Der Podcast zur Kienle-Doku im SWR
7 spannende Fakten rund um Fake-Flügeltürer
Im SWR spricht Klaus Kienle erstmals öffentlich über die Ermittlungen gegen ihn. Wir haben mit dem Autor des Films gesprochen. Thorsten Link kennt spannende Fakten rund um gefälschte Flügeltürer.
07.01.2025
Andreas Of-Allinger
Foto: SWR
29 Bilder
1/29
Wie fährt der Flügeltürer? Wir waren mit der Oldtimer-Legende unterwegs.
Foto: Malte Buls
2/29
Einen Flügeltürer erkennt jedes Kind. Er war in den 1950er-Jahren eines der teuersten und schnellsten Autos aus deutscher Produktion.
Foto: Malte Buls
3/29
Unter der Motorhaube mit den zwei markanten Wölbungen (&bdquoPowerdomes“) steckt der Dreiliter-Motor mit Trockensumpfschmierung, um 45 Grad nach links zur Seite geneigt.
Foto: Malte Buls
4/29
Das große dürre Zweispeichenlenkrad wäre heute nicht nur für einen Sportwagen ungewöhnlich. Damals war es nötig, weil der 300 SL keine Servolenkung hat. Die Sitzposition ist entspannt, der Platz reicht auch für einen 1,90 Meter großen Redakteur.
Foto: Malte Buls
5/29
Einen Tag lang Flügeltürer fahren gehört zu den schönsten Aufgaben, die der Beruf des Autojournalisten mit sich bringen kann. Dass der 300 SL ein beliebtes Auto bei Oldtimer-Rallyes wie der Mille Miglia ist, ist gut zu verstehen: Er ist schnell, bis auf die Hitze im Cockpit komfortabel und er bietet genügend Platz für die Besatzung plus Gepäck. Trotz des enormen Wertes reagieren viele Menschen positiv auf das Auto.
Foto: Malte Buls
6/29
Seine Premiere hatte der Mercedes-Benz 300 SL im Februar 1954 in New York.
Foto: Daniel Byrne
7/29
Rennfahrer Juan Manuel Fangio, Karl Kling und der Pressechef der Daimler-Benz AG, Artur Keser, im Jahr 1954 bei der Vorstellung des 300 SL an der Rennstrecke von Monthléry bei Paris.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
8/29
Trotz des aufwändig in Handarbeit gefertigten Gitterrohrrahmens, der aus dünnen Stahlrohren zusammengeschweißt wurde, war das Coupé mit 1.310 Kilogramm verhältnismäßig schwer.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
9/29
Mercedes-Benz setzt den 300 SL erfolgreich bei Langstreckenrennen ein. John Cooper Fitch und Kurt Geßl gewinnen am 1. Mai 1955 mit der Startnummer 417 die Mille Miglia.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
10/29
Oliver Gendebien gewinnt 1955 mit einem 300 SL die Rallye Lüttich-Rom-Lüttich.
11/29
Das 3. Internationale ADAC-1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring, gewinnen 1957 Fritz Riess und Walter Schock (Startnummer 46, vorn). Arne Lindberg/Erich Waxenberger (Startnummer 43) belegen den dritten Platz.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
12/29
Kein anderer Sportwagen hat eine Aura wie der Mercedes-Benz 300 SL, kein Detail der Automobilgeschichte besitzt einen Wiedererkennungswert wie die Flügeltüren des Coupés.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
13/29
Das Rückgrat des 300 SL bildet ein besonders verwindungssteifer Gitterrohrrahmen, der dem Rennwagen von 1952 entliehen ist. Darüber schwingen sich die Karosserierundungen, unverwechselbar gestaltet von Chefstilist Friedrich Geiger.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
14/29
Auf der Zeichnung oben links gut zu sehen: Für den Roadster änderte Mercedes den Gitterrohrrahmen, so dass der Einbau konventioneller Türen möglich wurde. Links unten sind Motor und Getriebe zu sehen, danaben die Radaufhängungen.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
15/29
Die Karosserie wiegt nur 185 Kilogramm. Auf diesem Bild, das 1958 im Werk Sindelfingen aufgenommen wurde, tragen zwei Mann die Karosserie eines 300 SL.
Foto: Mercedes-Benz Archiv
16/29
Lange Zeit galt &bdquoSport Leicht“ als Auflösung des Buchstabenkürzels. Doch anlässlich des 60-jährigen Modelljubiläums wurde im Werksarchiv ein Dokument entdeckt, in dem die Abkürzung als &bdquoSuper Leicht“ aufgelöst wurde.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
17/29
Der 300 SL ist Mitte der 50er-Jahre &bdquoein Fahrzeug, das den Namen Mercedes-Benz wieder vergoldet“.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
18/29
Der zweisitzige Sportwagen folgte damit ab dem ersten Entwicklungsschritt einer klaren Strategie: Der 300 SL sollte ein neues Markenimage prägen und damit den wichtigen US-Markt zu öffnen.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
19/29
Trotz des horrenden Kaufpreises von 29.000 Mark wurden allein vom Coupé insgesamt 1.400 Exemplare gebaut.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
20/29
Gute Exemplare werden heute für Preise von rund 1,5 Millionen Euro gehandelt. Allerdings variieren die Preise stark je nach Geschichte und Zustand des angebotenen Autos.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
21/29
Das Lenkrad ist klappbar, um den Einstieg zu erleichtern. Eine Servolenkung gibt es nicht, deshalb ist das Lenkrad so groß.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
22/29
Der Kunde hatte die Wahl zwischen Stoff- und Ledersitzen.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
23/29
Das Schaltgetriebe hat vier Gänge.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
24/29
Unter der Kofferraumhaube wohnt das Ersatzrad. Größeres Gepäck muss hinter die Sitze.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
25/29
Der Roadster bekam eine andere Hinterachse, Hochkant-Scheinwerfer und ab 1961 Scheibenbremsen.
Foto: Frank Herzog
26/29
Die offene Version gilt wegen der besseren Belüftung des Cockpits und der gutmütigeren Fahreigenschaften als das einfacher zu fahrende Auto.
Foto: Frank Herzog
27/29
300 SL werden heute noch gern bei Oldtimer-Rallyes gefahren.
Foto: Frank Herzog
28/29
Im Dezember 2018 erzielte ein Flügeltürer (Baujahr 1955) aus der Sammlung eines großen Wiener Mercedes-Händlers in der Auktion von Dorotheum einen Verkaufspreis von 1.492.600 Euro.
Foto: Dorotheum
29/29
Prominente wie etwa der Hollywood-Schauspieler Clark Gable fuhren 300 SL. Sein ehemaliges Auto wurde im Januar 2018 für umgerechnet 1,8 Millionen Euro versteigert.
Foto: Barrett-Jackson
Thorsten Link, Moderator diverser Automagazine im Fernsehen und selbst Oldtimerbesitzer, hat die Ermittlungen rund um den weltbekannten 300-SL-Spezialisten Klaus Kienle erst einmal aus der Distanz betrachtet. Im Oktober 2023, einige Monate nach den Durchsuchungen der Geschäfts- und Wohnräume Kienles durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, beginnt Link mit seinen Recherchen – und damit mit der Arbeit an einer Dokumentation, die der SWR Mitte Oktober 2024 erstmals ausgestrahlt hat.
Fakt 1: offene Ohren
Eine Dokumentation, die für Aufsehen in der Oldtimerszene sorgt, denn erstmals spricht Klaus Kienle über den Verdacht, Oldtimer mit gefälschten Fahrgestellnummern verkauft zu haben. Doch zunächst macht sich Link wenig Hoffnungen: "Ich hatte am Anfang gesagt, dass das Projekt wohl in die Hose geht", erzählt er im Podcast. Er war überrascht, auf offene Ohren zu stoßen, "und nicht auf geschlossene Münder."
Fakt 2: Stand der Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt laut Link in etwa 40 Verfahren. Voraussichtlich wird im Frühjahr 2025 das erste Strafverfahren eröffnet werden.
Fakt 3: geheime Deals
Dass es in einem Strafverfahren um gefälschte Oldtimer geht, ist relativ neu. Bisher wurden solche Fälle oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Zivilverfahren geklärt – ein Vergleich wahrt das Gesicht der Beteiligten. Liegt der Marktpreis zum Zeitpunkt des Vergleichs höher als beim Kauf, kann der Käufer sogar einen finanziellen Gewinn machen. Und: Ein Auto, das Gegenstand eines Strafverfahrens war, ist für den Weiterverkauf erstmal verbrannt.
Fakt 4: Kienles Aufstieg
Der Gründer und ehemalige Geschäftsführer des Restaurierungsbetriebes in Ditzingen, Klaus Kienle, ist die Hauptfigur in einem Ermittlungsverfahren rund um gefälschte Fahrgestellnummern teurer Oldtimer. Kienle hat als Mechaniker bei Mercedes an 300 SL und 600 gearbeitet.
Diese Autos, damals noch keine teuren Sammlerstücke, werden sein Spezialgebiet, als er sich in einer Garage selbstständig macht. Die Firma wächst schnell, gilt Jahrzehnte als Spezialist für die Restaurierungen von 300 SL, 600 und der Vorkriegs-Baureihen von Mercedes.
Link bewundert diese Leistung Kienles: "Das muss man erst einmal hinkriegen, praktisch aus dem Nichts heraus so eine Firma aufzubauen." Prominente, Könige und Industriebosse sind Kienles Kunden. Den Verdacht, Fahrgestellnummern manipuliert zu haben, weist er von sich. Doch die Beweise sind erdrückend.
Fakt 5: Kienles Wahrheit
Link konfrontiert Kienle mit den Vorwürfen: "Da habe ich auch schon gemerkt, dass es da Dinge gab, die nicht ganz stimmig waren ... Er hat Schwierigkeiten mit der Wahrheit."
Fakt 6: Die Flex
Thorsten Link ist dabei, als das Landeskriminalamt die Fahrgestellnummer eines schwarzen Mercedes 300 SL Roadster untersucht. Das Auto gehört der Stiftung eines Unternehmers, er hat es bei Kienle gekauft – weil der ihm als gute Adresse empfohlen wurde. Ein Gutachter stellt fest: Die Fahrgestellnummer war abgeschliffen und überzinnt worden. Letzte Chance: Das Heraustrennen des betreffenden Stücks aus dem Rohrrahmen. Doch die Fahrgestellnummer ist weg.
Fakt 7: Chancen
Thorsten Link hat als Oldtimerbesitzer einen guten Draht in die Szene und eine klare Meinung zum Fall Kienle. Er sieht Chancen in dem Thema, das für manche auch unangenehm ist: "Wenn es zu einem Strafverfahren kommt, gibt es die Chance, Begriffe zu definieren: Was ist eine Fälschung?" Ob oder wie lange Kienle ins Gefängnis gehe, sei gar nicht entscheidend. Wichtig sei, eine Rechtsauffassung herzustellen.
Doch man werde sich auch die Rolle der Gutachter und der Auktionshäuser ansehen müssen, findet Link. "Je länger das Thema dauert, desto höher sind die Chancen, Transparenz in dieses Thema zu bringen."