Rétromobile-Auktion von Artcurial
Rekordpreise für F50 und 907
Artcurial versteigerte in Paris Oldtimer für 37,8 Millionen Euro. Neue Rekordpreise wurden für Ferrari F50 und Porsche 907 bezahlt.
22.03.2022 Gerd Stegmaier, Patrick Lang, Gregor Hebermehl, Thomas HarloffDas Auktionshaus Artcurial hat im Rahmen der Klassiker-Messe Rétromobile 2022 in Paris am 18. und 19. März insgesamt 372 Fahrzeuge versteigert. Das Angebot reichte dabei vom Porsche-Traktor bis zum Exoten-Sportwagen – eine Auswahl der Redaktion stellen wir in diesem Artikel vor.
Insgesamt haben die drei Auktionatoren Hervé Poulain, Matthieur Lamore und Pierre Novikoff an drei Tagen Oldtimer im Wert von 37,8 Millionen Euro versteigert. Von den angebotenen Straßen, Renn- und Rallyeautos sowie Motorrädern fanden 82 Prozent einen neuen Besitzer. Für einige davon erzielte das französische Auktionshaus bei seinem Heimspiel in Paris Rekordpreise. Ein Ferrari F50 von 1996 wurde für 4,51 Millionen Euro versteigert – inklusive Aufgeld. Noch etwas höher war der Preis für einen Porsche 907 von 1968, der drei Mal in Le Mans fuhr: 4,39 Millionen Euro inklusive Aufgeld lautete das Ergebnis für diesen Rennwagen. Beides sind neue Rekorde.
Alfa Romeo Giulia TZ von 1965
Das Kürzel TZ für Tubolare Zagato macht diesen Alfa Romeo zu einem ganz besonders schnellen, leichten und seltenen Auto. Aus allen Perspektiven wirkt das zierliche und flache Auto schnell: Die Front mit den beiden runden Scheinwerfern unter der Plexiglasabdeckungen, die geduckte Seitenlinie mit langer Haube und schroffer Abrisskante. Das zum Ende schmalere Heck folgt den Erkenntnissen des Ingenieurs Wunibald Kamm und macht den kleinen Alfa schnell: Bis zu 210 Km/h soll der Zweisitzer mit dem 1600er-Vierzylinder erreicht haben. Der Motor aus der Giulia sitzt unter der nach vorn klappenden Fronthaube in einem Rohrrahmengeflecht.
Der "Tubolare Zagato" war ganz auf Effizienz ausgelegt: 650 kg leicht war der Sportwagen auf Klassensiege bei Langstreckenrennen wie 24h Le Mans, 1.000 km Nürburgring, Targa Florio abonniert. Nur 112 Stück wurden gebaut. Das macht den Alfa selten – und teuer. Zu einem Höchstgebot von 950.000 Euro wurde diese Giulia nicht verkauft. Der Schätzpreis hatte bei 1,2 bis 1,4 Millionen Euro gelegen.
Schon mal bei der Rétromobile versteigert
Die Giulia TZ, die Artcurial am 18. März in Paris versteigert, wurde am 17. März 1965 als Neuwagen nach Frankreich geliefert. Der erste Besitzer ließ die Karosserie mit dem markanten Kamm-Heck in Gelb lackieren – Rot war ihm zu auffällig. Bis 1990 hatte der Alfa zwei weitere Besitzer in Frankreich. Anschließend gehörte er etwa ein Jahr der Familie van der Velden, bevor ein Händler aus der französischen Schweiz das Auto kaufte und restaurieren ließ. Bei dieser Gelegenheit wurde das Auto wieder Rot lackiert – diese Farbe hatte es bei der Erstauslieferung gehabt. Nach zwei Besitzerwechseln wurde der TZ 2014 von Artcurial versteigert – ebenfalls während der Rétromobile. Dort kaufte der aktuelle Besitzer das Auto, investierte 12.000 Euro in den Erhalt des Autos und fuhr es regelmäßig.
Citroën 2CV 6 Charleston von 1989
Als diese Ente Anfang 1989 vom Band watschelte, war der 2CV, so die eigentliche Modellbezeichnung, bereits 50 Jahre im Programm des französischen Herstellers und hatte längst Geschichte geschrieben – zusammen mit einer Lieferwagen-Version werden mehr als 5 Millionen Stück des Minimal-Autos entstanden und die Berliner Mauer geöffnet sein, wenn ein gutes Jahr nach der Herstellung dieses Exemplars die gesamte Produktion der Baureihe endet.
Anfangs war der 2CV 6 Charleston nur in der Farbkombination Delage Rot/Schwarz (ein Exemplar steht in derselben Auktion zum Verkauf) erhältlich, später kam Hélios Gelb/Schwarz hinzu, was die Franzosen aber im Juli 1983 durch Nachtgrau/Kormorangrau des zu versteigernden Modells ersetzten.
Außer durch den Lack unterschieden sich die Charleston-Modelle durch die Original-Rundscheinwerfer früherer Modelle und spezielle Radkappen von den normalen Enten. Die genial einfache Technik war dieselbe: Der luftgekühlte Zwei-Zylinder-Boxer auf der Vorderachse holte am Ende aus knapp 600 Kubikzentimetern 29 PS, die mit den lediglich 560 Kilogramm Leergewicht des Viersitzers mit dem Rolldach leidlich zurechtkamen, sich aber bei höherem Tempo mit dem bescheidenen cW-Wert der geschwungenen Karosse von 0,50 abmühten.
Das zum Verkauf stehende Exemplar erwarb laut Beschreibung 2015 "ein echter" Enten-Spezialist. Der merzte ein paar typische Schwachstellen des 2CV mit nicht mal 21.000 Kilometer Laufleistung aus: Er hängte statt des schnell rostenden Auspuffs einen aus Edelstahl neben die unter dem Fahrzeugboden liegenden Federn und verbaute eine elektronische Zündung, wie sie in späteren Zweizylinder-Modellen (z.B. Citro�n Visa) Verwendung fand, während beim 2CV 6 noch Unterbrecherkontakte verbaut waren. Um die zu tauschen, musste der Gebläse-Rotor für den luftgekühlten Motor vom Kurbelwellenende abgezogen werden, den zudem ein davor geschraubtes Gitter verletzungssicher machte. In dessen Mitte ließ übrigens eine runde Aussparung das Einführen einer Kurbel zu, die auch der Bedienung des sehr langen Wagenhebers diente. Mit dem Multifunktionsteil ließ sich der Entenmotor bis zum Schluss ohne den elektrischen Anlasser anwerfen.
Der letzte Besitzer des zu versteigernden Exemplars brauchte einen zweiten Außenspiegel an, tauschte den U-Kat und die Reifen. Den Sitzen spendierte er einen neuen Bezug, die den Originalbezügen ähneln sollen. Der Anbieter verspricht zwei Schlüssel und ein tolles Fahrgefühl wie bei einem Neuwagen. Das Estimate von 25.000 bis 35.000 Euro wurde nicht erreicht: Bei einem Höchstgebot von 20.000 Euro lautet der Verkaufspreis auf 23.200 Euro.
Porsche 356 von 1950
Dieser Porsche 356 von 1950 hat deutsche Papiere. Er ist der 188. gebaute 356 – solche mit einer geteilten Frontscheibe ausgerüsteten frühen Modelle kommen nur selten auf den Markt. Die Historie des jetzt in der Auktion befindlichen Exemplars ist umfangreich belegt. So ist bekannt, das Porsche das Auto am 14. Oktober 1950 an die Freiburger Südbad Automobilgesellschaft geliefert hat. Am 6. April 1951 führte Porsche bei gerade einmal 1.706 Kilometern auf der Uhr in seinem Werk eine erste Inspektion durch. Ab 1964 ist ein großer Teil des Schriftverkehrs über das Auto erhalten. Es existiert auch noch der Zeitungsartikel von 1964, in dem der damalige Eigentümer den 356 zum Ausschlachten oder Wiederaufbauen anbietet. Ein Diplomingenieur aus Frankfurt am Main hat seinerzeit den 356 wieder flottgemacht. Der originale Motor war 1964 leider verschwunden – der Ingenieur hat ihn seinerzeit durch ein baugleiches vollständig überholtes Aggregat mit zweiteiligem Block ersetzt. Die Arbeiten ließ der Ingenieur in der Schweiz erledigen. Die Aus- und Einfuhrpapiere existieren noch – und der Besitzer der Schweizer Werkstatt erinnert sich bis heute an den 356.
Außerdem hat sich der Ingenieur im Februar 1978 bei Porsche nach der Originalfarbe und der originalen Sitzpolsterfarbe erkundigt und von Porsche bestätigt bekommen, dass das Auto schwarz lackiert und mit dunkelroten Stoffpolstern versehen war. Später ging der 356 an ein Automuseum im bayerischen Garmisch-Partenkirchen, wo es der jetzige Eigentümer entdeckt und gekauft hat. Er ließ das Auto vollständig hochwertig restaurieren – jetzt erstrahlt es wieder in schwarzem Nitrocelluloselack, innen warten rote Stoffbezüge auf die Insassen. Auch das Fahrwerk und die Elektrik haben eine vollständige Überarbeitung bekommen. Seit der Restaurierung ist der Porsche 356 von 1950 nur sechs Kilometer gefahren. Die Experten von Artcurial gehen bei dem seltenen Exemplar (Los-Nummer 201) von einem Auktionserlös in Höhe von 450.000 bis 600.000 Euro aus. Das Höchstgebot von 420.000 Euro genügte nicht für einen Verkauf.
Alpine A110 1300 VC Berlinette "Tour de France": Halbes Jahrhundert in Erstbesitz
Am 30. Dezember 1969 erhielt der Erstbesitzer dieser Alpine die Information, dass sein neues Auto beim Händler zur Abholung bereitsteht. Zwei Wochen später wurde der Sportwagen, der als Sonderausstattung über einen Schalensitz auf der Fahrerseite und ein Fünfgang-Getriebe verfügt, erstmals zugelassen. Es dauerte bis zum Jahr 2020 – also ein halbes Jahrhundert -, bis der erste Besitzerwechsel dieser A110 1300 vollzogen wurde. Das Coupé kam in die Hände eines Sammlers, der es nun über Artcurial zur Versteigerung anbietet – samt des eingangs erwähnten Briefes und der Original-Rechnung. Der Schätzpreis von 70.000 bis 100.000 Euro wurde knapp übertroffen: 86.000 lautete das Höchstgebot, 99.760 Euro der Verkaufspreis.
Optisch blieb die Alpine in den Händen des Zweitbesitzers – von den neu lackierten und neu bereiften Felgen abgesehen – unangetastet: Das Auto mit der Fahrgestellnummer 11473 trägt weiterhin seinen ursprünglichen Lack und auch die Innenausstattung hat die vielen Jahre gut überstanden. Die Mechanik wurde dagegen komplett überholt: Fahrwerk und Bremsanlage haben eine grundlegende Restauration hinter sich, während der Motor zerlegt und bei der Gelegenheit Flüssigkeiten und Dichtungen getauscht wurden.
BMW 3.0L CSL (1973): Batmobil für Klassik-Rennen
Er ist leicht und mit viel Kraft sowie einem sehr auffälligen Flügel unterwegs: Der BMW 3.0 CSL ab 1973 ist das leistungsstärkste straßenzugelassene Modell seiner Baureihe. Insbesondere die von einer ausgefeilten Aerodynamik herrührende Optik brachte dem Auto den Spitznamen Batmobil ein. Wobei der Heckflügel von der Straßenzulassung ausgenommen war: Bei der Auslieferung lag er im Kofferraum – der jeweilige Fahrer durfte ihn nur für Einsätze abseits des regulären Straßenverkehrs montieren.
Der BMW 3.0 CSL bringt nur 1.270 Kilogramm auf die Waage. Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel bestehen aus Aluminium, die Seitenscheiben und die Heckscheibe sind aus Plexiglas gefertigt und Komfort-Ausstattung wie Dämmmaterial, elektrische Fensterheber und Servolenkung fehlt komplett. Die damals üblichen Chromstoßstangen ersetzten die Konstrukteure durch leichte Versionen aus Kunststoff. Fahrer sowie Beifahrer nehmen auf extraleichten Schalensitzen Platz. Ab 1973 hatte der Sechszylinder-Reihenmotor einen Hubraum von 3.153 Kubikzentimeter. Die damit generierten 206 PS reichten für 220 km/h im per Hand eingelegten vierten Gang.
Den jetzt bei Artcurial zum Verkauf stehenden 3.0 CSL kaufte der französische Rennfahrer Jean-Claude Basso Ende der 1970er-Jahre. Basso entwickelte sich zu einem Autosammler und betreibt bis heute einen BMW-Vertrieb in der Nähe von Paris. Das Auto hat französische Papiere und soll top für die Teilnahme an Rallyes für klassische Fahrzeuge vorbereitet sein. Die Experten von Artcurial hatten bei dem BMW 3.0 CSL mit einem Erlös in Höhe von 280.000 bis 340.000 Euro gerechnet. Die Gebote endeten jedoch bei 230.000 Euro, was für einen Verkauf nicht ausreichte.
Toyota Land Cruiser BJ 40: Restomod-Offroader
Eines der Geländewagen-Highlights der Artcurial-Auktion war dieser Toyota Land Cruiser der Baureihe BJ 40. Der japanische Offroader ist allerdings nicht die erste Wahl für Originalitäts-Freaks: Hier handelt es sich um einen Umbau, den die Land-Cruiser-Spezialisten von Tevesen Toyota Classic mit allerlei modernem Kraxel-Equipment ausgerüstet haben. Der Land Cruiser ist das erste von nur sieben Exemplaren, das die französischen Fachleute 2021 als besondere Kleinserie zum 70-Jahr-Jubiläum des legendären Geländewagens aufgelegt haben.
Das klappbare Dachzelt sowie die vier Zusatz-Scheinwerfer und die mechanische Seilwinde aus dem originalen Toyota-Zubehörprogramm dürften speziell die Outdoor-Freaks unter den Bietern anziehen. Neben neuen Koni-Stoßdämpfern sind eine Servolenkung sowie neu gepolsterte und bezogene Sitze mit modernen Dreipunkt-Gurten eingezogen. Zudem ist der BJ 40 frisch bereift und lackiert; die hübsche Farbe heißt "Capri Blau". Das am 8. Dezember 1978 erstmals in den Verkehr gebrachte Auto mit der Fahrgestellnummer BJ40 26469 verfügt über eine französische Zulassung. Der Allrad-Toyota wurde zum Schätzpreis von 50.000 bis 80.000 Euro ohne Mindestpreis versteigert. Das Höchstgebot lag mit 85.000 Euro oberhalb des Erwarteten. Inklusive des Aufgelds für das Auktionshaus ergibt sich ein Verkaufspreis von 98.600 Euro.
Peugeot 205 GTi: Flitzer der Diplomaten-Gattin
Peugeot 205 GTi mit 1,9 Litern Hubraum, 128 PS und ohne Katalysator: Das Beste an dem kleinen Franzosen aus dem Jahr 1991 ist aber seine geringe Laufleistung. Gerade mal 14.500 Kilometer hat der Peugeot auf der Uhr, entsprechend jungfräulich muten Ledersitze und Bedienelemente im Innenraum an. Die Frau eines Diplomaten hatte den Flitzer für gelegentliche Ausfahrten genutzt und wollte offenbar bei aller Sportlichkeit keinen Komfort missen. So wurde bei der Bestellung quasi jedes Options-Kreuz gesetzt – vom Schiebedach über Servolenkung bis ABS und Klimaanlage.
Nach einer umfangreichen Inspektion ist der 205 in bester Verfassung und voll fahrbereit. Attribute, die ihren Preis haben; Artcurial rechnete mit einem Erlös von 40.000 bis 60.000 Euro. Das wurde auch knapp erreicht: 41.000 Euro sind ein respektables Höchstgebot für den Hot Hatch. Der Verkaufspreis lag bei 48.872 Euro.