspaß. Der Sechszylinder läuft aber deutlich geschmeidiger, während der G60 Syncro für den Sammler viel interessanter ist – eine echte Rarität eben.
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Zwei Passat-Modelle der Baureihe 35i im Youngtimer-Vergleich, wie bitte? Der eine oder andere Leser wird den schlichten Praktiker, von dem fast eine Million Exemplare als Variant und etwa 600.000 als fragwürdig schön gezeichnete Limousine von den Emdener Bändern liefen, womöglich eher in die Kategorie „Wegwerfautos, auf Nimmerwiedersehen“ stecken.
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Langweilig? Das mag in gewisser weise auf die Passat-Baureihe 35i zutreffen, aber nicht auf die zwei Vertreter.
Doch Massenautos, die selten werden, haben einen unbestreitbaren Charme. Und man muss die Autos dann sichern, wenn noch welche in gutem Zustand existieren. Zugegeben, den zwischen 1988 und 1993 angebotenen Passat sieht man anno 2015 noch häufig im Straßenbild – meist als schäbige Verbrauchtausgabe mit hängendem Auspuff, leider. Auch die Bastelkönige haben schon kräftig gewütet an der 35i-Front. Immerhin, die Wolfsburger Mittelklasse ist zäh und hat sich bis in die heutige Zeit wacker geschlagen.
Ein 35i-Vergleich mutet auf den ersten Blick nur bedingt spannend an, da reicht die 1,8-Liter-Sparausführung mit 90 PS kaum, um einen Auto-Fan hinter dem Ofen hervorzulocken. Auch der 75 PS starke Turbodiesel ist nicht unbedingt Quell heller Freude. Beim Durchforsten des Modellangebots entdeckt man aber schließlich doch noch Highlights mit Appetitanreger-Potenzial.
Aufgepasst beim Motor
Richten wir den Blick also auf die Topmodelle. Als da wäre zunächst (allerdings erst zwei Jahre nach dem Start der Baureihe eingeführt): der G60 mit damals ansehnlichen 160 PS. Hätten lediglich Zahlen entschieden, der G60 wäre ein ernst zu nehmender Konkurrent des 190 E 2.6 gewesen – nur viel praktischer als Variant. Oder gar ein Wettbewerber des nur wenig stärkeren 325i mit 170 PS. Doch die Zielgruppen dürften nicht sonderlich viel miteinander zu tun gehabt haben – und war der Anspruch, ein beachtliches Auto zu bauen, auch bei Volkswagen ohne Zweifel vorhanden, in Sachen Prestige konnte Mercedes seine Wolfsburger Kollegen damals locker überrollen. Was ist nach langen 25 Jahren übrig von Volkswagens Zielsetzung, ein bisschen Luxus in die bürgerliche Klasse zu bringen? Als Basis für den G60 dient am Ende des Tages freilich nur der schnöde Einspunktacht-Vierzylinder, dessen Code EA827 kaum aufregender klingt, als es das Triebwerk selbst ist. Doch aufgewertet mit einem G-Lader zwecks mechanischer Aufladung macht die Maschine Laune, deren Audi-Ursprünge auf das Jahr 1972
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Der G-lader verhilft einem langweiligen 1.8er zu ansehnlicher Power.
zurückgehen. In der Praxis fährt sich der G60 ziemlich modern, er hat Biss und kann es bei entsprechendem Gasfuß auch mit einem neuzeitlichen TDI ganz gut aufnehmen, sofern es sich nicht gerade um die doppelt aufgeladene Top-Variante mit weit über 200 PS handelt. Man braucht aber ordentlich Drehzahl, um diesen Passat auf Trab zu halten. Außerdem rollt der stärkste Vierzylinder-35i ausschließlich als Syncro an, was beim Ampelsprint (vor allem bei Nässe) von hoher Bedeutung ist. Leider ist es unwahrscheinlich, dem Kombi mit dem G60-Badge zu begegnen – nicht einmal mehr 100 solcher Versionen rollen auf deutschen Straßen.
Der VR6 ist ein Sahnestück
Da dürften vom 1991 analog zum Golf III eingeführten Passat VR6 noch ein paar mehr existieren, wenngleich der Dachreling-Topliner auch nicht an jeder Straßenecke anzutreffen ist.
Ihn lieferte Volkswagen zunächst nur als Fronttriebler, was zusammen mit der Mehrleistung von 14 PS für dezent mehr Druck im Kreuz sorgt. Denn er ist trotz schwererer Maschine leichter, und weniger Schleppmoment lässt den drehmomentstärkeren Motor einfach freier atmen. Doch der wirklich signifikante Unterschied ist nicht die bessere Beschleunigung, sondern der sonore Sound. Der VR6 hat das Zeug zum Nobeltransporter, er klingt teuer und kultiviert.
Wenn es für den Neuwagenkäufer auch ein Tabu gewesen sein mag, nach mehr als zwei Jahrzehnten Distanz darf man auch vom hohen Benz-Ross 190 E 2.6 ohne Gewissensbisse einen Blick auf den raren Wolfsburger wagen. Unser Testexemplar zeigt nach über 250.000 km auf dem Tacho keine nennenswerten Schwächen und fährt noch erstaunlich straff. Die fünf Gänge der oft als labberig kritisierten Seilzugschaltung rasten erstaunlich präzise ein, und 2,8 Liter Hubraum bieten die lässige Option, von der Gearbox nur selten Gebrauch zu machen. Denn der bullige Sechsender kommt mit Nachdruck aus dem Drehzahlkeller, um der Fuhre einen souveränen Kick zu geben.
Schnell, rar und nützlich
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Die beiden überzeugen nicht nur mit ihren tollen Motorisierungen, sondern Punkten wie alle anderen Passat-Modelle mit einer Menge Platz.
Darüber hinaus ist der Passat vor allem in der hier besprochenen Variant-Ausführung ein ausgewiesener Praktiker. Wer den gesamten Raum ausnutzt und die geteilte Rücksitzlehne (je nach Version damals 500 Mark Aufpreis) umlegt, kann sich über 1.700 Liter Gepäckraumvolumen freuen. Wie bei einem unserer Fotomodelle sind viele VR6-oder auch G60-Offerten auf dem Markt mit Lederpolstern ausgerüstet, was später nicht unbedingt ein Vorteil sein muss. Die Rindshaut verschleißt mit dem Alter und bietet keinen schönen Anblick, gepflegte Ledersessel bringen jedoch einen satten Luxus-Bonus.
Und sonst? In puncto Ausstattung muss sich der Eigner mit Bordcomputer, elektrischen Fensterhebern, Klimaanlage und Sitzheizung begnügen, das sind jedoch keine schlechten Voraussetzungen, um den Alltag kommod zu bestreiten. Das bei vielen VR6-Angeboten eingesetzte Automatikgetriebe ist der Performance nicht unbedingt zuträglich, bringt aber einen Komfortgewinn, auch wenn die Schaltvorgänge nicht immer weich erfolgen. Der G60 ist im Zweifel erste Wahl für das Raritätenkabinett.