Porsche 911 Carrera, Typ 964 (1988 bis 1993)
Technik ist 964-Achillesferse
Die Achillesferse des Porsche 911 Typ 964 ist seine aufwendige Technik. Das gilt in erster Linie für das Allrad-Modell Carrera 4, einem Sproß des Technologieträgers Porsche 959. Die Wartungsansprüche sind hoch, der verbaute Motorraum kostet Arbeitslohn. Auch ein billiger 964 sollte genügend Kundendienst-Stempel haben.
04.03.2013 Alf CremersDie Achillesferse des Porsche 911 Typ 964 ist seine aufwendige Technik. Das gilt in erster Linie für das Allrad-Modell Carrera 4, einem Sproß des Technologieträgers Porsche 959. Die Wartungsansprüche sind hoch, der verbaute Motorraum kostet Arbeitslohn. Auch ein billiger 964 sollte genügend Kundendienst-Stempel haben.
Karosserie-Check
Vorsicht, der Traum vom billigen Porsche 911 verstellt den Blick für die Tatsachen. Das hohe Preisniveau des Elfer birgt vor allem beim günstigen 964 für Schnäppchenjäger große Gefahren. Der 964 ist als Carrera 4 mit Allradantrieb technisch hochkomplex aufgebaut (immerhin stand der sündhaft teure Porsche 959 Pate).
Karosserieseitig gehört der vollverzinkte und im Detail exzellent verarbeitete 964 zu den unproblematischsten Elfern überhaupt. Es gibt nur wenige Korrosions-Schwachstellen an der Karosserie, etwa der Schweller in Höhe der B-Säule, die Zone des Batteriekastens im Kofferraum, oder die Schweller im Bereich der Wagenheberaufnahmen. Vor allem preiswerte Exemplare von 10.000 bis 20.000 Euro leiden oft unter schlecht reparierten Unfallschäden, erkennbar an breiten, ungleichmäßigen Spaltmaßen an Türen und Hauben. Sowie Stauchungen vor allem im Bereich des Voderwagens und der Hinterachse einschließlich B-Säule.
Ernsthafte Interessenten sollten ihr Objekt vor dem Kauf unbedingt TÜV, Dekra oder einem selbständigen Kfz-Gutachter vorführen. In der Preisklasse ab 20.000 Euro ist das üblich. Magnet, Schichtdickenmesser und Taschenlampe gehören zum Grundbesteck des Interessenten. Häufig sind auch Beulen in den Schwellern, hervorgerufen durch unsachgemäßes Ansetzen der Hebebühne.
Weitere kritische Zonen sind die Stehbleche und Radhäuser des Vorderwagens, die Schweller in Höhe der B-Säule, der Längsträger im Heckbereich sowie Hauben und Türböden. Die mikrodünne Zinkschicht hält nicht ewig, Kapillarwirkung schwächt sie in diesen Bereichen. Die zur Zeit häufig angeboteten Italien-Importe leiden unter UV-Schäden an Lack und Interieur. Kundendienst-Hefte prüfen!
Technik-Check
Die Technik des Porsche 911 ist erst recht beim ausgereiftem Typ 964 viel robuster als ihr Ruf. Vor allem der spezifisch nicht sehr hoch belastete 3,6 Liter-Motor (Literleistung 69,5 PS) hält bei regelmäßiger Wartung mindestens 300.000 km ohne Überholung. Auch sollten die 11,5 Liter-Motoröl der Trockensumpfschmierung behutsam warmgefahren weden.
Ein vollgestempeltes Wartungsheft (KD-Heft) mindert das Risiko erheblich, es ist beim Porsche 911 Typ 964 wichtiger denn je. Die zentralen Themen beim luftgekühlten Elfer-Motor heißen Ölundichtigkeit, Steuerkette und Stehbolzen. Die beiden letztgenannten Probleme hat der M64-Motor weit besser im Griff als die Vorgänger. Die Stehbolzen wurden aus Gründen der vergrößerten Bohrung anders platziert und sind aus sehr viel besserem Material.
Der hydraulische Kettenspanner für die lange Duplexkette macht kaum mehr Probleme, es sind eher die Gleitschienen der Kette, die ab 150.000 km erneuert werden sollten. Beim Porsche 911 Typ 964 sind die Peripherie-Aggregate anfälliger als die der Vormodelle. Die Bosch DME ist im Fehlerfall diagnoseaufwendig, Bauteile gehen ins Geld. Das G50-Getriebe bleibt bis ins hohe Alter laufruhig, einzig das Schaltgestänge bedarf schon mal der Justierung.
Preise
Die Preisentwicklung beim Porsche 911 Typ 964 verlief anders als bei den heftig nachgefragten F- und G-Modellen in den letzten Jahren eher gleichmäßig steigend. Optische und fahrdynamische Gründe (zu wenig 911-Feeling) sind vor allem für den Carrera 4 in der Publikumsgunst ein Handicap. Tendenziell ist der aufwendige Allradler trotz damals erheblich höherem Neupreis (1990: 120.550 zu 107.100 DM) ein paar Tausend Euro günstiger als der wartungsfreundlichere und mehr Elfer-Urdynamik bietende Carrera 2. Tiptronic-Modelle (nur Carrera 2) sind Ladenhüter, können aber behutsam behandelt und stets gewartet bei geringen Kilometerständen unter 100.000 zum Geheimtip werden. Das Gros des Porsche 911 Typ 964-Marktes spielt sich zwischen 20.000 und 30.000 Euro ab. Cabrios sind ansonsten gleichwertig bis zu 10.000 Euro teurer. Die seltenen Targa-Versionen kosten 3.000 bis 5.000 Euro weniger als die Coupés
- Bei Einführung 1988 (Porsche 911 Carrera 2) :
- 103.500 Mark
- Bei Produktionsende 1993 (Porsche 911 Carrera 2) :
- 125.760 Mark
Ersatzteile
Ein großes Handicap vor allem des Porsche 911 Typ 964 sind die hohen Ersatzteilpreise, die am Porsche-Tresen verlangt werden. Selbst profane Dinge wie Dichtungen, Filtereinsätze, Bremsbeläge, oder Silentbuchsen kosten richtig Geld. Das gilt besonders für spezifische Porsche 911 Carrera 4-Teile. Die bei Mercedes noch funktionierende Hoffnung ein Dreiminus-Auto durch Teiletausch vor allem dess verschlissenen Interieurs in ein Zweiminus-Auto zu verwandeln, geht bei Porsche schief.
Spezialisten wie Freisinger Motorsport in Karlsruhe (www.m-freisinger.de ), Sportwagen Eckert (www.sportwagen-eckert.de ) oder MST-Mechanik in Abensberg bei Regensburg (www.mst-mechanik.de) bieten preiswertere Alternativen. Schlacht-964 gibt es kaum, dazu sind sie zu jung und zu gut gebaut. Porsche 911 Carrera vom Typ 964 unter 15.000 Euro sind oft reparierte Unfallautos mit Reparaturstau, bis 20.000 Euro lässt sich vom Rücklauf aus Italien profitieren.
Schwachpunkte
- Stehbleche und Radhäuser
- Spaltmaße (Türen und Hauben)
- Verdeckte Unfallschäden
- Schweller in Höhe B-Säule
- Heckscheibenrahmen (Targa)
- Tür- und Haubenkanten
- Bosch DME-Motronic
- Verteiler mit Zahnriemenantrieb
- Ölundichtigkeiten
- Tragegelenke und Spurstangen
- Fahrwerksbuchsen, Bremsanlage
- Metall-Katalysator, Auspuff
Wertungen
Fazit
Die Achillesferse des Porsche 911 Typ 964 ist seine aufwendige Technik. Das gilt in erster Linie für das Allrad-Modell Carrera 4, einem Sproß des Technologieträgers Porsche 959. Die Wartungsansprüche sind hoch, der verbaute Motorraum kostet Arbeitslohn. Auch ein billiger 964 sollte genügend Kundendienst-Stempel haben.