Mercedes-Sammlung Wiesenthal
5 Millionen Euro für Familiensammlung
Wiesenthal, einst ein österreichischer Autohandels-Konzern, besaß eine Sammlung feinster Mercedes. Jetzt kamen Pagode, Flügeltürer, 300er und 6.9 unter den Hammer. Die Autos stammen teilweise aus Erstbesitz.
03.12.2018
Andreas Of-Allinger
Foto: Dorotheum
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Das österreichische Auktionshaus Dorotheum hat am 1. Dezember 2018 13 Mercedes aus der Autosammlung des Wiener Autohändlers Wiesenthal versteigert. Mercedes 450 SEL 6.9 W 116 (1979), Schätzpreis: 25.000 bis 35.000 Euro. Auktionsergebnis: 89.700 Euro.
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Lack: 904 Dunkelblau. Der W 116 kam als Neuwagen zu Wiesenthal, war zunächst Direktionswagen und ab Mitte der 1980er Teil der Sammlung. Dort blieb er bis zur Auktion.
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Interieur: 905 Pergament. Der Zughebel unter dem Tacho weist auf die Hydropneumatik hin, die der Sechs-Neuner als einziger W116 hat. Mit dem Hebel kann die Bodenfreiheit verstellt werden.
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Laufleistung: 75.100 km. Motor: M100, V8, Trockensumpfschmierung, 6.834 Kubikzentimeter Hubraum, 210 kW/286 PS, 550 Nm.
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Mercedes 560 SEL W 126 (1989), Schätzpreis: 15.000 bis 25.000 Euro. Auktionsergebnis: 59.800 Euro.
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Der W 126 ist wie auch der W 116 in 904 Dunkelblau lackiert. Er diente 21 Jahre lang als Direktionswagen und kam 2010 in die Sammlung.
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Innenausstattung: 968 Velours grau. Die Ausstattung ist üppig: Stand- und Sitzheizung, Airbag, Feuerlöscher, Klimaanlage, hydropneumatisches Fahrwerk mit Höhen- und Stoßdämpferhärteverstellung.
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Laufleistung: 143.500 km. Motor: V8, M117 E 56, 5.543 Kubikzentimeter Hubraum, 205 kW/279 PS, 240 km/h.
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Mercedes 450 SLC C107 (1977), Schätzpreis: 15.000 bis 25.000 Euro. Auktionsergebnis: 48.300 Euro.
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Lack: 861 silbergrün Metallic. Mit Fuchs-Felgen und wärmedammendem Glas samt heizbarer Heckscheibe aufgewertet.
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Ergibt mit Polstern in 906 Velours moosgrün eine 70er-Jahre-Zeitkapsel.
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Laufleistung: 200.000 Kilometer. Den 4,5-Liter-V8 löste 1978 ein Fünfliter-Leichtmetallmotor ab.
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Kleiner Trick: Dank der Lamellen können die hinteren Seitenscheiben versenkt werden.
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Mercedes 220 SE Coupé (1958), Schätzpreis: 45.000 bis 65.000 Euro. Auktionsergebnis: 171.000 Euro.
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Das Coupé in Beige-Metallic ist seit seiner Auslieferung an die Niederlassung in Salzburg 1959 im Besitz der Firma Wiesenthal.
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Leder Creme, original und patiniert. Zum ohnehin seltenen Einspritzer-Coupé mit Schiebedach orderte man ein Becker Mexico, ein zweites Gebläse, eine Scheibenwaschanlage und eine Fondsitzbank.
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Laufleistung: 108.000 km. Motor: R6, 85 kW (115 PS).
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Mercedes 220S Cabriolet (1957), Schätzpreis: 75.000 bis 100.000 Euro. Auktionsergebnis: 148.600 Euro.
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Dieses Ponton-Cabrio wurde im Juli über den Zürcher Mercedes-Händler an einen Kunden in Basel ausgeliefert und kam 1986 über dessen Frau zu Wiesenthal.
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Laut Auktionshaus ist der 220S nicht restauriert, wurde lediglich vor längerer Zeit lackiert. Der Zweivergaser-Sechszylinder leistet 100 PS, das genügte damals für eine beeindruckende Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h.
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Mercedes 220 Cabriolet A (1954), Schätzpreis:110.000 bis 150.000 Euro. Auktionsergebnis: 159.800 Euro.
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Von den 1951 auf der IAA präsentierten Sechszylinder-Baureihe verkaufte Mercdes 1.000 Cabrios. Dieses hier ging zunächst in die USA und kam 1987 über den Atlantik zu Wiesenthal.
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Geschaltet wird am Lenkard, mitten im Armaturenbrett sitzt ein Telefunken-Radio. Das Interieur wurde 2003/2004 zusammen mit der Karosserie restauriert. Die Technik war schon vorher dran gewesen: 1993 der Motor, 1995 die Vergaser.
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Mercedes 230 SL (1965), Schätzpreis:65.000 bis 85.000 Euro. Auktionsergebnis: 105.800 Euro.
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Der Erstbesitzer bestellte seine Pagode in weiß mit rotem Interieur in MB Tex und schwarzem Dach. Wiesenthal übernahm das Auto 1987 unrestauriert.
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Das Viergang-Schaltgetriebe passt gut zum 150 PS starken 2,3-Liter-Reihensechszylinder. Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h.
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Mercedes 300b Cabriolet D (1954), Schätzpreis:140.000 bis 200.000 Euro. Auktionsergebnis: 187.800 Euro.
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Viele Viertürer-Cabriolets gibt es nicht. Vom 300 Cabriolet D baute Mercedes 125 Stück. Diesen hier holte am 20. Juli 1954 der Kunde, die Firma Teekanne, in Stuttgart ab.
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Nach seiner Zeit bei der Teefirma wanderte das Viertürer-Cabrio in die USA aus und kam Mitte der 1990er-Jahre zur Firma Wiesenthal nach Wien.
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Der Dreiliter-Reihensechszylinder hat 125 PS. Das Auktionshaus nennt keine Laufleistung.
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Mercedes 300 S Roadster (1952), Schätzpreis: 550.000 bis 750.000 Euro. Auktionsergebnis: 607.800 Euro.
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Einst kostete der 300 S Roadster fantastische 34.500 Mark. Das entsprach dem gegenwert von zehn VW Käfer. Acht Käfer genügten für den Erwerb eines Flügeltürers.
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Dieser 300 S Roadster reiste um Weihnachten 1952 über Bremen in die USA, im Gepäck ein Kilo Lack und einige Ersatzteile. Zu Wiesenthal kam er 1978 über die US-Niederlassung nach Wien. Die Karosserie wurde 1992/1993 restauriert, das Interieur um die Jahrtausendwende.
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Mercedes 300 SL Roadster (1957), Schätzpreis: 750.000 bis 950.000 Euro. Auktionsergebnis: 1.123.000 Euro.
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Seit 1976 in der Sammlung Wiesenthal. Matching Numbers.
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Der Einstieg in den Roadster ist leichter als in den Flügeltürer und einfacher zu fahren ist er auch. Der zu versteigernde 300 SL ist der 11. gebaute Roadster.
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Laufleistung: 73.000 km. Der Dreiliter-Sechszylinder ist geneigt eingebaut, passt nur so unter die Haube.
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Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet (1970), Schätzpreis: 240.000 bis 320.000 Euro. Auktionsergebnis: 372.600 Euro.
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Der dunkelgrüne 280 SE 3.5, eines von 1.232 Cabriolets, kam im Alter von neun Jahren aus den USA in die Wiesenthal-Sammlung.
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Lack: moosgrün. Interieur: Leder pergament. Zur Sonderausstattung zählt unter anderem eine Klimaanlage.
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Der "kleine" 3,5-Liter-V8 mit 200 PS kam auch im W 116 und in der 107er-Baureihe zum Einsatz.
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Mercedes 600 Pullman (1964), Schätzpreis:180.000 bis 260.000 Euro. Auktionsergebnis: 383.800 Euro.
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Der Pullman diente den drei österreichischen Bundespräsidenten Schärf, Jonas und Kirchschläger als Staatskarosse.
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Hier lenkte der Chauffeur, hinten repräsentierte die Prominenz.
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Klappstühlchen für Leibwächter. Klassische Materialaufteilung: Die arbeitende Klasse schwitzt auf Leder, die Herrschaften sitzen auf Velours.
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Staatsoberhäupter und Festspiel-Transfers waren zwischen 1964 und 1976 Tagesgeschäft für den außergewöhnlichen Mercedes. Danach wurde das Leben ruhiger, jetzt wird er versteigert.
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Mercedes 300 SL Flügeltürer (1955), Schätzpreis: 900.000 bis 1.200.000 Euro. Auktionsergebnis: 1.492.600 Euro.
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Den hätten Sie zu Recht vermisst: Ein Flügeltürer gehört in jede hochklassige Mercedes-Sammlung, oder nicht?
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Dieser hier wurde zunächst mit blauem Stoff-Interieur in die USA geliefert, kam später mit schwarzen Lederpolstern zurück nach Europa und dort in die, Sie ahnen es, Sammlung Wiesenthal.
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Ein Flügeltürer, der dazu passende Roadster, je ein offener Zwei- und Viertürer vom Adenauer-Mercedes 300: Die am 1. Dezember 2018 in Wien versteigerte Sammlung Wiesenthal enthielt 13 Mercedes-Spitzenmodelle von den Fünfziger bis Ende der Achtziger-Jahre. Zu mehreren 300er-Modellen der 1950er kommen zwei frühere Direktionswagen, die ihr ganzes Fahrzeugleben in der Firma verbracht haben. „Eine derartige Sammlung haben wir noch nicht gehabt“, sagt Wolfgang Humer, der bei Dorotheum die Sparte für klassische Fahrzeuge leitet. Humer verweist auf die Historie: „Beide 300 SL sind seit 40 Jahren beim selben Besitzer“. Einige der Autos haben noch die schwarzen Nummerntafeln, die in Österreich 1990 abgeschafft wurden.
Auktionsergebnis: rund 5 Millionen Euro
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Der Mercedes 600 Pullman diente drei Bundespräsidenten.
Die aktuellen Besitzer, die Enkelgeneration der Sammler, behält vier Autos aus der Sammlung, 13 gehen zur Auktion – und erlösten dort inklusive Aufgeld rund fünf Millionen Euro. Für das teuerste Auto, einen 300 SL Flügeltürer, bot ein Telefonbieter 1,149 Millionen Euro. Auch der 300 SL Roadster ging für über eine Million weg: 1,1 Millionen Euro inklusive Aufgeld. Für den Mercedes 600 Pullman aus ehemaligem österreichischem Staatsbesitz erhielt ein Saalbieter den Zuschlag; die sechs Meter lange Limousine erzielte 383.800 Euro. Außergewöhnlich sind die Auktionsergebnisse für die beiden ehemaligen Direktionsfahrzeuge der Firma Wiesenthal: Der 450 SEL 6.9 und der 560 SEL kamen als Neuwagen zur Firma und blieben dort. Der W 116 erzielte 89.700 Euro, der W 126 ging für 59.800 Euro weg – jeweils mehr als das Doppelte des Schätzwerts. Die Bieter honorierten sicher die außergewöhnliche Historie und die geringen Kilometerlaufleistungen der dunkelblau lackierten Limousinen. Auch ein 450 SLC ging für deutlich mehr Geld weg, als üblicherweise für einen C 107 bezahlt wird: 48.300 Euro brachte das metallicgrüne Coupé.
Mercedes 450 SEL 6.9 und 560 SEL
Einige der Autos sind aus erster Hand. So zum Beispiel ein Mercedes 450 SEL 6.9 der ab 1979 bei Wiesenthal im Dienst im war. Ihm folgte 1989 ein 560 SEL der Nachfolgebaureihe W 126. Beide treten nach außen hin ganz bescheiden auf, sind im Uni-Farbton Dunkelblau 904 lackiert. Die Ausstattung ist dafür jeweils komplett: Standheizung, Klimaanlage und Velourspolster gehören ebenso zur Ausstattung wie die hydropneumatische Federung. Diese war beim W-116-Spitzenmodell serienmäßig und beim W 126 ein aufpreispflichtiges Hightech-Extra.
Vom 220 SE Coupé bis zum 600 Pullman
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Das 220 SE Coupé hatte sich Wiesenthal senior als Dienstwagen bestellt.
Ein beiges Mercedes 220 SE Coupé bestellte sich Wiesenthal Senior 1958 als Geschäftswagen. Der Zweitürer war damals ein teures Statussymbol und ist heute ein rarer Oldtimer: Nur 830 Exemplare wurden gebaut. Das Coupé aus Familienbesitz hat laut Auktionshaus eine Laufleistung von 108.000 Kilometern. Bemerkenswert ist auch das Kennzeichen: S.300 war immer in der Hand der Mercedes-Vertretung. S.100 hatte das Land, S.200 Louise Piëch Das spektakulärste Auto aus der Sammlung ist nicht das Teuerste (diese Rolle hat natürlich ein Flügeltürer): Der 600 Pullman diente drei Bundespräsidenten als Staatskarosse, mit ihm holte die Republik Österreich unter anderem die Queen vom Flughafen ab. Heute soll die sechs Meter lange Hightech-Limousine zwischen 180.000 und 260.000 Euro bringen. Versteigert werden die Wagen zwar ohne Limit. Doch beim ein oder anderen Auto könnten Laufleistung, Ausstattung oder Vorgeschichte für überraschende Preise sorgen.
Günther Wiesenthal: Autohändler in Prag und Wien
Die Geschichte der österreichischen Firma Wiesenthal handelt vom Handel. Als Günther Wiesenthal in den 1920er-Jahren an den Mercedes-Benz-Vertretungen in Prag und Wien beteiligt ist, sind Autos noch selten und teuer und Mercedes gehört zum Besten, was es gibt. Die Massenmotorisierung ist auch noch ein paar Jahre entfernt, als Wiesenthal in Wien die Motor Import Gesellschaft gründet. Er wird 1932 Geschäftsführer der österreichischen Vertriebsgesellschaft, 1935 ruft ihn die Zentrale als Exportleiter nach Stuttgart. Nach dem Zweiten Weltkrieg geht Wiesenthal zurück nach Österreich, beginnt 1955 in Salzburg als Generalvertreter, Mercedes nach Österreich zu importieren. Als er 1958 als Präsident von Mercedes USA und Kanada in die USA geht, übergibt er die Salzburger Geschäfte an seinen Mitarbeiter Georg Pappas. Pappas erbt zwei Jahre später die Hälfte des Geschäfts, nachdem Wiesenthal an Leukämie verstirbt.
Die Nachfolger expandieren und sammeln
Wiesenthals Witwe Hilde führt die Geschäfte der Wiener Firma Wiesenthal & Co. KG bis 1972 ihre Tochter Susanne Sulke-Wiesenthal die Geschäftsführung übernimmt und die Firma zusammen Patrick Graf Douglas führt. Die Firma expandiert zunächst in Österreich, den USA, ab 1990 auch in der Slowakei und Ungarn. In dieser Zeit bauen Sulke-Wiesenthal und Douglas eine Sammlung auf, die von den Ponton-Mercedes des Seniors bis zum 560 SEL 17 Spitzenmodelle der Marke umfasst.