Peugeot 404 C Super Luxe ab 18.000 Euro
Ferrari 250 Spyder en miniature
So richtig hatten wir das hübsche Peugeot 404 Cabrio nicht mehr auf dem Schirm, es ist so selten wie ein 60er-Jahre-Ferrari und gar nicht kapriziös. Haute Couture von Pininfarina muss nicht teuer sein.
12.11.2017 Alf CremersKatzenhaft leise kommt er angefahren, die schmalen B. F. Goodrich knirschen im Kies. Das typische sanfte Säuseln des Peugeot-Vierzylinders hat Mühe, das eifrige Vogelgezwitscher zu übertönen, ein Hauch vom Zahnradheulen des zweiten Gangs mischt sich in die dezente Akustik. Das waren noch Zeiten, als man die Autos am Klang erkennen konnte.
Es ist ein sonniger Vormittag im Mai, als das silberne 404 Cabriolet weit vor der lachsfarbenen Sandsteinfassade zum Stehen kommt. Das Rosenspalier nebenan blüht schon früh dunkelrot. Keine Frage, dieser elegante Viersitzer, eine Pininfarina-Kreation wie alle Peugeot über die Jahrzehnte dieser überaus glücklichen Liaison vom Typ 403 bis hin zum 406, mag sein Ambiente eher lieblich als herb. Lieber Schlosshof als backsteinerne Graffiti-Wand oder gar postmoderner Glaspalast.
Die Peugeot-Familie aus Hanau
Hugo Schroth hat seinen Platz an der Sonne hinter dem Bakelitlenkrad mit verchromtem Hupring. Er ist mehr als nur der Besitzer, er lebt und liebt das Auto und die Marke, hat das elegante Peugeot 404 Cabriolet eigenhändig restauriert, vor mehr als 15 Jahren, von Grund auf. Ehefrau Renate und Sohn Oliver haben ihm dabei geholfen.
Die Schroths aus Hanau sind eine Peugeot-Familie, so wie Peugeot immer noch mehrheitlich ein Familienunternehmen ist. Sie fahren außerdem ein 404 Coupé und im Alltag ein 306 Cabriolet und einen 306 Break, alle mit dem Löwen vorne drauf, dem Wappentier der Region um Sochaux.
Völlig durchgerostete Ausgangsbasis
Das beim Kauf äußerlich ansehnliche Peugeot 404 Cabriolet in vornehmem Gris Metallisé war im Bereich der Schweller und der Verstärkungsprofile des Unterbodens völlig durchgerostet. Anderthalb Jahre hat es gedauert, den seltenen Wagen wieder auf die Räder zu stellen.
Heute ist die Mühsal längst vergessen, Coupé und Cabriolet dürfen sich jetzt im Glanz von internationalen Peugeot-Treffen sonnen oder bei der alljährlichen Classic Gala im Schwetzinger Schlosspark posieren. Heute ist das Cabriolet Fotomodell für diesen Fahrbericht.
Verwandtschaft mit Fiat 1500 Cabrio und Ferrari 250 GT
Bereits im Stand erobert das Peugeot 404 Cabriolet die Herzen der Betrachter. „Länge läuft“, wieder einmal gilt die alte Designer-Weisheit, denn kupiert, wie es Cabrios gerne sind, wurde das Peugeot 404 Cabriolet nicht. Die Bodengruppe der Limousine fand ungekürzt Verwendung. Deshalb sind die Überhänge kurz und die Proportionen harmonisch. Das Peugeot 404 Cabriolet sieht nicht nur von Weitem aus wie das Fiat 1500 Cabriolet. Kein Wunder, es war sein zeitgenössischer Konkurrent, aber eine Nummer kleiner und fast 5.000 Mark billiger.
Auch der Ferrari 250 GT schwingt mit, in der Heckpartie und in dem süßen kleinen Hüftknick, den übrigens auch die Pagode geklaut hat. Pininfarina ist ja bekannt dafür, eine gelungene Kreation leicht modifiziert öfter zu verwenden. So ist die Ähnlichkeit der 404 Limousine mit einem Austin Cambridge verblüffend, viel später sind auch Peugeot 405 und Alfa Romeo 164 fast Zwillinge.
Löwen-Logo ist beim Cabrio anders als bei der Limousine
Vorne erinnert das Peugeot 404 Cabriolet am ehesten an die Limousine, doch schnell wird klar, dass jedes Bauteil anders ist. „Noch nicht einmal das Löwen-Logo ist identisch, und die Edelstahlstoßstange verzichtet natürlich auf das Loch für die Andrehkurbel“, erklärt Hugo Schroth. So etwas Rustikales gehört sich in den elitären Kreisen automobiler Haute Couture eben nicht. Die markanten Fernscheinwerfer im Grill sind dagegen ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal. Coupé und Cabrio tragen sie aber erst seit Ende 1966.Auch das Interieur des Peugeot 404 Cabriolet zeigt sich von Pininfarina beeinflusst. Die Form der serienmäßigen Kunstledersitze ist unverkennbar italienisch, und die silbrig glänzende Instrumententafel übernimmt später der 504. Sportliche Elemente sucht man im Peugeot 404 Cabriolet vergebens.
Die altmodische Hebelhandbremse wohnt bei den Pedalen, einen Drehzahlmesser gibt es nicht. Geschaltet wird wie in einem Opel Rekord am Lenkrad. Für das letzte Baujahr gab es den Knüppel auf dem Getriebetunnel gegen Aufpreis, Nardi-Schaltung nannte man das bei Peugeot. Insider wie Hugo Schroth schwärmen auch von der „Jaeger-Tafel“, ein heutzutage seltenes Teil, das den nur aus optischen Gründen schmerzlich vermissten Drehzahlmesser offeriert. Denn beim Fahren braucht man ihn wirklich nicht.
Der Vierzylinder mag es dezent von unten heraus
Der sonst so sanfte Vierzylinder im Peugeot 404 Cabriolet tut schon zeitig und lautstark kund, wenn es ihm mit der Dreherei zu bunt wird. Schon bald verlangt er nach dem nächsten Gang, 60 im Zweiten genügen ihm genauso wie 90 im Dritten. Der konventionell konstruierte Vierzylinder mit seitlicher Nockenwelle ist trotz Querstromkopf und fünffach gelagerter Kurbelwelle keine Drehorgel. Er mag es lieber dezent von unten heraus, da entwickelt er eine gute Durchzugskraft, die zum frühen Schalten animiert. Mit dem Lenkradhebel lassen sich die Gänge erstaunlich leicht und exakt einlegen. Nur das Schaltschema ist anders. Nämlich so wie bei einem Dreiganggetriebe mit später angeflanschtem Vierten. Das heißt erster Gang links unten, zweiter und dritter in einer Gasse und für den Vierten muss der rechte Arm weit nach rechts oben ausholen. Schnell ist man damit nicht, aber der Motor signalisiert ja auch keine Eile.
Das Peugeot 404 Cabriolet liebt ganz und gar die unaufgeregte Fahrweise, die sehr gut zu seinem eleganteren Äußeren passt. Dann klingt der Vierzylinder vorne zufrieden, braucht nicht viel und muss sich seiner nicht gerade üppigen 68 PS nicht schämen. Diese dynamische Bescheidenheit fällt beim Dahingleiten kaum auf, aber es dürften auch gerne 90 sein. Es gab noch eine höher verdichtete Variante (8,3:1) mit 74 PS und den Einspritzmotor mit der Kugelfischer-Pumpe, die auch BMW im 2000 tii kennt, und 88 PS, alles so wie in der Limousine. Cabrio und Coupé kriegen bei Peugeot eben keine Leistungs-Extrawurst oder gar automatisch die Topmotorisierung.
Französischer Eigensinn im Detail
Die Leichtigkeit des Seins, die Motor und Getriebe leben, setzt sich auch beim Fahrwerk fort. Französischen Komfort alter Schule dürfen die Passagiere im Peugeot 404 Cabriolet reichlich genießen. Denn die Hinterachse ist zwar starr, aber exakt geführt mit allerlei Schubstreben und einem mittleren Schubrohr um die Kardanwelle, das die akkurat schraubengefederte Achse im Zaum hält. Ein Versetzen wie bei den schnell überforderten Blattfedern gibt es nicht. In dieser Disziplin ist das Peugeot 404 Cabriolet sogar dem Ferrari 250 GT überlegen.
Der Peugeot wäre kein echter Franzose, wenn er sich nicht ein paar Schrulligkeiten leisten würde. Geblinkt wird mit einem Hebel rechts an der Lenksäule, das Lenkrad steht zu flach, und die Räder müssen sich mit nur drei Radmuttern begnügen, die Chromradkappen verdecken es diskret. Was von der Ausfahrt im Peugeot 404 Cabriolet bleibt, ist der prägende Eindruck eines schönen Wagens, dem es zwar antriebsseitig an Brillanz fehlt, der dafür aber ein angenehmes Leben unter freiem Himmel verspricht. „Ich hätte ihn gerne“ ist doch das schönste Kompliment, das ich ihm am Ende machen kann.
So viel kostet ein Peugeot 404 Cabriolet
Der Marktbeobachter Classic-Analytics notiert das Peugeot 404 Cabriolet im Zustand 2 mit 26.000 Euro, im mäßigen Zustand 4 sind rund 8.600 Euro fällig. Die Einspritzer-Versionen kosten rund 2.000 Euro (Zustand 2) respektive 700 Euro mehr. Damit liegen die Preise des Cabrios bei mehr als dem Dreifachen der Limousine. SIe kostet im Zustand 2 rund 8,700 Euro, im Zustand 4 etwa 1.800 Euro. Das Peugeot 404 Coupé liegt preislich dazwischen: 17.000 Euro im Zustand 2, rund 4.400 Euro im Zustand 4.