Original-Test Facel Vega Facellia

Klapperfreie Fahrt im eleganten 60er Jahre Coupé

Wir testeten 1960 die Facellia als völlige Neukonstruktion einer jungen, aber emporstrebenden und international schon anerkannten Firma. Den Original-Text verfasste Paul Frere.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann 8 Bilder

Für Fachjournalisten sind Überraschungen eine Seltenheit. Durch persönliche Beziehungen zu den Automobilfabriken oder Indiskretionen sind die Neugierigen meist mehr oder weniger auf dem Laufenden über das, was sich hinter den Kulissen abspielt. Aber als einige von ihnen vor einem Jahre, etwas vor der Eröffnung des Pariser Salons, von Facels Generaldirektor Jean Daninos zu einer Pressekonferenz eingeladen wurden, standen alle verblüfft vor dem neuen, kleinen Facel-Vega. Das Erstaunen war umso größer, als Facel (wie einstmals Jaguar) sich erst vor einigen Jahren aus einer reinen Karosseriefabrik zur Autofabrik entwickelt hatte, die bis dahin nur Chrysler-Motoren in ihre schnellen Luxusautos eingebaut hatte. Unter der Haube der neuen "Facellia" stand aber ein rassig aussehender 1.650 ccm-Zweinockenwellen-Motor, über dessen Ursprung nur bekannt gegeben wurde, dass der Zylinderkopf in Zusammenarbeit mit dem englischen Spezialisten Harry Weslake entwickelt worden war. Wer der eigentliche Schöpfer dieses Motors ist, bleibt immer noch mehr oder weniger ein Rätsel; dass aber das Fabrikationsprogramm richtig geplant worden war, geht daraus hervor, dass bisher fast dreihundert Facellia das Werk verlassen haben.

Obwohl zur Zeit der Vorstellung des Wagens noch nicht einmal das Ansaugsystem endgültig festgelegt war, wurde damals schon für den Motor eine Leistung von 115 SAE-PS und für den Wagen eine Höchstgeschwindigkeit von 182 km/h bekannt gegeben. Dass damals schon ein Prototyp in der vorgestellten Form- einem hübschen zweisitzigen Cabriolet – eine solch hohe Geschwindigkeit jemals erreicht hatte, möchten wir sehr bezweifeln, aber in der Zwischenzeit wurde alles darangesetzt, diese Prophezeiung zu verwirklichen. Der größte Beitrag zu dieser Bestrebung waren sicher die jetzt serienmäßig mitgelieferten Scheinwerferverkleidungen aus durchsichtigem Plastikmaterial. Nachdem unser Testwagen als Mittel von vier Messungen und mit Autobahndruck in den Michelin X-Reifen tatsächlich genau 182 km/h erreicht hatte, wurden sie heruntergenommen (was in einem Handumdrehen erfolgt), worauf sich durch den enorm erhöhten Luftwiderstand die Höchstgeschwindigkeit um ganze 8 km/h erniedrigte! Für schnelle Fahrer lohnen sich diese Verkleidungen aber ganz bestimmt, zumal ja auch deren Weglassen bei normaler Autobahngeschwindigkeit den Verbrauch bestimmt nicht unbeträchtlich erhöhen dürfte. Allerdings müsste dann dafür gesorgt werden, dass sie besser abgedichtet werden, um bei Regen das Verdampfen zu vermeiden, das doch wohl die Leistung der ausgezeichneten Marchal-Scheinwerfer und (serienmäßigen) Nebellampen beeinträchtigen muss.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann
Der Facel Vega Facellia hat 115 PS.

Die von uns getestete Facellia war die Nummer 1 der 1961er Serie, mit weniger tief heruntergezogenen seitlichen Karosseriewänden und in einer neuen Ausführung: einem zweisitzigen Coupé mit festem Dach, dessen äußerst elegante Linien auch in Deutschland allgemeine Bewunderung erregten. Abgesehen vom oberen Karosserieteil gleicht sie dem bisher ausschließlich gebauten Cabriolet (mit oder ohne abnehmbaren Hardtop), das für die Fahrwerkkonstruktion als Ausgangspunkt zugrunde gelegt wurde und in Hinsicht auf dessen Verwindungsfreiheit ein mit dem Aufbau fest verschweißter Rahmen aus rohrförmigen Längs- und Querträgern beibehalten wurde. Dass das erstrebte Ziel auch erreicht wurde, zeigte eine zusätzliche Fahrt von ca. tausend Kilometern mit einem Hardtop-Modell aus einer früheren Serie, das schon einiges hinter sich hatte, sich aber als sehr stabil erwies und im Großen und Ganzen klapperfrei geblieben war.

In der inneren Ausstattung sind alle Modelle gleich, und es fällt sofort auf, dass wir es hier, trotz des sportlichen Charakters des Motors, vor allem mit einem Luxuswagen zu tun haben. In keinem Falle wurde auf Kosten der luxuriösen Ausstattung oder der Bequemlichkeit an Gewicht gespart, sodass dieses sportlich aussehende und keineswegs große Auto, trotz seiner großen Heckscheibe aus Plexiglas, vollgetankt erheblich über 1.100 kg wiegt. Dass es trotzdem ganz beachtliche Fahrleistungen, die in der Höchstgeschwindigkeit über und in der Beschleunigung nur wenig unter denjenigen des Porsche Super 75 liegen, lässt auf eine beachtenswerte Motorleistung schließen. Dass sich aus diesem schnellen Luxusauto ein recht sportliches, für Wettbewerbszwecke taugliches Fahrzeug entwickeln ließe, steht außer Zweifel. Durch Verwendung von Leichtmetall für wenig beanspruchte Karosserieteile wie die Türen und Hauben, einfachere Ausstattung und mehr Plexiglas könnten leicht 150 kg erspart werden. Andererseits ist jetzt schon der Motor mit zwei Weber-Horizontalvergasern zu haben, die die Leistung auf über 130 SAE-PS erhöhen, und Herr Daninos macht kein Geheimnis daraus, dass es auch einmal eine solche sportlichere Version der Facellia geben wird, deren Hubraum auch um ca. 50 ccm- also bis unter die 1.600 ccm-Grenze reduziert werden soll.

Fahrcharakter

Sollte es eine solche Version aber einmal geben, dann taucht die Frage auf, ob das ja durchaus klassische Fahrwerk den Ansprüchen noch höherer Leistungen und eines wettbewerbsmäßigen Einsatzes genügen würde. Schon ist es erstaunlich, dass man dies nicht einfach von vornherein mit "nein" beantworten kann, aber die Fahreigenschaften der Facellia, so wie sie ist, sind tatsächlich so gut, dass man sich fragen muss, ob sie, bei höheren Geschwindigkeiten und trotz des ungünstigeren Verhältnisses von gefedertem zu ungefedertem Gewicht, das bei einer sportlicheren Version unvermeidlich wäre, nicht wenigstens noch vorläufig den höheren Anforderungen genügen würden. Selbst die besten Rennfahrer der Welt sind sich nicht darüber einig, ob ein Wagen im Grenzbereich über- oder untersteuern muss, aber eines steht fest: wie das Verhalten auch sei, es soll nur ganz leicht ausgeprägt sein. Bei Facel ist man nun einmal für das Untersteuern, aber mit den – dem Wagen wie angegossenen – serienmäßigen Michelin X-Reifen kommt es bei der Facellia nur sehr diskret zum Vorschein. Scheint der Wagen bei schneller Fahrt etwas unwillig in eine enge Kurve zu gehen, braucht man nur ganz kurz einmal Gas wegzunehmen, und schon fügt er sich dem Willen des Fahrers. Ganz so wendig wie z. B. ein Porsche ist er allerdings nicht, dafür liegt er aber auf nicht ganz ebener Fahrbahn und im Seitenwind ruhiger. Bemerkenswert ist auch, dass er sich trotz der eher zivilisierten Federung in schnell gefahrenen Kurven nur ganz wenig neigt. Nur in ganz extremen Fällen kommt auf wirklich schlechten Straßen das relativ hohe ungefederte Gewicht der hinteren Starrachse zum Vorschein, indem die Hinterräder eine genügende Bodenhaftung verlieren, was zu kleinen Schlenkerbewegungen des Hecks führen kann. Dies ist aber nur auf ganz üblen Nebenstraßen, jedoch niemals auf Hauptverkehrsstraßen-auch nicht auf recht schlechten – festzustellen, und dass man der Frage des ungefederten Gewichtes große Aufmerksamkeit geschenkt hat, geht daraus hervor, dass die gelochten Borrani-Räder mit Leichtmetallfelgen versehen sind. Auch andere ungefederte Teile wurden möglichst leicht gehalten – zum Teil auch zu leicht, worauf beim älteren Hardtop-Modell das Abbrechen einer hinteren Stoßdämpfer-Befestigungsplatte hinwies.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann
Sein Kraftstofftank fasst 60 Liter.

Im Hinblick auf die allgemeinen Fahreigenschaften ist der Fahrkomfort recht gut, wenn natürlich auch von Weichheit keine Rede sein kann. Die Federung ist aber geschmeidig genug, um Stöße wirklich gut abzufangen, und die De Carbon-Stoßdämpfer, wie sie ja auch von Mercedes verwendet werden, erfüllen ihre Aufgabe hervorragend und sprechen bei niedrigen Geschwindigkeiten auch auf kleine Unebenheiten an. Auf jeden Fall können große Strecken bei hoher Geschwindigkeit ohne Ermüdung zurückgelegt werden. Ganz frei von Dröhnerscheinungen und Vibrationen ist, besonders auf Steinpflaster, die Karosserie nicht, wofür teilweise wohl auch die Michelin X-Reifen mitverantwortlich sind. Auch bei der Lenkung wurde ein sehr guter Kompromiss getroffen; beim Manövrieren ist sie noch leicht genug, für scharfes Fahren aber fingerleicht, jedoch keineswegs zu stark untersetzt und auch recht zielgenau. Die Rückstellwirkung ist gerade genügend – und mehr braucht sie auch nicht zu sein, denn die Lenkung würde dadurch schwergängiger, bei genügendem Bodenkontakt überträgt das Lenkrad keine lästigen Stöße. Den Wendekreis könnte man sich aber kleiner wünschen.

Der Motor

Am neugierigsten waren wir aber natürlich auf den Motor, der ja für eine junge Firma, die sich bisher niemals mit dem Motorenbau befasst hatte, eine umso gewagtere Konstruktion ist, als er – ob es der Hersteller ursprünglich haben wollte oder nicht – früher oder später für sportliche Zwecke verwendet werden wird. In seinem ganzen Aufbau hat er mit dem Giulietta-Motor eine große Ähnlichkeit. Auch hier ist die Kurbelwelle fünfmal gelagert, die Zylinder sind als nasse Büchsen ausgebildet und eine Kette sorgt für den Antrieb der zwei obenliegenden Nockenwellen. Der Zylinderblock ist zwar aus Grauguss, der zukünftige Sportmotor soll aber auch einen Leichtmetallblock erhalten. Da uns zugeflüstert worden war, die Nockenwellen ruhten in nur je zwei Lagern, nahmen wir prompt ihren Deckel herunter und fanden auch die Bestätigung hierfür: allerdings handelt es sich um je zwei große Kugellager, und die Nockenwellen selbst laufen von der Mitte aus, wo sie sehr dick sind, nach den Enden konisch zu, was ihren Widerstand gegen Biegebeanspruchungen erheblich erhöht. An beiden Nockenwellen laufen Ölleitungen mit ganz kleinen Spritzlöchern entlang, die für die Schmierung der Nocken, Stößel und Kugellager sorgen. Bei der gleichen Gelegenheit konnte auch festgestellt werden, dass der aus einem Stück gegossene Nockenwellendeckel gegen den Zylinderblock nicht mit der üblichen Korkdichtung, sondern mit einer viel zweckmäßigeren und widerstandsfähigeren Dichtung aus synthetischem Gummi, die in einer Rille eingesetzt ist, abgedichtet ist.

Bei einer spezifischen Leistung, die auch unter Berücksichtigung der Angabe der PS-Zahl nach SAE-Normen nicht weit hinter der des Carrera-Motors zurückliegt, kann man nicht erwarten, dass ein solcher Motor ruhig läuft – und das tut er auch nicht. Mit Erhöhung der Drehzahl wird er zunehmend laut, besonders im Bereich ab 4.000 U/min, wo die Leistung richtig einsetzt. Im höheren Drehzahlbereich ist der Motor auch nicht ganz vibrationsfrei, und wenn auch die Betriebsanleitung als Höchstdrehzahl 7.000 U/min angibt, erschien uns dieser Wert barbarisch hoch; infolgedessen beschränkten wir uns bei unseren Messungen auf 6.500, da ja sowieso die Höchstleistung schon bei 6.400 erreicht wird, und wir uns dachten, wir hätten auf diese Weise mehr Chancen, nicht zu Fuß heimkehren zu müssen! Auch bei flotter Fahrweise geht man gefühlsmäßig meist nicht über 5.600-5.800 U/min, was im direkten Gang einer Geschwindigkeit von 160-165 km/h entspricht, die sich auf der Autobahn fast von selbst einstellt. Im Coupé riss durch die Vibrationen der Öleinfüllstutzen ab, der übrigens sowieso unpraktisch ist, denn wenn man das Öl nicht sehr langsam eingießt, läuft die Hälfte aus dem Entlüftungsrohr auf die Straße über.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann
Der Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor leistet 69,8 PS pro Liter.

Wenn auch im unteren Drehzahlbereich das Drehmoment ziemlich stark abfällt, so ist der Motor doch erstaunlich elastisch; ja, bis 20 km/h kann er im IV. Gang hinuntergehen, und von dort wieder gleichmäßig, wenn auch mit einigem Klopfen und Klingeln, und auch nicht energisch, beschleunigen, obwohl das natürlich kein Fahrer mit auch nur etwas Gefühl tun wird. Wichtig für die Motorleistung ist, dass die Wassertemperatur über 75 Grad liegt, was es bei kühlem Wetter und langsamerer Fahrt trotzdem ein Thermostat erforderlich macht, den Kühler teilweise abzudecken. Sorgt man nicht dafür, ist der Übergang bei der Beschleunigung aus dem unteren oder dem mittleren Drehzahlbereich, besonders beim Öffnen der zweiten Drosselklappe des Doppelvergasers, nicht ganz rein. Ein anderer Fehler, der wohl nicht lange auf Beseitigung warten dürfte, ist, dass auch beim maximalen Ölstand in der Ölwanne bei scharfem Bremsen aus höherer Geschwindigkeit die Ölpumpe trockengelegt wird. Wenn auch nur ein Liter fehlt, leuchtet die Kontrolllampe erschreckend oft und lang auf. dass dies auf die Dauer den (Dreimetall-) Lagern nicht bekommen kann, ist klar, obwohl im Laufe des Tests in dieser Hinsicht nichts Anormales festgestellt wurde. Es ist im Gegenteil bemerkenswert, wie auch nach langer, schneller Fahrt der hohe Öldruck von 6 bis 7 atü erhalten bleibt. Der erhoffte Wirkungsgrad der hochverdichteten Maschine kommt im Übrigen auch im niedrigen Verbrauch zum Vorschein, der normalerweise auf Überlandfahrten nur wenig über 10 Liter/ 100 km liegt. Der Ölverbrauch ist mit 2 Liter für 1.000 km für einen derartigen Wagen durchaus normal.

Weich, aber dennoch griffig arbeitet die Kupplung, die auch bei Rennstarts aus 5.000 U/min nicht rutscht, und das vollsynchronisierte Pont-ä-Mousson-Getriebe ist in seiner Abstufung dem Motor gut angepasst. Der erste Gang ist hoch genug, um im Stadtverkehr oder in Spitzkehren laufend verwendet werden zu können, und nach jedem Hinaufschalten zieht der Motor energisch weiter. Der kleine Schalthebel in der Wagenmitte hat kurze Wege und arbeitet präzise, aber die tadellos arbeitende Sperrsynchronisierung und kräftige Verriegelung machen die Schaltvorgänge etwas langwierig und erfordern einen ziemlichen Kraftaufwand. Auch lässt sich der erste Gang beim stehenden Wagen nicht immer leicht einschalten. Dank der guten Synchronisierung ist Zwischengasgeben unnötig, beschleunigt aber bei schneller Fahrt das Herunterschalten.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: ams
auto motor und sport testete 1960 den Facel Vega Facellia. Den Original-Text verfasste Paul Frere für Ausgabe 22 (erschienen am 22. Oktober 1960).

Auf Anhieb erwecken die über einen Zweistufenzylinder betätigten Dunlop-Scheibenbremsen kein Vertrauen. Das hängende Pedal hat einen sehr langen Weg und fühlt sich ungemein weich und elastisch an. Da die Bremsen mit einer automatischen Nachstellvorrichtung versehen sind, hängt dies nicht mit der Einstellung zusammen, sondern ist durch die hohe Übersetzung zwischen der zweiten Hauptbremszylinderstufe und den Bremszylindern an den Rädern bedingt. Auch der ältere getestete Wagen wies dieses Merkmal auf, das zunächst ein Gefühl der Unsicherheit erweckt, umso mehr, als auch der für ein scharfes Abbremsen aufzubringende Pedaldruck ziemlich hoch ist. Bei hoher Geschwindigkeit erscheint der Druck zwar nicht übermäßig hoch, aber bei Stadtgeschwindigkeiten tritt das Fehlen jeder Servowirkung in den Scheibenbremsen mehr zum Vorschein, so dass man sich zunächst hütet, zu dicht hinter dem Vordermann zu fahren. In Wirklichkeit braucht man nur genug zu drücken. Da aber die Facellia bestimmt auch von Damen begehrt werden wird, die meist im Stadtverkehr damit umgehen werden, muss dieser hohe Druck doch als zumindest unerwünscht bewertet werden. Außerdem ist es aber tatsächlich nicht schlecht, vom Vordermann einen angemessenen Abstand zu halten, denn schon der lange Pedalweg bedingt es, dass der Wagen etwas weiter als üblich rollt, ehe die volle Bremswirkung erreicht ist. Dafür greifen aber die Bremsen bei hohen Geschwindigkeiten wirklich energisch, lassen sich ungemein gut dosieren und sind völlig frei von jeder Fadingerscheinung – ja, normale Erwärmung erhöht eher die Bremswirkung als umgekehrt. Von einem Nachlassen der Bremswirkung bei starkem Regen konnte nichts festgestellt werden. Auf Scheiben wirkende Handbremsen lassen meist einiges zu wünschen übrig, und das trifft auch für die Facellia zu, obwohl der an der Getriebewulst waagerecht liegende Hebel recht stabil konstruiert ist.

Ausstattung

Sehr anziehend wirkt die schmuckvolle Ausstattung des Wagens, und zwar nicht nur im Wageninnern, sondern auch im Kofferraum und vor allem unter der Motorhaube, wo der schwarzmatt lackierte Zweinockenwellen-Motor einen wirklich prächtigen Anblick bietet. Aber auch alles Drum und Dran ist sinnvoll und sorgfältig ausgelegt, und die Haube selbst, die zweckmäßigerweise von hinten nach vorn aufgeht, kann im Handumdrehen heruntergenommen werden, ohne auch nur eine Schraube loszumachen. Besonders hat uns eine große, am Spritzbrett angebrachte Metalltafel gefallen, aus der alle erforderlichen Wartungsdaten mit einem Blick zu entnehmen sind.

Ein- und Ausstieg sind für einen Wagen dieser Art ziemlich bequem, und von einer Klemme, die die schweren Türen auch an einer steileren Steigung offenhält, begünstigt. Die Türen gehen nur ziemlich schwer auf und zu, und die äußeren, herausspringenden Griffe mit Druckknopf sind apart, aber keineswegs praktisch. Auch die inneren Griffe (inzwischen schon geändert) stehen schlecht zur Hand, und die Türen können nur von außen verriegelt werden. Beim Öffnen leuchtet eine Lampe über dem Armaturenbrett automatisch auf. Die Sitze sind mit feinem Leder, die Türen und Seitenwände sowie auch das Armaturenbrett mit Kunstleder überzogen. Die Mahagoniimitation der Armaturentafel des Testwagens war nicht serienmäßig. Das Wageninnere ist vom Getriebetunnel ganz geteilt, an dem der nach unten gezogene mittlere Teil des Armaturenbretts, das von einer Schaumgummiwulst eingerahmt ist, anschließt. Vor dem Fahrer, durch das zweispeichige Tulpenrad gut sichtbar, befinden sich die zwei wichtigsten Instrumente, das Tachometer (mit Tageszähler) und der Tourenzähler, während die Benzinuhr, das Wasserthermometer und der Öldruckmesser in der Mitte angeordnet sind. Dass die elektrische Uhr ganz links steht, erscheint uns nicht sehr zweckmäßig, weil sie dem Beifahrer dort verborgen bleibt. Die Armaturenbeleuchtung kann beliebig eingestellt werden. Rechts von den Instrumenten ist ein kleiner Handschuhkasten vorgesehen und darüber eine kleine Leselampe, während etliche Papiere in den Türtaschen Platz finden. Unter den mittleren Instrumenten ist für einen Radio-Apparat ein Platz vorgesehen, dessen Lautsprecher hinter zwei eigens in den Karosseriewänden vorn und' hinten angebrachten Gittern Platz finden. Gut ist, dass über den Öldruckmesser hinaus eine hell aufleuchtende Kontrolllampe den Fahrer auf das eventuelle Absinken des Öldrucks aufmerksam macht. Auch die Benzinuhr wird von einer solchen Lampe ergänzt. Weiterhin sind auf der Tafel eine Reihe zweckmäßiger Schalter, ein Zigarrenanzünder sowie die Bedienungshebel der Frischluft-Klimaanlage angebracht. Ein großer Aschenbecher, dessen Deckel durch einen permanenten Magneten zugehalten wird, ist in den Getriebetunnel eingelassen.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann
Der Facel Vega Facellia verbraucht 11,8 Liter auf 100 Kilometer.

Je drei Schaumgummiwulste bilden die Polsterung der zwei Einzelsitze und deren Lehne. Sie sind für ein ermüdungsfreies Fahren auf der Autobahn gut geformt, gewähren in Kurven aber überhaupt keinen seitlichen Halt, so dass sich der Fahrer in der Hinsicht sehr unerfreulicherweise mit dem Lenkrad und der Beifahrer mit einem viel zu weit weg an der oberen Wulst der Armaturentafel angebrachten Griff aushelfen müssen. Wo der Griff angebracht werden muss, sollte man bei Facel von einer Giulietta abgucken, aber viel dringender wäre noch, dass die Sitze entsprechend umgestaltet würden. Auch dürfte man sich in einem Wagen, der schon in seinem Heimatland 22.000 DM kostet, wünschen, dass die Lehnen während der Fahrt eingestellt werden können und mit einer Sperre gegen unerwünschtes Umklappen bei scharfem Bremsen gesichert sind.

Für den wenig eleganten Hupring, der auch meist das Ablesen der Bordinstrumente erschwert, hat man bei Facel einen ziemlich guten Ersatz gefunden in der Form von zwei Metallstangen, die von einem auf der Lenksäule angebrachten Kontaktring auf beiden Seiten unterhalb des Lenkrads bis in Fingerreichweite heranreichen. Darunter befindet sich auf der linken Seite der von der Lenksäule automatisch abgestellte Blinkerschalter. Wagen, die hauptsächlich das Werk eines Mannes sind, haben oft einen etwas persönlichen Charakter, der bestimmt seinen Reiz hat, aber auch Nachteile mit sich bringen kann. Die Facellia ist ganz klar "um Herrn Daninos herum" gebaut worden, der in seiner Gestalt nicht sehr groß ist. Obwohl größeren Insassen insofern Rechnung getragen wurde, dass die Sitze weit nach hinten verstellt werden können, würden sich die meisten von ihnen wünschen, dass das Lenkrad etwas höher über den Oberschenkeln stünde und eventuell auch etwas kleiner wäre, um in der höheren Stellung nicht in das Gesichtsfeld hineinzureichen. Schnellen Fahrern würde dies auch das Zwischengasgeben, ohne vom Bremspedal wegzugehen, erleichtern. Ferner sollten Kupplungs- und Bremspedal auch etwas höher über dem Wagenboden hängen.

75 Jahre ams Facel Vega Foto: Julius Weitmann
Der Facel Vega Facellia kostete 20.000 DM.

Nach allen Richtungen, außer schräg nach hinten, ist die Sicht trotz der niedrigen Sitzposition hervorragend; alle vier Ecken des Wagens stehen ohne weiteres im Gesichtsfeld, aber bei Regen wird die Situation kritischer, denn bei 120 km/h heben sich die Scheibenwischer von der Scheibe ab: da nützen auch die zwei Geschwindigkeiten nicht, und außerdem bleibt in der Scheibenmitte eine ziemlich große Fläche unbestrichen. Bei Nacht vermisst man auch eine Rückfahrlampe, und Damen werden auf der Rückseite der rechtsseitigen Sonnenblende den Schminkspiegel vermissen. Dafür hat der Rückblickspiegel mit Abblendvorrichtung eine sehr große Bewegungsfreiheit, spiegelt sich aber selbst unangenehm in der Windschutzscheibe wider. Eine Scheibenwaschanlage ist serienmäßig. Ein Lichthupenknopf ist über dem Getriebe angebracht, und sehr praktisch ist, dass der fußbetätigte Abblendschalter beim Abblenden die Nebellampen automatisch ausschaltet, sodass man z. B. auf kurvenreichen Straßen bedenkenlos die Nebelscheinwerfer zum Ausleuchten der Kurven verwenden kann.

Die Frischluftheizung ist ausgiebig und hält auch bei kaltem, feuchtem Wetter die Windschutzscheibe klar. Sie kann auch zur Belüftung des Wagens mit kalter Luft verwendet werden, wozu auf der Fahrerseite auch noch eine zusätzliche Luftklappe dient. Die kleinen Ausstellfenster an den Türen rufen keine übermäßigen Windgeräusche hervor, gewähren jedoch gegen Diebstahl so gut wie überhaupt keinen Schutz. Alle polierten Beschlagteile sowie auch die Stoßstangen sind aus rostfreiem Stahl.

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Das Cockpit des Facel Vega Facellia.

Die Facellia wird zwar als 2/4-sitziges Coupé bezeichnet, aber nur Gepäck findet auf den hinteren Schaumgummikissen bequem Platz. An Lebewesen kann man nur einem Hund oder zwei kleinen Kindern eine längere Fahrt im Fond zumuten; Erwachsene dürften höchstens bis ins Kino mitfahren wollen – und auch das nur, wenn der Film sehr verlockend ist! Eine richtige viersitzige Version wird jedoch auf dem Pariser Salon zum ersten Male gezeigt. Im eigentlichen Kofferraum finden weitere drei nicht allzu große Koffer Platz, wovon einer über dem flach auf dem Boden liegenden Reserverad, in dessen Mitte sich der Tankeinfüllstutzen befindet, zu liegen kommt. Der Tankinhalt reicht für über 500 Kilometer aus. Nicht sehr praktisch ist, dass man erst die Befestigungsschraube abnehmen und das Reserverad heben muss, um den Reifendruck zu kontrollieren. Bei offenem Deckel wird das Kofferinnere von den zwei Kennzeichenlampen hell beleuchtet, jedoch schließt der Deckel nicht regendicht. "Schönheitsfehler" wie dieser und andere, die wir erwähnt haben, deuten darauf hin, dass die Facellia als völlige Neukonstruktion einer jungen, aber emporstrebenden und international schon anerkannten Firma noch nicht völlig ausgereift ist. Es ist aber ein durchaus vielversprechendes, sportliches Auto beachtenswerter Leistung und bestechender Eleganz, das sich zweifellos vor allem bei solchen Leuten durchsetzen wird, die einen aparten Wagen zu schätzen wissen und bereit sind, dafür einiges zu bezahlen.