Silvretta Classic Rallye Montafon 2012
Aghem und Conti - Unbezwingbare Tifosi
Zum 15. Mal lockte die Silvretta Classic sportliche Oldtimerfans nach Vorarlberg. Der Kampf um die Plätze im Gesamtklassement war große Klasse.
Nach rund 600 Kilometern Gesamtdistanz über kurvenreiche Pass-Straßen in Vorarlberg und Tirol gewinnt ein italienisches Team die 15. Silvretta Classic Rallye Montafon: Gianmaria Aghem und seine Beifahrerin Rossella Conti. Sie setzten sich gegen 150 Mitstreiter durch.
Luxus-Liner gegen Leichtathlet
Auf dem Papier ist es ein ungleiches Duell, das bei der Silvretta Classic auf einigen der schönsten Pass-Straßen Österreichs ausgetragen wird: Familie Steffens mit dem Rolls-Royce 25/30 hp gegen den BMW 328 mit dem italienischen Duo Aghem/Conti. Dass der englische Luxusliner mit seiner fülligen Statur noch zwei Jahre älter ist als der drahtige deutsche Sportler spielt dabei keine Rolle. Trotz der zweisitzigen Cabriolet-Karosserie schleppt der Rolls mindestens das Doppelte des Gewichts durchs Gebirge - durch die engen Kehren der Bergpfade muss Chauffeur Klaus Steffens den um fast einen Meter längeren Radstand des britischen Edelgefährts manövrieren.
Das Duell der Silvretta Classic
Doch der Blick auf die Emily, die wie ein Fels in der Brandung auf dem Kühlergrill thront, scheint Steffens und seine Frau auf dem Beifahrersitz zu motivieren. Den ungünstigen Eckdaten zum Trotz stellt sich das erfolgsverwöhnte Ehepaar aus Westfalen einem der besten italienischen Teams für Oldtimerrallies, die durch Gleichmäßigkeitsprüfungen entschieden werden: Gianmaria Aghem aus Trofarello bei Turin und Rossella Conti.
Zeit für Dolce Vita
Die Italiener beherrschen das exakte Einhalten der vorgegebenen Sollzeiten auf die Hundertstelsekunde wie kein anderer. Kein Wunder bei einer solchen Routine: "Ich bestreite zwischen 20 und 25 solcher Rallyes pro Jahr", erzählt Aghem. Doch bei allem sportlichen Ehrgeiz bleibt bei der Silvretta Classic auch Zeit für die schönen Dinge, die die gut 600 Kilometer lange Gesamtstrecke an drei Tagen zu bieten hat. "Die Straßen sind toll", sagt Aghem und zeichnet dabei mit seinen Händen einige dynamische Kurvenfolgen in den Montafoner Sonnenhimmel. In dem offenen Leichtathleten aus dem damaligen BMW-Leistungszentrum Eisenach lassen sich Land und Straße besonders gut genießen.
Spannende Entscheidung der Silvretta Classic 2012
Während Aghem in wortreichem Italienisch plaudert, studiert Klaus Steffens die Ergebnislisten: Zweiter Platz mit 323 Punkten Unterschied - das entspricht fast dreieinhalb Sekunden auf insgesamt 18 Gleichmäßigkeitsprüfungen. Für die meisten Teilnehmer der 15. Silvretta Classic ist das ein Hauch von Nichts, für Steffens ein Rückstand, als wäre er bei einem Rennen mit einer Runde Rückstand ins Ziel gekommen. Zudem sind ihm die Youngster Schorsch Memminger jr. und Christoph Wellmann im VW 1302 S von 1971, der dem legendären Salzburg-Käfer nachempfunden ist, gefährlich nahe gekommen. Das junge deutsche Team gewinnt aber die Sanduhr-Klasse, bei der nur mechanischen Stoppuhren und Wegstreckenzähler zugelassen sind.
Lob von Rallye-Professor Rauno Aaltonen
Im Bergrestaurant hoch oberhalb von Schruns, wo die Teams der Silvretta Classic die Siegerehrung feiern, plaudert derweil Rauno Aaltonen über alte Rallyezeiten. Den "Rallye-Professor" aus Finnland hat in seiner langen Laufbahn so viel erlebt, dass ihn nichts mehr aus der Ruhe bringt. Er ist mit einem rechtsgelenkten Mini Cooper S gestartet, von denen er in seiner aktiven Laufbahn bereits einige gefahren hat: Bei der Silvretta Classic ist es ein Original seines ehemaligen Teamkollegen Pauli Toivonen von der 1000-Seen-Rallye 1966: "Das Auto macht auf den Bergstraßen mit den vielen Kurven richtig Spaß", sagt der 74-Jährige in seinem von einem feinen finnischen Akzent durchzogenen Deutsch. Zum Geradeausfahren sind die lebenslustigen Frontantriebskratzer schließlich nicht gebaut.
Striezel Stuck im eigenen VW Golf GTI
In der Ergebnisliste der Silvretta Classic etwas weiter vorn als Aaltonen erreicht Hans-Joachim Stuck das Ziel in Vandans. Die Rennlegende hat sich erst vor kurzem einen VW Golf GTI von 1980 zugelegt. Dirigiert von Journalist Tim Westermann hatte Stuck in dem rot-schwarzen Golf-Sportler nicht nur viel Spaß, sondern war mit Platz 11 auch sehr erfolgreich. Aber schnell wird Stuck aus der Traumwelt des Montafon abberufen. Während seine Mitstreiter der Silvretta Classic den Sonnenuntergang mit Bergpanorama genießen, ist er schon unterwegs in Richtung Sachsenring zum deutschen Motorrad-Grand-Prix: Ein Pflichttermin für ihn als neuer Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes.