Porsche 911 3.0 SC Heigo Gruppe 4 (1980)
Dieser 911 war Vorbild für Röhrls Rallye-Porsche
Der Heigo-911 von Porsche-Testfahrer Dieter Röscheisen war Vorbild für Walter Röhrls Auto bei der San Remo Rallye 1981. Nun steht der 911 zum Verkauf.
28.01.2022 Andreas Of-Allinger, Dirk JohaeDer britische Händler Girardo & Co. hatte ihn schon im vorigen Jahr angekündigt, nun steht der Heigo-Porsche zum Verkauf. Das Rallyeauto hatte der damals 24-jährige Porsche-Mitarbeiter Dieter Röscheisen privat auf Basis eines 1979er 911 SC aus Werksbeständen aufgebaut. Die Lackierung mit Grandprix Weiß oben und Petrolblau Metallic unten gestaltete Porsche-Designer Ginger Arnold Ostle. "Ginger hat das Auto unter eine Lampe gestellt und anhand des Schattenverlaufs die Linie gezogen", erzählt Röscheisen. Dazu kamen rote Streifen und Schriftzüge des Sponsors: Heigo, ein Hersteller von Überrollkäfigen und -bügeln aus Kist bei Würzburg, unterstützte Aufbau und Einsatz des Autos für eine Saison.
Rallye-911 mit 270 PS
Mit Hilfe einiger Porsche-Kollegen entstand in einer Garage in Hochdorf bei Vaihingen/Enz ein 270 PS starkes Wettbewerbsauto, das Röscheisen mit den Beifahrern Rudi Rieger und Klaus Hesse im Jahr 1980 während elf deutschen Rallye-Läufen fuhr. Mit guten Ergebnissen: Das Team erreichte drei erste Plätze, zwei zweite Plätze und einen dritten Platz. Am Ende der Saison verkaufte Röscheisen das Auto an einen britischen Papierfabrikanten: Christopher Watham behielt den Porsche 20 Jahre lang und fuhr damit einige regionale britische Rallyes. Inklusive einiger Unfälle: Watham, der zuvor einen BDA Escort gefahren hatte, kam mit dem Porsche nicht gut zurecht. "Der hat zwar Geld gehabt, aber kein Fahrtalent. Gleich bei der ersten Rallye hat er das Auto in den Wald geschmissen", erzählt der ehemalige Porsche-Mitarbeiter heute.
Ein Reifen kostete 500 Mark
Kennengelernt hatten sich die beiden auf der Weltmeisterparty zu Ehren von Walter Röhrl. Noch heute hat Röscheisen vom Verkauf einen Scheck über 45.000 Mark. Denn der Käufer hatte sicherheitshalber mehrere Schecks ausgestellt und Röscheisen gebeten, einfach so viele einzulösen, bis der Kaufpreis erreicht sei. "Der hatte keinen Überblick über seine Konten, da hat das Geld keine Rolle gespielt" mutmaßt Röscheisen. Ganz anders war es bei dem damals 25-jährigen Techniker: "Wir mussten so fahren, dass das Auto ganz bleibt. Hätten wir uns überschlagen, wäre die Rechnung nicht aufgegangen." Die Preise von damals hat der ehemalige Rallyefahrer noch im Kopf: "Ein Reifen kostete 500 Mark und eine 11-Zoll-Felge für die Slicks 3.700 Mark." Die Felge musste ganz bleiben, ein Satz Slicks musste reichen. Das hatte seine Tücken, denn die mittelharte Mischung war mal zu hart, mal zu weich: "Auf kurzen Prüfungen sind die Reifen kaum warm geworden", erzählt Röscheisen. Die Slicks brachten ihm während eines Zieleinlaufs in der Esslinger Innenstadt den Kommentar einer Zuschauerin ein: "Porsche fahren, aber kein Geld für ordentliche Reifen."
Im Jahr nach dem Verkauf des SC half Röscheisen Röhrl, als der Rallye-Weltmeister nach dem plötzlichen Rückzug von Mercedes in der Saison 1981 ohne Auto dastand: Röscheisen baute für Röhrl einen Gruppe-4-911 auf. Der Heigo-Porsche gilt außerdem als Vorbild für jenen Werks-911, mit dem Röhrl und sein Beifahrer Christian Geistdörfer im Oktober 1981 die San-Remo-Rallye fuhren. Trotz gebrochener Antriebswelle bezeichnete Röhrl diesen 911 später als seinen "besten Rallye-Porsche".
Vorbild für Röhrls Sam-Remo-Porsche
Kein Wunder: Bei ihrer einzigen WM-Rallye dieser Saison fuhren Röhrl/Geistdörfer auf Siegkurs. Zwar lagen sie nach der Schotteretappe hinter dem Audi Quattro der Führenden Michele Mouton und Fabrizia Pons zurück. Aber auf den folgenden Asphaltprüfungen hätte das Porsche-Team den Rückstand aufholen können. Röhrl/Geistdörfer waren bis zum Ausfall bereits schneller als im eigenen Marschplan vorher berechnet. Das Auto gehört heute zur Unternehmenssammlung von Porsche.
Zurück zu Röscheisens Auto: Das erlebte während britischer Rallyes einige Unfälle, irgendwann verlor sich die Spur. Bis der Brite Stephen "Steve" Davis in Sheffield einen reichlich patinierten 911 kauft. Der Porsche ist schmutzig und in Rothmans-Farben lackiert. Recherchen führen zu Walter Röhrl, der Davis Röscheisens Nummer gibt. Der Vergleich mit alten Fotos und Details am Auto belegen: Das ist Röscheisens ehemaliges Auto. Für Röscheisen eine Überraschung: "Für mich war das Auto nicht mehr existent." Davis beschließt, es so wieder so aufbauen zu lassen, wie es 1980 in der Deutschen Rallye Meisterschaft fuhr. Im März 2010 sieht Röscheisen das Auto wieder und ist enttäuscht: "Vom originalen Auto war offensichtlich nur noch die Dachpartie vorhanden", sagt der ehemalige Rallyefahrer. Der Öltank, den er damals mit seinen Kollegen nach vorne unter die Fronthaube verlegt hatte, um die Gewichtsverteilung zu vebessern, war nicht mehr vorhanden. Der komplette Vorderwagen war neu gemacht worden, Details wie die Aufkleber stimmten nicht exakt überein.
Zuletzt bekam der neu aufgebaute und lackierte Porsche einen großen Service, eine neue Kupplung und frische Michelin TB 15. Preis auf Anfrage.