Oldtimer: Fälschungen und Manipulation erkennen
Vorsicht, wenn Dokumente fehlen
Nicht nur teure Oldtimer wie Bentley, Bugatti oder Mercedes 300 SL sind von Fälschungen betroffen. Auch in bürgerlichen Preisregionen wird betrogen. Worauf müssen Käufer achten?
24.06.2023 Andreas Of-AllingerEin VW Golf I, der nachträglich zum GTI wird, ein Kadett C, der als GT/E verkauft wird, aber nie als solcher bei Opel vom Band lief: Nicht nur Millionen-Klassiker, wie Mercedes-Flügeltürer, locken Fälscher an. Auch bürgerliche Oldtimer müssen nicht das sein, was sie auf den ersten Blick scheinen.
Identität und Originalität
Doch was ist original? Rechtsanwalt Julian Westpfahl legt Wert darauf, den Begriff der Originalität strikt vom Begriff der Identität zu trennen: "Das, was historisch original ist, also eine als Original zu bezeichnende Fahrzeugsubstanz, muss nicht gleichbedeutend damit sein, dass es sich auch um das Fahrzeug mit der entsprechenden Identität handelt."
Das heißt: Wenn es zwei Autos mit identischer Fahrgestellnummer gibt, wie im Fall des phantasiegelben Mercedes-Benz 300 SL Roadster, können theoretisch beide Autos original sein. Die Identität, also die Fahrgestellnummer, ist jedoch nur bei einem der beiden Autos korrekt. "Grundsätzlich ist es nicht möglich, eine Identität eines Fahrzeugs zu vervielfältigen", so Westpfahl.
Kfz-Brief, FIN und Fahrgestell
Ein Kfz-Brief alleine kann höchstens ein Beweismittel des Eigentümers sein. Würde zum Beispiel die Fahrgestellnummer in ein neues Fahrgestell eingeschlagen, so hat dieses Fahrgestell die Identität des Autos. Nach deutschem Recht kann die Fahrgestellnummer im alten Chassis bleiben, solange es der Besitzer nicht weiter verwendet. "Selbst wenn man also das bisherige Fahrgestell mit der ursprünglich dort eingeschlagenen Fahrgestellnummer hernimmt, verkörpert weder das alte Fahrgestell noch die original eingeschlagene Fahrgestellnummer die Identität des Fahrzeugs, da diese ja auf das neue Ersatzfahrgestell übertragen worden ist", erklärt Westpfahl.
Eine Zulassung von zwei Autos mit identischer Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN) im selben Land ist nicht möglich. In unterschiedlichen Staaten kann das theoretisch vorkommen, weil die Behörden ihre Daten international nicht austauschen.
Sichtprüfung reicht nicht
Doch wie stellt man fest, ob ein Auto original ist? Eine Frage, mit der sich Fahrzeug-Ingenieurin Laura Kukuk beruflich beschäftigt. Die Gutachterin für Oldtimer weiß: "Es gibt Repliken und Nachbauten unterschiedlicher 'Qualitätsstufen', wenn man diese so nennen kann. Einige davon sind bis ins Detail sehr umfangreich auf- und nachgebaut."
Sie ist sicher: "Eine Sichtprüfung reicht nicht." Kukuk empfiehlt, naturwissenschaftliche Methoden wie Röntgen, Ultraschall oder Infrarot-Spektroskopie jedoch nicht einzusetzen, ohne vorher die Fragen zu klären, die damit beantwortet werden sollen. Infrarot-Spektroskopie erlaubt zum Beispiel Rückschlüsse auf die Materialzusammensetzung. Das kann helfen, das Alter eines Bauteils einzugrenzen. Beim Erkennen geänderter Fahrgestellnummern kann die magnetooptische Resonanzmethode helfen, verdeckte Schleif- oder Prägespuren zu finden. "Eine FIN kann abgeschliffen sein, neu aufgebracht", erklärt die Gutachterin.
Weiter helfen modellspezifische Kenntnisse und weitere Nummern, etwa an Motor, Getriebe und Hinterachse. Kukuk empfiehlt: "Die gesamte Historie und Dokumentation im Detail durcharbeiten und abgleichen!" Denn sei die Dokumentation nicht schlüssig, ergäben sich Fragen, die zu klären sehr wertvoll sein kann.
Ein Zertifikat vom Hersteller ist dabei hilfreich, aber keine Garantie. Denn Ferrari Classiche oder Mercedes Classic belegen die Originalität des Autos und dokumentieren den Auslieferungs- sowie den Istzustand. Eine Garantie für die Originalität sind sie nicht immer.
Fragen an Fzg.-Ing. Laura Kukuk
Wie kann ein Laie erkennen, ob ein Oldtimer original ist?Es ist für den Laien am Fahrzeug praktisch unmöglich, die Originalität festzustellen. Aber er kann sich alle Originaldokumente des Fahrzeugs vorlegen lassen und prüfen. Gibt es dabei eine Lücke, ist erhöhte Vorsicht geboten.
Wo finde ich die Fahrgestell- und Motornummer?Beim Mercedes-Benz W 198 / 300 SL ist die Fahrgestellnummernprägung entweder vorne links an einem rechteckigen Rahmenausleger (obendrauf) zu finden, oder bei den späteren Roadstern auf dem vorderen ovalen Rahmenquerrohr mittig. Die Motornummer ist rechts oben geprägt. Bei jedem Fahrzeug sind die Prägungen unterschiedlich und die Expertise ist gefragt. Auch wichtig sind natürlich interne Nummern, die oftmals auch bei Motor und Co geprägt, jedoch weniger bekannt sind.
Welche Dokumente helfen weiter, welche nicht?Wichtig sind die Originaldokumente: Fahrzeugbrief / Title / Zertifikate (Auslieferung). Auch hilfreich können Reparaturrechnungen sein, insbesondere wenn beispielsweise die genauen Arbeiten und die Laufleistung dokumentiert sind.
Wie groß ist die Gefahr, einen "gefälschten" Oldtimer untergejubelt zu bekommen?Es gibt bestimmte Fahrzeugmodelle, bei denen erhöhte Vorsicht geboten ist:
- Porsche Rennwagen + besondere Sportwagen wie der Carrera 2.7 RS
- Bugatti
- Vorkriegs-Bentley
- besondere Aston Martin Sportwagen
- Alfa Romeo, speziell die Vorkriegsfahrzeuge
- Mercedes Benz Sportwagen. Als Beispiel: Schon früh, das heißt 60/70 Jahre wurden SS durch Verkürzung von Ray Jons zu SSK umgebaut. 290/320 Vorkriegsmercedes sind besonders kompliziert, da das Werk / Archiv in Mannheim im Krieg zerstört worden war. BMW 328 sind sehr beliebt und werden oft nachgebaut, ebenso wie Porsche RS 2.7 Modelle.
Wir untersuchen seit ca. 40 Jahren solch eventuell kritischen Fahrzeuge und haben schon sehr viele Manipulationen entlarven können. Allen ist noch die Versteigerung der Stadtsparkasse Essen präsent, wo ein Aston Martin DBR1 und ein Alfa Romeo 6C Nachbauten waren.
Was passiert in der Regel beim Verdacht einer Fälschung?Im Auto Museo Nazional in Turin gab es 2022 die Sonderausstellung "FAKE". Sehr spannend und wichtig, dass öffentliche Aufklärung über die Konsequenzen und auch den Prozess des Aufdeckens (wissenschaftliche Expertisen) betrieben wird. Wenn dem Hersteller eine Fälschung bekannt wird, kann es im Ernstfall zu einer Zerstörung des Plagiats führen. Dies führt beispielsweise Ferrari sehr konsequent durch und das Resultat, ein Aluminium-Würfel, war öffentlich sichtbar.