Von wegen billige 911-Alternative
Porsche 912 - Preise in 5 Jahren verdoppelt
Für Fans der ursprünglichen 911-Karosserie ist der „Zwölfer“ eine günstige Alternative zum Sechszylinder-Coupé mit weniger problematischem Fahrverhalten – aber günstig heißt bei Porsche längst nicht mehr billig. Die Preise des 912 haben sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt.
16.12.2015 Dirk JohaeVor 50 Jahren stimmte der Sechszylinder-Boxer die Zukunftsmusik in Zuffenhausen an. Der anfangs 130 PS starke Motor steckte in einem neuen, sachlichen Kleid. Aber der Weg an die Spitze der Sportwagen-Charts war weit – nicht zuletzt wegen des Verkaufspreises, der jenseits der Schallmauer von 20.000 Mark lag. So teuer waren als Serienwagen zuvor nur die elitären Carrera-Versionen des 356.
Um möglichst viele Stammkunden in die neue Ära mitzunehmen und den unsteten Absatzzahlen des neuen Porsche entgegenzusteuern, reagierte das Familienunternehmen schnell: „Zur Rettung der Situation wurde ein Vierzylinder-Projekt geboren“, erinnert sich VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, der 1965 als erst 28 Jahre alter Ingenieur zum Versuchsleiter von Porsche befördert wurde.
Porsche verkaufte zeitweise mehr 912 als 911
Nur knapp acht Monate nach dem Start der Serienproduktion des 911 stand ihm ein kleiner, günstiger Vierzylinder-Bruder zur Seite: 16.250 Mark kostete das Porsche 912 Coupé in Deutschland und war damit 5.650 Mark günstiger als der große Bruder. Das Rezept ging auf: Zeitweise verkaufte Porsche sogar mehr Vier- als Sechszylinder-Modelle.
Der Spar-Porsche 912 verfügt mit seinem herkömmlichen Vierzylinder über mehr Vorteile, als es zunächst scheint. Der kleinere Motor wiegt deutlich weniger als der neue Sechszylinder-Boxer. Dadurch wird der Porsche nicht nur leichter – vor allem wird aus dem in Kurven nervösen Sportwagen mit dem Drang zum Übersteuern ein gutmütiges Coupé.
Porsche 912 mit besserer Gewichtsverteilung
Die Diät verbessert die Gewichtsverteilung von 41 zu 59 auf 44 zu 56 Prozent Richtung Vorderachse. Über das Ergebnis freute sich schon auto, motor und sport beim ersten Test des Porsche 912 im Jahr 1965: „Der Wagen bleibt im Kurvengrenzbereich völlig gutmütig.“
Die Perfektionisten in Zuffenhausen überarbeiteten für das neue Porsche 912-Coupé den Motor aus dem 356 mit nur kleinen Veränderungen an der Nockenwelle, dem Ventiltrieb und den Ventilen. Gegenüber dem SC-Motor sank die Leistung dadurch um fünf auf 90 PS.
Aber dies veränderte den Charakter des Traditions-Boxers, so dass das maximale Drehmoment von 122 Nm bereits bei 3.500 statt erst bei 4.200 Umdrehungen pro Minute wirkt. Das sorgte schon bei Drehzahlen ab 1.500 Umdrehungen pro Minute für besseren Durchzug im Porsche 912.
Karmann baut die Karosserien
Die Aufbauten für den Porsche 912 fertigte nicht Porsche in Stuttgart, sondern der Karosseriespezialist Karmann in Osnabrück, der damit einen Folgeauftrag nach der Einstellung des 356 erhielt. Porsches eigene Produktion in der ehemaligen Werkshalle von Reutter war mit dem 911 ausgelastet.
Weit über 30.000 der Vierzylinder-Coupés verkaufte der Sportwagenhersteller, im ersten Jahr mit 6.401 Autos sogar fast doppelt so viel wie vom 911 selbst. 1976 lebte der 912 als G-Modell noch einmal auf, allerdings ausschließlich für den US-Markt. Als direkter Nachfolger des Ur-912 ging der VW-Porsche 914 ins Rennen.
So viel kostet ein Porsche 912
Die Dynamik der Preisentwicklung hat nun auch den Porsche 912 voll erwischt. Stand er vor 5 Jahren noch mit 21.000 Euro für ein Zustand-2-Exemplar in der Liste, wird er heute mit 43.000 Euro von Classic-Analytics bewertet. Im Zustand 4 stieg der Preis von 5.000 auf 16.000 Euro.
Vorsicht ist geboten vor Porsche 912 aus den USA. Zwar sind diese oft vom Blech her besser als ihre in Deutschland verbliebenen Fahrzeuge, doch um die Wartung und Reparaturqualität ist es bei diesen Re-Importen meist nicht so gut bestellt. Denn die kleinen Vierzylinder-Porsche haben noch deutlich weniger Fans als bei uns.