VW Golf I GTI Restaurierung
Frischzellenkur für Scheunenfund-GTI
Schon lange suchte der Schweizer Matthias Schär nach einem VW Golf I GTI. Durch Zufall stieß er auf einen Scheunenfund, den er in rund 12 Monaten mit überschaubarem Aufwand restaurierte.
15.05.2015 Bernd Woytal
Glück und Zufall spielen in dieser Geschichte über einen VW Golf GTI Serie 1 eine tragende Rolle. Das weiß keiner besser als Matthias Schär aus Grenchen bei Solothurn, der besonders Fahrzeuge von Mercedes und Volkswagen mag. Für Autos hat er sich schon immer interessiert. „Ich konnte bereits ein Autoradio einschalten, bevor ich laufen konnte“, lacht er.
Vor allem schätzt er jene VW Golf GTI, die ihm aus seiner Jugend in Erinnerung geblieben sind. Das erklärt auch seine Mitgliedschaft in der Schweizer Youngtimer-Connection (www.youngtimer-connection.ch), wo man ihn unter anderem wegen seiner kleinen und feinen Kollektion an Mercedes W124 kennt.
Auch einen VW Golf II GTI 16V beherbergt seine Garage, während ein GTI Serie 1 bis zum Jahr 2012 lediglich auf seinem Wunschzettel stand. Allerdings hatte er keine großen Hoffnungen, je auf ein brauchbares Exemplar zu stoßen: „Die sind mittlerweile entweder total verrostet oder verbastelt“, meint der Schweizer.
15 Minuten Preisverhandlung, dann war die Katze im Sack
So hielt sich seine Euphorie zunächst in Grenzen, als ein Arbeitskollege von einem Bekannten berichtete, der vor 14 Jahren einen VW Golf I GTI ausgemustert hatte. Dennoch ließ sich Schär die Adresse geben, und einige Zeit später fuhr er ins nur 35 Kilometer entfernte Courtelary, um den Wagen zu besichtigen.
Das erwies sich als recht problematisch, denn der VW Golf I GTI stand umringt von allerlei Gerümpel in einem offenen Holzschuppen und war kaum auszumachen. Die ersten zwei Jahre nach seiner Stilllegung hatte er in einer Garage zugebracht, um dann für das nächste Dutzend Jahre an diesen Ort zu wechseln. „Weil das Auto rundum so zugestellt war, konnte man genau genommen lediglich die rechte Seite und das Heck anschauen“, erzählt Schär. Doch was er sah, wirkte ermutigend.
Klar, einer der beiden Vorbesitzer hatte einen Kamei-Spoilersatz und breitere Felgen und Reifen montiert, aber das ließ sich leicht zurückrüsten. Viel wichtiger war, dass die Karosserie zumindest im einsehbaren Bereich einen recht gesunden Eindruck machte. „Nach einer Viertelstunde war ich mit dem Besitzer über den Preis einig und kaufte den VW Golf I GTI“, berichtet Schär von dieser spontanen Aktion.
Ein fast rostfreier GTI
Ein wenig mulmig war ihm angesichts der Rostanfälligkeit dieser Fahrzeuge schon, doch er hatte Glück. Als er den Golf bei der späteren Abholung freiräumte, entdeckte er immer noch keine gravierenden Durchrostungen. Auf einem Abschleppwagen transportierte er seine Neuanschaffung zunächst zu einer Waschanlage, um sie gründlich vom Staub der vielen Jahre zu befreien. Dann holte er den VW Golf I GTI in seine Halle, eine ehemalige Elektromotorenfabrik, in der er seine Autos untergestellt hat und in der er nach Herzenslust schrauben kann.
Als gelernter Maschinenmechaniker ist ihm zwar die Welt der Technik nicht fremd, doch das Fachwissen, das er zum Schrauben an Autos benötigt, hat ihm sein Vater vermittelt. Der arbeitete bereits vor 40 Jahren als Automechaniker und genießt es noch heute, zusammen mit seinem Sohn am Abend oder an den Wochenenden an Fahrzeugen zu schrauben.
Doch bevor sie den VW Golf I GTI in die Mangel nahmen, schaute sich Matthias Schär den Wagen erst einmal in aller Ruhe an. „Dazu setzte ich mich auf einen Stuhl mit Rollen und umrundete ganz langsam das Auto und trank ein Bier dazu“, erläutert Schär das Prozedere. Anschließend wurde das Auto zur Hebebühne geschoben und angehoben. „Glück gehabt“, lautete das Resultat der eingehenden Inspektion. Bisher war dieser beulenfreie Golf noch nie geschweißt worden, und lediglich beim sogenannten Tanklochblech und im vorderen Bereich des Schwellers waren Durchrostungen zu erkennen. Unglaublich.
Ein paar Roststellen wurden geschweißt
Die Reparatur dieser Schäden an seinem VW Golf I GTI überließ er einem Spengler, der ein neues Tanklochblech und ein selbst gefertigtes Blech am Schweller einschweißte. „Ich hätte das zwar auch selbst gekonnt, doch ist das ehrlich gesagt nicht meine Lieblingsarbeit“, gesteht der Youngtimer-Fan.
Die Demontage des Wagens bereitete ihm wesentlich mehr Freude. Er entledigte den Golf aller Anbauteile, der Türen, der Hauben, aller Scheiben und des Interieurs. Da er den VW Golf I GTI – von kleinen und leicht rückrüstbaren Abweichungen abgesehen – im Originalzustand aufbauen wollte, ließ er ihn natürlich wieder in Silber lackieren.
Triebwerk auch nach so langer Standzeit gesund
Und wie stand es um die Technik des 141.000 Kilometer gelaufenen VW Golf I GTI? „Um kein unnötiges Risiko einzugehen, wechselte ich zuerst den Zahnriemen des Nockenwellenantriebs, bevor ich versuchte, den Motor zu starten“, berichtet Schär. Tatsächlich erwies sich das Vierzylinder-Triebwerk noch als sehr gesund. Daher waren keine tief greifenden Arbeiten notwendig. Neben dem Zahnriemen wurden die Wasserpumpe erneuert, ein großer Service mit Ölwechsel und Revision der Zündanlage durch geführt und der Motor sowie das Getriebe neu abgedichtet beziehungsweise deren Simmerringe erneuert. Ferner musste die Kupplung ersetzt werden.
Etliche Anbauteile und die Komponenten der Radaufhängung ließ Schär pulverbeschichten und die Schrauben verzinken. Bei der Revision des Fahrwerks seines VW Golf I GTI ersetzte er alle Gummiteile durch straffere Polyurethanbuchsen. Die Stoßdämpfer kamen ebenfalls neu, und die Bremsanlage wurde mit vielen Neuteilen überholt.
Bei der Beschaffung benötigter Neuteile hatte Schär wieder Glück. Zwar sind Verschleißteile der Technik für dieses Modell noch vergleichsweise leicht zu bekommen, doch er suchte auch Dinge wie beispielsweise die beim VW Golf I GTI serienmäßig verbauten Kotflügelverbreiterungen aus schwarzem Kunststoff. Diese gibt es zumindest als Reproduktion in mehr oder weniger gutem Zustand, doch der Schweizer bestand auf Originalware. Und er fand sie, auf www.ricardo.ch, einer Art Schweizer Ebay.
Es gelang ihm auch, Ersatz für die beiden Türverkleidungen zu finden, in die ein Vorbesitzer des VW Golf I GTI große Löcher gesäbelt hatte, um monströse Lautsprecherboxen montieren zu können.
Glück bei der Teilesuche
Dank der erfolgreichen Teilesuche machten die Montagearbeiten am VW Golf I GTI besonderen Spaß. Die Fenstergummis konnte er alle wiederverwerten, da sie keine Risse oder Beschädigungen aufwiesen. Vor der Montage reinigte er sie mit Wasser und Spülmittel und sprühte sie mit Silikonspray ein.
Als kleine Abweichung vom Original gönnte er sich das sogenannte Spucknapflenkrad der älteren VW Golf I GTI-Modelle, das er in gebrauchtem Zustand auftreiben konnte und von einem Sattler neu mit Leder beziehen ließ. „Mir gefällt dieses Lenkrad einfach besser“, gesteht Schär, und schließlich lässt es sich leicht wieder zurückrüsten, genau wie die zusätzlich montierte Domstrebe.
Originale Stahlfelgen mit 175er-Reifen
Felgen und Reifen wollte er bei seinem VW Golf I GTI jedoch im Originalformat, und so stöberte er die ab Werk montierten 5,5-Zoll-Stahlfelgen mit 13 Zoll Durchmesser auf, die mit Reifen der Dimension 175/70 versehen wurden.
Nach vielen ungezählten Schrauberstunden ging die Restaurierung des VW Golf I GTI dem Ende entgegen. Zum Abschluss kam das Auto noch in den Genuss einer Hohlraumversiegelung, um künftigen Rostangriffen trotzen zu können.
Matthias Schär ist mit dem Resultat der Restaurierung hochzufrieden, nicht nur, weil alles so reibungslos verlief, sondern weil er nun endlich einen VW Golf GTI der ersten Serie in der Garage stehen hat. „Und dann kam er auch noch im gleichen Jahr zur Welt wie ich, nämlich 1981“, freut er sich.
Das Glück blieb ihm übrigens bis zum Schluss treu: Der VW Golf I GTI bestand die Schweizer Veteranenprüfung im ersten Anlauf.