Opel Corsa wird 40 Jahre alt

Der erste Fahrbericht von 1982

Der Corsa war 1982 Opel Kleinster und im Verkauf später ein ganz Großer. In auto motor und sport erschien 1982 der erste Fahrbericht.

Opel Corsa A (1982) Fahrbericht Foto: Opel 20 Bilder

Der kleinste Opel aller Zeiten, mehr noch: das klein­ste General Motors-Automo­bil, das es bislang gab, hört auf einen international gut aussprechbaren Namen. Corsa heißt das jüngste Opel-Produkt, nicht Junior, wie noch vor wenigen Monaten in Zeitschriften zu lesen war.

Der neue Name im teilweise betont traditionellen Opel-Namensregister, wo die Bezeichnungen Kadett und Rekord seit immerhin 46 beziehungsweise 29 Jahren geführt werden, ist so neu wie das Auto, zu dem er gehört. Entwickelt bei Opel in Rüsselsheim und produziert im spanischen Zaragoza, wo General Motors ei­gens für dieses Automobil eine Fabrik aus dem Boden stampf­te, soll der Zwerg weltweite Verbreitung finden. Die Zei­chen dafür stehen grundsätzlich gut; der Corsa, Opels Winzling mit nur 3,62 Meter Länge, wird in eine Welt mit generell hohen Treibstoffpreisen und knapper werdenden Haushalt-Budgets geboren, in der die Akzeptanz von Autos in dieser Größen­ordnung zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Opel entwickelte den Corsa in Rüsselsheim

Für Opel und mithin die mächtige amerikanische Mutter Ge­neral Motors war diese Per­spektive die wichtigste – wich­tiger selbstverständlich als der Zweitwagen-Ausblick, der sich mit einem Auto wie dem Corsa natürlich ebenfalls ergibt. Doch wie auch immer: Ein gutes Auto sollte der Corsa, der in rund fünfjähriger Entwick­lungszeit entstand, in jedem Falle werden, und da lag es für die Konzernmanager nahe, die Aufgabe ins Hessische zu delegieren. Opel in Rüsselsheim entwickelte den automobilen Welt-Zwerg, der – was Wunder – bis in die letzte Faser Opel-Charakteristika trägt.

Die ersten Fahreindrücke, die auto motor und sport mit dem Corsa sammeln konnte, unter­ mauern dies deutlicher als das Erscheinungsbild des kleinsten und jüngsten Opel-Produkts. Denn formal ist der Corsa be­sonders in der kleidsameren Schrägheck-Version kein be­sonders typischer Opel, sondern eher ein formal gekonnt gemachtes Allerweltsauto, das mit einem für kleine Autos ungewöhnlich günstigen Luftwi­derstandsbeiwert gesegnet ist (cW 0,36 beim Schrägheck-Corsa und 0,38 bei der Stufen­heck-Version namens TR) und das mit seinen Kotflügelver­breiterungen ein wenig keß in die Runde schaut.

Der Stufenheck-Corsa, nicht zuletzt deshalb entstanden, weil ein großes Kofferraum-Volumen in südlichen Ländern auch bei sehr kleinen Autos gefragt ist, wirkt formal vergleichs­weise eingeschlafen und dürfte in der Bundesrepublik wohl kaum der Renner im Corsa-Geschäft werden. Eine Schät­zung der Marketing-Experten von Opel gibt dieser Vermutung recht; man rechnet hierzulande mit 20 Prozent Anteil.

Stufenheck-Corsa in Deutschland eher weniger gefragt

Bei den ersten Versuchsfahrten folgte denn auch auto motor und sport dem Massengeschmack und bestieg den Schrägheck-Corsa, der sich von seinem üppiger dimensionier­ten Bruder nur durch eine geringere Länge (3,62 Meter statt 3,95), ein bescheideneres Kofferraumvolumen (275 Liter statt 450) und eben das insgesamt doch glücklichere Er­scheinungsbild unterscheidet.

Historie Opel Corsa als limitierte ã40 JahreÒ-Edition Foto: Opel
Fand mit seinem angehängten Heck seine Anhänger eher in Südeuropa: Corsa TR.

Eindruck Nummer eins und nun doch ganz typisch Opel im guten Sinne: Hier hat alles seine Ordnung. Das Instrumentarium geriet übersichtlich, die Bedienungshebel wurden so angeordnet, daß man auf Anhieb mit ihnen zurechtkommt. Erfreulicherweise, und dies ist nun keine Selbstverständlich­keit bei Autos im Mini-Format, bietet der Corsa zumindest auf den gut profilierten Vordersitzen ein gutes Raumgefühl, das einen nahezu ganz vergessen läßt, wie klein das Auto tat­sächlich ist. Es mangelt auch nicht an Ellenbogenfreiheit, und ganz ausgezeichnet ist die Sitzposition. Ein ausreichendes Abrücken vom sympathisch schlicht gestylten Lenkrad läßt den Knieraum auf der Rücksitzbank natürlich so schrumpfen, daß dort von dem erwähnten guten Raumgefühl nur noch ein Hauch bleibt. Immerhin aber ist der Fond-Raum im Corsa so bemessen, daß zwei Erwachsene auf der mit sehr viel Sitz­ tiefe gesegneten Bank auf kürzeren Strecken mit Anstand un­terzubringen sind. Die Köpfe ließen sich gar auf Langstrecken bequem transportieren; der Corsa bietet diesbezüglich mit einer stattlichen Kopffrei­heit ein eher reichliches Maß.

Im übrigen zeigt die neue Ka­rosserie zumindest in Schräg­heck-Version jenes Maß an Va­riabilität, das mittlerweile zu einer Art Norm bei Autos die­ser Art geworden ist. Durch Umlegen der Rücksitzlehne und Aufgabe der beiden Sitz­plätze läßt sich das Koffer­raum-Volumen auf stattliche 845 Liter (nach VDA-Norm) erweitern, wenn bis unter das Dach geladen wird. Der Corsa TR mit Stufenheck kann da na­türlich nicht mit, aber er hat da­ für den Vorzug, bei besetztem Fond-Abteil die größere Transport-Kapazität zu bieten. Wie üblich bei Opel, gibt es auch den Corsa mit verschie­denen Ausstattungspaketen, denn neben der Grundversion werden die Zutaten-Pakete" Luxus", "Berlina" und ,,SR" angeboten.

Basismotor aus dem Kadett A

Bei der Auswahl der Motorisierung tut man gut daran, mehr Gedanken anzustellen. Doch auch ohne das ist es unmöglich, einen groben Fehler zu machen, denn einen schlechten oder unzureichenden Motor bietet Opel im neuen Corsa gar nicht erst an. Drei Möglichkeiten gibt es, und alle haben etwas für sich. Möglichkeit eins ist der Oldie im Motorenprogramm von Opel, jener unter der Bezeich­nung "Bochum-Motor" geführte Einliter-Vierzylinder, der im Kadett A 1961 debü­tierte und der es inzwischen auf eine Stückzahl von rund sie­ben Millionen Exemplaren ge­bracht hat. Leicht modifiziert (Verdichtungserhöhung auf 9,2:1, anderer Vergaser, neue Nockenwelle) leistet der dreifach gelagerte Veteran im Corsa 45 PS (33 kW) und entwickelt ein maximales Drehmoment von 68 Nm bei 3.200/min.

Daß er ganz der alte ist, wird auch im Corsa schnell deutlich. Die Geräuschentwicklung des Stoßstangen-Triebwerks wirkt ungemein vertraut, und die Art und Weise, wie sich der Corsa mit diesem Spar-Motor bewegt, ist am besten mit dem Begriff wacker charakterisiert. Die Werksangaben versprechen eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 19,5 Sekunden und 140 km/h Spitze. Angenehm fiel auf, daß der Einliter kein unangeneh­mes Geräuschbild verursacht – mit das Ergebnis einer recht langen Gesamtübersetzung.

Neuer Motor in zwei Größen

Möglichkeit zwei stellt zweifel­los die harmonischste Corsa-Motorisierung dar. Es handelt sich dabei um einen Ableger der in Kadett und Ascona de­bütierenden neuen Motorengeneration mit fünffach gelagerter Kurbelwelle, obenlie­gender Nockenwelle und hydraulischem Ventilspielaus­gleich. Ableger bedeutet in diesem Falle eine Hubraumreduzierung auf 1.200 Kubikzenti­meter, eine Leistung von 54 PS (40 kW) bei ebenfalls 5.600/min und ein maximales Drehmoment von 90 Nm bei nur 2.200 Umdrehungen.

Tatsächlich erweist sich dieser Zwölfhunderter im Corsa als besonders elastisch und durchzugskräftig. Gefühlsmäßig liegt er, speziell im Antritt, ganz klar über dem kleinen Einliter. Auch dieser Vierzylinder zeichnet sich durch eine ange­nehm unaufdringliche Geräuschkulisse aus und vermeidet damit jenes kleinwagenhafte Getöse, das – nicht zuletzt durch lange Übersetzungen – der Vergangenheit anzugehö­ren scheint. Dies gilt ganz besonders für die Fünfgang-Ver­sion, die – ebenso wie schon beim Einliter – gegen Mehr­preis lieferbar ist.

Möglichkeit drei darf bei einem Wagengewicht von nur 750 kg schon als üppig betrachtet wer­den. Es handelt sich hier um den aus Ascona und Kadett be­kannten Dreizehnhunderter mit serienmäßigem Fünfgang­getriebe, der im Corsa 69 PS (51 kW) bei 5.800/min erreicht und für ein Drehmoment-Maximum von 101 Nm bei freilich erst 3.800/Umdrehungen sorgt. Er ist dem 1,2-Liter, wie auch die Werksangaben zeigen, in den Fahrleistungen überlegen, aber er ist nicht so überlegen wie der Zwölfhunderter dem Tausender. In der Geräuschkulisse unterscheidet er sich nicht vom 1,2-Liter. Im Gegensatz zur Konkurrenz hat sich Opel beim Corsa für eine generelle Super-Auslegung aller drei Motoren entschieden. Die DIN-Verbrauchswerte verheißen zeitgemäß geringen Konsum: Der Einliter verbraucht im Drittelmix 6,6 Liter pro 100 km, der Zwölfhunderter 6,9 Li­ter, der Dreizehnhunderter ebenfalls nur 6,6 Liter.

Fahreindruck: ausgewogen und nicht übermäßig handlich

Doch nicht nur die drei durch­ weg sympathischen Motoren sorgen dafür, daß das Fahren mit dem Corsa eine vergnügli­che Angelegenheit wird. Auch die Fahrwerksqualitäten sind so, daß hier von einem sehr ausgewogenen Ergebnis ge­sprochen werden kann. Zunächst einmal fällt allerdings auf, daß der winzige Corsa nur eine unterdurchschnittliche Handlichkeit erreicht, weil er – wie Opel-Fahrwerks-Experte Herbert Oberhaus erläuterte – mit einer Lenkcharakteristik versehen wurde, die zu nervö­ses Reagieren bei eventuellen Hindernissen ausschließen und speziell bei höherem Tempo ein "Verreißen" unmöglich ma­chen soll. Die Fahrwerks-Ingenieure von Opel hatten diesbezüglich den Polo von VW im Visier und machten es anders.

Tatsächlich also fehlt dem Corsa Agilität um die Mittellage. Beim Fahren muß man sich darauf einstellen; der Corsa verlangt relativ viel Lenkarbeit, läßt sich dann aber exakt dirigieren. In Kurven zeigt sich ein klar untersteuerndes Grenzbereichsverhalten, die Lastwechselreaktionen bleiben gering. Man wollte ein wahrhaft un­problematisches Auto bauen, ein "forgiving car", und dies ist auch gelungen.

Erfreulicherweise konnten die Fahrsicherheits-Qualitäten zu­sammen mit einem insgesamt recht guten Federungskomfort erreicht werden. Der Corsa schluckt Unebenheiten bemerkenswert gelassen, wobei dies besonders für die ohne zusätzli­che Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse versehenen Einliter- und 1,2 Liter-Versio­nen gilt. Der Dreizehnhunderter mit Stabilisatoren wirkt insgesamt steifer, so daß sich die Frage stellt, ob das Plus an Straßenlage und im Grunde unerheblichem Kurventempo im richtigen Verhältnis zur Einbuße beim Komfort steht.

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