Porsche 924, 944 und 968
Warum die Vierzylinder echte Porsche sind
Motor vorn, Getriebe hinten: Der 924 bot ab 1976 ein neues Porsche-Gefühl. Zweifel, ob er ein echter Porsche ist, fegt die Wertentwicklung hinweg. Ein Blick zurück auf 924, 944 und 968.
09.02.2020 Andreas Of-Allinger, Dirk JohaeStreng genommen kam Porsche durch Zufall zu seinem Einstiegmodell 924. Ursprünglich entstand die Baureihe als Entwicklungsauftrag für Volkswagen. Der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Rudolf Leiding hatte keine Verwendung für einen Nachfolger des VW-Porsche 914. Das Projekt war jedoch weit gediehen und Porsche kaufte EA 425 zurück. Schon im November 1975 präsentierten sie ihren Modellzuwachs vor einer futuristischen Hochhauskulisse in Südfrankreich. Doch das Vierzylindercoupé kämpfte mit dem Image, kein richtiger Porsche zu sein. Dem brummigen Reihenmotor, der von einem Audi-Aggregat abstammte, und den vielen Teilen aus dem Konzernregal fehlte der Stuttgarter Stahlgeruch. Auch die glatte, sachliche Karosserieform war für Porsche-Fans keine wirklich runde Sache. Wirtschaftlich war die Entscheidung für den 924 kein Fehler: In fünf Jahren verkaufte Porsche 100.000 Stück. Der 911 hatte für diese Produktionszahl zwölf Jahre gebraucht, war allerdings auch weit teurer.
Was ist das Besondere an der Baureihe?
Nach dem Vierzylinder-Ableger 912 und dem eher glücklosen 914 schiebt Porsche ein ungewöhnliches Einsteigermodell aus der Garage: Der vorn eingebaute Motor und die Wasserkühlung sind zwei Innovationen der Firmengeschichte. Ebenfalls ein Novum: das Transaxle-Getriebe an der Hinterachse. Die Kardanwelle rotiert in einem starren Tragrohr zwischen der Kupplungsglocke und dem Getriebegehäuse. Diese Verteilung sorgt für eine fast ausgeglichene Gewichtsverteilung von 48 zu 52 Prozent. Der Grundaufbau bleibt bei allen Modellen bis hin zum 968 gleich.
Transaxle im Test
Im Test der auto motor und sport gab es Lob für die Fahreigenschaften und den sparsamen Motor. Kritik handelte sich der banale Klang des Motors ein. Es handelte sich um einen Zweiliter aus dem Audi 100, dem Porsche mit Benzineinspritzung und eigenem Zylinderkopf zu 125 PS verhalf. Das Getriebe, anfangs mit vier Gängen, war lang übersetzt, was schnelles Fahren auf der Autobahn ermöglichte, aber auf Landstraßen zu häufigem Schalten zwang.
Dank des niedrigen Schwerpunkts und der günstigen Gewichtsverteilung liegt schon ein Basis-924 ziemlich gut. Der etwas brummige Zweiliter ist nicht besonders drehfreudig, zieht dafür kräftig durch und befähigt das Coupé zu sportlichen Fahrleistungen. Noch besser geht natürlich ein 924S oder 944 mit dem 2,5-Liter-Porsche-Vierzylinder. Sparsam ist dieser Motor außerdem. Die präzise und perfekt rückmeldende Lenkung ist typisch Porsche, die Bremsen sind über jeden Zweifel erhaben – das gilt auch für die Zweiliter-924 mit Trommeln an der Hinterachse. Der Komfort ist gut, auch auf Langstrecken stützen die Sitze gut, nerven weder Fahrwerk noch Karosserie durch unnötige Härte oder Geräusche. Die etwas frugale Anmutung früher 924 mit großzügigen Spaltmaßen, preisoptimalen Kunststoffen und Blinkerhebeln vom VW Käfer kehrt der 968 mit edlem Leder und penibler Verarbeitung ins Gegenteil um. Ein Vorzug aller Transaxle-Porsche ist die enorme Alltagstauglichkeit durch den großen Gepäckraum.
Die ganz guten, aber nicht überragenden Fahrleistungen und die Elastizität verbesserten sich erheblich, als Porsche 1978 den 924 Turbo brachte. Der sprintete in 7,8 Sekunden von null auf 100 km/h und erreichte 225 km/h Höchstgeschwindigkeit. Ein T-förmiger Lufteinlass in der Motorhaube, der Wärme aus dem Motorraum ableiten sollte, machte den Turbo auf Anhieb ebenso klar erkennbar wie die vier Lufteinlässe in der Front. Kreuzspeichenräder waren serienmäßig, eine Zweifarbenlackierung gab es als Option. Ein Ladedrucksteuerung per Bypassventil und eine vollelektronische Zündung steigerten die Leistung ab 1981 auf 177 PS.
Ein echter Porsche? Ja, klar
Im Jahr 1981 präsentierte Porsche den 944. Der sah den 924 Carrera mit seinen breiten Backen auf den ersten Blick recht ähnlich, war jedoch für die Serie gedacht und hatte einen ganz anderen Motor. Bei der Konstruktion des V8 für den 928 hatten die Ingenieure einen Vierzylinder abgeleitet. Entsprechend stand P-O-R-S-C-H-E auf dem nach rechts geneigt eingebauten Motor, der den 944 laut auto motor und sport Heft 25/1981 zu einem echten Porsche machte.
Dieses Triebwerk wurde ab 1986 auch in den 924 S eingebaut, allerdings in der schwächeren US-Variante. Zwei Jahre darauf feierte der größere Vierzylinder mit drei Litern Hubraum im 944 S2 seine Premiere. Dieser Motor sorgte dann auch für den Vortrieb im Porsche 968 ab 1991, dem ultimativem Vierzylinder-Transaxle. Doch der weit entwickelte Sportwagen war längst kein Einstiegsmodell mehr. Seine Fahrleistungen hatten 911-Niveau und auch die Kaufpreise rangierten in der oberen Liga. Die Verkaufszahlen blieben hinter den Erwartungen zurück: Die Transaxle-Baureihe wurde 1995 eingestellt.
Mit der Produktion in Zuffenhausen war der Vierzylinder-Transaxle endgültig „ein echter Porsche“. Am Ende waren von 924, 944 und 968 zusammen rund 325.000 Stück verkauft. Den größten Anteil hat der 944 mit 163.303 Stück. Ein bisschen war das tatsächlich die Rettung der Firma und heute sind die Vierzylinder-Transaxle ohnehin rehabilitiert. Das ist auch an der Wertentwicklung abzulesen: Die Zeiten, als gute 924 vierstellig kosteten, sind vorbei.
Frühe Porsche 924 in gutem Zustand kosten laut Classic Analytics zwischen 10.900 und 14.700 Euro. Ein Turbo ist etwa 5.000 Euro teurer. Der 924S liegt preislich zwischen Zweiliter und Turbo. Die Preissteigerungen des 924 hat der 944 (noch) nicht mitgemacht, er kostet praktisch das Gleiche. Das seltene 944 Turbo Cabrio wird für bis zu 45.500 Euro gehandelt. Die abgespeckten 968 CS waren neu günstiger als die besser ausgestatteten Standardmodelle, sind heute jedoch gesuchter und mit bis zu 55.200 Euro teurer als diese.
Was sind die Preisrekorde?
Je geringer die Stückzahl, desto höher der Preis. Diese Binsenweisheit führt auch bei Porsches Transaxle-Familie zu den teuersten Exemplaren. Ende August 2017 erzielte ein indischroter 924 Carrera GTS Clubsport aus dem Baujahr 1981 den Preis 357.000 Euro. Von dieser Homologationssonderserie wurden insgesamt nur 50 Exemplare gebaut.
Was sind die wichtigsten Sammlertipps?
Neben den in geringen Stückzahlen, meist für den Einsatz im Motorsport aufgelegten Kleinserien wie zum Beispiel dem 924 Carrera GTS, dem 944 Turbo Cup oder dem 968 Turbo RS sind für Sammler vor allem die Sondermodelle reizvoll. Besonders beliebt ist das 924 „Weltmeistermodell“ mit den Zierstreifen in den Martini-Farben von 1977. Aber auch der 924 „Le Mans“ (1980) oder das Jubiläumsmodell „50 Jahre Porsche“ (1981) sind interessant. Allerdings muss bei diesen Sondermodellen die Ausstattung vollständig sein, damit sie ihr Geld wert sind.
Wie ist der 924 entstanden?
Wie schon beim 914/4 stören zwei Buchstaben das Ansehen des Einsteigermodells: VW. Das Wolfsburger Gen war auch dem 924 bereits in die Wiege gelegt. Aus dem von Porsche ausgeführten EA (Entwicklungsauftrag) 425 sollte ursprünglich ein VW Coupé werden. Die Verwendung möglichst vieler, bereits bestehender Teile von VW und Audi war Bedingung für eine wirtschaftliche Fertigung.
Doch im Februar 1975 strich der neue VW-Chef Toni Schmücker den Zweitürer aus dem Modellplan. Stattdessen setzte er auf den sportlichen Golf-Ableger Scirocco, der bereits seit 1974 verkauft wurde. Porsche übernahm die Konstruktion von VW für einen Kaufpreis 126 Millionen Mark – bei geschätzten Entwicklungskosten für Volkswagen von 180 Millionen Mark.
Gebaut wurde der 924 im zuvor schlecht ausgelasteten Audi/NSU-Werk in Neckarsulm. Schon im Herbst des Vorjahres hatte der Porsche-Verkaufsdirektor Lars-Roger Schmidt in Wolfsburg angeklopft, um den EA 425 zu übernehmen. Der Sportwagenhersteller brauchte dringend einen neuen Stückzahlenbringer. Die Verkäufe waren 1975 auf den Tiefstand rund 9.000 Exemplaren gesunken.
War der erste Vierzylinder wirklich kein echter Porsche?
Der wassergekühlte Reihenmotor stammt vom braven Audi 100 ab und wurde auch in den VW LT28 eingebaut. Doch in der Porsche-Entwicklungsabteilung sollte der Vierzylinder auf markentypische Leistungswerte getrimmt werden. Diese Aufgabe übernahm Herbert Ampferer, der spätere Porsche-Rennleiter. Neben seinen Verbesserungen an Zylinderkopf, Kolben und Ventilen sowie dem Krümmer rüstete er den ersten 924-Motor auf die Einspritzung per K-Jetronic um. Die Leistung stieg auf 125 PS. Außerdem bekam der Vierzylinder eine neue Ölwanne, da der Motor um 40 Grad geneigt eingebaut werden musste. Nur so passte er unter die flache Motorhaube.
Doch dieser Motor konnte trotz der vielen Änderungen nur eine Übergangslösung sein. Die Idee, künftig für die kleine Transaxle-Baureihe auf ein V6-Triebwerk zu setzen, wurde verworfen. So wurde unter der Regie von Gerhard Kirchdorffer der Reihenvierzylinder mit 2,5 Liter Hubraum konstruiert, der im 944 seine Premiere feierte. Die Basis für die neue, 150 (mit Kat) bzw. 163 PS starke Eigenentwicklung bildete eine Zylinderbank des V8 aus dem 928. Im August 1986 folgte für den 944 S ein 190 PS starker Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen je Zylinder. Nur im Modelljahr 1989 wurde der aufgebohrte 2,7-Liter-Motor (165 PS) eingesetzt. Wie das Basismodell verfügte er über nur eine Nockenwelle.
Das stärkste Triebwerk für die Baureihe war der ab 1988 in den 944 S2 eingebaute, 211 PS starke Dreiliter-Motor, der auch als Antriebsquelle für den 1991 vorgestellten 968 diente. Für die letzte Entwicklungsstufe des Transaxle-Vierzylinders entwickelten die Porsche-Ingenieure eine Nockenwellenverstellung „VarioCam“, für die Porsche ein Patent erhielt. Der Saugmotor leistete 240 PS, das Triebwerk mit Turboaufladung sogar 305 PS, das maximale Drehmoment lag bei 500 Newtonmeter. Die leistungsstärkste Variante im 968 Turbo RS (Kleinserie für den GT-Sport) erreichte 350 PS.
Eine Turbomotor war für alle Baureihen im Angebot. 1979 machte der 170 PS starke 924 Turbo mit zwei Litern Hubraum (intern Typ 931) den Anfang. Im 944 leistete der aufgeladene 2,5-Liter-Motor der ersten Generation 220 PS, ab Modell 1989 250 PS.
Wie bewährten sich die Vierzylinder-Transaxle-Modelle im Motorsport?
Die erste Rennversion war eine Kleinserie des 924 für die die US-amerikanische SCCA-Rennserie. Das auf 180 PS getunte starke Coupé fuhr dort sogar Meisterehren. Für den ersten internationalen Einsatz sorgte 1980 der 924 GTP Le Mans. Porsche schickte drei Autos zum 24-Stunden-Rennen. Das beste der jeweils als Nationenteam gestarteten Fahrerduos platzierten sich Jürgen Barth und Manfred Schurti im deutschen Auto auf dem sechsten Gesamtplatz. Im Jahr darauf teilte sich Barth den Einsatz im 410 PS starken Typ 949 mit Walter Röhrl. Mit der kürzesten Boxenstandzeit aller beim Rennen gestarteten Teams kamen die beiden auf den siebten Gesamtplatz.
Barth und Röhrl arbeiteten auch beim Einsatz eines 924 Carrera GTS in der Deutschen Rallyemeisterschaft zusammen. Walter Röhrl und sein Beifahrer Christian Geistdörfer starteten mit dem goldfarbenen Monnet-Porsche bei ausgewählten Läufen, Jürgen Barth und Roland Kussmaul hatten den 924 mit ihrer großen Rallyeerfahrung aufgebaut. Den Einsatz betritt das Team von Konrad Schmidt.
Fünf Jahre später legte der 944 Turbo den Grundstein für eine einmalige Erfolgsgeschichte der Porsche Markenpokale. 1986 war der in der ersten Cup-Version 220 PS starke Porsche das erste Einsatzauto der Zuffenhausener für die hauseigene Serie. Nach fünf Jahren setzte der Porsche Carrera Cup die Erfolgsgeschichte fort, die bis heute andauert.