Shelby GT500 EXP Little Red
Dieser Mustang-Prototyp war schon fast tot
Das US-Coupé wurde nach einer filmreifen Suche entdeckt und danach perfekt restauriert. Nun wurde es mit einem anderen legendären GT500-Prototypen wiedervereinigt. Es handelt sich um die beiden einzigen Shelby Mustangs mit Stufenheck-Karosserie.
17.01.2020 Thomas HarloffDer 1967er Shelby Mustang GT500 EXP galt als Mythos. Selbst amerikanische Oldtimer-Experten waren sich nicht sicher, ob der Prototyp, der liebevoll „Little Red“ genannt wird, überhaupt noch existierte. Dabei stand das Auto über eine halbe Ewigkeit unentdeckt in der nordtexanischen Einöde herum und verrottete unaufhaltsam. Bis er am 3. März 2018 aufgespürt und gerettet wurde: von Craig Jackson, dem Vorsitzenden des Auktionshauses Barrett-Jackson.
Über zwei Jahrzehnte auf einem Feld
Sein letzter Besitzer fuhr den Mustang-Prototypen nur wenige Monate. Dann gab es Überhitzungsprobleme, der Kühler und andere Teile wurden ausgebaut – und dann aus der Garage des Besitzers gestohlen. Für diesen war das Anlass genug, den Mustang auf das Feld zu rollen und dort mehr als zwei Jahrzehnte stehen zu lassen. Als Little Red schließlich entdeckt wurde, befand er sich in einem erbärmlichen Zustand. Der Lack war ausgeblichen, der Prototyp hatte überall Rost angesetzt, das Fahrwerk hing durch, der halbe Vorderwagen fehlte und seinen Big-Block-Motor mit Paxton-Kompressor konnte der Shelby auch nicht mehr vorweisen. Craig Jackson war klar, dass er den GT500 von Grund auf restaurieren musste.
Mithilfe des Ende 1966 an Shelby übergebenen Prototypen wurden einige neue Entwicklungen und Designs getestet. Das Auto erhielt eine Shelby-Front, neue Seitenschweller und einen Heckspoiler sowie zuerst ein Viergang-Getriebe und danach eine Dreigang-Automatik. Später wurde noch der Shelby-Schriftzug am Hinterteil verewigt. Ein echtes Shelby-Serienauto folgte zwar nicht auf den Prototypen, aber der Mustang California Special von 1968 nahm sich an Little Red ein Beispiel. Danach wurde das Experimental-Coupé eingelagert und verschwand wohl noch in den Sechzigerjahren. Unzählige Enthusiasten und Experten haben seitdem nach Little Red gesucht. Viele glaubten, er sei verschrottet worden, als das Auto nicht mehr gebraucht wurde.
„Die Entdeckung meines Lebens“
„Little Red zu finden, war die Entdeckung meines Lebens“, sagte Jackson. Denn dieser Shelby-Prototyp sei eines der begehrtesten Fahrzeuge der Nachkriegsgeschichte. „Die Suche nach Little Red war wie jene nach der Nadel im Hauhaufen“, ergänzt Jason Billups, dessen Firma die Restauration verantwortete. Entscheidend sei gewesen, nicht nach einer Shelby-Seriennummer, sondern nach einer von Ford vergebenen Fahrgestellnummer zu suchen. „Diese führte uns zu seiner ursprünglichen Zulassung und schließlich zu seinem letzten Besitzer“, ergänzt Billups. Diesem letzten Besitzer war nicht bewusst, welchen Schatz er da sein Eigen nannte, sonst hätte er den Mustang wohl kaum so verfallen lassen.
Nachdem Jackson bekanntgab, das Auto gefunden zu haben, gab es erhebliche Zweifel an dessen Echtheit. Die Spezialisten bei Shelby American beispielsweise waren sich sicher, dass das Auto nach seinem Prototypen-Dasein vernichtet wurde. Deshalb überprüfte ein Team von Journalisten und Experten die Authentizität des Fahrzeugs anhand von Querverweisen, Seriennummern, Datums-Codes und anderen vertraulichen Dokumenten. Am Ende Craig Jackson zufolge der Beweis, dass es sich um den echten Shelby Mustang GT500 EXP handelte. Auch Ford erkennt das Auto als authentisch an.
Endlich vereint mit seinem grünen Bruder
Im perfekten Zustand präsentiert sich Little Red derzeit im Rahmen der großen Barrett-Jackson-Auktion in Scottsdale, Arizona. Und zwar das erste Mal überhaupt zusammen mit seinem Bruder, einem 1968er Shelby GT500 Prototypen, besser bekannt als „Green Hornet“. Dieses Auto wurde zuvor bereits von Craig Jackson entdeckt und mit Billups Hilfe wieder in Neuwagen-Zustand versetzt. Auch der grüne Prototyp, dessen 6,4- schon bald durch einen 7,0-Liter-V8 ersetzt wurde, hat eine lange Reise hinter sich. Nachdem er 1971 von einem Ford-Mitarbeiter gekauft und zwei Jahrzehnte behalten wurde, gelangte er über einen Oldtimer-Händler in Craig Jacksons Hände. 2013 sollte das Auto schon einmal versteigert werden, erreichte aber nicht den Mindestpreis von 1,9 Millionen US-Dollar (aktuell gut 1,7 Millionen Euro).
Während der Restauration des grünen Mustangs reifte in Craig Jackson die Idee, Little Red ausfindig zu machen und die Prototypen-Geschwister wieder zu vereinen. Beide Autos sind schließlich die einzigen je gebauten Stufenheck-Mustangs, die offiziell den Shelby-Schriftzug trugen. Und sie zeichnen sich durch – für die damalige Zeit – hochentwickelte Technologien aus. Sie verfügen rundum über Scheibenbremsen, Einzelradaufhängung an der Hinterachse und eine elektronische Kraftstoff-Einspritzung.
Vier Mustangs in Jacksons Sammlung
Jetzt sind die Geschwister wieder vereint und bereichern Jacksons Sammlung. Übrigens zusammen mit ihren modernen Nachfahren, zwei 2020er Mustang Shelby GT500-Exemplaren in Rapid Red und Candy Apple Green. Letzterer ist das allererste gebaute Auto der neuen Serie, der von Craig Jackson während der Barrett-Jackson-Auktion für 1,1 Millionen Dollar (knapp 990.000 Euro) ersteigert wurde. Das Geld kommt der gemeinnützigen Einrichtung JDRF zugute, die sich um die Erforschung und Heilung von Diabetes verdient macht. Was die alten Mustang-Prototypen wert sind, ist dagegen schwer zu beziffern. Das wird sich spätestens dann zeigen, wenn sie selbst einmal selbst zur Versteigerung kommen.