Porsche 911 Cabrio G-Modell

Carrera 3,2 - das Cabrio von Walter Röhrl

Sportliche Porsche-911-Piloten lassen meist nur das Coupé gelten, allenfalls den Targa. Dabei ist das Cabrio die wohl vielseitigste Variante des 911. Auch Rallye-Legende Walter Röhrl fährt den offenen 911.

Porsche 911 Carrera Cabrio, Frontansicht, Walter Röhrl Foto: Hans-Dieter Seufert 25 Bilder

"Frag doch mal den Walter"

Wie der Zufall so spielt: Als wir ein 911 Cabrio für diese Geschichte suchten, möglichst rot, möglichst ein G-Modell, und bei den üblichen Verdächtigen nachhakten, meinte schließlich einer: "Fragt doch mal den Walter, der hat ein rotes Cabrio."

Tatsächlich? Walter Röhrl, der anerkannt beste Autofahrer der Welt, der auch im wildesten RSR schon entspannt gegenlenkt, bevor das Biest überhaupt ausbricht, der auch noch mit zarten 68 Jahren halb so alte Gegner auf der nassen Nordschleife mit unterlegenem Material locker hinter sich lässt, der Walter Röhrl also fährt ein Porsche 911 Cabrio? In Rot? Interessant.

Das wirft jetzt ein wenig mein Weltbild über den Haufen. Gemeinhin ist es doch so: Der sportliche Elfer-Fahrer akzeptiert nur das Coupé als das einzig Wahre und betrachtet schon den Targa mit leichtem Argwohn, weil dieser sich auf der Nordschleife leicht verwindet. Der gänzlich dachlose 911 ist eher für die Dame des Hauses geeignet. Dachte ich jedenfalls.

"Ursprünglich habe ich das Porsche 911 Cabrio schon für meine Frau angeschafft, daher auch das elektrische Verdeck", erklärt Walter leise lächelnd. Also doch. "Aber dann habe ich gemerkt, wie gut das Auto fährt und wie viel Spaß es macht."

Ortstermin bei Walter Röhrl

Ortstermin im Bayerischen Wald östlich von Regensburg, nicht weit von der tschechischen Grenze entfernt. Der zweifache Rallye-Weltmeister lebt mit seiner Frau Monika in einem kleinen Dorf, die Fans wissen ohnehin genau wo. Es ist wunderbar ruhig dort, die Straßen sind leer, und entgegen der Wettervorhersage regnet es in Strömen.

Das rote Porsche 911 Cabrio steht frisch geputzt in der Garage und sieht mit seinen knapp 32.000 Kilometern aus wie frisch in Zuffenhausen vom Band gerollt. Es handelt sich um ein 1989er Carrera Cabrio und damit um einen der letzten 3,2-Liter; der ab Modelljahr 1990 gebaute 964 stand schon in den Startlöchern. Vorgestellt worden war der offene Neunelf indes bereits im Frühjahr 1982 als Dreiliter auf dem Genfer Salon - und sorgte damals bei den Fans für Begeisterungsstürme.

Kein Wunder, schließlich erlöste das Porsche 911 Cabrio die Frischluft-Fans unter den Porsche- Fahrern von einer 18-jährigen Knechtschaft unterm Blechdach: Das letzte 356 Cabrio war 1964 gebaut worden, und der seit 1967 lieferbare Targa ließ sich eben nur eingeschränkt öffnen. Beim neuen Cabrio verschwand das Verdeck nach alter Väter Sitte unter einer Persenning im Heck, kein Bügel störte Rundumsicht und Luftzug.

Grünes Licht für Porsche 911 Cabrio-Projekt kam 1980

Dass es so lang dauerte, lag zum einen daran, dass nach Entwicklung des Porsche 911 Coupé und des Targa zunächst nicht genügend Kapazität für ein Cabrio-Projekt vorhanden war, zudem fürchtete man im Hause Porsche ein Cabrio-Verbot in den USA. Erst mit der 1980 erfolgten Stablübergabe in der Geschäftsführung von Ernst Fuhrmann auf Peter W. Schutz erhielt Chefkonstrukteur Helmuth Bott grünes Licht für ein 911 Cabrio.

Mit der schwierigen Verdeckkonstruktion beauftragte Bott den Spezialisten Gerhard Schröder, der zu Ostern 1981 einen Porsche 911 Cabrio-Prototyp präsentierte - mit einem Cabriodach samt neuer Spriegeltechnik -, bei dem rund die Hälfte des Dachs aus Stahlblechprofilen bestand. Das sorgte für Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten und ließ sich dennoch vollständig versenken.

911 Cabrio mit besserem cW-Wert als Coupé

Kleine Anmerkung für Sportfahrer: Laut Messungen zeigt das Stoffdach des Porsche 911 Cabrios sogar einen etwas besseren cw-Wert als das Coupé, weil es sich dem Winddruck anpasst. Der Vorteil wird allerdings durch das Mehrgewicht der versteiften Bodengruppe ausgeglichen.

Als Bott den Prototyp 1981 auf der IAA vorstellte, hatte er dem Porsche 911 Cabrio gleich noch einen Allrad-Antriebsstrang spendiert - für den sich indes niemand interessierte und der erst beim 964 zum Einsatz kam. Das ab Januar 1983 lieferbare 911 SC Cabrio dagegen verkaufte sich prächtig, ab Modelljahr 1987 ließ sich das Verdeck zudem mit zwei Elektromotoren bequem öffnen und schließen.

13 Liter Motoröl wollen langsam warmgefahren werden

Diese werden jetzt von Walter Röhrl aktiviert. Der Regen nimmt eine Atempause, und wir wollen der untergehenden Sonne Richtung Westen entgegeneilen, offen natürlich. Sorgfältig wärmt der gebürtige Regensburger die 13 Liter Schmierstoff des 3,2-Liter-Sechszylinders an, schaltet früh und weich hoch und lauscht in das Auto hinein. Es klingt wie es immer klingt, und es fühlt sich an wie es sich immer anfühlt: Auch ein Porsche 911 Cabrio ist zuallererst ein Neunelf.

Nun bin ich zwar schon mit Walter in denselben Rennen gefahren und konnte die Kunst des Meisters mitunter aus nächster Nähe bewundern, wenn auch meist nur für sehr kurze Zeit, doch ich saß noch nie auf dem Beifahrersitz. Röhrl ist vermutlich auch mit einem Porsche-Trecker schnell, doch in einem Porsche 911 ist er sehr schnell.

Der Boxermotor im Heck leistet dank leichtem Feintuning rund 240 PS, einen Hauch mehr als die Serie in Deutschland. Als das Ölthermometer gut 80 Grand signalisiert, flutet Walter die Brennräume, das Porsche 911 Cabrio spannt sich, das Lüfterrad heult und der Heckmotor kreischt vor Vergnügen. Bis knapp 4.000 Touren ist man ordentlich unterwegs, darüber beginnt Walters Welt. Der 911 nutzt auf den einsamen Landstraßen die gesamte Straßenbreite, der Grip ist immer wieder beeindruckend, Ausbruchversuchen des Hecks begegnet Walter mit sparsamen Bewegungen am leichtgängigen Lenkrad. Auf dem Beifahrersitz fühlt man sich so sicher wie in Abrahams Schoß.

Leistung und Luftzug satt

"Mehr Leistung als in diesem Motor braucht kein Mensch, der 3,2 ist einer der besten 911-Serienmotoren", sagt Röhrl und hat damit vermutlich recht. Wer es darauf anlegt, ist in weniger als sieben Sekunden auf Landstraßentempo und flitzt mit mehr als 240 über die Autobahn. Verbrauch auf Langstrecke übrigens um zehn Liter.

Faszinierend erscheint aber vor allem die Vielseitigkeit des Porsche 911 Cabrio: Versteckt sich das Verdeck unter der Persenning, ist der Wagen so offen, wie man es sich nur wünscht. Geschlossen dagegen gibt sich das Cockpit beinahe heimelig und ein wenig geräuschärmer als ein geschlossener Targa. In der Dynamik wiederum steht das Cabrio dem Coupé kaum nach, es braucht schon einen Walter Röhrl am Lenkrad, damit ein Coupé wirklich schneller ist.

Was kostet ein Porsche 911 Cabrio?

Umso erstaunlicher, dass für Porsche 911 Cabrios in der Regel nicht mehr verlangt wird als für Coupés – zumal sie oft in besserem Zustand sind und geringere Laufleistungen aufweisen, weil sie im Grunde die meiste Zeit als Zweit- oder Drittwagen in der Garage standen. Rund 36.900 Euro muss man für ein Porsche 911 SC Cabrio im Zustand 2 rechnen, im mäßigen Zustand sind etwa 11.900 Euro fällig. Im Unterhalt verursacht einzig das Verdeck als Verschleißteil alle paar Jahre höhere Kosten.

Experten erwarten allerdings, dass Porsche 911 Cabrios - ähnlich wie in der Vergangenheit die offenen 356 - preislich stark anziehen und möglicherweise irgendwann an den Coupés vorbeiziehen werden. "Sie sind derzeit klar unterbewertet", meint Spezialist Michael Knebel dazu. Da kann man, wie leider heute bei jedem klassischen 911, nur raten: besser heute als morgen kaufen.