Toyota Sports 800, 2000GT, Celica + Sprinter Trueno
Die 4 heißesten Toyota-Sportler
Fahrspaß? In einem Toyota? Stimmt, das gibt es – und soll es bald wieder geben, sogar in jedem neuen Modell. Sozusagen zur Inspiration drehen Sports 800, 2000 GT, Celica GT und Trueno Sprinter ein paar Runden auf dem Fuji Speedway.
12.11.2015 Jens DralleBei Japanern, also den Menschen, nicht den Autos, verschätzt sich der Europäer gerne mal im Alter. Gene und Ernährung, das sei jetzt einfach mal behauptet, führen dazu, dass sie oft 20 Jahre jünger aussehen, als sie es tatsächlich sind. Tadao Seito und Takemitsu Yokoyama sehen aus wie 70. Ihr tatsächliches Alter könnte also bedeuten, dass sie für Toyota bereits an den letzten Webstühlen des Unternehmens herumgeschraubt haben. Das Schicksal schreibt den beiden jedoch eine über 40-jährige Erfahrung im Bau und in der Wartung von Automobilen in ihre Vita, die sie heute, im unbestimmten Rentenalter für die Klassiker von Toyota einsetzen.
Dabei hätte der Konzern beinahe seine Vergangenheit vergessen, wollte stattdessen unbedingt als zukunftsgewandt und mit besonders effizienten Fahrzeugen in die Geschichte eingehen. Eigentlich aber können sie durchaus wild bei Toyota, bauten herrliche Sportwagen, meist kompakt und bezahlbar, manchmal aber auch nicht. Als Erstes jedenfalls plumpste 1962 der Sports 800 in die Welt. Der 3,58 Meter kurze Zweisitzer stammt vom Kleinwagen Publica ab, unter seiner Motorhaube steckt ein Zweizylinder-Boxermotörchen, das aus 780 ccm Hubraum 45 PS kitzelt. Ja, und den Fahrer kitzelt es auch. Natürlich bedarf es einer Technik, nicht unähnlich der Faltung von Arzeimittelbeipackzetteln, um hinter das dürre Lenkrad zu gelangen, doch das Platzangebot stimmt, was einigermaßen überrascht.
Wie eine Brotschneidemaschine
Seito-san und Yokoyama-san sind angemessen begeistert und amüsiert, das verraten ihre freundlichen Mienen. Der Motor des Toyota Sports 800 werkelt bereits munter pröttelnd vor sich hin, leichtfüßig hopst der Zweisitzer los. Die Bedienung fällt so kompliziert wie die einer Brotschneidemaschine aus, also ab dafür. Die Mischung aus wenigen und auch noch gegenüberliegend angeordneten Zylindern sorgt für die charakteristische Leistungsentfaltung.
Das Drehzahllimit? Knapp jenseits der 5.000/min – und schneller erreicht, als die Akustik im Toyota Sports 800 verrät. Also bitte den Drehzahlmesser im Blick behalten, kein Problem, denn der prangt unübersehbar im Armaturenbrett – ein Sportwagen eben, wenn auch ein kleiner. Schnell den dritten Gang einlegen, was mit dem Stummel von Schalthebel großes Vergnügen bereitet. Damit wäre übrigens widerlegt, dass Mazda einst für den MX-5 den kürzesten aller Schalthebel erdacht hätte.
Toyota Sports 800 wurde nur in Japan angeboten
Wie ein Kobold tobt der Toyota Sports 800 über den kleinen Kurs von Fuji, denn auf der Formel-1-Strecke spielen heute die großen Jungs mit Ferrari F430 Scuderia, Porsche 911 GT3 und Co. Als sei er einer von ihnen, schwenkt der Toyota zuweilen sein Heck gen Kurvenaußenrand, vor allem dann, wenn der Fahrer glaubt, er müsse in die Kurve hineinbremsen.
Klar, wirklich schnell ist der Zweisitzer nicht, fährt aber mit großem Ernst, fordert den Piloten – oder unterhält ihn einfach nur gut, wenn das nicht ohnehin zusammengehört. Noch lustiger wird's, wenn das Dachmittelteil aus Aluminium in der Box parkt, denn eigentlich waren echte Rennwagen ja schon immer offen. Eine Motorsport-Karriere sah Toyota für den Sports 800 dagegen nie vor, eine Karriere im Ausland ebenso wenig.
DOHC-Reihensechser mit 3 Doppelvergasern im Toyota 2000GT
Für den Toyota 2000 GT gilt das gleichermaßen, obwohl der nur 1,16 Meter hohe Sportwagen eine weitaus spektakulärere Optik bot, mit dem westlichen Geschmack kompatible Abmessungen überdies, sowie ein amtliches Triebwerk. Der Zweiliter-Reihensechszylinder basiert zwar auf dem Aggregat der biederen Crown-Limousine, der VW Passat Japans sozusagen, schlürft aber munter Gemisch aus drei Solex-Doppelvergasern.
Der neue Zylinderkopf verfügt sogar über zwei Nockenwellen – allerdings nur in der Japan-Version. Seine Leistung von 150 PS ließ damals sogar den Porsche 911 blass um die Glupschaugen werden, zumal sie nur mit etwas über 1,2 Tonnen jonglieren müssen.
Und diese Mixtur sorgt noch heute für einen herrlichen Rauschzustand, einem, der verloren geglaubte Freuden wie den brodelnden Klang des Triebwerks, die servofreie Kommunikation des Autos mit seinem Piloten und die Ästhetik der 60er-Jahre in die Gegenwart beamt. Der Toyota 2000 GT ist eng, ja, eigentlich sogar noch enger als der Sports 800, weil er dem Fahrer die Unterkante des Armaturenbretts in die Kniescheiben drückt.
Begeisterndes 2000GT-Triebwerk
Was soll's, denn der Sechszylinder beruhigt entweder mit tapferem Durchzug oder entschiedener Drehfreude, und das ist gut so, wo doch das maximale Drehmoment von 177 Nm erst bei 5.000/min anliegt. Da der Hebel des Schaltgetriebes leicht durch die fünf Gassen flutscht, fällt es nicht schwer, den Toyota 2000 GT in Geschwindigkeitsbereiche zu bringen, in denen das Talent des Fahrwerks gefragt ist. Einzelradaufhängung rundum und doppelte Dreiecksquerlenker vorne, ja, da geht was.
Tatsächlich lenkt der Toyota 2000 GT wunderbar agil ein, die Haltekräfte sind trotz fehlender Servounterstützung okay. Fieses Übersteuern bleibt aus, der Toyota mit den prestigeträchtigen Klappscheinwerfern zählt zur Gattung der entspannten Sportler, eher also der Kugelstoßer, der abends vor dem Wettkampf noch ein paar Halbe Bier stemmt, und nicht der asketische Sprinter.
Dennoch landeten nur ganz wenige Exemplare in Europa, 17 davon in der Schweiz. Überhaupt blieb aus bislang unerklärlichen Gründen – noch nicht einmal zu hoch eingepreist wurde der Toyota 2000 GT – der Erfolg aus, nach 351 Exemplaren und drei Jahren Bauzeit war 1970 Schluss.
Celica als Mustang-Hommage und Bestseller
Die Karriere der Toyota Celica verlief dagegen anders, viel erfolgreicher, und zwar weltweit. Ob es daran lag, dass sich das Design des 4,22 Meter langen Coupés ziemlich ungeniert beim Ford Mustang bedient? Wohl kaum, denn am Styling des 2000 GT dürften wohl nur Menschen etwas auszusetzen haben, die taillierte rotkarierte Hemden zu quetschengen knallblauen Hosen und braunen Schuhen tragen.
Die 110 PS starke GT-Variante der Toyota Celica fordert technisch gesehen sogar europäische Lichtgestalten vom Schlage eines Alfa GT 1600 heraus. Zwei Nockenwellen? Aber sicher. Aluminium-Zylinderkopf? Natürlich. Doppelvergaser-Anlage? Was für eine Frage.
Mit einer Literleistung von 69,3 PS sorgte der Toyota Celica für Schweißperlen auf dem Zylinderkopf des Italieners. auto motor sport ermittelte im Test (Heft 12/74) teils sogar bessere Beschleunigungswerte. Dem Fahrwerk allerdings hätte ein höherer konstruktiver Aufwand gutgetan, denn das Coupé wankt doch ziemlich schwammig über den Kurs, sucht mit den gewaltigen 13-Zoll-Rädern (Durchmesser, nicht Breite) nach Haftung, vor allem an der Vorderachse.
In Deutschland bot der Importeur daher gleich Modifikationen von Bilstein an. So taumelig das Fahrverhalten des Toyota Celica auch sein mag, Motor und Getriebe bemühen sich jedenfalls nach Kräften um Wiedergutmachung.
Nimmt Drehzahlen volley
Wenn der Vierzylinder des Toyota Celica auch nicht so quirlig wie ein Spielautomat hochdreht, nimmt er 6.000/min schon mal volley, gerne auch mal mehr, aber nicht heute, man soll es ja nicht übertreiben. Die Gänge rasten geradezu nebensächlich ein, der Schalthebel wächst praktisch aus der linken Hand – klar, in Japan wird rechts gelenkt.
Apropos: Die Servounterstützung befreit die Lenkung von der Last, direkt sein zu müssen. Man hätte es den Ingenieuren damals sagen sollen, dass ein wenig Rückmeldung gar nicht so schlecht ist. So spürt der Toyota Celica-Fahrer eher das Fahrwerk arbeiten, muss rechtzeitig am großen Lenkrad drehen, damit am Einlenkpunkt auch wirklich was passiert. Und dann, ja dann darf er wieder drehen, der emsige 1,6-Liter-Motor.
Corolla auf sportlich: Toyota Sprinter Trueno
Vom Tatendrang seines Antriebs zehrt auch der Toyota Sprinter Trueno, eine der zahlreichen Spielarten des Corolla. In Japan huschte der Kompaktwagen unter diversen Namen, abhängig von Motorisierung und Ausstattung, durch die Ausstellungsräume. Seine im Vergleich zur Celica kompaktere und 100 kg leichtere Karosserie hebt den Fahrspaß, denn sie macht den Zweitürer noch übersichtlicher.
Die aufgespaxten Kotflügelverbreiterungen verwildern die Optik, mischen Rallye-Aroma unter abgestandenen Großserien-Muff, den das 1,6-Liter-Aggregat endgültig wegpustet.
Perfekte Ergonomie, ungestümer Motor und Hinterradantrieb
Beim Toyota Sprinter Trueno konzentrieren sich die Ingenieure, die bereits in den Siebzigern große Dinge vollbrachten, auf die kleinen Freuden des Autofahrens: Eine perfekte Ergonomie, eine amtliche Batterie an Rundinstrumenten – schließlich will man wissen, was an der Front los ist –, einen gierigen, ungestümen Motor, nicht zu kapriziös, Hinterradantrieb (was sonst?), und das alles verpackt in eine übersichtliche Hülle. Ach ja, ein Fünfganggetriebe wäre da noch, natürlich. Das Destillat? Klar, klein, hochprozentig, aber eben nicht im Glas, sondern auf vier Rädern.
Der Toyota Sprinter Trueno trägt ein Lederarmband mit Nieten, zerrissene Jeans und ein fleckiges T-Shirt und fährt sich auch genau so, ein früher Punk, eine Art japanischer Escort RS. Hinterm gelochten Dreispeichenlenkrad aus dem hauseigenen TRD-Zubehörprogramm fühlt sich jeder wie Billy Idol, obwohl den damals noch niemand kannte. Im Gegensatz zu Billy ist der Sprinter zwar direkt und flink, aber berechenbar.
Ein Auto wie der Trueno Sprinter fehlt Toyota heute
Seine Bereitschaft, vom ersten Meter an mit Fahrspaß um sich zu werfen, macht den Toyota Sprinter Trueno zum Hit – auch wenn das sogenannte 2TAG-Aggregat mit 115 PS in dem gefahrenen Exemplar nicht zu den drehfreudigsten gehört. Vielleicht müssen die von Mikuni in Lizenz herstellten Solex-Vergaser noch mal eingestellt werden.
Dennoch ist klar: Ein Auto wie der Trueno Sprinter fehlt Toyota heute im Angebot, zusätzlich zum gelungenen GT86. Ein Kompaktwagen, frei von den Zwängen der Moderne, reduziert auf ein ordentliches Leistungsgewicht, gute Übersichtlichkeit gerne auch mit Frontantrieb, wenn er eine Differenzialsperre bekommt.
Schön, dass sich Toyota gerade an jene alten Zeiten erinnert, in denen wirklich vieles gut war. Seito-san und Yokoyama-san wissen genau, was gemeint ist, verbeugen sich eifrig beim Abschied. Dabei wäre es an uns, sich vor ihnen und den von ihnen am Leben erhaltenen herrlichen Automobilen zu verneigen.