Tatra T87 bei RM Sotheby's in der Versteigerung
Wie ein Luxus-911, aber mit V8
Der Tatra T87 war eines der coolsten und fortschrittlichsten Autos der späten 1930er-Jahre: mit luftgekühltem Heckmotor wie der Porsche 911, aber zwei Zylindern mehr. Jetzt steht einer bei RM Sotheby's zum Verkauf.
23.03.2020 Gregor HebermehlVom 1. bis 2. Mai 2020 versteigert das Auktionshaus RM Sotheby's die Elkhart Collection. Laut Anbieter ist die Sammlung das Ergebnis jahrzehntelanger fachkundiger Suche nach außergewöhnlichen Autos. Teil der Sammlung ist auch ein Tatra T87 aus dem Jahr 1948.
Der T87 entstand ab 1937 als Nachfolger des T77. Beide Modelle waren für ihre stromlinienförmige Karosserie mit großer mittiger Heckfinne berühmt. Diese sollte helfen, in Kurven ein Ausbrechen der bis zu 160 km/h schnellen Limousinen zu erschweren. Dennoch unterschätzen gerade bei rutschiger Fahrbahn einige Fahrer die Übersteuerneigung der heckgetriebenen Modelle – es heißt, dass seinerzeit einige von der Dynamik der Autos überforderte Nazigrößen mit ihren teuren Tatras tödlich verunglückten.
Viel VW-Käfer-Technologie vorweggenommen
T77 und T87 tragen einen luftgekühlten V8 (im T87 mit 3,0 Litern Hubraum und 75 PS) im Heck – zusammen mit der charakteristischen Karosserie gehört das zu den Markenzeichen von Tatra. Das Konstruktionsprinzip mit Zentralrohrahmen und luftgekühltem Heckmotor war das technische Vorbild des VW Käfer, dessen Urheberschaft ein Gericht dem späteren Mercedes-Sicherheits-Ingenieur Béla Barényi zugesprochen hat. Und Tatra-Chef-Konstrukteur Hans Ledwinka hatte nicht nur teure Oberklasse-Fahrzeuge im Sinn, sondern auch einen preiswerten Wagen fürs Volk: Der V 570 und der T97 nehmen die Form der Käfer vorweg – eine Millionen D-Mark musste VW später in Sachen Käfer für das Abkupfern der beiden Tatra-Modelle an den Autobauer zahlen.
Damals extrem teuer
Der T87 kostete vor dem zweiten Weltkrieg in Deutschland 8.450 Reichsmark und gehörte damit zu den teuersten Autos am Markt. Das jetzt bei RM Sotheby's angebotene Modell hat eine weite Reise mit einer Zwischenstation im australischen Brisbane hinter sich. Dort ließ der damalige Eigentümer den T87 gründlich restaurieren – selbst die Rechnungen für das damals extra in Tschechien gekaufte Bezugsleder sind noch vorhanden.
Heute: immer noch teuer
Bei gut erhaltenen Tatras braucht kein Interessent auf ein Schnäppchen hoffen: Aufgrund ihrer frühen technischen Raffinesse, der geringen Stückzahlen und der Tatsache, dass der Konzern seit 1998 keine Pkw mehr baut, sind die Preise hoch. Außerdem sind berühmte Autosammler, wie der US-amerikanische Talkmaster Jay Leno, leidenschaftliche Fans der Marke. Leno hat unter anderem einen T87, der britische Architekt Norman Foster hat auch einen. Im August 2013 versteigerte RM Sotheby's einen T87 für 280.500 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 259.657 Euro), im August 2015 ging einer für deutlich niedrigere 132.000 Dollar (122.410 Euro) weg. Nur selten kommt ein Tatra mal zu einer Aktion.
Vom jetzt angebotenen T87 baute Tatra 3.023 Exemplare – die Produktion lief bis 1950. Der 1956 vorgestellte Nachfolger T603 war in vielen Ostblock-Staaten, unter anderem in der DDR, lange Jahre Staatslimousine.
Aufgrund der auch in den USA wütenden Corona-Pandemie findet die Auktion ausschließlich online statt.