Sachsen Classic 2015
Der unbekannte Engländer
Das Verkehrsmuseum Dresden beteiligt sich mit einem speziellen Auto an der Sachsen Classic: Der Hillman Minx III A aus dem Jahr 1960 hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
15.08.2015 Michael RassingerDie Marke Hillman wurde von William Hillman gegründet und produzierte ab 1907 Autos. Das Unternehmen war im englischen Coventry, der Partnerstadt von Dresden, ansässig und gehörte zur Rootes-Gruppe. Was hat nun aber ein englisches Auto im Dresdner Verkehrsmuseum zu suchen, das sich ostdeutschen Fahrzeuge verschrieben hat? Joachim Breuninger, Direktor des Museums, erklärt: "Autos der Marke Hillman wurden bis zum Bau der Mauer im Jahr 1961 in die DDR importiert. Sie konnten von Ärzten, Ingenieuren und ähnlichen Berufsgruppen gekauft werden, um diese im Osten zu halten."
Hillman Minx für 21.000 Mark von Arzt gekauft
Der Hillman Minx III A des Verkehrsmuseums wurde tatsächlich von einem Arzt gefahren. Lange Zeit war die Geschichte des Wagens ein Rätsel, doch ein Facebook-Aufruf brachte den Durchbruch: Der Erstbesitzer, ein Arzt aus Hermsdorf (Thüringen), zahlte seinerzeit 21.000 Mark für den Wagen, den er „aufgrund einer Zuweisung vom Ministerium für Handel und Versorgung, Berlin“ vom 6.10.1960 erhielt. Einige Aufpreise waren aber dennoch fällig: 22,30 Mark für den Handfeuerlöscher, 24,55 Mark für den Verbandskasten und 9,60 Mark für den Warnständer.
Neuer Besitzer wechselt Farbe
Bis 1985 verblieb der Hillman im Besitz des Arztes, danach kaufte ihn ein 17-Jähriger als seinen ersten Wagen. Abgesehen von einigen Rostschäden war er in gutem Originalzustand, zweifarbig in beige/braun mit roter Kunstleder-Ausstattung. Da die Originalfarbe nicht wieder zu beschaffen war, lackierte der Neubesitzer ihn weiß. Bis zum Verkauf 1989 fuhr er mit dem Hillman Minx nach Ungarn und an die Ostsee und verschaffte ihm sogar eine kleine Filmrolle in dem DEFA-Mehrteiler „Die gläserne Fackel“.
Im September 1989 wurde der Hillman erneut verkauft, da sein Besitzer zur NVA eingezogen wurde. Der neue Eigentümer sah den Wagen als Investition in seine Zukunft. Er wollte mit ihm in den Westen flüchten und ihn dort gewinnbringend verkaufen. Der erste Teil des Plans ging auf: Am 4. November, noch vor dem Mauerfall, überquerte er die Grenze zur CSSR und gelangte von dort in die Bundesrepublik. Viel Geld ließ sich mit dem Hillman allerdings nicht erzielen: Niemand interessierte sich für das Fahrzeug, denn die Bekanntheit lag nahe Null. Chrysler hatte die Rootes-Gruppe 1967 geschluckt, seit 1976 existiert die Marke Hillman nicht mehr.
Hillman seit 2012 in Dresden
Der Wagen wechselte noch zweimal den Besitzer, bis ihn das Verkehrsmuseum 2012 erwerben konnte. Im ersten Halbjahr 2014 wurde der Hillman Minx aufwendig restauriert. Seit Juli 2015 ist er in der neuen Dauerausstellung Straßenverkehr zu sehen – wenn er nicht gerade das Verkehrsmuseum bei der Sachsen Classic vertritt.