Mitsubishi Galant Royal und Nissan Maxima 3.0 V6
Stufenheck-Limos mit exotischem Flair
Die Limousinen-Flaggschiffe von Nissan und Mitsubishi haben beide Quermotor und Frontantrieb. Der seriöse Maxima setzt in den 80er-Jahren auf Größe und Leistung, der verspielte Galant Royal dagegen auf Elektronik.
30.01.2021 Alf CremersSie verkörpern den Reiz des Exotischen und funktionieren trotzdem zuverlässig. Sie sind rund 30 Jahre alt und kosten selbst im Bestzustand und mit H-Zulassung gerade einmal 3.000 Euro. Ihr eigenwilliger Charme erschließt sich nur Kennern, die japanische Technikverliebtheit und Präzisionsfertigung zu schätzen wissen, oder Radikal-Individualisten, denen ein Lancia, Citroën oder Saab noch zu alltäglich ist. Ihr Image ist nicht der Rede wert, aber es wird allmählich besser. Es heißt nicht mehr undifferenziert und abwertend "die Japaner", nein, in der Youngtimer-Szene entwickeln sich endlich konkrete Markenprofile.
Mitsubishi Galant Royal und Nissan Maxima 3.0 V6 gaben sich als Limousinen-Topmodelle im Europa der 80er-Jahre zurückhaltend, sie repräsentierten lediglich die gehobene Mittelklasse. In Japan war das anders, dort regierte der Nissan President einsam mit seinem 4,4-Liter-V8-Motor, Mitsubishi hatte mit dem Sechszylinder-Typ Debonair wenigstens eine Eintrittskarte in die Oberklasse.
Hierzulande war die Lage ähnlich, Nissan stach Mitsubishi. Denn der Galant mit seinem zierlichen Vierzylinder-Triebwerk und gerade einmal 102 PS sucht in Hubraum und Größe eher die Herausforderung eines basismotorisierten, viertöpfigen Audi 100 CD. Der Maxima mit dem 170 PS starken Dreiliter-OHC-Triebwerk aus dem Sportwagen 300ZX kann es dagegen mit Mercedes 260 E und BMW 525i aufnehmen.
So scheint der Mitsubishi als ziviler, komfortbetonter Royal in diesem Vergleich zunächst gehandicapt. Aber es gab ihn auch als GLS mit 2,4-Liter-Einspritzmotor und 112 PS sowie als sportiv aufgemachten Ralli Art Turbo ECi mit 150 PS. Das illustre Finale dieser Galant-Baureihe, die intern vom E10 bis zum E16 reicht, gab ab 1987 der Sapporo. Ein plüschiger Luxus-Salon mit rahmenlosen Seitenscheiben, eindrucksvollem Doppelrohrauspuff und unspektakulären, aus der gleichen Motorkonstruktion lässig gezüchteten 124 PS.
Der im Vergleich zum bulligen Maxima stilistisch leichtfüßige Royal will sein Leistungsdefizit mit vielen elektronischen Spielereien und üppiger Ausstattung wettmachen: Metallic-Lack, Leichtmetallräder, Tempomat, Klimaautomatik, vier elektrische Fensterheber, Kassettenradio mit Motorantenne, Niveauregulierung und ein Fahrwerk mit Luftfederelementen lassen bis auf Automatik, ABS und ein Schiebedach kaum Wünsche offen. Das wirkte sich auf den Neupreis aus. Stolze 33.000 Mark musste man 1986 für den Royal hinblättern.
Der Nissan Maxima zeigte sich für seine 41.000 Mark bei den Extras weit weniger spendabel, offerierte aber ein serienmäßiges ABS. Unser sehr gut erhaltenes Exemplar erfreut obendrein mit einem elektrischen Glasschiebedach.
Extravagant contra gediegen
Das öffnet sich erst später, denn zunächst fällt Regen. Er verwandelt den dunklen Asphalt in einen großen Spiegel. Galant und Maxima sehen wir doppelt, ein reizvoller optischer Effekt, der bei den hellen Metallic-Farben Rhôneblau und Eisblau gut kommt. Man ertappt sich dabei, den eigenwillig und originell designten Galant in seiner Wirkung zehn Sekunden lang abzuwägen: großartig oder gruselig?
Die Limousine mit dem aerodynamischen Profil und dem filigranen Dachaufbau wirkt betont extravagant. Es kommt dem Betrachter vor, als hätte sie Ex-Bertone-Designer Marcello Gandini nach Feierabend gezeichnet. Die hinteren Radläufe zeigen den grazilen Schwung des Meisters, nur dass es eben kein Lamborghini oder Maserati ist, sondern ein eher profaner Mitsubishi.
Viel vertrauter wirkt dagegen der Nissan Maxima, auf ihn geht man intuitiv als Erstes zu. Er verkörpert eine klare, ausgewogene Linie, wohlproportioniert und gänzlich ohne die modische Keilform. Als ob der 5er-BMW vom Typ E34 Pate gestanden hätte, sogar der Hofmeister-Knick in den C-Säulen wird zitiert. Nur der lange vordere Überhang verrät den Fronttriebler. Nach dem Einsteigen überrascht die mehr als großzügige Innenbreite, die Sitzposition hinter dem steilen, mit feinem Leder bezogenen Lenkrad passt auf Anhieb. Funktionalität regiert das Cockpit, große Instrumente in perfektem Kontrast, auch in diesem Punkt lässt BMW freundlich grüßen.
Der großvolumige V6 mit seinen rot lackierten Zylinderkopfhauben klingt bereits auf den ersten Warmlauf-Kilometern herausfordernd, über 3.500/min entfacht er ein kerniges Klangbild von milder Aggressivität. Kein Vergleich zum seidenweichen Schmusesound eines BMW-Motors, aber eben auch mal wohltuend anders. Für einen Fronttriebler überrascht die präzise Schaltung mit kurzen Wegen, gerne und oft nimmt man den lederbezogenen Hebel in die Hand, was bei der ausgeprägten Elastizität gar nicht nötig ist. Der hochwertig verarbeitete Nissan ist das wohl unterschätzteste Auto der Welt. Der souveräne, schnelle Wagen wirkt auf den ersten Blick langweilig, gefällt aber mit hohem Fahrkomfort, griffigen Scheibenbremsen und einer milden Tendenz zum Untersteuern in schnell gefahrenen Kurven.
Dem Mitsubishi Galant Royal dagegen bescheinigt man spontan Originalität und Exzentrik, man kann ihn auch einfach nur witzig finden. Vor allem das zahlt auf sein Sympathiekonto ein, denn er wird heute mit H-Zulassung offiziell höher bewertet als der per se wertvollere Nissan Maxima. Es liegt vielleicht auch an der unbeschwerten Fahrfreude, die er flugs vermittelt, nachdem man auf dem breiten, hochlehnigen Fernsehsessel Platz genommen hat, der woanders Fahrersitz heißt.
Das Temperament des Vierzylinders ist quirlig, er dreht gern, seine Stimme klingt dabei unbestimmt leise bis heiser, von Sound kann keine Rede sein. Trotz großer Lenkeinschläge, die man schwungvoll angeht, wirkt der Galant handlich. Die Seilzugschaltung operiert mit langen Wegen, aber nicht unpräzise; die Instrumententafel samt den beiden skurrilen Lenkrad-Satelliten registriert man als ein großes Experiment. Ein Hauch Citroën steckt in dieser verspielten Welt eines herrlich überlebten 80er-Jahre-Futurismus, aber hier ist sie in hochwertigen Kunststoff gegossen, der keine Alterung kennt.
Nette Elektronik-Spielerei
Die Electronic Control Suspension lässt man am besten stets in der Stellung "Auto" – solange das Display in Form einer stilisierten Wagensilhouette nicht blinkt, sollte man sich freuen: "Never touch a running system." Es ist jedoch spürbar, wenn sich der Wagen bei Tempo 120 leicht absenkt und die zart leuchtende Kinderzeichnung dann plötzlich "Hard" meldet wie schon zuvor, als es mit Vehemenz in die Kurven ging. Dabei wurde klar, dass der königliche Galant trotz elektronisch-hydraulischer Unterstützung den unwilligen Untersteurer gibt. Das komplexe Regelsystem dient allenfalls dazu, den Sonderling-Charakter des Galant zu betonen, dem man kaum widerstehen kann. Er ist großartig statt gruselig, nur dauert es zehn Sekunden, bis der Funke überspringt.