Mercedes G 460/461 (1979-1990) Kaufberatung

Allesüberwinder mit Schwachstellen

Der Mercedes G in seiner frühen Version mit Zuschalt-Allrad in der Kaufberatung und im Fahrbericht: Auf dem Offroad- Parcours des Château de Lastours zeigen drei G-Modelle, dass sie bis heute nichts verlernt haben.

Mercedes G 461 Kaufberatung Foto: Mercedes 40 Bilder

Unmengen Sand, tiefer Matsch und felsiges Gelände sind nicht unbedingt das, was man auf Anhieb mit Frankreichs Süden assoziiert. Doch das 850 Quadratkilometer große Areal des Château de Lastours ist eine wunderbare Spielwiese für große Kinder und echte Kerle, die sich hier mal richtig austoben wollen. Als passendes Spielzeug empfiehlt sich das G-Modell der Baureihe 463, das Mercedes hier testete und 1990 präsentierte. Dass auch der Ur-G (460) mit den fast 385 Kilometern Geröll- und Rumpelpisten zurechtkommt, wollen heute drei verschiedene Motor- und Karosserievarianten beweisen. Die Frage ist nur: Welchen fahren wir zuerst?

300 GD Cabrio: Fünfzylinder, 88 PS

Mercedes G 461 Kaufberatung Foto: A. Lindlahr
Der offene 300 GD bietet das ursprünglichste G-Gefühl.

Die Wahl fällt auf den blauen 300 GD mit Fünfzylinder-Diesel, ein spätes Modell, Baujahr 1989. Der "offene Wagen" mit Stoffverdeck und kurzem Radstand (2400 mm) – in der Folge werden wir ihn einfach Cabrio nennen – ist nicht nur für mich etwas ganz Besonderes. Schließlich stehen in meiner Vita acht Jahre bei der Bundeswehr, in denen ich viel Zeit in der Militärversion "Wolf" verbracht habe. Und ja, da kommen Geschichten hoch. Aber keine Angst, ich werde Sie jetzt nicht mit Armee-Anekdoten quälen.

Zum Glück scheint die Sonne, also runter mit der Plane. Die Laschen sind schnell gelöst, und die Stoffmütze verschwindet hinter der Rückbank. Die eigentliche Herausforderung war es schon immer, das Verdeck wieder auf die Karosse zu spannen. Am besten ist man für diese Übung zu zweit und bringt etwas Zeit mit. Anders als heute hatte man beim Bund genug davon – wer selbst gedient hat, weiß, was ich meine.

Pkw-Lenkrad im Nutzfahrzeug-Interieur

Das Interieur des Cabrios wirkt vertraut, wenngleich mit seinen schmucken Türverkleidungen, Becker-Radio und Lederlenkrad aus dem W 124 fast schon luxuriös. Entgegen dem kargen Urzustand sind nun immerhin Zentralverriegelung, Zeituhr, Halogenscheinwerfer, Abschleppkupplung vorn und die Differenzialsperren vorn und hinten serienmäßig, nur die zwei großen Rund-instrumente erinnern noch immer an die Nutzfahrzeug-Herkunft: links der schwarze Geschwindigkeitsmesser, rechts die kombinierte Tank- und Kühlwasseranzeige samt Kontrollleuchten.

Hoch und nah an der Frontscheibe thront man auf den ausreichend bequemen, aber wenig ausgeformten Vordersitzen. Die karierten Stoffbezüge kosteten ebenso extra wie die Fondsitzbank mit drei Kopfstützen beim Cabrio oder das Fünfgang-Schaltgetriebe. Außerdem ist der kurze Schalthebel nur für Menschen mit langen Armen wirklich gut erreichbar, doch die Gänge flutschen locker rein. Gut so, denn der Vorkammerdiesel leistet schmale 88 PS und gibt seine 175 Nm erst bei 2400/min ab, weshalb man ihn bergauf tunlichst auf Drehzahl halten sollte.

Auf den kurvigen Schotterwegen wecken Hinterradantrieb sowie kurzer Radstand den Spieltrieb. Eigentlich ist der frisch lackierte 300 GD zu schade für spritzige Drifts, aber Mercedes hat uns alle Freiheiten zugesichert. Gaslastig jagen wir über die Pisten, dass es im Innenraum nur so rappelt und der Fahrtwind die Frisur ordentlich durchföhnt. Nur vor allzu großen Schlaglöchern bremsen wir hart ab, denn wir wollen ja nicht, dass die Mercedes-Jungs der Klassik-Werkstatt heute noch was zu schrauben bekommen. Putzen müssen sie auf jeden Fall, denn die Staubwolken legen sich nicht nur auf die beiden dahinter fahrenden G-Modelle.

230 GE: Vierzylinder mit Automatik

Mercedes 230 GE 461 Station lang Foto: A. Lindlahr
Der lange Station bietet am meisten Platz, fährt sich dafür sperriger.

Zeit, in den weißen Kastenwagen mit vier Türen und 2850 Millimetern Radstand umzusteigen. Bis zu neun Personen passen theoretisch in die geschlossene Langversion, die als einzige zivile Bauform bis heute überlebt hat. In dieses Exemplar passen nur fünf, denn statt der optionalen Klappbänke seitlich im Laderaum grüßt dort nacktes Bodenblech. Immerhin reisen drei Mitfahrer auf der durchgehenden Fondbank recht bequem, mit ausreichend Platz für die Beine und übermäßigem Raum für die Köpfe.

Der Preis für den Raumzuwachs ist ein deutlich größerer Wendekreis, der den 230 GE auf den verwinkelten Bergwegen weniger handlich erscheinen lässt. Der Vorwärtsdrang des Vierzylinder-Einspritzmotors mit 125 PS wird zudem von der trägen Viergangautomatik, die damals 2782 Mark extra kostete, gebremst.

Auf geht’s in richtiges G-lände

Mercedes G 461 Kaufberatung Foto: A. Lindlahr

Dass Mercedes die Limousinenmotoren nie wirklich an Offroad-Bedürfnisse angepasst hat, hält uns nicht vom Ausflug in schwere Geländeabschnitte ab. Vor uns lädt ein schroffer Steilhang mit dem Charme der Eiger-Nordwand zur Besteigung an. Also erst mal den Gelände-Allrad rein. Dazu wandert der zweite Schalthebel nach rechts hinten – Ungeübte klemmen sich dabei schon mal die Finger ein. Mit halbierter Kraft, aber doppelter Zugleistung wühlt sich der 230 GE den Berg hinauf. Auf dem losen Untergrund reicht dem G vorerst die hintere Differenzialsperre. Die hydraulische Betätigung lässt sich fast schon intuitiv ertasten und einfach nach oben ziehen.

Als sich tiefe Bodenwellen zum Anstieg gesellen, die das starrachsige Fahrwerk komplett aushebeln, ziehen wir auch am Knauf für die hintere mechanische Sperre. Das alles gelingt am leichtesten im Rollen, noch bevor die Räder das erste Mal um Halt ringen. Der dritte Schalter für die mittlere Differenzialsperre kam erst mit dem permanenten Allradantrieb im 463.

230 G mit kurzem Radstand und 102 PS

Etwas mehr hat da der rote 230 G mit dem Anstieg zu kämpfen. Ganze neun Jahre ist die geschlossene Kurzversion älter als das Cabrio, doch optische Unterschiede sucht man vergebens. Die schmucklose Plastikfront samt Rundscheinwerfern blieb über die Jahre nahezu unverändert, der Leistungsmangel zum Glück nicht. Der ursprüngliche Vergasermotor brachte es mal auf 102 PS, von denen offenbar einige heute nicht zum Dienst angetreten sind. Trotzdem treibt er uns wacker und im Ton nicht so aufbrausend wie der Diesel den Hang mit bis zu 30 Grad Steigung hoch.

Rustikales Interieur in Lkw-Optik

 Mercedes G 40 Jahre Foto: Daimler
Frühe G haben das Zweispeichen-Lenkrad aus dem Transporter.

Innen geht es rustikaler zu als in den für G-Verhältnisse recht üppig ausstaffierten Brüdern. Unverschalte Bleche, Schieberegler für die Heizung, das dünne zweispeichige XXXL-Lenkrad aus dem Transporter und der lange Schaltstock sorgen samt Hochsitzen für Lkw-Feeling. Zudem ist der Spalt zwischen Fahrertür und Sitzverstellung so schmal geraten, dass man den Fahrersitz nur bei geöffneter Tür einstellen kann.

Dafür behält man hinter der steilen Windschutzscheibe stets den Überblick. Wo die Rundumblinker die Front markieren, ist das G-Modell wirklich zu Ende. Und auch das Heck lässt sich beim Rangieren am Reserverad zentimetergenau abschätzen. So übersichtlich wie der G aus dem zweiten Produktionsjahr 1980 ist heute kein modernes Auto mehr, denn ohne die Radhausverbreiterungen der moderneren Baureihen misst er lediglich 1,7 Meter in der Breite.

Mercedes G 461 Kaufberatung Foto: A. Lindlahr

Gut so, die engen Gebirgspfade sind nämlich an einigen Stellen nur so schmal wie der Geländewagen. Trotzdem halten wir respektvollen Abstand zum Dornengestrüpp, denn gegen seine Kratzer auf dem originalen roten Lack können die seitlichen Scheuerleisten keinen verlässlichen Schutz bieten. Noch ein letzter kurzer Anstieg, dann ist es geschafft. Alle drei G-Modelle haben die Kletterpartie gemeistert. Endlich haben wir Zeit, die Aussicht über das heideähnliche Hochplateau zu genießen und darüber zu sinnieren, welchen G wir für den Abstieg wählen. Sie ahnen es schon, die Entscheidung fällt nicht leicht, doch mehr G als im offenen Blauen kann man nicht erleben.

Karosserie-Check

Mit den Leuten, für die das G-Modell ursprünglich gedacht war, legt man sich besser nicht an: Armeen, Milizen, Jäger und später auch Inkasso-Unternehmer. Vielleicht gab Mercedes dem G deswegen von Beginn an eine sehr robuste Rostvorsorge mit auf den langen, steinigen Weg. Wenn Korrosion nach Jahren zu einem Thema wird, dann meist zunächst durch Unfallschäden. Die angeschraubten vorderen Kotflügel lassen sich leicht austauschen. Für größere Schwierigkeiten sorgt Rost an den Stehblechen. Auch der Blechfalz unter der Windschutzscheibe und die Scheibenwischerdurchführungen sorgen am Vorderwagen mitunter für rostige Probleme. Türunterkanten, Schweller und hintere Radläufe sowie die hinteren Ecken und die Hecktür neigen bei strapazierten G-Modellen ebenfalls zur Korrosion.

Der Kastenrahmen des G ist äußerst stabil. Doch sollten Interessenten unbedingt auf Rost an den hinteren Federbeinaufnahmen achten. Diese liegen im Spritzwasserbereich. Die braune Pest tritt auch bei den Stoßdämpferaufnahmen auf. Wichtig ist, dass alle Ablauflöcher frei sind. Sonst kann es zu Rost an den Karosserieaufnahmen vorn und hinten kommen. Ein weiterer Schwachpunkt ist der Tank. Abhilfe schaffen Austauschtanks aus Kunststoff.

Technik-Check

Das Fahrwerk des G-Modell lässt sich nur mit Gewalt zerbrechen. Rücksichtsloser Geländeeinsatz und Unfälle können jedoch zu verbogenen Spurstangen und abgerissenen Lenkhebeln führen. Bei Bremsen und Auspuff lässt sich meist nur normaler Verschleiß feststellen. Auch die Antriebstechnik mit zuschaltbarem Allradantrieb und Verteilergetriebe gilt als äußerst robust. Wenn bei zugeschaltetem Allradantrieb in engen Kurven ein Knacken an der Vorderachse zu hören ist, deutet das auf verschlissene Antriebsgelenke hin.

Bei den Getrieben sollte es die manuelle Viergangbox oder das Mercedes-Fünfganggetriebe sein. Die manuelle Getrag-Fünfgangbox wie auch die frühen automatischen Vierganggetriebe (bis 1987) gelten als anfälliger und weniger haltbar. Den besten Kompromiss aus Leistung und Verbrauch bietet bei den Motoren der 2,3-Liter-Einspritzer im 230 GE. Bei ihm muss alle 100.000 Kilometer die Steuerkette gewechselt werden. Ebenfalls empfehlenswert: die zuverlässigen Diesel 300 GD und 250 GD.

Preise

Die Preis für einen kurzen 230 GE in mäßigem Zustand liegen zwischen 5.000 und 6.800 Euro. Das gleiche Auto kostet in gutem Zustand zwischen 15.800 und 21.400 Euro. Ein 300 GD Station lang kann laut Classic-Analytics bis zu 28.100 Euro wert sein. Die Preise für den 280 GE mit 156 PS starkem Sechszylinder liegen auf einem ähnlichen Niveau wie jene für den Fünfzylinder-Diesel. Cabrios und lange Station sind etwas teurer als die geschlossenen Kurzversionen.

Bei Einführung 1982 (230 GE) :
43.500
Bei Produktionsende 1990 (230 GE) :
58.250

Ersatzteile

Für den G gibt es so gut wie alles, was Technik und Karosserie angeht. Das gilt nicht nur für die späteren Modelle mit permanentem Allradantrieb der Baureihe 463, sondern auch für die frühen G-Modelle. Nur bei einigen Innenraumteilen kann es zu Engpässen kommen. Die Innenräume der frühen G-Modelle waren spartanisch-robust möbliert. Dennoch sind die Sitze früher Modelle oft verschlissen, Ersatz ist rar.

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage