Kaufberatung Peugeot 504 Coupé und Cabrio
Der letzte Coup
Solide und robust konstruierte französische Mechanik trifft leider auf das Handikap mangelnder Rostvorsorge. Karosserieschneider Pininfarina ließ bei der Fertigung nicht die gleiche Sorgfalt walten wie beim Entwurf. Es überwiegen deshalb reparierte statt restaurierte Exemplare.
14.04.2016 Clemens HirschfeldEs ist das Mercedes-Gefühl, das einen beim Betrachten und Fahren des Peugeot 504 Coupés manchmal beschleicht. Jene unaufgeregte Stilsicherheit, die stets in Rufweite hinter der Mode ist, jene konservative Gediegenheit in vielen Ausstattungsdetails, die gefällt. Und natürlich die solide technische Basis, ohne die ein kultiviertes, komfortables Auto nicht denkbar wäre.
Hätte es den Begriff 1968 schon gegeben, wäre der Peugeot 504 Injection, die technisch identische Vorlage des Coupés, sofort als Premium-Automobil charakterisiert worden. Dafür sprechen die großzügigen Maße dieses Wagens der gehobenen Mittelklasse, die zurückhaltend-elegante Linienführung von Peugeot-Hausdesigner Pininfarina und das anspruchsvolle Fahrwerk nach BMW-Vorbild.
Die 504 Limousine wurde 1969 zum Auto des Jahres gekürt
Mit vorderer Federbeinachse und einer aufwendigen Schräglenkerkonstruktion hinten setzte sie Maßstäbe in Sachen Fahrkomfort und Straßenlage. Der laufruhige und leistungsfähige 1,8- Liter-Einspritzmotor rundet das Bild des sympathischen Wagens ab. Derart verdienstvoll wurde die 504 Limousine 1969 prompt zum Auto des Jahres gekürt.
Die im gleichen Jahr vorgestellten Pininfarina-Kreationen 504 Coupé und Cabriolet haben - wie bei noblen Kreationen üblich -, kein Blechpressteil mit der Limousine gemeinsam. Sie leisten sich damit jene Extravaganz, von der sich automobile Feinschmecker mit Vorliebe verführen lassen. Kein Wunder, dass der Peugeot 504 von auto motor und sport damals gern als "der französische Mercedes" tituliert wurde.
Selbst wenn die nonchalante Verarbeitungsqualität und der bisweilen blecherne Türenklang diesem Prädikat nicht ganz gerecht wurden - die Stilsicherheit und die konstruktive Sorgfalt rechtfertigten es allemal. Ein Opel Commodore, ein Ford 20 M, ja selbst Audi mit dem damals neuen Flaggschiff 100 LS erreichten nicht das ingeniös-hohe Niveau des konventionell angetriebenen Peugeot.
Lichtspiel auf dem Silberlack des Peugeot 504 Coupé
Ein spätes 504 Coupé lädt zum Kennenlernen ein. Die Karosserie glänzt in Silbermetallic - der Lieblingsfarbe von Sergio Pininfarina, wenn es darum geht, Studien auf Autosalons zu optimaler Wirkung zu verhelfen. Das Lichtspiel der Sicken und Wölbungen kann sich so am besten entfalten.
Nur selten sind geliftete Modelle auch die schönsten einer Modellreihe, das trifft auch auf das große Peugeot Coupé zu. Zwar bleiben die eleganten Proportionen unangetastet - das harmonische Verhältnis von Breite und Höhe, der trotz 19 Zentimeter Beschnitt vom Limousinenmaß immer noch lange Radstand und der grazile, lichte Dachaufbau mit den schmalen Pfosten. Und nicht zuletzt die zierlichen Dreiecksfenster mit Drehknopfbedienung à la Mercedes in den fein gerahmten Vordertüren. Auch der verspielte, zarte Hüftschwung über der Hinterachse blieb gottlob erhalten.
Aber die klobigen Stoßfänger ab Jahrgang 1979, bei optionalem Metallic-Lack auch noch in Wagenfarbe getaucht, passen nicht ganz zum vornehmen Anspruch des Wagens. Bereits 1974 wurde er in Details der gewagteren Automode der siebziger Jahre angepasst. Just mit der Einführung des leistungsfähigen, elastischen und drehfreudigen Europa-V6-Motors verloren 504 Coupé und Cabriolet die stilistische Unschuld und Reinheit der Sechziger, die auch in der Damenmode entzückte. Das Gesicht mit den feinen Zügen zierlicher Doppelscheinwerfer wurde analog zur Mehrleistung bulliger und maskuliner.Die entzückenden parallelen Einzelrückleuchten, jeweils drei links und rechts, wichen plakativen Leuchteinheiten.
Zurückhaltung bei der Modellpflege des Peugeot 504
Trotzdem blieb wie auch beim Fiat 124 Spider, der als Spidereuropa eine ähnliche Entwicklung mitmachte, immer noch genügend Stilsicherheit übrig, das Interieur wurde kaum modernisiert. Zum Auslauf-Modelljahr 1983 gab es als unmotivierte Übersprungshandlung einen neuen, sogar viel hübscheren Instrumententräger mit drei statt fünf Uhren. Diese überaus sympathische, zurückhaltende Art spiegelt sich beim Peugeot 504 Coupé in den Fahreigenschaften wider.
Obwohl die Sitzposition hinter dem flachen Lenkrad nicht jedermanns Sache ist, fühlt man sich auf Anhieb wohl in dem lichten, leicht zu bedienenden Wagen mit dem gediegenen, geschmackvollen Veloursinterieur, das einen dezenten Hauch von Wurzelnussfurnier verströmt und die klassischen Sechziger wieder aufleben lässt. Zudem vermittelt er ein gutes Raumgefühl. Er ist ein echter Zwei-Plus-Zwei, bei dem es auch im Fond noch geräumig zugeht.
Die späten Modelle sind mit Servolenkung und Fünfganggetriebe ausgerüstet. Schon das angenehm dezent grummelnde Geräusch des Vierzylinders nimmt einen für das Auto ein. Es ist - wie früher generell üblich - unverwechselbar, genau so hört sich ein Peugeot 504 an und kein anderer. Der Motor mit Alu-Zylinderkopf und nassen Laufbuchsen entspricht konstruktiv alter französischer Schule. Wie beim Renault 16, konservativ mit einer gewissen Skepsis der obenliegenden Nockenwelle gegenüber, legt er den Schwerpunkt auf gutes Durchzugsvermögen im unteren Drehzahlbereich und auf Sparsamkeit.
Deshalb ist der Zylinderkopf ziemlich modern. Er huldigt anders als die damaligen OHC-Vierzylinder von Mercedes dem Querstromprinzip, weist sogar V-förmig hängende Ventile und einen hemisphärischen Brennraum auf. Die in der Zylinderkopfhaube mittig angeordneten Zündkerzenstecker verraten es.
Moderne und sparsame Motorentechnik
Die Kugelfischer-Benzineinspritzung mit mechanischer Pumpe sorgt für einwandfreie Übergänge und optimale Füllung. So fällt es schwer, mit dem nicht ganz leichten Coupé, immerhin wiegt es 1.270 Kilo, im Schnitt mehr als 10 Liter zu verbrauchen.
Der moderne Alu-Sechszylinder wird kaum vermisst. Es ist mehr eine Imagefrage und der vielbeschworene Klassenunterschied vom Vier- zum Sechszylinder, die ihn begehrenswert machen. Im Cabriolet verschwand der üppige 90-Grad-V6 bereits 1977, nach gut drei Jahren, wieder. Im Coupé blieb er bis zum Schluss, nachdem er schon 1976 eine zahme Leistungskur per K-Jetronic von 136 auf 144 PS verordnet bekam. Mit dem 504 verabschiedete sich Peugeot zunächst von der Starrachse, nur die nutzlastsüchtigen Break-Modelle und der mit dem Rotstift kalkulierte 504 L brachten sie später zurück.
Angenehm direktes Fahrgefühl
Ein weiches, sattes Abrollen auch auf holprigen Straßen zeichnet das 504 Coupé aus. Die hintere Schräglenkerachse ist an einem Hilfsrahmen befestigt, der Stöße und Vibrationen zusätzlich mindert. Vorn sorgt eine fein ansprechende McPherson-Federbeinachse im Verbund mit der servounterstützten Zahnstangenlenkung für ein handliches und angenehm direktes Fahrgefühl.
Das Peugeot 504 Coupé ist ein äußerst kultivierter Gran Turismo - nicht schnell, aber komfortabel und sparsam motorisiert. Und wieder drängt sich der Vergleich mit einem Mercedes auf. Diesmal ist es ein 230 C. Die etwas barocke wagnerianisch-schwere Form des 123er-Coupés kann zwar mit der leichtfüßigen Eleganz des Peugeot nicht mithalten, aber die konstruktive Qualität, angereichert von einem (Velourspolster beim 230 C vorausgesetzt) gediegenen Interieur, eint die beiden.
Da ist es am Ende nur erfreulich, dass der Peugeot auch in seiner späten Form das bei Weitem exklusivere Automobil ist.
Karosserie-Check
Bei den Karosserien des 504 C blüht es oft im Verborgenen. Selbst oberflächlich gut erhaltene Autos können eine marode Substanz verbergen. Deshalb sollte man jeden Winkel genauestens prüfen und sich nicht scheuen, etwa die Innenverkleidungen im vorderen Fußraum zu demontieren, um den Zustand der Innenschweller und der A-Säulen zu checken. Damit steht und fällt der Kauf. Gerade die Cabriolets sind sehr rostanfällig, zur Zeit der offenen V6-Modelle 1974 bis 1977 war die Blechqualität am schlechtesten. Außerdem war der Marktwert noch vor zehn Jahren eher niedrig.
Vollrestaurierungen der bei Pininfarina in Grugliasco in Kleinserie gebauten an den vier Kotflügeln verschweißten Karosserien gehen richtig ins Geld. Deshalb wurde eher repariert als grundlegend saniert. Weitere Karosserie-Schwachstellen sind die Längsträger unter dem Wagenboden, die Radhäuser und Stehbleche des Vorderwagens, die hinteren Radläufe, dabei vor allem die inneren beim Übergang ins Seitenteil. Beim Cabriolet bietet der Verdeckkasten die Basis für ein rostfreudiges Fechtbiotop, auch der Verdeck-Frontspriegel modert gern durch. Generell sind bei beiden 504 C-Modellen die zahlreichen Wasserabläufe in Schwellern, Türen und am Wagenboden zu prüfen und freizumachen.
Bei geschweißten und teilreparierten Autos sollte man die Qualität der Instandsetzung kritisch prüfen, am besten mit Hilfe eines Sachverständigen der diversen Prüforganisationen. Ganz wichtig: Das Interieur mit den weichen Velours- oder Ledersitzen ist zwar stilsicher eingerichtet, es hat aber nicht die Langzeitqualität eines 200 D mit MB-Tex.
Technik-Check
Warum nicht den Euro-V6 nehmen? Der kultivierte Motor ohne lästigen Zahnriemen löste im 504 Coupé und Cabriolet 1974 den grundsoliden, leisen und sparsamen Peugeot-Vierzylinder ab. 1977 kehrte der OHV-Einspritzmotor jedoch wieder zurück, als Option im Coupé, aber ausschließlich im Cabriolet, das offiziell nie in den Genuss der Einspritzversion des V6 mit 144 PS kam. Für den V6 sprechen Leistungsplus und Laufkultur, der Verbrauch liegt jedoch um zwei Liter höher. Die Lebensdauer des Alu-Triebwerks erreicht bei guter Wartung, der V6 ist einstellempfindlich und ölsensibel, das Niveau des sehr robusten Vierzylinders. 300.000 Kilometer sind keine Seltenheit – siehe die Verkaufsanzeigen des Volvo 760 GLE.
Eine ZF-Dreigang-Automatik gab es bis 1974 für beide 504 C-Modelle. Beim V6-Coupé war dann GM der Lieferant, ab 1977 gab es nur noch vier statt fünf Gänge beim Schaltgetriebe. Alle Kraftübertragungen sind langlebig und problemlos, jedoch enthalten die Peugeot-Zahnradboxen Motoröl als Schmiermittel, das öfter gewechselt werden muss. Ölverlust zwischen Motor und Getriebe deutet meist auf lose Schrauben einer Aluminiumplatte am Schwungrad hin.
Preise
Wirklich gute Peugeot 504 Coupés kosten laut Classic Data etwa 13.000 bis 15.000 Euro. Offiziell wird zwischen Vierzylinder und Sechszylinder beim Coupé in der Preistabelle nicht unterschieden. Insider gehen jedoch von einem Aufschlag von 2.000 bis 3.000 Euro für den Sechszylinder aus, weil die sanfte, kultivierte Motorisierung vorzüglich zum Charakter eines edlen Gran Turismo passt und Kraftentfaltung und Leistung noch erfreulicher sind.
Cabrios werden weit höher dotiert. Nur 8.185 Cabriolets stehen 26.629 Coupés gegenüber. Offene Peugeot 504 kosten in gutem Zustand 18.000, als sehr seltene V6-Version sogar 21.000 Euro. Kenner mögen die stilreinen frühen 1800er- und 2000er-Modelle bis 1974.
- Bei Einführung 1969 (Peugeot 504 Coupé Injection) :
- 17.700 Mark
- Bei Produktionsende 1983 (Peugeot 504 TI Coupé) :
- 31.300 Mark
Ersatzteile
Obwohl die 504 C-Modelle keine ausgesprochenen Kleinserien-Automobile sind (34.814 Exemplare) gelten sie als maßgeschneiderte Haute Couture von Pininfarina. Das erschwert die Ersatzteilsituation für Karosserieteile, Reparaturbleche, Zierteile und Ausstattungselemente und macht sie ausgesprochen teuer. Nachfertigungen (zum Beispiel Kotflügel) helfen in bestimmten Fällen weiter. Schon deshalb empfiehlt es sich als Liebhaber dieses Autos dem 504 CC-Club beizutreten.
Technikteile machen bis auf die sogenannte Schlummberger- Zündung der frühen V6-Modelle kein Problem. Der Europa-V6 wurde bis in die neunziger Jahre in viele Modelle (Volvo, Lancia, Renault-Alpine etc.)eingebaut. Der Großserien- Mittelklassewagen 504 und sein technisch in vielen Details ähnlicher Nachfolger 505 bürgen für eine ordentliche Versorgung, vor allem westlich des Rheins.
Schwachpunkte
- Verschweißte Vorderkotfl ügel
- A-Säule und Außenschweller
- Innenschweller und Radläufe
- Radhäuser und Stehbleche
- Hinterachsträger
- Verdeckkasten, Frontspriegel
- Türböden, Längsträger
- Kugelfischer-Einspritzung (TI)
- Eingelaufene Nockenwelle (V6)
- Standschäden K-Jetronic (V6)
- Simmerringe
- Getriebe-Hauptwellenlager
Wertungen
Fazit
Solide und robust konstruierte französische Mechanik trifft leider auf das Handikap mangelnder Rostvorsorge. Karosserieschneider Pininfarina ließ bei der Fertigung nicht die gleiche Sorgfalt walten wie beim Entwurf. Es überwiegen deshalb reparierte statt restaurierte Exemplare.