Porsche 911 Speedster

Weglassen gegen Aufpreis

1987 ließ Porsche den Speedster wieder aufleben: Nach dem 356 Speedster, den auch James Dean fuhr, kam das ultra-offene G-Modell. Porsche perfektionierte das Weglassen, das viel Geld kostete.

Porsche 911 Speedster, Seitenansicht Foto: Porsche 19 Bilder

James Dean und der Porsche Speedster

Wer Speedster sagt, denkt meist an das Ur-Modell, den alten 356er aus den 50er-Jahren. Auch an James Dean, einen amerikanischen Hollywood-Helden jener Tage, wird in diesem Zusammenhang gerne erinnert: War da nicht etwas mit den beiden? Stimmt. Dean, berühmt geworden durch das Halbstarken-Epos "Denn sie wissen nicht, was sie tun", fährt auch im Speedster durch den kalifornischen Sommerwind. Doch zur tragischen Figur wird der gut aussehende junge Mann erst durch einen tödlichen Unfall 1955 auf öffentlichen Straßen mit einem anderen Porsche, dem Rennauto namens 550 Spyder.

Speedster und Spyder haben nichts gemeinsam außer dem Motor irgendwo hinten und dem Boxer-Bauprinzip in der Anordnung der jeweiligen vier Zylinder. In geradezu homöopathischen Dosen gelangt allerdings auch der legendäre Königswellen-Motor von Konstrukteur Ernst Fuhrmann in den Speedster - wer heute einen in gutem Zustand besitzt, muss sich vor Altersarmut nicht fürchten.

Beim Porsche Speedster lässt man weg - gegen Aufpreis

Niemand kann in jenen Jahren ahnen, dass es auch vom Nachfolger des berühmten Porsche 356, dem 1964 debütierenden 911, einmal einen Speedster geben wird. Das Rezept wird das Gleiche sein - kürzere und flachere Windschutzscheibe, keine Dreiecksfenster in den Seitenscheiben, tiefere Sitzposition und einfacheres Verdeck. Man lässt weg - gegen Aufpreis.

Schon 1982, praktisch zeitgleich mit dem Debüt des ersten 911 Cabrios, des SC, geht Entwicklungschef Helmut Bott gedanklich mit einer Speedster-Renaissance um, aber es wird noch fünf Jahre dauern, bis das fertige Auto auf der IAA 1987 Weltpremiere feiert. Im September 1988 geht der 911 Speedster dann in Serie, in einer schmalen und in einer breiten Version. Insgesamt werden 2.013 Exemplare für die wahren Freaks gebaut - 171 davon in der besonders seltenen schmalen Version.

911 Speedster mit bescheidenen 217 PS

Das Jahr 2000 ist schon zur Hälfte herum, als man bei auto motor und sport noch einmal Appetit auf einen Porsche 911 Speedster bekommt. Doch woher nehmen? Niemand der leitenden Porscheaner fährt damals einen Speedster. Norbert Haug, einst Herr der Mercedes Silberpfeile, hat seinen schon verkauft, ebenso Ex-Porsche-Werkspilot Dieter Glemser. Was ist mit Yörn Pugmeister, ehemals auto motor und sport-Mann, später Porsche-PR-Chef? Auch sein Schmal-Speedster, ein Einzelstück hinten ohne Notsitze und wegen der dort installierten Holzplatte im Porsche-Jargon Hasenstall genannt, ist schon weg.

Stefan Roser, damals Fernsehkoordinator für auto motor und sport tv, hat noch einen. Es ist ein breiter, silbergrau mit nur 18.000 Kilometern, der 3,2 Liter große Sechszylinder schon mit Katalysator und aus heutiger Sicht eher bescheidenen 217 PS. Mit einem Preis von 111.000 Mark steht das Auto in der Liste - er ist nichts für Arme, auch deshalb nicht, weil man nur ohne Not, mehr mit Pläsier, auf so viel verzichtet.

Der zum Vergleich antretende Boxster S, 15.000 Mark billiger, zeigt, was der Speedster alles nicht hat: Servolenkung, elektrische Fensterheber, elektrische Sitzverstellung, elektrische Verdeck-Betätigung, gefüttertes Verdeck. Die Kapuze des Speedster, vor der sogar in der Betriebsanleitung wegen "Beeinträchtigungen durch Zugluft, Windgeräusche oder Wassereintritt" gewarnt wird, lässt sich erst nach mehrminütigem Einsatz schließen. Es kann zu abgebrochenen Fingernägeln kommen, erzählt Besitzer Roser, Pugmeister erinnert sich an Quetschungen.

Geschlossen macht der Speedster die beste Figur

Keine Frage, geschlossen sieht der Speedster am eindrucksvollsten aus - so gesehen hat sich das Hantieren gelohnt. "Achtung, Verletzungsgefahr" warnt ein beigelegtes Druckwerk den Speedster-Besitzer zusätzlich - vor dem Aushängen des Schutztuchs, dem Herunterklappen der mit symmetrischen Buckeln versehenen Heckklappe, dem Anheben des Verdecks um zehn Zentimeter zwecks Entspannung. Noch immer ist das Kunstwerk nicht ganz fertig, die Seitenspiegel müssen noch durch Arretieren der Verdeck-Unterseite und Druck auf der Oberseite gespannt werden.

Open-Air-Festival

Stoffverdecke machen fast jedes Cabrio schön, aber beim Porsche 911 Speedster ist das Resultat umwerfend - der dicke, formschöne Hintern, die im Vergleich mit dem normalen Cabrio deutlich niedriger sitzende Stoffmütze, ein Augenschmaus, vor allem von schräg hinten. Es ist ganz großes Cabrio-Kino, untermalt vom unverfälschten Sägeton des alten Carrera-Sechszylinders.

Er ist natürlich noch luftgekühlt, und seine Abgase verlassen das dicke Endrohr, ohne zuvor durch ein Tonstudio gegangen zu sein. Der Klang wirkt metallischer gerade auch im Vergleich mit dem Boxster, der Antritt erfolgt aus heutiger Sicht weit weniger wild, als man es zu seinen Lebzeiten empfand.

Aber wie immer im Leben kommt es auf den direkten Vergleich an. Der Ur-Speedster aus der 356er-Reihe wird damals auch mit dem damenhaften, 60 PS starken 1,6 Liter-Boxer geliefert, und mit ihm wird der Neunelfer beim Beschleunigen nicht lange fackeln. "Ein Porsche muss schießen, wenn man Gas gibt", sagte einst Firmenchef Ferry Porsche, und 6,3 Sekunden auf Tempo 100 ist ganz schön geschossen.

In 6,3 s auf Tempo 100

Auch die Lenkung des Porsche 911 Speedster ist noch vom alten Porsche-Schlag, mit hohen Haltekräften in der Kurve, aber sehr guter Präzision. Man sitzt tief, tiefer und erstaunlicherweise weit besser als im zur Seite gestellten Boxster. Selbst die Federung ist besser, auf ein Windschott verzichtet der Speedster-Fahrer gerne. Wir haben wilde Frisuren und rote Köpfe bekommen, bereits bei Tempo 80. Wenn schon Wind, sagt Stefan Roser, dann richtig.

Das Eindrucksvollste am 911 Speedster ist allerdings nicht der Wind, auch nicht sein formschönes Heck. Es ist die Wertentwicklung. Bei einer Bonhams-Auktion im Februar 2014 in Paris kam ein 89er Speedster im Zustand Eins minus unter den Hammer, silbergrau und breit. Bei 310.500 Euro kommt der Zuschlag. Hammer!

Der Porsche Speedster in auto motor und sport, Ausgabe 19/1988

Der streng limitierte und bereits ausverkaufte Porsche Speedster, offiziell verzichtete er sogar auf die Zahl 911, ist bedeutend genug für eine Titelstory. Das Fahrgefühl im Speedster bezeichnet der Autor als "großartig", die Karosserieform, bei der man sich ein wenig am Denkmal 911 verginge, als "gedehnt, irgendwie zu breit und zu flach". Das zweite tragende Thema im Heft ist von zweifellos größerer Breitenwirkung. Die "untere Oberklasse" tritt zum Vergleichstest an. Alfa Romeo 164 V6, BMW 530i und Mercedes 300 E kämpfen um Punkte. Der BMW gewinnt.

Auf einen Blick: Porsche 911 Speedster

Sechszylinder-Boxermotor, zwei Nockenwellen (Ketten), Hubraum 3.164 cm3 (95 x 74,4 mm), Leistung 217 PS bei 5.900/min, selbsttragende Karosserie, vorn Querlenker, Drehstabfedern, hinten Schräglenker, Radstand 2272 mm. Bauzeit 1988 bis 1993, 2013 Expl., Preis ( Zustand. 2): 130.000 Euro.