Reformbedarf am Nürburgring
Verbesserungspotential beim 24h-Rennen
Marcus Schurig behauptet, dass das 24h-Rennen auf dem Nürburgring eine großartige Zukunft hat. Doch um das Potenzial voll auszuschöpfen, muss der Veranstalter einige heiße Eisen anpacken.
04.08.2013
Marcus Schurig
Foto: BR-Foto, Rossen Gargolov
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Die Einzigartigkeit des 24h-Rennens auf dem Nürburgring ist das Rendezvous zwischen Gegenwart und Vergangenheit:
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Auf einer der legendärsten und längsten Rennstrecken der Welt, eröffnet im fernen Jahr 1927, kämpfen GT-Rennwagen, vollgestopft mit Technologie aus dem 21. Jahrhundert, um den Gesamtsieg.
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Was für ein grandioses Duell!
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In den ersten drei Rennstunden fuhr das britische Werksteam ganz galant an der Spitze mit, auch bei einsetzendem Regen war man noch bei der Musik.
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Der Ring der Nebel-Jungen: Bei ekelhaften Bedingungen wurde das 24h-Rennen am Sonntagabend um 22.44 Uhr unterbrochen – da lag der Manthey-RSR auf Platz zwei.
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And the winner is ...: Die am Nürburgring beheimatete Black-Falcon-Truppe holte beim 24h-Rennen den größten Sieg seit der Teamgründung im Jahr 2006.
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Belgische Praline: Das Marc-VDS-Team war beim 24h-Rennen wie schon 2012 das erfolgreichste BMW-Team: Platz zwei, auch dank Maxime Martin.
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Maxime Martin bestätigte am Nürburgring seinen Ruf als Regenmeister.
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Der Triple-Stint von Bernd Schneider legte das Fundament für den 24h-Sieg.
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Rowe: Trotz Podium unzufrieden: Das Rowe-Racing-Team holte Platz drei und vier, doch eigentlich wollte die Mannschaft um den Gesamtsieg kämpfen.
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Phoenix gewohnt stark: Der Nummer-1-Audi von Phoenix fuhr lange ganz vorne mit, doch am Montag war die Kombination Mercedes und Dunlop zu stark.
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22.44 Uhr am Sonntagabend: Rote Flagge: Alle Top-Piloten unterstützten die Entscheidung, das Rennen wegen des Wetters zu unterbrechen.
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24h-Rennleiter Walter Hornung: Die Entscheidung, die Uhr wie beim Safety-Car-Einsatz weiterlaufen zu lassen, war umstritten.
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Restart um 8.20 Uhr: 15 Rennwagen lagen noch in einer Runde, doch die Rückstände waren durch das Handling der Unterbrechung Makulatur
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Schneider legte mit einem Triple-Stint am Montagmorgen das Fundament für den Mercedes-Sieg, Edwards war bei Mischbedingungen mit geschnittenen Slicks schneller als die ebenfalls Dunlop-bereiften Rowe-SLS.
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Unter der Hand plädierten viele Teamchefs dafür, dass die GT3-Autos als einzige Königsklasse am Ring laufen sollten:
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Porsche-Teamchef Olaf Manthey hatte nämlich auch einen 911 GT3 RSR nach Le-Mans-GTE-Reglement an den Start gebracht.
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Die drei größten Flopps des 24h-Rennens 2013:
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Deutsche Schleich-Werbung: BMW kam schon 2007 auf die glorreiche Idee, Nick Heidfeld eine jämmerlich langsame Runde mit einem F1-Auto auf der Nordschleife absolvieren zu lassen, mit Demonstrationsreifen. Mercedes zog nun beim 24h-Rennen nach, doch die Runde war noch unambitionierter als jene von Heidfeld. Niemand sollte erwarten, dass ein F1-Auto am Limit über die Nordschleife gedroschen wird. Aber Formel 1 und Zuckeltempo – das war eine Blamage. Da wäre es billiger gewesen, Boxen um die Nordschleife zu fahren, aus denen F1-Sound dröhnt.
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Anti-Werbung im Motorsport: Auftritte im Motorsport sollen das Prestige einer Marke heben und helfen, Autos zu verkaufen. Der McLaren MP4-12C GT3 des Teams von Rainer Dörr kam in der Startrunde des 24h-Rennens gerade mal vier Kilometer weit, dann ging der V8-Biturbomotor mitten zur besten Sendezeit an der Anfahrt zum Flugplatz spektakulär hoch. Es war der einzige McLaren im Feld, offenbar schrecken hohe Kosten und lausige Zuverlässigkeit schon heute potenzielle Einsatzteams ab. Fazit: Der Motorsport trägt im Moment wenig zum Prestige der Marke McLaren bei.
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Teaminterner Crash nach 62 Rennminuten: BMW war der einzige Hersteller, der das Rennen als Werkseinsatz deklarierte. Der Sportchef war noch nicht mal aus Brands Hatch angereist, da hatte sich das Schubert-Team wegen einer teaminternen Kollision nach einer Stunde faktisch aus dem Rennen um den Gesamtsieg verabschiedet. Die Kollision war unglücklich, vielleicht unvermeidbar. Trotzdem: Spektakulärer ist noch kein 24h- Werkseinsatz gescheitert – außer beim Schnitzer-Team 2003, als beide M3 GT in der ersten Rennrunde mit Getriebeschaden strandeten.
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Das 24h-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife ist nicht nur das größte Autorennen der Welt, sondern auch die beste deutsche Motorsportveranstaltung. Ich denke, dieser Aussage werden all jene zustimmen, die die Sache vorurteilsfrei betrachten. Das nationale und internationale Gewicht dieses einzigartigen Rennens ließe sich jedoch enorm steigern, wenn ein paar Stellschrauben endlich angepackt würden. Die Liste möglicher Verbesserungen ist lang. Es geht hier nicht darum, dem Veranstalter Versäumnisse vorzuhalten – sondern darum, das Verbesserungspotenzial aufzuzeigen.
Termin, Startzeit, Überschneidung
Wenn das 24h-Rennen seine Fan-Basis nicht verlieren will, muss dringend ein anderer Termin gefunden werden. Eine Verschiebung in den Juni oder noch besser in den Juli würde von allen Beteiligten im Fahrerlager und den Fans maximal begrüßt werden. Das wird nicht einfach, aus Gründen der Organisation oder wegen Konfliktpotenzial im internationalen Rennkalender. Dennoch: Wenn dieser Event weiter wachsen will und soll, dann brauchen wir einen Termin im Sommer. Dann regnet es wenigstens warm, und nicht kalt.
Die Startzeit um 17.00 Uhr war ein Witz, und die Gründe dafür sind hanebüchen: Die ARD hatte die Startzeit durchgedrückt, mit dem Versprechen, im Anschluss an die DTM-Live-Coverage aus Brands Hatch und auch am Montag über das 24h-Rennen zu berichten. Sechs Wochen vor der Veranstaltung wurde die Zusage zurückgezogen. Merke: Die Bedürfnisse der Kunden – Teams und Fans – sollten mehr zählen als halbgare Versprechungen.
Alle im deutschen Motorsport involvierten Parteien müssen darauf hinarbeiten, dass dem 24h-Rennen ein Platz zugestanden wird, der sich nicht mit der DTM überkreuzt – das kann ja wohl nicht so schwierig sein! Auch eine Überschneidung mit Le Mans wäre absolut kontraproduktiv.
Die Balance Groß gegen Klein
Langfristig muss verhindert werden, dass die kleinen Fahrzeugklassen zur Staffage für die Werkseinsätze werden. Niemand kommt zum Ring, um ein Schaulaufen von 30 GT3-Wagen zu sehen, so aufregend das auch sein mag. Die Reduzierung der maximalen Starterzahl hat auf der Rennstrecke zwar eine Entschärfung gebracht, aber man sollte nicht immer nur auf die Bedürfnisse der großen Teams eingehen, sondern auch mal mit Vertretern der kleinen Fahrzeugklassen reden. Auch die haben eine Menge zu erzählen ...
Um die Diskussionen, welche Fahrzeugklasse die Top-Kategorie stellen soll und wie schnell sie fahren darf, kommen wir leider auch nicht herum. Die GT3-Wagen fahren mittlerweile mit extrem viel Abtrieb, der Rest des Feldes fast ohne. So entsteht ein Konfliktpotenzial auf der Rennstrecke. Die These lautet: Die GT3-Autos sind viel zu schnell geworden – was zwangsläufig die Vertreter der kleinen Klassen in die Abwanderung treiben könnte. Hier geht es auch um die Sicherheit und den Frieden auf der Rennstrecke.
Entrümpelung des Reglements
Eine Überarbeitung des Reglements ist angezeigt. Die Zeitwertung der Rennunterbrechung war aus sportlicher Sicht nicht in Ordnung, aus internationaler Sicht sogar eine Farce. Die Rennhälften hätten addiert werden müssen. Auch sonst gibt es Reformbedarf: Fans und Medien sollten wissen, wer gerade im Auto sitzt – die Individual Driver Identification ist internationaler Standard!
Und wo wir gerade dabei sind: Es kann nicht angehen, dass Piloten auf dem Siegerpodest jubeln, die gar nicht gefahren sind. In der VLN muss jeder Pilot am Rennen teilgenommen haben, sonst bekommt das Team eine Drei-Minuten-Strafe verpasst. Das ist kein Hexenwerk, sondern ein Gebot der Logik.