Original-Test Porsche 911 T
Der Porsche als unerwarteter Verkaufsschlager
auto motor und sport testete 1968 den Porsche 911 T, den damaligen Einstieg in die legendäre Sechszylinder-Baureihe, der die 20.000-Mark-Grenze unterschritt. Den Original-Text verfasste Gert Hack.
06.07.2023 Marcel Sommer, Gert HackDer Porsche 911 T kam Ende letzten Jahres als dritte und billigste Modellvariante der Typenreihe 911 auf den Markt. Vor allem die Angst vor einem zu attraktiven Fiat Dino-Preis soll sein Erscheinen beschleunigt haben. Die Angst war unbegründet, wie sich hinterher herausstellte, doch nun war der 911 T mit einem Listenpreis von rund 19.000 Mark auf dem Markt und erwies sich als unerwarteter Verkaufsschlager, der dem Werk gut über den Winter half. Inzwischen hat Porsche zwar den Preis um einige Hunderter erhöht, doch mit einem Kaufpreis von 19.305 Mark (einschließlich Mehrwertsteuer) bleibt der 911 T immer noch das optisch interessanteste Angebot im Porsche-Programm.
Um den aufwendigen Typ 911 auf ein solches Preisniveau zu drücken, entschloss man sich weniger zu einer Abmagerung der Ausstattung als zu einem technischen Striptease, wobei vornehmlich das Fahrwerk herhalten musste. Serienmäßig wird darum der 911 T ohne Stabilisatoren und innenbelüftete Bremsscheiben und mit einem Vierganggetriebe ausgeliefert. Da das Werk offensichtlich – wie auch wir – zu der Ansicht neigt, dass der 911 T ohne diese Dinge nur eine halbe Sache ist, hatte unser Testwagen mit Ausnahme der belüfteten Bremsscheiben alle genannten Teile aufzuweisen, womit sein Kaufpreis auf rund 20.000 Mark kletterte.
Auch der Motor wurde mittels einfacher Grauguss-Zylinderlaufbüchsen verbilligt, die in dieser Leistungsklasse keineswegs ein Nachteil sind. Den Versuch, die Motorleistung durch niedrige Verdichtung (8,6:1), enge Auspuffanlage, zahme Nocken und entsprechende Vergasereinstellung auf die angegebenen 110 DIN-PS zu drosseln, muss man allerdings als Fehlschlag bezeichnen. Unser Testwagen zumindest ließ im Vergleich zum normalen 911 keinen nennenswerten Leistungsunterschied spüren.
Porsche-Perfektion
Hat man erst einmal in einem Porsche Platz genommen – der 911 T macht hier durchaus keine Ausnahme – so kommt man nicht umhin, der im Wageninnern waltenden, durchdachten Perfektion Anerkennung zu zollen. Alles liegt, wo es hingehört. Scheinbar automatisch finden Hände und Füße – auch ohne Betriebsanleitung – die richtigen Hebel, Pedale und Knöpfe, Verwechslungen sind nahezu ausgeschlossen. Die Augen des Fahrers erblicken fünf große und eindeutig klare Instrumente. Nirgendwo wird einem so klar, dass Symbole auf den Instrumenten höchstens etwas für Kinder oder geistig Minderbemittelte sind. Die Instrumente mit weißen Zahlen oder Buchstaben auf schwarzem Grund sind über jeden Zweifel erhaben. Neben den serienmäßigen Anzeigen für Drehzahl, Geschwindigkeit, Uhrzeit (mit Standzeiger), Öltemperatur und Benzinstand kann man noch Öldruck- und Ölstandsmesser für ca. 130 Mark hinzuerwerben und verfügt dann über die komplette Instrumentierung des 911 S
Die Seriensitze bieten nicht den besten Komfort, doch eine gute Sitzposition, wenn sich auch die Rückenlehne des Beifahrersitzes ohne unser Zutun während der Fahrt Zahn um Zahn der Waagrechten zuneigte. Erfreulicherweise blieb der Fahrersitz von dieser merkwürdigen Eigenart verschont, die einen möglicherweise in falschen Verdacht bringen könnte. Für die Liebhaber schneller Kurvenfahrt empfehlen sich die Recaro-Sportsitze, die in Kurven dem Körper besseren Halt bieten und mit 55 Mark pro Stück (Aufpreis) in der Porsche-Preisliste stehen.
Als schwergängig und unpraktisch empfanden wir die inneren Türöffner, auch lassen die Belüftungsmöglichkeiten des Innenraumes sehr zu wünschen übrig, zumal man bei hoher Geschwindigkeit wegen der Windgeräusche sämtliche Luken dicht machen sollte. Vorbildlich hingegen ist die Bedienung der dreistufig laufenden Wischer und der Waschanlage mit einem Lenksäulenhebel. Dabei bieten die neuentwickelten Hochgeschwindigkeits-Wischerblätter auch bei höheren Geschwindigkeiten noch eine brauchbare Wirkung.
Überflüssig erscheint uns die Ausgabe für Halogen-Hauptscheinwerfer (Aufpreis ca. 130 Mark), die beim Testwagen nur eine magere Ausbeute des investierten Aufwandes erkennen ließen. Auch bleibt unerklärlich, weshalb man nicht die durchaus legale Möglichkeit nutzte, Fernlicht- und Abblendlichtscheinwerfer im aufgeblendeten Zustand zusammen leuchten zu lassen, zumal das vorhandene Fernlicht kaum den Bedürfnissen eines so schnellen Autos entspricht. Mit Normalscheinwerfern und nachträglich montierten Zusatz-Fernscheinwerfern fährt man besser und billiger, sofern man sie nicht gerade dem Porsche-Zubehörkatalog entnimmt.
Der große Dampf
Nicht ohne Vergnügen stellt man fest, dass nach dem Anlassen der altvertraute, aggressive Ton des luftgekühlten Sechszylinders auch im Heck des 911 T erklingt. Doch nicht nur der Ton, auch der Motor ist aggressiv geblieben. Von der Bemühung, die Leistung auf nominal 110 PS bei 5.800 U/min zu drosseln, wobei man auch das Drehmoment — wenigstens auf dem Papier — auf 16 mkg bei 4.200 U/min absinken ließ, ist im Fahrbetrieb absolut nichts zu spüren. Nach wie vor reagiert der Motor spontan auf jede Bewegung des Gasfußes und beschleunigte unseren Testwagen in wenig mehr als 8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Auch die Höchstgeschwindigkeit lag mit 208 km/h wesentlich über der Werksangabe (200 km/h), sodass der Verdacht auf eine starke Leistungsstreuung der Motoren nach oben gerechtfertigt erscheint.
Die versteckte Mehrleistung ist jedoch für niemanden von Nachteil, denn der Motor des 911 T ist – abgesehen vom Geräusch, das jedoch für die meisten Porschefahrer ein Ohrenschmaus ist – ein Muster an Kultiviertheit. Er nimmt selbst aus niedersten Drehzahlen willig Gas an und dreht unter allen Bedingungen kräftig und weich bis zur Drehzahlgrenze hoch. Bei 6.500 U/min schaltet ein Fliehkraftregler automatisch ab, und wir hatten nie das Bedürfnis, höher zu drehen.
Auch bei niederen Drehzahlen und im Leerlauf läuft der Sechszylinder sauber und gleichmäßig, ohne die Allüren eines Sportmotors. Startfreudig springt er auf den ersten Schlüsseldruck an und nimmt, warm wie kalt, sofort nach dem Start sauber Gas an. Den Choke sucht man vergebens, der Porsche-Motor hat eine Starthilfe nicht nötig. Ebenso überzeugend, wie der Motor, funktioniert das Porsche-Fünfganggetriebe. Wir kennen kein Getriebe, das sich exakter und schneller schalten lässt. Es störte lediglich der etwas zu kurz übersetzte IV. Gang und das nicht zu überhörende laute Mahlen der Zahnräder im Leerlauf.
Gesamtkonzept mit überragenden Stärken
Der Porsche 911 T bietet seinem Fahrer sehr viel, denn er ist trotz relativ geringer Leistung im Verkehr ein überlegenes Auto und nimmt es mit fast jeder Limousine sportlichen Zuschnitts souverän auf. Die hervorragenden Fahrleistungen im oberen Geschwindigkeitsbereich sind natürlich das besondere Verdienst der Porsche-Konzeption und der daraus resultierenden, windschlüpfigen Form, die für 200 km/h nur einen Leistungsbedarf von etwa 110 PS hat. Für die gleiche Geschwindigkeit muss ein Motor in der Karosserie des BMW 2002 ca. 155 PS aufbringen, und ein Mercedes 280 SE benötigt hierzu annähernd 180 PS. Ebenfalls eine Folge des kleinen Luftwiderstandes ist der relativ geringe Benzinverbrauch der Porsche-Modelle. Selbst bei schärfster Fahrweise war der 911 T nicht über 16 Liter/100 km zu bringen, was angesichts der dabei erreichbaren Durchschnittsgeschwindigkeiten einen niedrigen Wert darstellt. Bei mittelschneller Fahrweise – selbst dann zählt man noch zu den schnellsten Verkehrsteilnehmern – laufen nicht mehr als 13 Liter/100 km durch die beiden Weber-Dreifachvergaser.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen hat man bei Porsche aus der hauseigenen Konzeption (Heckmotor und Hinterradantrieb) eine Art Weltanschauung gemacht. Denn zweifellos lässt sich auf diese Weise am ehesten eine optimal windgünstige Karosserie erreichen. Auch die Belastung der Antriebsachse durch den Heckmotor ist stets ausreichend und sichert selbst mit 220 PS starken Wettbewerbsmotoren in allen Situationen maximalen Vortrieb. Der hohe Gewichtsanteil der Hinterachse bringt allerdings hinsichtlich der Fahrstabilität gewisse Probleme, die sich selbst durch aufwendige Fahrwerkstechnik nicht vollständig beseitigen lassen. Hierzu zählen vor allem die bei hohen Geschwindigkeiten spürbare Empfindlichkeit gegen Seitenwindeinflüsse und Aquaplaning sowie der nicht ganz einwandfreie Geradeauslauf auf welliger Fahrbahn.
Ebenfalls vom Heckmotor wird das Kurvenverhalten des Porsche geprägt. Zwar bietet das Auto, solange man sich nicht In Grenzwerten bewegt, sichere und unproblematische Fahreigenschaften, doch erfordert das Fahren im Kurvengrenzbereich viel Fingerspitzengefühl und Konzentration, um ein zu starkes Übersteuern oder gar ein Ausbrechen des Hecks zu vermeiden. Dabei halten wir die Auslegung mit zwei Stabilisatoren für die günstigste, da der hintere Stabilisator einen verhältnismäßig weichen und gleichmäßigen Übergang zum Übersteuern gewährleistet und das Auto im Handling angenehmer macht. Im Ganzen gesehen verlangt der Porsche – und das dürfte für alle derzeitigen Modelle zutreffen – mehr Fahrkönnen und Aufmerksamkeit in Grenzsituationen, als der Durchschnittsfahrer zu bieten hat.
Eine große Hilfe für das exakte Fahren des 911 T ist die direkte und sehr präzise Zahnstangenlenkung. Man muss allerdings dafür relativ hohe Haltekräfte bei Kurvenfahrt und eine außerordentliche Stoßempfindlichkeit in Kauf nehmen. Die vier ohne Bremskraftverstärker arbeitenden Scheibenbremsen verlangen ein kräftiges Bremsbein, sodass der körperliche Einsatz beim Schnellfahren nicht unbeträchtlich ist. Die Bremsen selbst ließen auch bei starker Beanspruchung kaum Fading spüren, doch konnten wir wegen der bei unbelüfteten Bremsscheiben höheren Durchschnittstemperaturen einen relativ starken Belagverschleiß feststellen. Hervorzuheben ist die ausgezeichnete Wirkung der Handbremse, die selbst beim Abbremsen aus hohen Geschwindigkeiten eine überraschend gute Bremsverzögerung aufbringt.
Der Federungskomfort des Porsche ist für einen Sportwagen recht gut, doch kann er sich mit einer ebenfalls straff gefederten Limousine gleicher Gewichtsklasse nicht messen. Obwohl relativ große Federwege zur Verfügung stehen, ist das Fahrwerk nicht in der Lage, größere Unebenheiten oder Bodenwellen zu schlichten. Dies dürfte in erster Linie an dem kleinwagenmäßig kurzen Radstand liegen, der andererseits sehr zur guten Handlichkeit des Porsche beiträgt.