Renault Twingo (1992 bis 2007) Schwächen, Preise

Augen auf beim Twingo-Kauf!

Klein, kleiner – Twingo! Als der sympathische Mini auf den Markt kam, sorgte er mit guter Raumökonomie für Absatzrekorde. Lange war er dann im Straßenbild dank poppiger Farben präsent. Doch langsam verschwindet er.

Renault Twingo (1993) Foto: Renault 16 Bilder

Dass Renault Kleinwagen bauen kann, weiß die Welt spätestens seit R4 und R5. Der R4, 1961 präsentiert, punktet als praktisches Auto, das nicht die Welt kostet – aber leider schnell rostet. Der R5 bringt 1972 neuen Chic in die Kleinwagenklasse, gilt spätestens mit dem Erscheinen des Supercinq 1984 als erstwagentauglich und erwachsen.

Twingo-Merkmale: Kulleraugen, Faltdach, Schiebebank

Mit dem Twingo hat es Renault ab 1992 eine Nummer kleiner: Der Zweitürer ist 24 Zentimeter kürzer als der R4, zehn Zentimeter fehlen ihm auf den R5. Das Ungewöhnliche an dem 3,43-Meter-Zwerg ist jedoch nicht die Kürze der Karosserie, sondern deren Form: Ein One-Box-Design mit Motorhaube und Frontscheibe im selben Winkel war bisher bei Vans üblich und nicht bei Kleinwagen.

Die runden Scheinwerfer haben einen Blechbuckel wie einst beim Triumph TR4 und Blinker wie Lidstriche. Innen geht die Revolution weiter: poppig bunte Drehschalter, psychedelische Sitzbezüge, viel Blech. Der Twingo ist ein erkennbar günstiges Auto und macht das Beste daraus. Die Kürze des Innenraums kompensiert eine simple Idee: Die verschiebbare Rückbank schafft je nach Bedarf Platz für Passagiere oder Gepäck. Auf Wunsch lässt ein manuelles Faltdach Wind und Luft ins Innere des Viersitzers.

Stilistisch verantwortlich ist für dieses unverwechselbare One-Box-Design des Twingo Patrick le Quément, der neuen Schwung in die Formensprache von Renault bringen soll. Zuvor waren schon Marcello Gandini und Jean-Pierre Ploué an den Kleinwagenprojekten VBG (Véhicule Bas de Gamme, zu Deutsch: niedrige Fahrzeugklasse), W60 und X-06 beteiligt, die die Basis für den Twingo bildeten. Le Quément, Ex-Designchef von Ford Deutschland (in seine Zeit fällt der erste Sierra), schafft für Renault ab 1987 auftragsgemäß wegweisende Kreationen wie den Oberklasse-Crossover Vel Satis (2002) und das Luxus-"Coupé" Avantime (1999), an denen seine Bauhaus-Vergangenheit erkennbar ist.

Aber auch "Graubrot" wie der Scenic (1996) gehört zur Bandbreite von le Quément, der 1995 Direktor für Qualität und Design wird – und bis 2009 bleibt.

Renault baut den Twingo 15 Jahre

Eines seiner ersten Projekte für die Marke mit der Raute ist der praktische Twingo. Wie zeitlos das Design des Twingo ist, lässt sich an der langen Bauzeit von 15 Jahren ablesen, in der der Twingo nur äußerst behutsam dem Zeitgeist angepasst wird. Auch um Produktionskosten zu sparen, gibt es zunächst kaum Wahlmöglichkeiten für die Käufer.

Hier die wichtigsten Änderungen im Einzelnen: Zum Modelljahr 1995 bekommt der Twingo neue Stoßfänger, Lackfarben, Polsterstoffe sowie optional eine Klimaanlage, elektrische Fensterheber und Außenspiegel sowie Zentralverriegelung. Auch ein Beifahrerairbag kann ab sofort geordert werden. Technisch kaum überzeugend, präsentiert Renault das automatisierte Schaltgetriebe im Twingo Easy.

Phase 2: Modellpflege 1998

Zwei Jahre später – der einmillionste Twingo läuft gerade vom Band – kommen modernere Motoren und die Belüftung des Innenraums wird verbessert. Zum Modelljahr 1999 hübscht Renault die Front mit einteiligen Scheinwerfern und das Heck mit überarbeiteten Rückleuchten auf, die Stoßfänger werden geglättet und teillackiert. Innen präsentiert sich der Twingo mit neuem Armaturenbrett und neuen Anzeigen. Die Szene spricht ab 1998 von der "Phase 2". Nur ein Jahr später wird das Glas der Scheinwerfer durch Kunststoff ersetzt, stärkere Stabilisatoren und 14-Zoll-Räder sorgen für ein deutlich besseres Fahrverhalten. Letztere bringen, da nun auch größere Bremsscheiben verbaut werden können, auch endlich zeitgemäße Bremswerte. Das Interieur bekommt neue Türverkleidungen, die jetzt auch die Lautsprecher aufnehmen. 2002 gibt’s für den Twingo Isofix-Haken und den Notbremsassistenten AFU. Wir merken uns: Empfehlenswert sind Renault Twingo ab 2000 mit Optimierungen an Fahrwerk und Bremsen.

Robuste Motoren von 54 bis 75 PS

Die Motorenpalette ist zu Produktionsbeginn überschaubar – sie besteht aus nur einem Motor, und zwar einem alten Bekannten: Der C3G geht zurück auf die Cléon-Fonte-Vierzylinder und damit bis ins Jahr 1962. Modern ist anders, doch mangelnde Zuverlässigkeit kann den Grauguss-Triebwerken wirklich niemand vorwerfen. Bis 1996 hält der fast quadratisch ausgelegte (Bohrung x Hub: 74 x 72 mm) 54-PS-Dauerläufer im Twingo durch, bevor er endgültig aufs Altenteil geschickt wird.

Es folgen indessen Vierzylinder der Motorenfamilie D (oder DiET) in zwei Hubraumvarianten: 999 (D7D) oder 1149 (D7F) cm³, wobei der Einliter-Vierzylinder hierzulande keine Rolle spielt. Zwar haben sie immer noch den Graugussblock, doch der OHC-Zylinderkopf wird aus Leichtmetall gegossen. Die Leistung des Achtventilers beträgt zwischen 58 und 60 PS. Im Laufe der Produktion werden Zylinderkopfdichtung und Kühlsystem überarbeitet.

Im Jahr 2000 sorgt die 16V-Version (D4F) mit 75 PS für ordentliche Fahrleistungen mit einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 170 km/h. Technisch interessant ist der aufwendig gestaltete Zylinderkopf, der mit nur einer Nockenwelle Ein- und Auslassventile steuert. Die 16V-Motoren erhalten zur Sicherheit eine vergrößerte Ölwanne mit 0,5 Litern mehr Volumen (4,0 statt 3,5 Liter Motoröl). Erst der Nachfolger Twingo II bekommt eine D7F-Turboversion mit 101 bis 107 PS.

Die Preise

Schon für ein Paar große Scheine lassen sich Twingo finden, die zwei Saisons Spaß bieten. Top-Autos mit Initiale-Ausstattung knacken schon die 5.000 Euro. Die Preise für gut erhaltene Twingo, vor allem der ersten Serie, steigen stetig.

Achtung: die Schwachstellen des Twingo

Der Renault Twingo gehört ab Verkaufsstart zu den günstigsten Autos in Deutschland und Europa. Ihn trifft daher und aufgrund der großen Produktionszahlen das fatale Schicksal vieler Kleinwagen. Erst wenn auffällt, dass sie im Straßenverkehr fehlen, steigt das Interesse von Liebhabern – doch dann sind kaum noch wirklich gute Exemplare zu finden. Viele Twingo durchlebten eine Karriere vom ersten Auto oder Zweitwagen zum Laternenparker in Händen von Studenten und Azubis, die nur das Nötigste an Wartung erledigten.

Da die Technik so gut wie keine Probleme macht (erst mit Einzug der Elektronik kann sich das zum Problem auswachsen), gammelt der ungepflegte mobile Untersatz im Verborgenen. Zuerst taucht der Rost meist an den Radläufen, den Schwellern und den Türunterkanten auf, auch die Einstiege sollten genau angeschaut werden. Ist es feucht im Innenraum, kann der Unterboden porös sein – oder der Wärmetauscher defekt, beides überwiegend das Ende für den Twingo.

Bei der Probefahrt bitte Radio aus – und auf Geräusche achten. Für Kleinwagen recht unüblich, ist das Fahrwerk recht anfällig, weil unterdimensioniert. Fahrwerksbuchsen und -lager, Dom- und Radlager sowie Lenkung sollten geräuscharm ihren Dienst tun. Gewisse Nebengeräusche von aneinander reibendem Hartplastik, knisternden und quietschenden Innenraum-Verkleidungen gehören beim Twingo allerdings zum guten Ton dazu. Am besten, man gewöhnt sich schnell daran.

Beliebtes Extra: Faltdach

Die meisten Twingo-Interessenten suchen ein Exemplar mit dem großen Stoff-Faltdach. Allerdings sind hier die wenigsten noch dicht, gerade wenn sie nicht regelmäßig gepflegt wurden. Eine Fahrt durch die Waschanlage offenbart Dichtungsprobleme. Außer mit Stoffdach gab’s den Twingo auch mit dem Panoramadach. Dieses Glasdach öffnet zwar weniger weit, dafür ist es auch weniger laut. Doch Vorsicht: nicht im Winter bei Frost betätigen, die Mechanik verschleißt gerne.

Viele Sondermodelle

Besondere Erwähnung verdient die fast unüberblickbare Anzahl von Sondermodellen. Ob Gerhard-Berger-Sonderedition, Tintin, das Phantasialand-Modell Galaxy, Perrier, Kenzo, Alizé, Metropolis oder Chic & Sexy – für jeden Geschmack ist da etwas dabei.