Nissan Maxima 3.0 V6 Fahrbericht

Big in Japan - für 2,94 Euro pro PS

Große Japaner erfreuen mein Herz, nach Nissan Laurel und Sapporo hat mich nun Maxima erobert. Der Kurs ist günstig, nur 2,94 Euro pro PS für eine fahrbereite attraktive Reiselimousine.

 

Nissan Maxima 3.0 V6, Alf Cremers Foto: Hardy Mutschler 22 Bilder

Wie ein geschrumpfter Cadillac Seville

Nein, es war nicht allein der Preis, der mich bezauberte. Für 500 Euro hätte ich mir auch einen Ford Probe GT oder einen Opel Vectra CD leisten können. Beide zu klein, zu vierzylindrig, zu wenig Reisewagen. Der Nissan Maxima gefiel mir schon immer, es ist eine längst vergessene exotische Liebe aus den Neunzigern - aus den Augen, aus dem Sinn. Doch als der stattliche Wagen in verführerischem Eisblaumetallic zufällig abends meinen Weg auf dem Laptop kreuzt, ist plötzlich alles wieder da.

Maxima ist ein stiller Star, einer, der 25 Jahre locker durchhält, ohne viel Aufhebens drum zu machen. Mein Nissan Maxima sieht aus wie ein geschrumpfter Cadillac Seville STS, nie würde man ihm den cw-Wert von 0,32 glauben. Er ist selten, er verspricht japanische Perfektion auch im Alter. Es heißt ja, man könne bei alten Japanern die Motorhaube zuschweißen, die Ölwechselintervalle verdoppeln und die für den Zahnriemen verdreifachen. Ohne dass was passiert.

Dreiliter-V6 mit 170 PS und unter 130.000 km auf der Uhr

Maxima ist nicht schön. Nicht so schön wie Hollands Königin bei ihrer Traumhochzeit, aber seine Figur kann sich sehen lassen, die Proportionen stimmen. Er ist ausgewachsene Mittelklasse, so wie ein Fünfer-BMW. Die Daten des Nissan Maxima haben mich überzeugt, Dreiliter-V6, 170 PS, erst 127.168 km gelaufen, dritte Hand, so etwas kann man auch blind kaufen. Der Kauf war nur eine Formsache, der Händler freundlich und ehrlich, eine Runde auf dem Kiesplatz, ein flüchtiger Blick auf Temperaturanzeige, Ölstand und Kontrollleuchten. Keine Warnsignale, alles bestens. Der schöne Tag im neuen Auto kann beginnen.

Maxima zickt nicht rum, fährt nach zugestandener Aufwärmphase und reaktiviertem Ölkreislauf geschmeidig, wie es sich für einen Sechszylinder gehört. Die Bremsen des Nissan Maxima verlieren das unangenehme Schleifgeräusch, und das billige fiese CTC-Clatronic-Radio spendet Background-Musik von einem betulichen Schweizer Sender.

Nur wenig Rost an der Karosserie

Jon und Vangelis trällern "I'll Find My Way Home". Das pathetische Lied verliert sich in der vagen Unendlichkeit diffuser Synthesizer-Klänge und ist für mich die leise Aufforderung, auf Umwegen von Singen aus am Bodenseeufer entlang über Friedrichshafen nach Ulm zu fahren. Unterwegs gönne ich dem Nissan Maxima eine "Platinwäsche volles Programm" - danach strahlt er mit der nur kurz aus dem Hochnebel brechenden Sonne um die Wette.

Spätestens jetzt wird klar: Maxima ist kein Verbrauchtwagen. Angenehm ist das blitzsaubere Interieur ohne Sitzverschleiß und mit lederbezogenem Lenkrad, das sich wie neu anfühlt. Ringsherum gibt es nur wenige Roststellen, ein paar Bläschen am Radlauf und eine Stelle am Tankdeckel. Einzig die hinteren Schwellerenden des Nissan Maxima verlangen sofortiges Handeln, hier wurde der Unterbodenschutz schon vom Rost verdrängt.

Keiner will Maxima

Ich verstehe nicht, warum das Auto, das noch drei Monate TÜV hat, so billig ist. "Kaum einer will einen Nissan Maxima", sagte mit der Händler, Libyen sei wegen des Bürgerkriegs-Chaos weggebrochen. Eine Klimaanlage wollen die meisten afrikanischen Länder, auch wenn sie kaputt ist. Mein Maxima hat keine, dafür aber ein elektrisches Glasschiebedach, das ich im Übermut öffne. Mit Tempo 120 im Fünften geht es über die B 31, Maxima bleibt leise, das Drehzahlniveau ist niedrig, gerade einmal 2.400 Touren liegen an.

Die Instrumente grüßen freundlich, weiß auf schwarz, wie es sich gehört. Funktionelle Sachlichkeit bestimmt den Nissan Maxima, innen wie außen, die Zeit schwülstigen Japan-Barocks ist vorbei. Automatik hätte ich lieber als Fünfgang, aber das Getriebe lässt sich trotz verwinkelter Quermotor-Kinematik leicht und exakt schalten, nur sieht der Schalthebel dürr und ungelenk aus.

Der nicht übermäßig modern konstruierte quadratische Tassenstößel-V6 liefert einen unerwartet satten Durchzug aus dem Drehzahlkeller. Kein Wunder, hat er doch einen halben Liter mehr Hubraum als mein Alltags-BMW. Der Frontantrieb versucht sich im Nissan Maxima so gut wie möglich zu verstecken. Aber ich spüre immer eine Spur Steifigkeit im Antriebsstrang, irgendeine Friktion übers Lenkrad, die da nicht hingehört. Das kenne ich von meinem Alfa Romeo 164 und auch vom Audi 100.

Maxima macht einsam

Was macht Maxima nun aus? Eine Kollegin schüttelte mit dem Kopf, als ich ihr von meinem jüngsten Kauf erzählt: "Früher war es wenigstens noch ein Mercedes." Andere begreifen den Wagen nicht in seiner undramatischen Dienstbarkeit, keiner traut ihm eine Spitze von 220 km/h oder eine tiefenentspannte Tour vom Comer See nach München zu. Niemand nimmt ihm seine aufwendige Hinterachse mit Doppelquerlenkern und Längslenkern ab. Es ist ein Jammer.

Mir reicht, wenn ich Maxima gut finde. So recht mitfahren will eh niemand. Keiner versteht ihn, wo ist seine Lobby? Schaut mal über den Tellerrand von Audi, BMW und Mercedes. Dann findet ihr am Ende auch den Nissan Maxima schön. Hat jemand noch ein originales Nissan-Kassettenradio rumliegen? Tausche gegen drei "Neue Post"-Ausgaben mit Königin Maxima auf dem Titel.

Nissan-Lkw: Die andere Seite der Marke. Nissan ist wie Mercedes-Benz ein bedeutender Hersteller von Schwerlastwagen. Nissan Diesel heißt die Lkw-Sparte. Sie gehört nicht zum Joint Venture mit Renault.