Peugeot-Coupés 304, 404, 504
Generationen-Vergleich Peugeot-Coupés
Im Gegensatz zur technischen Basis, den soliden Limousinen, stellen die elegant gezeichneten Coupés 304, 404 und 504 aus dem Hause Peugeot alles andere als normale Stangenware dar.
14.09.2017 Klaus FinkenburgEin Coupé, mag mancher argumentieren, ist weder Fisch noch Fleisch, unpraktischer als eine Limousine, andererseits aber noch zu vernünftig, um wie beim Cabrio gleich das Dach wegzulassen. Warum sich trotzdem so mancher für diese Autoform entscheidet, zeigt sich im Modellprogramm der französischen Marke mit dem Löwen als Firmenemblem recht deutlich.
Von Großserienfahrzeugen wie dem 404 und dem 504 hielt Peugeot in den 60er- und 70er-Jahren nämlich eine Fülle von Karosserievarianten parat. Neben Limousine, Coupé und Cabriolet gab es jeweils auch eine Kombi- und Pick-up-Version, bei der kleineren 204/304-Baureihe anstelle der Variante mit offener Ladefläche einen zweitürigen Kastenwagen, die Fourgonnette. Dass unter all diesen Bauformen die Coupés am angenehmsten auffallen, hat freilich viel damit zu tun, dass sie üblicherweise im seinerzeit weltbesten Designstudio gezeichnet wurden, nämlich von Pininfarina in Italien.
Herrliche Eleganz im Peugeot 404
Beispiel Peugeot 404: Im Gegensatz zur etwas plump wirkenden, quadratisch-praktischen Limousine kommt das Coupé herrlich elegant daher, was nicht nur an der flacheren und gerundeten Front und den breiteren Türen, sondern auch an der leicht abfallenden Dachlinie liegt, die hinter einem eleganten Schwung im Hüftbereich in die nun mehr stark abgerundeten Heckflossen ausläuft.
Einen ähnlichen Weg ging Pininfarina bei der Verwandlung des Peugeot 504. Auch dessen Coupé-Version zeichnet sich durch eine völlig eigenständige Formgebung aus. Stilelemente der Limousine, etwa die nach hinten abfallende Kofferraumlinie, sind in abgeschwächter Form wiederzuerkennen. Die allerdings nur noch rudimentär vorhandene Anhebung der Hüftlinie lässt ihn etwas bulliger erscheinen. Von der Seite zeigt das Peugeot 504 Coupé übrigens bereits gewisse Ähnlichkeiten mit dem Peugeot 604, der Oberklasse-Limousine, die Peugeot dem 504 ab 1975 zur Seite stellte.
Bodenständiges Peugeot 304 Coupé
Bodenständiger gibt sich das Peugeot 304 Coupé. Kein Wunder: Seine Formen entstanden, anders als jene der beiden größeren Coupés, im hauseigenen Designstudio von Peugeot. Abgesehen von der geringeren Länge, dem kürzeren Radstand und der etwas flacheren Dachlinie ist die Verwandtschaft zur Limousine unverkennbar.
Der Peugeot 304 ist technisch nahezu identisch mit dem Peugeot 204, dessen Coupé-Version von 1967 bis 1970 gebaut wurde und der seinerzeit dank Frontantrieb, quer eingebautem Leichtmetallmotor, Scheibenbremsen vorn und rundum Einzelradaufhängung als sehr fortschrittliches Automobil galt. Historisch liegt das Peugeot 304 Coupé (1970 bis 1975) mit dem zumeist parallel gebauten 504 Coupé gleichauf (erste Serie 1969 bis 1974, letzte Serie bis 1983), wobei der 504 noch nach alter Väter Sitte über Heckantrieb verfügt.
Innen zeigt das Peugeot 304 Coupé viele typische Merkmale der französischen Mittelklasse der frühen 70er-Jahre. Das Armaturenbrett besteht aus pflegeleichtem Kunststoff, der Passagierraum ist knapp, aber auch für große Personen ausreichend bemessen. Nach Drehen des Zündschlüssels erwacht ein brav klingender, laufruhiger Vierzylinder zum Leben. Er treibt das kleine Coupé ausreichend flott voran, Adrenalin förderndes Temperament ist ihm jedoch fremd.
Die Schaltung verhindert flottes Fahren
Wirklich flottem Fahren steht allerdings die den Coupés, Cabrios und der S-Version vorbehaltene Knüppelschaltung im Weg. Deren Schaltkulisse ist ebenso wie die ansonsten bei der 204/304-Serie verwendete Lenkradschaltung nicht gerade präzise. Insbesondere das Zurückschalten funktioniert zudem bisweilen nur mit Nachdruck, ein Manko, das schon zeitgenössische Tests bemängelten. Auch die etwas schwergängige Lenkung trübt das Bild vom ansonsten sehr agilen, wendigen und handlichen Fahrzeug.
Der Geradeauslauf ist trotz des kurzen Radstands erstaunlich gut, die Sitze sind eher weich, und auch das Fahrwerk ist deutlich komfortbetonter als etwa bei englischen oder italienischen Produkten dieser Ära und Klasse. Ein großes Plus ist die Heckklappe, die den kleinen Peugeot fast schon zum Mini-Kombi macht.
Der Peugeot 404 spielt in einer ganz eigenen Liga
Der Innenraum des Peugeot 404 Coupé wirkt deutlich wertiger, das Platzangebot ist sehr ordentlich. Klassische Jäger-Instrumente, schwarzes Leder sowie Chrom und Blech statt Plastik erfreuen das Auge. Das von Motor Klassik gefahrene Exemplar ist Baujahr 1966 und unrestauriert, was übrigens auch für den Peugeot 304 gilt. Beide gehören zur Sammlung von Ansgar Olberding aus Vechta, der sich unter dem Namen „Der Franzose“ seit vielen Jahren um den Teilenachschub für französische Klassiker verdient macht.
Die Sitze des in dezentem Weiß gehaltenen Coupés sind lässig-bequem und lassen die Aussicht auch auf längere Ausfahrten verlockend erscheinen. Der Schalthebel befindet sich am Lenkrad und will zunächst mit Bedacht bedient werden. Ein herkömmliches H-Schaltschema bekam der Peugeot 404 erst im letzten Produktionsjahr, bis dahin war die Kulisse um 90 Grad verdreht, die erste Fahrstufe liegt also gegenüber dem Rückwärtsgang. Doch Gangwechsel gelingen trotz langer Schaltwege zwar nicht rasant, aber dennoch flüssig.
Das Peugeot 404 Coupé ist ein typischer Franzose
Der Motor schiebt das Coupé kräftiger voran, als es die Papierform erwarten ließe, und agiert dabei sehr kultiviert und leise. Auch mit seinem komfortabel ausgelegten Fahrwerk entspricht der Peugeot 404 sehr deutlich dem französischen Ideal des entspannten Dahingleitens. Die Verzögerungswerte sind ebenfalls gut.
Allerdings ist die Hydrovac-Bremsanlage, ein Vorläufer heutiger Bremskraftverstärker, etwas gewöhnungsbedürftig, da das System die Bremsleistung während des Verzögerungsvorgangs selbsttätig verstärkt. Potenzielle 404-Käufer sollten wissen: Ist das Hydrovac defekt, erkennbar daran, dass das Auto entweder gar nicht bremst oder die Backen sich nicht mehr lösen, steht eine teure Reparatur an.
Der Peugeot 504 ist der Sportler im Trio
Mehr Sportlichkeit vermittelt das dritte Coupé des Trios, der Peugeot 504. Dies liegt nicht zuletzt am Euro-V6, der auch in vielen zeitgenössischen Renault und Volvo seinen Dienst tut. Hier ist er dank Einspritzung 144 PS stark, das Cabrio gab es nur mit Vergasern, 8 PS schwächer und zudem deutlich trinkfreudiger.
Der V-Motor mit 90 Grad Zylinderwinkel stellt zwar kein Musterbeispiel an Laufruhe dar, ist aber kräftig und drehfreudig. Das Nardi-Lenkrad liegt gut in der Hand, das Fünfganggetriebe erlaubt schnelle Gangwechsel, unter verhalten kernigem Klang marschiert das Coupé stramm voran, wobei es ab rund 4000 Umdrehungen jeweils noch einen Kick zulegt.
Der Peugeot 504 ist überraschend modern
Das im Vergleich zur Limousine straffere, aber dennoch komfortable Fahrwerk erlaubt auch einen durchaus flotten Fahrstil, die leichtgängige Servolenkung sorgt dafür, dass dies auch in engen Kurven nicht in Arbeit ausartet. Insgesamt wirkt der Peugeot 504 überraschend modern, jedenfalls mehr, als es sein Alter (Baujahr 1982) erwarten ließe. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die gut zu dosierenden, kräftig zupackenden Bremsen, allesamt Scheiben, vorn sogar innenbelüftet.
Dass dieses von Michael Bunse vom 504 Coupé-Cabrio-Club im westfälischen Haltern zur Verfügung gestellte Coupé bereits 200.000 Kilometer auf dem Buckel hat, ist ihm kaum anzumerken, auch nicht am Zustand der Inneneinrichtung, die in beige-braunem Velours im Stil der 70er-Jahre gehalten ist. Insgesamt fällt der Peugeot 504 mit seiner modernen Linie im heutigen Auto-Allerlei am wenigsten auf, was freilich nicht bedeutet, dass sich niemand nach ihm umdrehen würde.Tatsächlich nämlich handelt es sich bei allen drei Coupés um rare Stücke.
Alle drei Peugeot Coupés sind selten
Vom Peugeot 304 wurden zwar insgesamt rund 60.000 Stück produziert, ein Zehntel davon landete in Deutschland. Die allermeisten Exemplare wurden jedoch im Alltag aufgebraucht. Vom Peugeot 404 Coupé fertigte Peugeot gerade mal 6.837 Stück, das Cabrio kam auf 10.387 Exemplare. Vom Peugeot 504 Coupé brachte Peugeot immerhin über 26.000 Stück an den Mann, in Relation zur Gesamtproduktion von knapp 3,7 Millionen Peugeot 504 dennoch ein vergleichsweise bescheidenes Ergebnis.
Ein Peugeot 505 Coupé, das die Nachfolge hätte antreten können, ging nie in Serie. Es gibt lediglich einen einzigen Prototypen, der neben einer Cabrio-Version heute im Musée de l’Aventure Peugeot in Sochaux steht. Erst 1997, mehr als 20 Jahre nach Einstellung des Peugeot 504, legte Peugeot Vergleichbares nach. Doch dem Peugeot 406 Coupé, immerhin 100.000-mal verkauft, fehlen zum echten Oldtimer noch ein paar Jährchen an Reife.