Silvretta Classic 2011

Selfmade-Man im Vorkriegs-Lancia

Helmut Haas ist ein Macher, ein Selbermacher. Denn alle Arbeiten, die an seinem 84 Jahre alten Lancia Lambda Torpedo anstehen, erledigt der Österreicher selbst.

Lancia Lambda Torpedo bei der Silvretta Classic 2011 Foto: Kai Klauder 15 Bilder

Und sein Auto macht es ihm relativ leicht: "Man braucht im Grunde nicht mehr als einen Schraubenschlüsselsatz von acht bis 32 Millimetern - das reicht", weiß der ehemalige Hubschrauberpilot und Unternehmer. "Ich war 32 Jahre lang als gewerblicher Hubschrauberpilot tätig und hatte eine eigene Firma mit sieben Hubschraubern. Und bei uns in Österreich gibt es für uns Piloten eine Altersgrenze - mit 65 Jahren darf man nicht mehr gewerblich fliegen. Aber schrauben kann man ja noch."

Italiener mit australisch-japanisch-britischer Vorgeschichte

Helmut Haas suchte sich für seinen Unruhestand ein neues Hobby, und er fand es in Oldtimer-Rallyes. Er fahndete im Internet und in einschlägigen Fachzeitschriften nach einem Auto, das für die Mille Miglia startberechtigt ist und fand es in dem Lancia Lambda Torpedo von 1927. Das Auto stammt aus dem Vorbesitz eines bekannten japanischen Motorjournalisten und wurde ursprünglich nach Australien ausgeliefert. Haas entdeckte den Lambda in England nach langer Suche und baute ihn in rund sechs Monaten wieder auf.

Lancia galt damals und für Jahrzehnte danach als die Marke für Ingenieure, technisch aufwändige Lösungen und Innovationen bescherten der Marke diesen Ruf. Schon das Erscheinungsbild des Lambda ist ungewöhnlich im Vergleich mit den anderen Vorkriegswagen der Silvretta Classic. Seine Seitenlinie ist lang gestreckt und niedrig, das fällt besonders im Vergleich mit dem gleich alten Bentley 4 ½ Litre auf. Der Grund ist die neuartige Konstruktion mit einer selbsttragenden Karosserie. Erst Jahrzehnte später folgten fast alle Hersteller und diese raumsparende und sicherere, stabilere Konstruktion setzte sich flächendeckend durch. Nur ganz wenige (Kleinserien-Fahrzeuge) bauen noch heute auf einem Rahmen auf, der die Karosserie trägt.

Zwei Mille Miglia-Einsätze und 10.000 Rallye-Kilometer pro Jahr

Seit drei Jahren setzt Haas den Lancia Lambda Torpedo bei zahlreichen Rallyes ein. "Pro Jahr fahre ich den Wagen bei Rallyes rund 10.000 Kilometer", sagt Haas, "dabei ist er absolut zuverlässig und standfest. Und das ist auch gut so, denn Teile gibt es nicht mehr. keine Blechteile, keine Technikteile und keine Verschleißteile." Falls also ein Bauteil verschlissen ist und ausgetauscht werden muss, steht eine aufwändige Nachfertigung an. "Also muss man so ein Auto mit Hirn fahren", bringt es Haas auf den Punkt, der mit der Silvretta Classic in diesem Jahr schon seine siebte Oldtimer-Rallye fährt.

"Zwei Mal waren wir schon bei der Mille Miglia dabei. 2010 waren wir Uhus - unter hundert im Gesamtklassement. Und auch in diesem Jahr haben wir das geschafft. 39. Im Gesamtklassement und zehnte der Klassenwertung. Und in der Österreichischen Staatsmeisterschaft führen wir heuer mit großem Vorsprung", freut sich der aktive Ruheständler.

Drehzahl halten und viel Schwung mitnehmen

Das Geheimnis für die guten Platzierungen ist der richtige Umgang mit dem 1927er Lancia. "Man muss bei so einem schweren Wagen die Drehzahl halten und viel Schwung mitnehmen, dann lässt er sich sehr sportlich fahren", erklärt Haas, der den 2,4 Liter großen V4 mit 58 PS gut im Griff hat. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn das große Lenkrad erfordert ein beherztes Zugreifen und starke Oberarme bei solchen Alpenstraßen wie hier bei der Silvretta Classic. "Nach solchen Strecken kann es schon mal sein, dass man drei Tage Muskelkater hat", weiß Haas.

Vor jedem Einsatz steht sicherheitshalber ein großer Service bei dem Siebensitzer an, der rund einen bis eineinhalb Tage in Anspruch nimmt. Und Helmut Haas erledigt alle Arbeiten selbst. Der Grund ist ganz einfach, sagt Haas: "Die Betriebe arbeiten oft schlampig, haben wenig Ahnung von der Materie und sind zudem noch teuer."