Silvretta Classic - Geschichte der Elektroautos
Im Strom der Zeit - über 100 Jahre E-Autos
Wenn das Elektroauto heute als Antrieb der Zukunft gepriesen wird, vergessen viele, dass es diesen Titel vor über 100 Jahren schon einmal trug. Wir blicken zurück - Vom Rekordauto aus dem Jahr 1899 bis zu den Versuchsautos der letzten beiden Dekaden.
03.07.2010Zu Beginn des 20. Jahrhunderts mussten sich die Stromer keineswegs vor ihren Verbrennungskollegen verstecken. Ja, sie waren ihnen vielfach sogar voraus. Camille Jenatzy durchbrach 1899 mit seiner zigarrenförmigen La jamais contente (Die niemals Zufriedene) als Erster die 100 km/h-Marke.
Der erste Porsche - ein Elektroauto
Ferdinand Porsche, uns allen als genialer Käfer-Konstrukteur und legendärer Sportwagenbauer ein Begriff, startete seine Karriere mit der Konstruktion eines Elektro- und Hybridwagens für Lohner. Wer heute eloquent über Radnabenmotoren und Range Extender parliert – Porsche hatte dies schon vor über 110 Jahren erfunden. Selbst der damals extrem exotische Vorderradantrieb war in den Elektrowagen schon zu finden.
Noch griff der eklatante Reichweitenvorteil des Verbrennungsmotors nicht. Das Tankstellennetz war dünn, die Verbrenner überaus ineffizient und laut sowie die Leistung der Motoren gering. Schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts erreichten manche Stromwagen bis zu 80 Kilometer Reichweite. Was bei Maximalleistungen um die vier bis fünf Kilowatt wiederum kein großes Wunder war.
Größte Herausforderung: Die Energiespeicherung in Akkus
Doch schon damals erwiesen sich die Akkus (damals Blei) als störrisch, weil schwer im Gewicht, schwer zu laden und schwer weiterzuentwickeln. So dümpelte das Elektroauto viele Jahrzehnte völlig bedeutungslos nebenher. Es gab zwar immer wieder Versuche, ihm zu breiterer Akzeptanz zu verhelfen, doch auf der Basis der Bleiakkus mit ihrer schlechten Energiedichte und damit Reichweite war es chancenlos. Dennoch zeigte BMW 1972 zu den Olympischen Spielen in München einen elektrisch angetriebenen 1602, und VW präsentierte 1976 einen Golf I als Elektro-Versuchsträger. auto motor und sport schrieb schon 1983 von der Möglichkeit, Elektroauto-Batterien als Puffer für den überschüssigen Nachtstrom der Kraftwerke zu benutzen.
1990 sollte der zweite elektrische Frühling folgen. Auslöser war vor allem das kalifornische Zero Emission Vehicle-Gesetz. Es schrieb bis 2003 mindestens 200 000 lokal emissionsfreie Autos vor und sorgte für operative Hektik im Verbrenner-Lager.
Vielversprechenende Konzepte im Alltagsbetrieb
GM präsentierte den Impact, BMW den E1, Volkswagen den City Stromer und Mercedes baute einen Mercedes 190 auf Strombetrieb um. Das kalifornische Vorhaben musste mangels Realisierbarkeit jedoch sukzessive zurückgenommen werden. Und auch wenn sich nach dem berühmten Film "Who killed the electric car?" wilde Verschwörungslegenden bildeten, ist der wahre Grund doch ganz banal: Die Akkus waren immer noch viel zu schlecht. Dabei legte eine japanische Unterhaltungselektronik-Firma 1990 den Grund stein dafür, dass das Elektroauto 30 Jahre später doch auf einen Erfolgskurs einschwenken könnte: Sony brachte die Lithium-Ionen-Batterie auf den Markt.
Nur kurze Zeit später gab Nissan bekannt, dass auf Basis dieser besonders energiedichten Batterie an einem Auto-Akku für die Zukunft geforscht würde. Mit diesem Hintergrund wundert es nicht, dass Nissan mit seinem E-Auto-Leaf so früh in die wirkliche Massenproduktion einsteigt. Ferdinand Porsches Range-Extender-Idee erfährt mit dem Chevrolet Volt seine Renaissance.
Hybridvorreiter Audi und Toyota - der Weltmarktführer im Bereich der Hybridautos
Längst gewöhnt haben wir uns an die Hybrid-Modelle. Lieferten sich Toyota und Audi im Jahr 1997 noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen um diese Technologie, so ist Toyota inzwischen eindeutiger Weltmarktführer. Der Prius hat in seiner jetzt 13-jährigen Geschichte das Auto so sehr verändert wie wenige Modelle vor ihm.
Eines ist inzwischen klar: Die Elektrisierung des Autos ist nicht mehr aufzuhalten. Wie schnell und in welcher Art sie dagegen kommt, bleibt spannend. So tüfteln vor allem General Motors, Honda, Mercedes und Toyota schon seit Jahrzehnten am Brennstoffzellenantrieb als langfristige Lösung. Über deren Chance streiten die Experten noch. Schließlich gibt es noch kein Wasserstoff-Tankstellennetz. Doch Tankstellen fehlten auch den Verbrennungsmotoren vor mehr als 100 Jahren.