Eifel Classic 2010

"Verfallen sie nicht in Tiefschlaf"

Das konnte den 92 Teilnehmern des Rallye-Lehrgangs definitiv nicht passieren. Christian Geistdörfer, ehemaliger Rallye-Weltmeister, und Harald Koepke, Leiter des Organisationskommitees der Eifel Classic, führten die Novizen in die Geheimnisse des Rallye-Sports ein.

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"Haste schon genullt? - Gute Tipps vom Rallye-Weltmeister

"Haste schon genullt? - Das ist eine der wichtigsten Frage, die der Fahrer nach jeder Zeitkontrolle seinem Co-Piloten stellen sollte. Der Grund ist einfach, erklärt Harald Koepke: "Die Kilometrierung fängt immer dann an, wenn die Zeitkontrolle durchfahren wird". Also muss die Stoppuhr unbedingt immer wieder zurückgesetzt werden. Dafür zuständig ist der Beifahrer, der den anspruchsvolleren Job bei einer Gleichmäßigkeitsrallye wie der Eifel Classic hat. Das wird den Teilnehmern bei dem rund 80-minütigen Lehrgang schnell klar - und Harald Koepke bringt es auf den Nenner: "Das Hirn sitzt rechts - zumindest bei linksgesteuerten Autos."

Der Sauerstoff wird knapp

Die zweite wichtige Botschaft des Tages lautet "Kommunikation ist das A und O bei einer Rallye". Christian Geistdörfer, Weltklasse-Co-Pilot und Rallye-Weltmeister mit Walter Röhrl, präzisiert: "Der Fahrer kann ja nur das machen, was der Beifahrer ihm ansagt." Die Ansagen und Vorwarnungen sollten dem Fahrer also frühzeitig und häufig gegeben werden. "Verfallen sie nicht in Tiefschlaf" fordert Geistdörfer die Rallye-Novizen auf.

Im Fahrsicherheitszentrum II am Nürburgring wird einigen Teilnehmern angesichts der geballten Informationen langsam der Sauerstoff knapp. Schnell wird gelüftet und es geht mit den verschiedenen Wertungsprüfungen (WP) weiter: WP kurz, WP geheim, WP lang mit gelbem Zielschild, WP Doppel (kurz - kurz), WP Doppel mit zwei Starts (kurz - kurz), Wp dreifach hintereinander, WP Doppel mit zwei Zielen (lang - lang), WP Doppel (lang - lang), und WP Doppel mit zwei Zielen (kurz - kurz) - die Teilnehmer erfahren viel über die Kombinationsmöglichkeiten, die sich die Eifel Classic-Organisatoren ausgedacht haben. Die letztgenannte Wertungsprüfung ist übrigens laut Christian Geistdörfer die einfachste, die "erst so richtig interessant wird, wenn da noch eine geheime WP drin ist. Das ist dann meist was ganz Fieses", freut er sich.  Vieles hört sich zunächst kompliziert an, doch Harald Koepke und Christian Geistdörfer schaffen es mit ihrer lockeren Art, das komplexe Thema "super verständlich" zu vermitteln, wie Lena Schmidt, Beifahrerin in einem 1988er Audi 90 quattro resümiert.

Das Ziel: "Gleichklang der Herzen"

Nach der spannenden Theorie sind die Teilnehmer heiß darauf, das gerade Gelernte in der Praxis anzuwenden und auszuprobieren. In drei Gruppen aufgeteilt geht es auf das Gelände des Fahrsicherheitszentrums. Jedes Team kann sich 45 Minuten lang bei Schlauch- und Lichtschrankenmessungen perfekt aufeinander einstimmen. Christian Geistdörfer nennt das "den Gleichklang der Herzen". "Beschäftigen Sie sich mit den Gerätschaften, erfühlen sie den Druckpunkt der Stoppuhren", fordert er die Rallye-Neulinge auf. Wenn die Zusammenarbeit von Fahrer und Beifahrer sowie den Messuhren passt, kann fast nichts mehr schiefgehen.

Also los, die Cockpits geentert, den Motor gestartet - und Gas geben. Der typische Duft von Oldtimern im sportlichen Einsatz verbreitet sich langsam über den Platz, eine Melange aus unverbranntem Benzin mit einem Hauch verbrannten Öl.

Die Teilnehmer drehen an dem sonnigen Nachmittag fleißig ihre Runden und fahren durch die zwei verschiedenen Parcours. Zwei mögliche Wertungsprüfungen wurden aufgebaut, die Schlauch- und die Lichtschrankenmessung. Bei der Schlauchprüfung sollte darauf geachtet werden, mit beiden Rädern möglichst parallel über den Schlauch zu rollen. Einige Teilnehmer helfen sich mit Klebestreifen, die sie am Kotflügel platzieren. Auch hier hat Geistdörfer einen Tipp: "Nicht auf Höhe der Radnabe ankleben, sondern etwas davor, denn die Reifenaufstandsfläche beginnt einige Zentimeter davor."

Durch die Rückmeldung beim Überfahren wird die Schlauchmessung von vielen als einfacher angesehen als die Lichtschrankenmessung, bei es gilt, die Entfernung bis zur Wagenfront gut abschätzen zu können. Und zügig durch die Messung zu fahren. Denn die Teilnehmer haben noch die Worte Harald Koepkes zur Physik im Ohr: "Die Höhe der Lichtschranke ist unterschiedlich. Das Beste ist also, möglichst schnell durch die Messpunkte zu fahren, denn je schneller man ist, desto geringer ist die Abweichung".

Durch die zahlreichen Durchläufe bei beiden Messmethoden bekommen die Teilnehmer rasch Routine, und die Resultate werden immer besser. Betragen die Abweichungen bei den ersten Versuchen noch mehrere Zehntel bis über eine Sekunde, reduzieren sie sich schnell auf wenige Hundertstel. Etwa bei Peer Beck und Karl-Friedrich Michel, die mit einem Mercedes 280 SL von 1968 an der Eifel Classic teilnehmen: "Wir spielen und grad gut aufeinander ein - es funktioniert schon fast perfekt." Die beiden machen sich auf die letzte Testrunde, bevor es morgen ernst wird: Um 11.01 Uhr wird die 2. Eifel Classic gestartet.