Restaurierung VW Golf I Cabrio 1.8
Begründer der Cabrio-Welle wieder fit gemacht
1998 kaufte sich Christoph Schupp ein VW Golf Cabrio, das er mit sportlichem Ehrgeiz nach und nach in guten Zustand versetzte.
14.02.2021 Bernd Woytal"Mein Golf Cabrio ist etwa fünf Kilo schwerer, als es sein sollte", nennt Christoph Schupp mit einem Schmunzeln die wohl einzige Abweichung von der Originalität seines Autos. Die Gewichtszunahme ist auf eine großzügige Hohlraumkonservierung mit Mike-Sanders-Fett zurückzuführen, denn der gebürtige Heidelberger will dieses Auto noch lange behalten.
Dabei besitzt er es bereits gut 20 Jahre. Ein Freund von Cabriolets ist er aber schon seit seiner Kindheit. Damals besaß ein Onkel einen offenen Ford Mustang 289, und die Mitfahrt in diesem luftigen Achtzylinder-Schlitten war für den autobegeisterten Christoph "das Erlebnis schlechthin".
Etliche Jahre später schwärmte der mittlerweile 14-Jährige jedoch von einem ganz anderen Automobil, nämlich der offenen Version des VW Golf. "Doch als ich dann 18 war, konnte ich mir dieses Auto, das damals die Cabriowelle wieder neu belebte, leider nicht leisten", erinnert sich Christoph.
Das erste Cabrio mit 23
So begann er seine Karriere als Autofahrer mit einem acht Jahre alten Ford Escort mit 54 PS. An diesem Fahrzeug musste er natürlich das eine oder andere reparieren, aber glücklicherweise besaß er schon eine gewisse Schraubererfahrung, die er zuvor mit Zweirädern gesammelt hatte.
Diese Kenntnisse konnte er nun mit günstig erworbenen Alltagsautos vertiefen. Doch sein erstes Cabrio, das er sich dann im Alter von etwa 23 Jahren zulegte, konnten selbst seine perfektionierten Schrauberfähigkeiten nicht vor dem Verfall retten. "Es war ein spottbilliges Fiat Ritmo Bertone Cabrio, das ich nur ein halbes Jahr besaß, weil es sich in Sachen Reparaturen als Fass ohne Boden erwies", stöhnt der 53-Jährige noch heute.
Zehn Jahre später sollte sich aber sein Jugendtraum erfüllen, als einer seiner ebenfalls autobegeisterten Bekannten von einem Golf I Cabrio berichtete, das in der Nähe zum kleinen Preis zum Verkauf stand.
Klar, dass sich Christoph sofort auf den Weg machte. Was er vorfand, war ein 1985 gebautes Exemplar mit Vergasermotor und 90 PS, das hauptsächlich wegen technischer Mängel die Hauptuntersuchung nicht mehr geschafft hatte.
Zwar lief der Motor, aber das Getriebe war defekt, und die Stoßdämpfer zeigten Verschleißerscheinungen. Das Verdeck war löchrig, und der Vorbesitzer hatte aus dem Zubehör ein unattraktives Sportlenkrad ohne ABE, hässliche Alufelgen und nicht dazu passende Reifen montiert.
Spontan kaufte der Cabrio-Fan den Wagen, "aber damals hätte ich nie gedacht, dass ich ihn so lange behalten würde", sagt er. Doch nach und nach fand er so viel Gefallen an dem luftigen und wendigen Gefährt, dass er es schrittweise in immer besseren Zustand versetzte. Letztlich vergingen fast 20 Jahre, bis der Golf so war, wie er es sich gewünscht hatte.
Erstes Ziel war es, das Auto wieder zuzulassen und in den Originalzustand zu versetzen. Von einem Schrottplatz besorgte sich der Hobby-Restaurierer ein funktionstüchtiges Getriebe, die Stoßdämpfer wurden erneuert. Das nachgerüstete Lenkrad wurde durch ein originales ersetzt. Auf der Suche nach Felgen stieß er durch Zufall auf relativ seltene, damals vorübergehend von VW als Zubehör angebotene Alufelgen, die er dann mit neuen Reifen bestückte.
So meisterte das Golf Cabrio zunächst einmal die Hauptuntersuchung. Knapp zwei Jahre später kam das Verdeck an die Reihe. Ein Sattler montierte ein hochwertiges Sonnenland-Stoffverdeck, und damit war das Auto wieder rundum dicht.
Eine internationale Begegnung im Jahr 2006 führte zu weiteren Verschönerungsmaßnahmen. Auf einer Cabrio-Tour in Italien missachtete ein Schweizer die Vorfahrt des Golf und es kam zum Zusammenstoß. Die umfangreiche Instandsetzung erfolgte in Deutschland. Christoph übernahm die Demontage selbst, in der Werkstatt wurden ein neues Front- und Schlossblech eingeschweißt und der linke Kotflügel erneuert.
Bei dieser Arbeit wurde überraschender Rostbefall an der A-Säule entdeckt und gleich beseitigt. Längst hatte Christoph sich ein kleines Ersatzteillager für seinen Golf angelegt, unter anderem durch den Aufkauf von drei Schlachtfahrzeugen. Aus diesem Lager steuerte er eine Fahrertür und eine Motorhaube sowie den linken Scheinwerfer bei, während die Stoßstange als Neuteil beschafft wurde. Nach der Lackierung der Front war zumindest die vordere Hälfte des Wagens wieder in gutem Zustand.
Schritt für Schritt
Einige Jahre später wurde die Renovierung der Innenausstattung in Angriff genommen. Ein Sattler polsterte die Sitze auf. Da kein neuwertiger Ersatz für den verschlissenen Stoff des Gestühls zu bekommen war, erwies es sich als erfreulich, dass von den eingelagerten Gebrauchtsitzen noch intakte Stoffstücke verwendet werden konnten.
Im Jahr 2017 machten dann diverse Roststellen umfangreiche Karosseriearbeiten nötig. Wieder übernahm Christoph das Demontieren und am Schluss die Montage der Anbauteile. Aber das Einschweißen der selbst gefertigten Bleche überließ er einem Profi. "Ich kann brutzeln und braten, aber für perfekte Schweißnähte fehlt mir die Fertigkeit", gesteht er.
Durchrostungen mussten zum Beispiel im Heckbereich, an den Endspitzen oder am Schweller auf Höhe der B-Säule beseitigt werden. Mit Ralph Ritter vom Karosserie & Lackierzentrum in Schwabmünchen hatte er dafür eine kompetente Fachkraft an der Hand. Ebenfalls im Landkreis Augsburg, nämlich in Großaitingen, hat Ralf Pfister eine Werkstatt, der im Falle von Problemen beim Schrauben als Berater zur Verfügung stand.
Zu tun gab es für Christoph stets genug. So baute er die Frontscheibe und das Armaturenbrett aus, als es um die Beseitigung von Rost am Scheibenrahmen ging. Außerdem erneuerte er einige Kabel der Elektrik und den Wärmetauscher der Heizung. Bereits einige Jahre zuvor hatte er den Kraftstofftank und den Tankeinfüllstutzen erneuert.
Dem Motor ist bisher eine Komplettüberholung erspart geblieben, obwohl er mittlerweile fast 200.000 Kilometer gelaufen ist. Er wurde stets gewartet und hat im Verlauf seiner treuen Dienste unter anderem einen neuen Zahnriemen, neue Hydrostößel und eine neue Wasserpumpe erhalten.
Eine Weile nervte der 1,8-Liter allerdings durch gelegentliches Ruckeln. Alle Reparaturversuche scheiterten, viele befragte Schrauber wussten keinen Rat. Bis schließlich ein alter Hase in Sachen Golf die Aufmerksamkeit auf das Dehnstoffelement des Pierburg-2E2-Vergasers lenkte, nach dessen Erneuerung das Problem verschwunden war.
Hilfreich waren bei allen Arbeiten natürlich auch die erworbenen Reparaturleitfäden und Werkstatthandbücher, denn Christoph beschäftigte sich gleich nach dem Kauf des Golf intensiv mit dessen Technik und Geschichte. Durch eine Anfrage bei VW wusste er auch, welches Radio-Modell bei der Auslieferung montiert war, das er sich natürlich prompt besorgte.
Ein besonders schönes zeitgenössisches Accessoire entdeckte er auf einem Teilemarkt: die 1979 von VW herausgegebene Broschüre "11.845 offene Kilometer" mit vielen Routenempfehlungen für Offenfahrer. Bis Christoph alle abgefahren ist, kann es noch eine Weile dauern. Aber er hat ja die Hohlräume seines Golf für die Ewigkeit konserviert