Original-Test VW 1300 (Käfer)

Nicht stark, aber unten herum durchzugskräftig

Wir zeigten 1969 welcher Art die Waffen sind, mit denen sich das Wolfsburger Krabbeltier seiner Feinde erwehrt. Den Original-Fahrbericht verfasste Reinhard Seiffert für die Ausgabe 23.

75 Jahre ams Käfer Foto: Julius Weitmann 9 Bilder

Der Käfer bleibt zwar immer der Käfer. Aber unter dem Blech ändert er sich, und noch mehr ändert sich seine Konkurrenz. Er befindet sich sozusagen jedes Jahr in einer neuen Situation.

Trotzdem wird er unverändert gekauft — sein Marktanteil in Deutschland schwankt seit vielen Jahren nur geringfügig zwischen 19 und 22 Prozent. Kein anderes Auto konnte ihm bisher seine Führungsposition streitig machen.

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Das muss Gründe haben. Zwar lässt sich in einem Käfer-Test technisch nicht viel Neues sagen. Aber es lässt sich feststellen, worin heute die Vorzüge und Nachteile des Käfers gegenüber seiner Konkurrenz bestehen. Mit dem Fiat 128 kam nun ein neuer ernstzunehmender Käfer-Konkurrent auf den Markt. Welcher Art sind die Waffen, mit denen sich das Wolfsburger Krabbeltier solcher Feinde erwehrt?

Käfer-Kraft

Die Leistung kann es nicht sein, was die Menschen am Käfer fasziniert. Sie hat sich zwar in den vergangenen Jahren ständig gebessert. Aber sie hielt immer einen Respektabstand. Gegenüber den 40 PS des VW 1300 hat der Opel Kadett 1100 schon in der schwächsten Ausführung mit 45 PS die Nase vorn, Kadett S und Fiat 128 liegen mit 55 PS gleich um eine ganze Klasse höher. Am Käfer-Erfolg kann also das Temperament nur dadurch beteiligt sein, dass es gerade noch ausreicht. Wäre es noch schlechter, als es ist, dann könnte das für viele Käufer ein Hinderungsgrund sein. Der Testwagen brachte für einen VW 1300 gute Leistungswerte: Er beschleunigte von 0 auf 100 km/h in 24,4 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit betrug 125 km/h. Damit kommt man im heutigen Verkehr noch einigermaßen zurecht, wenn auch an Autobahnsteigungen die Puste früher ausgeht als bei anderen Autos.

Trotzdem gibt es auch in der Leistungscharakteristik des Käfers Dinge, die für seinen Erfolg mitentscheidend sein können. Die 40 VW-PS werden aus 1.300 ccm gewonnen, die höheren Leistungen der Konkurrenten aus 1.100, nur bei teureren Typen aus 1.200 oder 1.300 ccm. So bringt es der Käfer, trotz seiner nicht gerade jugendfrischen Motorkonstruktion, auf ein maximales Drehmoment von 8,9 mkg bei 2.000 U/min. Der 45 PS-Kadett dagegen kommt nur auf 7,6 mkg und benötigt dafür 2.400 U/min, der Fiat 128 mit seinem auf hohe Drehzahlen ausgelegten Motor bringt es auf 8,2 mkg bei 3.000 U/min.

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Diese Zahlen liefern die Erklärung dafür, dass sich der VW-Motor von den meisten Konkurrenten grundsätzlich unterscheidet: Er ist zwar nicht sehr leistungsstark, aber er ist "unten herum" durchzugskräftig. Er hat, obwohl kein Bulle, einen bulligen Charakter, er wirkt nicht aufregend, nicht nervös, sondern eher beruhigend. Wie ein treuer Knecht arbeitet er im Wagenheck, verlässlich, anspruchslos, gutmütig. Dass er es hinten tut, nützt dem Vorwärtskommen unter ungünstigen Bedingungen — auch das trägt unterschwellig zum Fahrer-Vertrauen bei.

Alle diese Dinge lassen sich nicht mit Mess- werten belegen, spielen aber für das Käfer-Image eine Rolle. Psychologen haben festgestellt, dass der Käfer nicht als "Kleinauto" angesehen wird. Das liegt, außer an der Karosserieform, auch am Motor. Nervöse, hochdrehende Motoren sind kleinwagentypisch, niedrigdrehende, durchzugskräftige Motoren nicht. Das zeigte sich auch beim Automatik-Vergleich Käfer—Kadett (siehe Heft 16), bei dem der Käfer trotz geringerem Temperament durch seine beruhigende Fahrweise günstig abschnitt.

Durch einfaches Kombinieren vorhandener Teile ist es möglich, einen Käfer-Motor mit 1.600 ccm und 47 PS bei 4.000 U/min zu erhalten, der auf ein maximales Drehmoment von 10,6 mkg bei 2.200 U/min kommt. Diesen Motor liefert VW in die USA. Das Werk sollte sich ernsthaft überlegen, ihn auch bei uns anzubieten. Denn damit ist, noch besser als mit dem 1500, der Leistungsrückstand aufzuholen, ohne dass der typische Charakter des Käfer-Motors Schaden leidet.

Käfer-Kosten

Mit solchen Überlegungen stößt man freilich an die Hubraum-Barriere, die für Käfer-Käufer bisher offenbar noch eine Rolle spielt. Aber rechnen wir einmal: Mit 1.300 ccm und 40 PS kostet der Käfer 187 Mark Steuer und 437 Mark Versicherung. Mit 1.600 ccm und 47 PS wären es 230 Mark Steuer und 480 Mark Versicherung, also zusammen 86 Mark mehr. Das dürfte für einen großen Teil der Käfer-Käufer keine Rolle spielen — hier ist lediglich eine psychologische Hemmung vorhanden, die sich durch entsprechende Verkaufstaktik bestimmt abbauen lässt.

Denn die Unterhaltskosten sind keineswegs das ernste Problem der Käfer-Besitzer. Das zeigt sich schon daran, dass der Käfer mehr Benzin verbraucht als seine Konkurrenten, ohne dass sein Ruf darunter leidet. Denn zum einen ist der VW echter Normalbenzin-Schlucker, zum anderen wiegen die niedrigen Wartungs- und Reparaturkosten den Verbrauchsnachteil auf. Solange der Verbrauch, wie beim Testwagen, sich in Bereichen zwischen 9 und 11,5 Litern pro 100 km bewegt, stellt er keinen gravierenden Nachteil dar. Viel höher würde er aber auch bei einem 1600er nicht sein, denn Gewicht und Luftwiderstand sind für den Verbrauch wichtiger als der Hubraum.

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Die echten Kostenvorteile des VW liegen auf den Gebieten der Zuverlässigkeit, des Kundendienstes und der Reparaturen. Will man das Geheimnis ergründen, warum so viele Menschen in Deutschland und anderswo immer wieder einen Käfer kaufen, dann liegt hier eines der Hauptmotive. Es ist nicht nur ein Kostenmotiv: Dass der VW zuverlässig ist und selten kaputtgeht, reduziert den zu erwartenden Ärger und Zeitverlust. Aber es ist auch ein Kostenmotiv: Zeit kostet Geld, Reparaturen kosten Geld, vorzeitiger Verschleiß mindert den Wiederverkaufswert.

Es scheint paradox, aber viele Menschen kaufen den VW, weil sie ihn günstig wieder verkaufen können. Der große Geldbetrag, der in ein Auto investiert werden muss, ist — zumindest für die europäische Mentalität – ein erhebliches psychologisches Hindernis. Denn Autos sind — im Gegensatz zu Häusern und Eigentumswohnungen — Objekte mit hohem Wertverlust. Lässt sich dieser Wertverlust in tragbaren Grenzen halten, dann ist dies ein ganz wesentlicher Kaufgrund, der weit vor Gesichtspunkten wie Beschleunigung oder Straßenlage rangiert. Da der niedrig drehende Motor der wichtigste Faktor für die nach wie vor sehr hohe Käfer-Lebensdauer ist, spricht auch von dieser Seite her alles für eine Hubraumvergrößerung.

Käfer-Karosserie

Der Käfer wird nicht als Kleinwagen eingestuft, sondern hat ein neutrales, "klassenloses" Image. Das ist keine bloße Vermutung, sondern lässt sich durch psychologische Tests nachweisen. Es hängt, wie erwähnt, unter anderem mit dem Motor zusammen, ist aber noch stärker das Ergebnis der Karosserieform.

Geht man der Sache nach, findet man auch hier ein Paradox: Mit einem kleinwagenmäßigen Radstand von 2,40 m und bescheidenen Innen- und Kofferraumverhältnissen ist der VW vergleichbaren Kleinwagen mit besserer Raumausnutzung unterlegen. Aber gerade, weil er eine schlechte Raumausnutzung hat, wirkt er nicht wie ein Kleinwagen.

Denn der VW ist mit über 4 Metern Länge und 1,55 Metern Breite kein kleines Auto. Die ausladenden Stoßstangen, das spitz zulaufende Heck, die seitlichen Kotflügel mit Trittbrett-Andeutungen dokumentieren eine Raumverschwendung, für die kein heutiger Karosseriebauer Lob erwarten könnte. Aber es steckt darin eine Großzügigkeit, ein generöser Verzicht auf die beim Kleinwagen nötige Raumausnutzung bis zum letzten Quadratzentimeter. Der VW ist nicht "mini", er ist nicht puppig und nicht klein. Er ist außerdem formal anders als alle anderen. Das wurde ihm lange als Nachteil angekreidet, aber unterdessen spricht vieles dafür, dass dies einer seiner großen Vorteile ist. Denn die Karosseriemode läuft sich tot, es gibt keine allgemeingültige Form mehr, auf die sich der Zeitgeschmack festgelegt hat. In dieser Situation kommt zum Tragen, dass die Käferform eine gewisse formale Perfektion hat: Sie besitzt gute Proportionen und sauber gezeichnete Linien. Man konnte im legendären Konstruktionsbüro des Professors Porsche nicht nur gut konstruieren, sondern auch gute Formen zeichnen. Erwin Komenda, der die Käferform damals zu Papier brachte, hatte sich vorher bei den Amerikanern umgesehen — das Styling stand beim Käfer Pate und verband sich mit dem Wunsch nach einer zeitlosen Form für das Volksauto. Dafür fehlte lange das Verständnis, aber heute, im Pop- und Op-Zeitalter, stört uns die Form auf einmal nicht mehr.

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Die diversen Schönheits- und Zweckoperationen haben zur Aktualität das Ihre beigetragen. Senkrecht stehende Scheinwerfer, größere Front- und Heckscheiben, steilere Motorhaube kommen heutigen Formvorstellungen entgegen. Und schließlich sind die Farben ein nie versagendes Mittel, um neue Reize zu schaffen: Der Testwagen präsentierte sich clementinenfarben und wurde darum nie anders als "Clementine" genannt.

Trotz schlechter Raumnutzung kann der VW im Innenraum mit modernen Autos mithalten: Vorn sitzt man bequem, hinten ist sogar notfalls für drei Leute Platz. Die Raumverschwendung geht auf Kosten des Kofferraums, der nicht nur kleiner, sondern durch seine Zweiteilung auch schlechter ausnutzbar ist als bei anderen Autos. Aber die Verkaufszahlen beweisen, dass Kofferraum in dieser Klasse kein kaufentscheidendes Merkmal ist: Im Normalbetrieb kommt man mit dem vorhandenen Raum aus oder nimmt die umlegbare Rücksitzlehne zu Hilfe, das Urlaubsgepäck schnallt man aufs Dach.

Das ist fraglos kein Idealzustand. Ebenso sind auch die Sichtverhältnisse alles andere als ideal: Die eng zusammenstehenden Dachpfosten schränken nach vorn die Sicht ein, die breiten Stege neben dem Heckfenster nach hinten. Dass die Frontscheibe nicht gebogen ist, kann nur als formaler, nicht als funktioneller Nachteil gelten, für den Preis von Scheibe und Wischern ist es sogar günstig. Mit einer modernen Karosserie ist das Käferkleid nicht in jeder Hinsicht gleichzustellen, aber die Unvollkommenheiten sind nicht schwerwiegend genug, um den Verkaufserfolg ernsthaft in Frage zu stellen.

Die Karosseriequalität muss auf der Plus-Seite gezählt werden. Zwar steht das VW-Werk wie jeder Auto-Hersteller vor der Dauer-Versuchung, so billig wie möglich zu bauen. Man merkt das an Kleinigkeiten wie der nahezu unbrauchbaren Batteriebefestigung oder der hauchdünnen Chromauflage an den Stoßstangen. Aber die Konstruktion setzt solchen Sparversuchen Grenzen: Karosseriestruktur, Türen, Hauben sind stabiler als bei anderen Autos dieser Klasse. Polster, Verkleidungen, Schalter und Hebel halten dem Dauergebrauch besser stand — man hat im VW ein "Qualitätsgefühl", das Geld ist gut angelegt.

Käfer-Komfort

Karosserie und Motor prägen den Käfer-Charakter, der Komfort spielt nur eine Nebenrolle. Aber auch im Komfort lag der Käfer immer über Kleinwagen-Niveau: Seine einzeln aufgehängten Räder riefen das Empfinden einer "satten" Straßenlage hervor, der VW war nie hart und hoppelig wie andere Autos dieser Preisklasse.

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Das Federsystem ist den gestiegenen Ansprüchen immer noch gewachsen. Zu seinen Vorzügen gehört besonders die leichte Ansprache schon bei langsamem Fahren. Sie ergibt sich nicht nur aus der Einzelradaufhängung, sondern auch aus der Heckmotoranordnung: Die Hinterachse, die bei allen Autos die Haupt-Federungsarbeit zu leisten hat, ist schon bei leerem Wagen relativ hoch belastet. Sie hat darum prozentual einen kleineren Zuladungsanteil aufzunehmen als bei Autos mit vornliegendem Motor. Diese "Vorbelastung" ist umso vorteilhafter, je geringer das Gesamtgewicht eines Autos ist. Sie ist ein Plus gegenüber den Frontantriebswagen, bei denen die Hinterradfederung fast die ganze Zuladung verkraften muss, und noch mehr gegenüber den Autos mit angetriebener hinterer Starrachse, bei denen das hohe Gewicht der Achse in einem ungünstigen Verhältnis zum Wagengewicht steht.

Auch im Sitzkomfort war der VW den Kleinwagen immer überlegen: Er hatte vorn schon vollwertige Einzelsitze mit hoher Lehne und hinten eine breite und komfortable Sitzbank, als noch in dieser Preisklasse kleine spartanische Sitze mit geringer Sitztiefe üblich waren. Lediglich in zwei Komfortpunkten war er stets im Rückstand: Heizung und Geräusch. An beidem ist die Luftkühlung schuld, deren Eigenheiten der VW auch heute nicht verleugnen kann. Trotz erfolgreicher Verbesserungsarbeit ist die Heizung drehzahlabhängig geblieben, im Kurzstreckenverkehr kann sie nicht befriedigen. Das Geräusch ist gegenüber der Anfangszeit erstaunlich vermindert worden, aber zu den leisen Autos kann man den Käfer nach wie vor nicht rechnen.

Käfer-Kurven

Als sich in den ersten Nachkriegsjahren der Käfer als Knüller erwies, beeilten sich andere Autofabriken, ihn zu kopieren: überall entstanden Heckmotorautos. Aber diese Zeiten sind längst vorbei. Zwar bauen Fiat, Renault und Simca noch Heckmotorautos, aber sie sind Überbleibsel aus der Vergangenheit. Die neuen Modelle der VW-Konkurrenten haben Frontantrieb. Hauptgrund für diese Wandlung ist die Übersteuerneigung der Heckmotorwagen. Der hinter der Wagenmitte liegende Schwerpunkt macht die Fahrwerksauslegung zum Problem: Man kann die Neigung zum Ausbrechen des Hecks zwar mildern; aber nicht völlig beseitigen. Vornliegender Motor und Frontantrieb dagegen machen die Autos richtungsstabil.

Man hält in Wolfsburg Statistiken bereit, wonach durch Übersteuern bedingte VW-Unfälle so gut wie gar nicht vorkommen. Aber Statistiken sind geduldig — solange es keine zuverlässige Unfallursachenermittlung gibt, gibt es auch keine zuverlässigen Statistiken.

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Ein besseres Argument sind die Fortschritte, die bei der Straßenlage des Volkswagens in den letzten Jahren tatsächlich erreicht worden sind. Die letzte Änderung war die Verbreiterung der hinteren Spur und der Einbau einer Ausgleichfeder im Jahr 1967. Dadurch wurde die Eigenschaft der hinteren Pendelachse unterdrückt, in schnell gefahrenen Kurven oder beim plötzlichen Richtungswechsel ein plötzliches, schwer kontrollierbares Übersteuern hervorzurufen. Der VW kann seitdem beachtlich schnell durch Kurven gefahren werden, ohne mit dem Heck auszubrechen, und er ist im Grenzbereich leichter kontrollierbar.

Ein weiterer Fortschritt ist durch die Doppelgelenkachse zu erreichen, die in Europa bisher nur in der Automatik-Version des Käfers geliefert wird. Zwar sind die erreichbaren Kurven-Grenzgeschwindigkeiten mit dieser Achse kaum höher, aber der Wagen ist im Grenzbereich noch besser kontrollierbar, er wirkt subjektiv gutmütiger. Das Volkswagenwerk konnte sich jedoch wegen der höheren Kosten bisher nicht entschließen, die gesamte Serie auf diese Achse umzustellen.

Das Wolfsburger Entwicklungsteam hat durch einen respektablen Aufwand an Seitenwind- und Wedelversuchen nachgewiesen, dass der VW heute als Auto mit guter Straßenlage gelten kann. Was aber nicht aus der Welt geschafft werden kann, ist der Unterschied im Fahrgefühl, den jeder Laie sofort spürt, wenn er in Kurven oder bei Seitenwind den VW mit einem Frontantriebswagen vergleicht. Darum spielt auch bei käfertreuen Käufern der Wunsch nach besserer Kurvenlage neben dem Wunsch nach stärkerer Beschleunigung die Hauptrolle. Für beides hat das Werk noch Reserven: den größeren Hubraum und die Doppelgelenkachse.

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Eine allgemeine Heckmotor-Müdigkeit ist dagegen nicht festzustellen, denn der Heckmotor ist mitverantwortlich dafür, dass der VW ein universelles, auch abseits der Straßen tüchtiges Fahrzeug blieb. Er lässt einen nicht so leicht im Stich, und das spielt besonders für jene Käufer eine Rolle, die auf Feldwegen, im Sand oder im Gebirge fahren müssen. Was der Käfer hier kann, das können viele andere Autos längst nicht mehr. Hohe Belastung der Antriebsräder, großer Raddurchmesser, ausreichende Bodenfreiheit, glatter Wagenboden erweisen sich unter solchen Bedingungen als echte Vorzüge.

Käfer-Konkurrenz

Die Suche nach den Geheimnissen des VW-Erfolges bringt also nicht nur Qualitäten des Käfers zutage, sondern auch ganz bestimmte, oft zu wenig beachtete Kaufmotive. Ganz sicher spielen moderne Karosserieform, großer Kofferraum, hohe Leistung und gute Straßenlage heute eine wesentliche Rolle beim Autokauf. Aber daneben haben andere Motive zumindest das gleiche Gewicht: Zuverlässigkeit unter allen Fahrbedingungen, Dauerhaftigkeit, eingespielter Kundendienst, preisgünstige Reparaturen, geringer Wertverlust. Weil er in diesen Sparten Weltmeister ist, kann sich der Käfer auf anderen Gebieten Punktverluste erlauben.

75 Jahre ams Käfer Foto: ams
Der Original-Test erschien am 18. November 1969 in Heft 23.

Es spricht auch nichts dafür, dass sich an dieser Sachlage in absehbarer Zeit etwas ändert. Selbst gute neue Konkurrenten wie der Fiat 128 treffen nicht den Kern des Käfer-Erfolges. Sie werden ihm Käufer wegnehmen, weil eben doch mancher mehr Temperament haben möchte, ein gutmütigeres Fahrverhalten, bessere Sichtverhältnisse. Auch über den Preis ist zumindest vor- übergehend etwas zu machen. Der japanische Großangriff auf den Käfer in den USA wird zeigen, ob sich seine Position auf diese Weise dauerhaft erschüttern lässt. Die amerikanische Industrie versucht es mit größeren und stärkeren Autos, die das gleiche oder nur wenig mehr kosten als der VW. Aber einen wirklichen, echten Anti-Käfer wird und kann es nie geben. Niemand kann ihn bauen — nicht einmal das Volkswagenwerk selbst.