RM Sotheby's Auktion „The Homologation Collection“
190 E Evo II für über 220.000 Euro versteigert
BMW M3 E30 Sport Evolution, Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II, Audi Ur-Quattro, Lancia Delta Integrale und einige mehr: RM Sotheby's versteigerte am 22. Januar 2021 in Arizona eine Familienpackung Homologations-Modelle aus den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren. Hier sind die Auktions-Ergebnisse.
26.01.2021 Thomas HarloffWer sich hin und wieder kurz vor dem Einschlafen die Frage stellt, wie wohl die eigene Autosammlung aussähe, wenn Geld keine Rolle spiele, aber höchstens sechs Modelle erlaubt wären – nun ja, der dürfte erstmal keinen Schlaf finden. Damit die Entscheidung nicht gar so schwierig ist, grenzen wir die Bedingungen ein: Es müssen Autos aus den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren sein. Noch dazu Homologations-Modelle, auf deren Basis erfolgreiche Rennwagen entstanden sind. Und schon ergibt sich die Bestückung der eigenen Garage fast von selbst, sodass der Autofan mit einem Lächeln einschlafen und wunderbar träumen kann.
Doch irgendwann wacht man auf und realisiert: Es ist in der wirklichen Welt gar nicht so einfach, sich die gewünschten Sportwagen auch zu besorgen. Dass es kostenintensiv wird – eh klar und akzeptiert! Das größere Problem ist die Verfügbarkeit, schließlich handelt es sich bei Homologations-Modellen oft um streng limitierte Sonder-Exemplare ihrer Basis-Baureihe, die selten auf dem Markt auftauchen. Aber dank RM Sotheby's eröffnete sich am 22. Januar 2021 die große Chance, das Geträumte in die Realität zu führen: Bei einer Auktion in Scottsdale, Arizona, kam die exzellent bestückte "Homologation Collection" unter den Hammer.
BMW M3 E30 Sport Evolution von 1990
Eines der Highlights war dieser am 20. Januar 1990 gebaute M3. Er gehört zur nur 600 Autos umfassenden Sonderserie, die sich direkt vom damaligen DTM-Renner ableitete und die Baureihe auf ein neues Niveau hob. Mit auf 2,5 Litern angehobenem Hubraum, auf 238 PS gesteigerter Leistung und 1.200 Kilogramm gesenktem Gewicht stellt der Sport Evolution sogar den gewiss nicht langsamen normalen M3 E30 in den Schatten. Es sind die Details, die diese Modellvariante so begehrenswert machen: tiefergelegtes Fahrwerk, Spezial-Fensterscheiben, standfestere Bremse, verstellbare Spoiler, Unterboden mit Venturi-Effekt etc. pp.
Hinzu kommt das Erscheinungsbild: Dieser BMW M3 trägt den typischen Sport Evolution-Look mit glanzschwarzer Lackierung und den markanten roten Zierstreifen. Innen verfügt er selbstverständlich über das exklusiv der Sonderserie vorbehaltene "Tricolor"-Stoff-Interieur mit Recaro-Sportsitzen, roten Sicherheitsgurten und Wildleder-Überzug an Lenkrad und Schalthebel. Motorsport-Askese ist innen jedoch nicht unbedingt angesagt: Das Auto verfügt über ein elektrisches Schiebedach, elektrische Fensterheber und ein Sonnenrollo an der Heckscheibe. Es lebte bis 2001 in Deutschland und gelangte dann nach Großbritannien, wo der Sport Evo 2014 technisch und optisch aufgefrischt wurde. 2015 erfolgte die weite Reise in die USA, wo sein neuer Besitzer nun 212.800 Dollar (gut 175.000 Euro) für ihn bezahlte.
Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II von 1990
Der große Gegenspieler des BMW M3 in der DTM war in den Achtzigern der Mercedes 190. Doch nachdem der wuselige Bayer und nicht der eher gemütliche Schwabe anfangs die Titel einheimste und sich mit dem Audi V8 für die Saison 1990 ein weiterer Konkurrent ankündigte, schärfte Tuner und Renn-Team AMG für jenes Jahr seine Waffe und brachte den Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II an den Start. Mit Erfolg: 1992 holte Klaus Ludwig den ersten DTM-Titel für Mercedes. Dessen straßenzugelassenes Homologations-Modell verfügt über denselben mächtigen Heckflügel und die breiteren Kotflügel wie die DTM-Version und ist sogar noch exklusiver als der M3 Sport Evolution: Von ihm entstanden nur 502 Exemplare.
Nummer 146 kam im Januar in Scottsdale zur Aktion. Beim Preis schlug er seinen alten Rivalen diesmal auf Anhieb: Bei 268.800 Dollar (gut 221.000 Euro) fiel der Hammer – Bestwert innerhalb der "Homologation Collection". Wie alle anderen Evo II verfügt er über das im Vergleich zum Standard-W201 optimierte Fahrwerk, die zielgenauere Lenkung und das Sperrdifferenzial an der Hinterachse. Und natürlich über den von Cosworth getunten Motor: Die Briten konstruierten den bekannten 2,3-Liter-Vierzylinder vom Zwei- zum Vierventiler um, verpassten ihm einen Leichtmetall-Zylinderkopf und erhöhten den Hubraum auf 2,5 Liter, was in einer Leistung von 235 PS mündete. Auch in diesem DTM-Renner in zivil geht es innen recht komfortabel zu: Sportsitze mit Teilleder und Pepita-Stoff sowie Sitzheizung, elektrisches Schiebedach, Airbag-Lenkrad und Panasonic-Radio sind an Bord. Auch der Mercedes verbrachte die ersten Lebensjahre in Deutschland, bevor er über Japan 2015 in die Vereinigten Staaten kam.
Lancia Delta HF Integrale Evolution II von 1994
Noch ein Evolution II-Modell ist dieser Lancia Delta HF Integrale. Strenggenommen handelt es sich nicht um ein Homologations-Modell: Er kam auf den Markt, als Lancia bereits aus der Rallye-WM ausgestiegen war, und wurde noch gefertigt, als der neue Delta längst bei den Händlern stand. Doch natürlich vereint der Evo II alles, was das erfolgreichste Rallyeauto seiner Zeit zur Legende gemacht hatte: Der Zweiliter-Vierzylinder-Benziner leistet dank Vierventil-Technik, ausgeklügelter Marelli-Motorsteuerung mit Mehrpunkt-Einspritzung und Garrett-Turbolader 215 PS. Über ein Fünfgang-Getriebe gelangt die Kraft weitgehend verlustfrei an alle vier Räder.
Lancia nutzte die Evo II-Reihe, um noch einige Sonderserien des Delta HF Integrale aufzulegen. Dieses Exemplar gehört zur nur 215 Exemplare umfassenden "Blue Lagos"-Edition, deren Vertreter die blaue Metallic-Lackierung mit gelben Zierstreifen auszeichnet. Innen gibt es Recaro-Sportsitze mit cremefarbener Polsterung und eine Klimaanlage – ein im Delta Integrale-Kosmos eher seltenes Extra. Auch dieses am 27. April 1994 gebaute und bisher knapp 39.000 Kilometer gefahrene Auto wurde zuerst nach Deutschland verkauft. Über die Stationen Italien und Belgien erreichte es die USA, wo es kürzlich noch einmal umfangreich gewartet wurde. Das Sondermodell-Etikett scheint zudem ein Preistreiber gewesen zu sein: Der Delta kostete in Scottsdale 131.600 Dollar (gut 108.000 Euro).
Audi Ur-Quattro von 1983
Nicht gar so titelreich wie beim Lancia, aber ebenfalls ziemlich triumphal, verlief die Rallye-Karriere des Audi Quattro. Mehr noch: Das eckige Coupé darf für sich in Anspruch nehmen, mit Allradantrieb und Turbomotor seine Disziplin revolutioniert und den Weg zur legendären Gruppe-B-Ära geebnet zu haben. Entsprechend gesucht sind gute Exemplare des 1980 auf dem Genfer Autosalon vorgestellten Basisautos – auch, weil sein 2,1 Liter großer Fünfzylinder-Turbo mit 200 PS ein derart emotionaler Motor ist.
Das von RM Sotheby's für 61.600 Dollar (knapp 51.000 Euro) versteigerte Exemplar wurde Ende 1982 gebaut und zeigt einige Besonderheiten: An der Front trägt es zwar die breiteren äußeren Scheinwerfer der zweiten Serie, innen verfügt es jedoch – wie die frühen Quattros – über Analog- statt Digital-Instrumente. Grund für diese Hybrid-Erscheinung mag sein, dass dieses in Marsrot lackierte und mit kastanienbraunem Leder ausgestattete Auto in die USA erstausgeliefert und von seinem zweiten Besitzer auf eine Europa-Spezifikation umgerüstet wurde. Dadurch erhielt der Quattro Ronal-Leichtmetallfelgen, größere Bremsen, Koni-Stoßdämpfer mit steiferen Federn, eine Hochleistungs-Nockenwelle und europäische Stoßfänger. Der Kilometerstand von gut 88.000 Kilometern verdeutlicht, dass sich dieser Audi nicht nur in einer Sammlung die Reifen plattgestanden hat, sondern auch hin und wieder auf amerikanischen Landstraßen seiner wahren Bestimmung zugeführt wurde.
Lancia Fulvia Coupé 1600 HF Series 2 von 1972
Lange vor dem Delta und dem Stratos, dem ersten speziell auf Rallye-Anforderungen optimierten Sportwagen, sorgte Lancia bereits mit dem Fulvia Coupé bei den europäischen Wertungsprüfungen für Aufsehen. Dessen Entwicklung gipfelte 1971 im Serie-2-Coupé: Ein zierlicher, nur gut 800 Kilogramm leichter Zweitürer mit gewöhnungsbedürftigen Proportionen, dessen scharfgemachter und 1,6 Liter großer V4-Vergasermotor das Italo-Coupé kräftig anschob. Erst recht, da er an ein sehr kurz übersetztes Fünfgang-Getriebe gekoppelt war.
Das hier gezeigte Fulvia Coupé erwarb sich seine motorsportlichen Meriten jedoch erst im hohen Alter. Unter dem Banner des Rennteams Squadra Corsa Estense aus Ferrara holte der Lancia zwischen 2008 und 2014 zahlreiche WP-Bestzeiten und Podiumsplätze bei Rallye-Veranstaltungen für historische Autos. In dieser Zeit erhielt er ein Motor-Tuning und viele moderne Motorsport-Accessoires – unter anderem einen Zusatztank, der die Reichweite erhöht. Zahlreiche Papiere belegen aber, dass bei den Verbesserungen behutsam vorgegangen wurde und das Auto weiterhin an Motorsport-Veranstaltungen für historische Fahrzeuge teilnehmen darf. Mit 33.600 Dollar (fast 28.000 Euro) ist der Lancia der billigste Vertreter der "Homologation Collection".
Mercedes 560 SEC AMG 6.0 'Wide-Body' von 1988
Warum dieser Breitbau-Benz Teil der "Homologation Collection" ist, muss uns RM Sotheby's erst noch erklären. Auf Rennstrecken und Rallyepisten dürfte das fast fünf Meter lange Oberklasse-Coupé trotz seiner 385 PS eher deplatziert gewesen sein – so es dort je eingesetzt wurde. Um ein feines Stück Automobilgeschichte handelt es sich trotzdem, schließlich markiert es einen Meilenstein von AMG auf dem Weg zur offiziellen Mercedes-Abteilung für besonders Feines und Sportliches. Aufgrund dieses Status' war ein Auktions-Teilnehmer bereit, 201.600 Dollar (knapp 166.000 Euro) für den breiten Benz zu bezahlen.
Um die erwähnte Leistung aus dem im normalen Mercedes 560 SEC 5,5 Liter großen V8 herauszuholen, waren umfangreiche Umbauarbeiten am Motor nötig. Diese hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Nur so viel: Die Modifikationen hoben den Hubraum auf 6,0 Liter und die Anzahl der Ventile von 16 auf 32 an.
Mercedes-Design-Legende Bruno Sacco mag seinerzeit Heulkrämpfe bekommen haben, als AMG seine Wide-Body-Version vorstellte. In Japan rannte der Werks-Tuner damals jedoch offene Türen ein. Kein Wunder, dass dieses Auto nach seiner Fertigung 1988 direkt in das asiatische Land geliefert wurde. Angesichts der expressiven Formgebung ist dessen Farbkombination – Perlgrau-Metallic außen, anthrazitfarbenes Leder innen – fast schon zurückhaltend. Bis auf einige moderne Plaketten befindet sich das gut 90.000 Kilometer gefahrene Auto im Originalzustand; die breiten 17-Zoll-Räder wurden mit neuen Bridgestone Potenza-Reifen ummantelt.