MGF (1995-2002)
Mittelmotor-Roadster ab 3.500 Euro
Der MGF, mit dem MG 1995 einen Neustart wagte, ist ein Auto für Individualisten. Wer kleine Schwächen gern Charakter nennt, ist mit dem Mittelmotor-Roadster gut und oft auch günstig bedient. Die Kaufberatung nennt Stärken und Schwächen.
28.08.2019 Michael Orth, Kai KlauderEs ist ein MG, und mehr müsste – oder sollte – man dazu eigentlich nicht sagen. Die über 90-jährige Historie des Herstellers steht außer Frage, und MGF wie MG TF knüpfen in loser Folge an die großen Vorgänger aus dem Hause MG an. Sie sind die modernen Erben von M-Type Midget, TC, MGA und MGB.
Mit dem Niedergang der englischen Autoindustrie sank auch der Stern von MG. Ab 1981 klebte das Emblem nicht mehr auf eigenständigen Serienmodellen, sondern auf solchen der Konzernschwester Austin. Erst mit dem MGF änderte sich das 1995, nachdem BMW im Jahr zuvor die Marke als Teil der Rover- Gruppe gekauft hatte. Insofern steht der MGF für eine – wenn auch nur kurz währende – Auferstehung. Denn schon 2005 ging die MG Rover Group in Konkurs. Am MGF aber hat's nicht gelegen.
Ab 3.500 Euro gibt's gute MGF
Um die 40.000 Mark waren damals für einen neuen MGF fällig, Servolenkung und ABS kosteten in der Basisversion zunächst extra. Heute gibt es vernachlässigte MGF ab 1500 Euro. Ihre Instandsetzung ist stets teurer als ein bereits ordentliches Exemplar zu kaufen, das schon für rund 3.500 Euro zu haben ist. Neun Jahre nachdem der TF auslief ist die Verfügbarkeit anständiger Exemplare drastisch eingeschränkt. Das wird in den nächsten Jahre nicht besser. Viele verbrauchen den MG als Low-Budget-Roadster. Die schlechten Autos werden die Preise für Schmuckstücke hochtreiben. Wenn, dann jetzt zugreifen.
Großer Erfolg, aber kein Hype
Zwar verkauften sich der MGF mit 77.269 Exemplaren und ab 2002 der MG TF (39.280 Stück) international nicht schlecht. Aber der große Hype, wie ihn etwa die Konkurrenz Mazda mit dem MX-5 oder BMW mit dem Z3 auslösen konnte, blieb aus. Der MGF war nie ein Mode-Roadster – aber immer sehr eigenständig, auch technisch. Er trägt wie die Studie EX-E von 1985 den Motor mittig. Das ist ein Konzept, das in vergleichbarer Größe allein Toyotas MR-2 bietet. Zudem dämpft der MGF – beim Nachfolger TF entschied sich MG wieder für konventionelle Dämpfer – über ein Flüssiggas-Verbundsystem. Beides sorgt im MGF für ein besonderes Fahrgefühl, das im Grenzbereich auch mal extra von bösen Überraschungen angeheizt werden kann. Der MGF verlangt Respekt.
Der Spaß beginnt beim MG F schon mit dem sagenhaft simplen Öffnen des Dachs: zwei Hebel lösen, nach hinten klappen, fertig. Einfacher kann das auch ein japanischer Mazda MX-5 nicht, von dem sich MG in den 90ern zu einer Antwort genötigt sah. Keine unzähligen Druckknöpfe, Steckscheiben und Rändelschrauben mehr wie bei den MG-Ahnen: Zwei Druckknöpfe fixieren die Persenning, mit etwas Übung ist in weniger als zwei Minuten die Freiheit hergestellt.
Ein MG F passt sich jedem an
Mag er von außen unprätentiös und unscheinbar sein, ja sogar fast schüchtern wirken mit seiner kompakten Form und seinem schmucklosen, zurückhaltenden Design – wenn man sich hineinbegibt in das mit feinem Leder ausgeschlagene Cockpit, bekommt man einen anderen Eindruck. Man gleitet auf den gut geschnittenen Sportsitz und blickt auf klassische Rundinstrumente mit sportlich-weißen Zifferblättern. Der Schalthebel liegt perfekt zur Hand, die Pedalerie so weit auseinander, dass auch großfüßige Frischluftfans ihre Quadratlatschen nicht einer Primaballerina gleich verdrehen müssen, wenn sie ihr Serpentinenballett aufführen. Denn genau dafür ist der MG F gemacht, wie man im Prospekt von 1998 nachlesen kann: „Die Zielvorgabe bei der Konstruktion des MGF war ebenso einfach wie ehrgeizig: Er sollte das Auto werden, das “weltweit am meisten Fahrspaß bietet.„
Die Kupplung kommt früh und hart. Die Schaltung mit ihren langen Wegen benötigt hingegen Konzentration, dann lassen sich die fünf Gänge zackig durchklacken. Zwar nicht ganz so perfekt wie beim MGB, aber auch nicht viel schlechter. Dafür bietet der MG F mehr Platz, lässt sich an Fahrer zwischen 1,65 und zwei Meter Größe anpassen, ohne dass man Angst haben muss, bei scharfen Bremsmanövern mit dem Scheibenrahmen zu kollidieren, wie beim grazilen MGA aus den 50ern. Ab 2000 spendierte MG dem F zudem eine serienmäßige Lenkradhöhenverstellung.
Langhubiger 16-Ventil-Motor
Die meisten MGF treibt mit 120 PS der K-Serien-Motor an, wie er auch im Lotus Elise oder von Rover verwendet wurde. 26 PS stärker ist die VVC-Version mit variabler Ventilsteuerung. Mit einem Facelift kommen 1999 ein 1,6-Liter mit 115 PS und ein 1,8-Liter mit 160 PS. Ab 2000 bot MG auch ein CVT-Getriebe mit Schaltpaddeln am Lenkrad. Den TF gab es zudem mit 136 PS.
Der 16-Ventiler, der auf eine Konstruktion von 1988 zurückgeht, steht dagegen in der Tradition der Langhuber, die in MGA und MGB zum Einsatz kamen. Das Bohrung-Hub-Verhältnis ist sogar fast identisch (MGB: 80,26 x 88,9, MG F: 80,0 x 89,3), und wie seine Vorfahren trumpft auch der MG F nicht mit maximaler Höchstleistung auf, sondern mit kraftvoller Leistungsentfaltung aus dem Drehzahlkeller. Im Gegensatz zu seinen gusseisernen Vorgängern gibt sich das Leichtmetall-Aggregat aber auch offen gegenüber hohen Drehzahlen. Laut aus seinem Edelstahlauspuff trompetend, dreht es willig bis über 7000/min in den roten Bereich.
120 PS begeistern beim Fahren
Bei einem Gewicht von 1060 Kilo können so auch 120 PS und 165 Nm begeistern, denn wir haben ja noch gar nicht über die Neuerung des MG F gesprochen: Er bricht mit der Tradition des klassischen MG-Antriebs – längs eingebauter Frontmotor und Hinterradantrieb. Stattdessen überlegten sich die MG-Techniker, wie sie der Konkurrenz aus Fernost Paroli bieten könnten – Sie erinnern sich, der Werbetext aus dem Prospekt: am meisten Fahrspaß auf der Welt.
Es verwundert also kaum, dass sie recht schnell auf die Kombination Mittelmotor und Hinterradantrieb kamen. Fahrdynamisch geht kaum mehr, doch die Briten setzten mit der elektronisch geregelten Servolenkung und dem Hydragas-Fahrwerk noch zwei Joker obendrauf. Die elektromechanische, EPAS (Electric Power Assisted Steering) genannte Lenkung gab es erst optional, ab 1998 in Serie.
Direktes Handling, komfortables Fahrwerk
Bei geringem Tempo zwar noch etwas schwergängig, überzeugt sie ab mittlerem Tempo durch unmittelbare Zielgenauigkeit. Ein Wermutstropfen: Der Lenkeinschlag ist recht klein, der Wendekreis dementsprechend groß. Im Kurvengewimmel gibt sich der mit einer Gewichtsverteilung von 45 : 55 gesegnete Mittelmotor-Roadster herrlich direkt. Auf einsamen Flickwerkstraßen begeistert das straff abgestimmte Hydragas-Fahrwerk, das überraschend viel wegsteckt, den Briten dabei immer auf Kurs hält und sehr, sehr lange neutral bleibt. Die optisch und technisch überarbeitete und abgespeckte Version MG TF, die 2002 den F ablöste, wurde übrigens wegen der aufwendiger zu wartenden und teurer zu produzierenden Technik auf ein konventionelles Stahlfeder-Fahrwerk umgerüstet. Ein nachträglicher Umbau ist auch für den MG F möglich
Beiden gemein ist der Überraschungseffekt, den man bis ins Dramatische treiben kann, wenn man es zu wild treibt. Dann kommt der Zweisitzer bauarttypisch gerne mal über die Hinterachse – und zwar schlagartig, weil der Grenzbereich relativ schmal ist. Nichtsdestotrotz begeistert der kompakte Brite auf dem Asphaltgeschlängel mit seiner Handlichkeit – er scheint süchtig zu sein nach immer engeren Kurvenradien.
Karosserie-Check
Das Blech des MGF ist ab Werk gut gegen Rost geschützt, dennoch gibt es gefährdete Stellen: Der Unterboden, die Bereiche unter den Seitenblinkern, am Schließblech der Fronthaube, Scheibenrahmen, hintere Kotflügel am Übergang zum Abschlussblech, rund um die seitlichen Lufteinlässe, die Hilfsrahmen und die Querlenker sollten inspiziert werden. Ebenso der vordere Kofferraum: das Styropor-Formteil entfernen und nach Rostunterwanderungen suchen. Die Spaltmaße von Türen und Hauben sowie Stoßfängern sollten gleichmäßig sein, die Kunststoff-Heckscheibe rissfrei. Interieur: Zierblenden und Verkleidungen verlieren manchmal ihren Halt, schuld sind die Clips.
Technik-Check
Die Motoren der K-Serie haben keinen besonders guten Ruf: Beim K16 machen minderwertige Kopfdichtungen (verbesserte MLS-Dichtung erhältlich), die Kunststoffpassstifte zwischen Block und Kopf (ab 2001 aus Stahl), Hauptlagerschäden, das überforderte Kühlsystem sowie die Getriebe der elektrischen Lenkung Ärger. Ab 2001 lässt die Gussqualität nach. Obacht: Es wurden verschiedene Zahnriemen verbaut, nicht immer lassen die Schlüsselnummern eine eindeutige Identifizierung zu. Das Hydragas-Fahrwerk muss korrekt eingestellt sein und sollte regelmäßig gewartet werden. Schon leichte Differenzen zum Sollwert können sich massiv auf die Fahrwerksabstimmung auswirken. Wichtig: hochwertige, nicht zu alte Reifen.
Preise
Bei Einführung 1995 (MGF) 39.500 Mark Classic-Analytics-Preis 2019 (Zustand 2/4) 4900/2200 Euro. Versicherung (Haftpflicht/Vollkasko, Quelle: OCC): 196,91/320,75 Euro
- Bei Einführung 1995 (MGF) :
- 39.500 Mark
Ersatzteile
Die Ersatzteilversorgung ist beim MGF lückenhaft. So sind einige Komponenten des Hydragas-Fahrwerks nicht mehr lieferbar. Der Umbausatz auf Federelemente und Stoßdämpfer kostet rund 1000 bis 1500 Euro. Der Preisvergleich mit englischen Händlernlohnt sich.
Schwachpunkte
- Lackqualität
- vorderer Kofferraum (Rost)
- Querlenker und Buchsen
- Lenkgetriebe
- Kunststoffscheibe Verdeck
- Rost an Hilfsrahmen
- Zylinderkopfdichtung
- thermische Probleme
- Undichtigkeiten im Kühlsystem
- Hydragas-Fahrwerk (Wartung)