Opel GT, Opel Commodore GS/E und Opel Manta GSi
Der Opel-Sport-Bund der 70er
In den 70ern hatte Opel für sportbegeisterte Autofahrer die heißesten Typen im Programm. Noch heute können uns ein Opel GT 1900, ein Opel Manta GSi und der legendäre Opel Commodore GS/E vollauf begeistern.
23.10.2014 Franz-Peter HudekGemeinhin gilt der Mercedes 300 SEL 6.3 von 1968 als erstes deutsches Muscle-Car. Das bekannte Rezept lautete: Man nehme den großen Motor einer Luxuslimousine und verpflanze diesen in ein kompakteres und preisgünstigeres Modell. Opel hatte bereits 1964 diese Idee in die Tat umgesetzt und den Rekord L-6 kreiert, der mit dem 100 PS starken 2,8-Liter-Reihensechszylinder des großen Admiral dem schnellen Ford 20M/TS davonfahren konnte.
Rallye-Kadett mit Rekord-Motor
Drei Jahre später hat es Opel mit dem kleinen Kadett B wieder getan. Das knuffige Coupé erhielt als Rallye 1900 S den 90-PS-Motor aus der großen Rekord-Limousine und spurtete in nur 13 Sekunden vom Stand auf 100 km/h. Der martialische Auftritt des Rallye-Kadett mit Zusatzscheinwerfern, mattschwarzer Motorhaube und seitlichen Zierstreifen erinnerte stark an die amerikanischen Muscle-Car-Vorbilder der großen Mutter GM: Chevrolet Chevelle SS, Pontiac GTO und Oldsmobile 442.
Die Rüsselsheimer waren nun endgültig auf den Geschmack gekommen. Mit dem zweisitzigen Opel GT von 1968 und dem 1972 eingeführten Manta gab es erstmals zwei reinrassige Sportcoupés. Auch das große Mittelklassemodell der Commodore-Baureihe erhielt eine Sportversion, deren Buchstabencode GS/E nicht nur unter Opel-Freunden Respekt und Bewunderung auslöst. Und hier sind sie nun für einen Fahrbericht versammelt, die klassischen Sport-Ikonen von Opel: ein GT mit 90 PS, ein Commodore B GS/E mit 155 PS und ein Manta B GSi Exclusiv mit 107 PS. Kann der Opel-Blitz auch nach 40 Jahren noch Sportfahrerherzen entflammen?
Im Liegewagen Opel GT
Wir beginnen mit dem Opel GT von 1973, dessen starke Optik mit der lang gezogenen kühlerlosen Aerodynamik-Front uns noch heute beeindruckt. Damals schon seien viele Betrachter des rassigen Zweisitzers davon überzeugt gewesen, „dass es sich hier um das Sportlichste handelt, was man sich überhaupt denken kann“, schrieb Reinhard Seiffert in auto motor und sport 8/1969. Auch das schnittige Abrissheck im Corvette- Stil mit den vier runden Rücklichtern lässt Sportfahrerherzen höherschlagen. Nur die schmale Spur mitsamt ebensolcher Reifen lässt das 1,23 Meter niedrige und nur 1,58 Meter breite Schlafaugen-Coupé heute etwas harmlos wirken.
Man schlüpft in den schmalen Opel GT wie in einen Rennsport-Overall und sitzt dann Auge in Auge mit den fünf Rundinstrumenten. Der Fahrer liegt praktisch zur Hälfte unter dem nach oben hervorspringenden Instrumententräger. Auch die Panorama-Windschutzscheibe, die sich dem Piloten seitlich entgegenbiegt, und die in einem tiefen Schacht steckenden Beine sorgen für ein gewisses Le-Mans-Gefühl. Das kleine Holzlenkrad und der Schalthebel liegen gut in der Hand. Draußen sehen wir nur die Straße, den Himmel und zwei mächtige Scheibenwischer.
Bis auf das schwergängige Kupplungspedal fährt sich der Opel GT fast wie ein normaler Opel. Allerdings lenkt er in Kurven durch den nach hinten gerückten Motor deutlich williger ein und verzichtet fast ganz auf die damals üblichen Schräglagen. Kleine Zwischenspurts meistert das nur 870 Kilogramm leichte Coupé mit viel Kraft aus dem Drehzahlkeller. Und „über 130 legt der 1900 auf der Autobahn noch kräftig zu“, konstatierte Seiffert in auto motor und sport. Weniger Freude bereitete dem Tester dagegen die 60-PS-Variante mit 1078 cm. Hubraum: „Alle machen erschreckt und respektvoll Platz. Aber es ist ganz aussichtslos, die etwa von einem Ford 20M oder BMW 1800 freundlicherweise gegebenen Vortritts-Chancen mit dem 1100 auszunutzen.“
Commodore GS/E – Opels wildester Hund
Hier hätte unser Opel Commodore GS/E keine Probleme. Mit seinen 155 standfesten PS aus dem bulligen 2,8-Liter-Reihensechszylinder war eine Spitze von 200 km/h problemlos machbar. Die 1967 eingeführte Commodore-Baureihe gab es ausschließlich mit großvolumigen Sechszylindern, die Opel in den braven Rekord verpflanzte.
Der 1970 erstmals präsentierte GS/E mit Benzineinspritzung und 150 PS war das Spitzenmodell und galt als Opels wildester Hund. Selbst ein BMW 2000 tii mit seinen 130 PS hatte gegen einen Opel Commodore GS/E keine Chance, der dem BMW auf der Autobahn einfach davonfuhr.
Auch die zweite, stilistisch sehr kühl wirkende Opel Commodore-B-Generation von 1972 glänzt mit einer GS/E-Version, die an dem Frontspoiler gut zu erkennen ist. Unser Fotomodell stammt aus dem Jahr 1977 und besitzt fast alle lieferbaren Extras wie Vinyldach, Alu-Felgen, Nebelscheinwerfer, Scheinwerferwischer und Dreigangautomatik. Eine vollständige Sport-Instrumentierung, die Zusatzscheinwerfer sowie Servolenkung gab es dagegen serienmäßig.
GS/E mit Schub aus allen Lebenslagen
Der Umstieg vom kompakten GT in den geräumigen, lichtdurchfluteten Opel Commodore GS/E gleicht dem Umzug von einer Kellerwohnung in ein Penthouse. Zahlreiche Holzpaneele erzeugen zusammen mit den bequemen Sitzen sogar eine gewisse Behaglichkeit. Um den Automatik-Wählhebel zu erreichen, muss man sich jedoch etwas vorbeugen. Steht der T-Griff auf „D“, dann entscheidet sowieso nur noch der rechte Fuß über Zuckerbrot und Peitsche. Beides verträgt der GS/E mit stoischer Gelassenheit. Er beschleunigt so spontan und vehement aus allen Fahr- und Lebenslagen, dass die Besatzung jedes Mal mit Nachdruck in die weichen Sessel gepresst wird.
Dank seiner vergleichsweise präzise arbeitenden Servolenkung hinterlässt der immerhin 1.280 Kilogramm schwere Opel Commodore GS/E auch in Kurven einen guten Eindruck, die er als braver Untersteuerer mit ziemlicher Schräglage meistert.
Der Opel GT und Commodore GS/E waren auf der Rennstrecke jedoch wenig erfolgreich und konnten sich dort gegen BMW, Ford und Porsche nie richtig in Szene setzen. Ganz anders der Manta B. Der für den Rallye-Sport aufgebaute Manta 400 mit 2,4-Liter-Vierzylinder, 16 Ventilen und zwei obenliegenden Nockenwellen gewann Mitte der Achtziger in England, Frankreich und Deutschland jeweils die nationalen Rallye- Meisterschaften. Hinzu kam 1983 ein Sieg bei der East African Safari.
Der allerletzte Opel Manta
Falls noch immer jemand bezweifelt, dass der Opel Manta ein echter Sportwagen ist, so muss man nur unsere GSi-Version von 1986 betrachten: mehr Spoiler und Seitenschweller geht nicht. Die gehören zum normalen GSi-Paket. Der riesige Heckflügel, die vier Rundscheinwerfer und die roten Polsterstoffeinlagen sind jedoch Teil der Exclusiv-Ausstattung, die Opel-Tuner Irmscher beisteuerte. Diesen Traum-Manta konnte man beim freundlichen Opel-Händler bestellen. Das anthrazitfarbene Coupé gefällt uns auch durch seine solide Verarbeitung, besonders im Vergleich zum älteren GT, dessen Karosserie von Chausson im französischen Gennevilliers zusammengeschweißt wurde.
Hinter dem wie beim Mini etwas flach montierten Dreispeichen-Sportlenkrad erlaubt die hohe Sitzposition einen grandiosen Blick über die Motorhaube. Wegen seines straff abgestimmten Fahrwerks und nur 1.070 kg Gewicht ist der Opel Manta GSi von den dreien der agilste Kurvenkünstler. Allerdings verlangt die relativ direkt arbeitende Zahnstangenlenkung etwas Muskelkraft.
Der Zweiliter-Motor mit 107 PS zieht brav aus niederen Drehzahlen hoch, lässt es jedoch bei höheren Touren etwas an Spritzigkeit vermissen. Einen Sechszylinder hat es im Opel Manta ab Werk leider nie gegeben – das war sogar den sportbegeisterten Opel-Entwicklern zu heiß.
Fazit zu den drei Opel-Sportlern
Franz-Peter Hudek: „Dass alle drei Opel-Sportler einen großen historischen Wert besitzen, steht für mich außer Frage. Die drei starken Typen sind jeweils Top-Versionen legendärer Opel- Baureihen, die es heute nicht mehr gibt. Das ist sehr schade, standen sie doch für eine autobegeisterte Epoche, in der bezahlbare Sportmodelle noch regelmäßig und meistens knallbunt vom Band liefen. Opel hatte hierzu die wildesten Ideen und setzte sie auch um.“