Porsche-Projekt 356/930
Walter Röhrls 356er hat einen 911 Turbo-Motor
Der zweifache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl fährt natürlich keinen normalen Porsche 356. Sondern ein waschechtes Restomod-Exemplar mit ordentlich Power.
23.03.2020 Thomas HarloffWalter Röhrls Verbindung zu Porsche ist ebenso lang wie intensiv. Bereits 1970 setzte "der Lange" erstmals einen schnellen Schwaben bei einer Rallye ein und griff in den Siebzigern immer wieder auf Rallyeautos aus Weissach zurück. Schon während seiner aktiven Karriere ließ Röhrl sein Wissen und Können in die Entwicklung des 959 und 964 einfließen, bevor er 1993 offiziell einen Vertrag als Porsche-Repräsentant und Entwicklungsfahrer schloss. Seitdem gingen bis vor Kurzem nicht nur alle 911-Varianten samt GT-Ableger durch seine Hände, sondern auch Boliden wie der Carrera GT und der 918 Spyder.
Nun schiebt ein Dreiliter-Turbo mit 260 PS an
Nicht zu vergessen: Das erste eigene Auto des zweifachen Rallye-Weltmeisters war ein gebrauchter Porsche 356. Ein solcher befindet sich auch heute wieder in Röhrls Sammlung: ein 356 B Roadster von 1959. Dass sich dieses Auto nicht mehr im serienmäßigen Zustand befindet, sehen Kenner sofort beim Blick auf dessen verbreiterte Radläufe. Vor allem das Hinterteil ist deutlich wuchtiger als beim Original. Kein Wunder: Unter der Haube arbeitet nicht mehr der ursprüngliche Vierzylinder-Boxer, sondern der Sechszylinder eines Porsche 930, Baujahr 1977.
Bedeutet: Statt eines zahmen 1,6ers schiebt nun ein Dreiliter-Turbo mit 260 PS an. Wenn einer so etwas beherrschen kann, dann Walter Röhrl. Die Motorsport-Legende fuhr den 356/930 Turbo Roadster erstmals 2018. Ein befreundeter Porsche-Restaurator, Rafael Diez aus der Nähe von Göppingen, überließ Röhrl das Auto für Testfahrten. "An den umgebauten 356 B Roadster mit Turbo-Technik bin ich sehr vorsichtig rangegangen, zu viel war augenscheinlich verändert worden", sagt er heute über seine erste Begegnung mit dem Oldie. "Umso verwunderter war ich, wie perfekt ausbalanciert er sich bereits beim ersten Versuch anfühlte. Er fährt sich ruhig, präzise und macht richtig Spaß."
Umfassend veränderter "Röhrl Roadster"
Nicht umsonst ist Röhrl nun der stolze Besitzer des Schmuckstücks, das Rafael Diez inzwischen auf den Namen "Porsche 356 3000 RR" taufte: Die 3.000 steht für den Hubraum, die Buchstaben bedeuten "Röhrl Roadster". Auf der Motorhaube thronen Röhrls vier Siegerplaketten von der Rallye Monte Carlo, innen ist ein 356-Lenkrad mit 911-Kranz verbaut. Auch die Instrumente erinnern an einen Elfer.
Doch das sind längst nicht die einzigen Änderungen. Die verbreiterten Radläufe wurden bereits erwähnt, auch die vergrößerten Kühllufteinlässe stechen ins Auge. Vorne erhielt der 356 eine tiefere Frontlippe im Stile des 911 S. Außerdem perfektionierte Rafael Diez die Karosserie, lackierte sie, passte die Frontscheibe mit Chromrand perfekt ein und baute den Rechts- zu einem Linkslenker um.
Über Australien nach Österreich
Diez war aber nicht derjenige, der die Idee zu diesem Umbau hatte. Diese Ehre gebührt einem Mann namens Viktor Grahser. Der Österreicher lebte über 30 Jahre in Australien und kaufte in dieser Zeit drei Porsche 356: einen roten Speedster, ein zum Speedster umgebautes 356 A Coupé mit einem 2,7-Liter-Boxer aus dem 911 und natürlich den Roadster, dem er den Turbomotor verpasste. Letzteren erwarb Grahser 1981; ein Jahr später begann der Flugzeugmechaniker sein Projekt 356/930.
Fertig wurde er leider nicht: 2008 starb Grahser unerwartet, seinen Traum vom eigenen Porsche-Museum, dessen Basis die drei 356er bilden sollten, konnte er nicht mehr erfüllen. 2012 erwarb Rafael Diez die Autos und vollendete das, was in Down Under viele Jahre zuvor begonnen wurde. Heute befindet sich das Auto in den bestmöglichen Händen. Viktor Grahser wäre mit dem aktuellen Besitzer sicher hochzufrieden.