Mercedes C-Klasse W202 (1993-2001) Kaufberatung

Endlich 30: Fährt der C 36 wie ein Oldtimer?

Die erste Mercedes C-Klasse wird 30 und damit offiziell zum Oldtimer. Wie fährt der Nachfolger des Baby-Benz in seiner stärksten Version C 36 AMG und worauf ist beim Kauf zu achten?

Mercedes C 36 AMG W202 (1997) Foto: Malte Buls 23 Bilder

Als Mercedes im Mai 1993 die erste C-Klasse vorstellt, bleibt die Revolution aus. Eine pompöse Vorstellung gibt es ebenfalls nicht, die Pressepräsentation findet im Schulungszentrum Lämmerbuckel auf der Schwäbischen Alb stat. "5-Sterne Kommunikation statt 5-Sterne-Hotel", sagt der damalige Pressechef Wolfgang Inhester dazu.

Wie war das damals? Wir schnappen uns einen C 36 AMG für eine Runde über die Schwäbische Alb. Oberhalb der Gemeinde Wiesensteig, direkt an der Autobahn A8 östlich von Stuttgart, steht das Mercedes-Benz Schulungszentrum in der Landschaft. Drumrum: Jede Menge Straßen für erste Fahreindrücke: schmale Ortsdurchfahrten, weite Radien auf Landstraßen, Serpentinen und die Autobahn Richtung Ulm oder Stuttgart.

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So fährt der Mercedes C 36 AMG

Premiere hatte der C 36 im September 1993 während der IAA in Frankfurt am Main. Im selben Monat beginnt die Produktion des ersten AMG, den es offiziell bei Mercedes zu kaufen gibt. AMG liefert Teile direkt ans Band nach Bremen. Wichtigste Änderung gegenüber einem C 280 Sport, auf dem das neue Topmodell basiert, ist der auf 3606 Kubikzentimeter Hubraum aufgebohrte M-104-Reihensechszylinder. Mehr Hubraum und diverse Tuningmaßnahmen steigern die Leistung auf 280 PS – nur sechs weniger als der Hauptkonkurrent BMW M3.

3,6-Liter-R6 mit 280 PS

Unser Exemplar aus dem Bestand von Mercedes-Benz Classic hat als 1997er-Exemplar schon das Fünfstufen-Automatikgetriebe und damit einen Schwachpunkt weniger; der Viergang-Variante wurde vorgeworfen, dass sie träge sei. Nun gut, 385 Newtonmeter bei 4.000 Umdrehungen sind ein starkes Argument gegen Trägheit. Der M 104 tritt kräftig an und klingt dabei angenehm. Lediglich ein leichtes Auspuffschmettern verrät das Tuning.

Mercedes C 36 AMG W202 (1997) Foto: Malte Buls
AMG schrieb Kürzel und Hubraum auf den M 104. Der Reihensechser überzeugt mit viel Kraft und hoher Laufkultur.

Hohe Drehzahlen erreicht der Motor ohne Mühe, die Automatik schaltet bei Vollgas spät und schnell. Trotz sportlichen Anspruchs ist der AMG-Sechszylinder eher ein Komfortmotor für lange und schnelle Etappen. Die Fünfstufen-Automatik passt dazu.

Ein Rennstrecken-Tool ist so eine C-Klasse ohnehin nicht – auch wenn das Auto relativ klein und leicht ist und das Fahrwerk Talent zum Kurvenkratzen böte: Doppelquerlenker-Vorderachse und Fünflenker-Hinterachse wären konstruktiv dazu geeignet. Doch die Abstimmung ist trotz 36 Millimeter Tieferlegung und 17-Zoll-Mischbereifung eher komfortabel. Einlenken gelingt mit der Kugelumlauf-Servolenkung präzise und nicht zu leichtgängig. So präzise und leichtfüßig wie ein BMW E36 fährt ein W 202 allerdings nicht. Wie ein Oldtimer fährt der komfortable, kräftig motorisierte und angenehm kompakte C 36 allerdings wirklich nicht.

Die Innovationen der C-Klasse

Abgesehen von den Zipfelmützen-Rückleuchten und dem Stern mitten auf der Haube bot das Design des W 202, worüber sich zu diskutieren lohnte. Das war Absicht: "Das Design der ersten C-Klasse sollte ein breites Publikum ansprechen mit einer geschmeidigen, ästhetischen und zeitlosen Form", erklärt Peter Pfeiffer, Mercedes-Chefdesigner von 1999 bis 2008. Statt einer neuen Formensprache wie bei der Premiere des 190er-Baby-Benz 1982 war Kontinuität angesagt; die Mittelklasse sollte sich etablieren und ins Programm einfügen.

Neues gab es auf anderen Ebenen. Zum ersten Mal bot Mercedes Ausstattungslinien an. Alternativ zur Basis gab es Esprit mit teils gewagten Farben für jüngere Käufer, Elegance mit Chrom und Holz für die konservative Klientel und Sport für dynamisch orientierte Fahrer.

1996 kommt das T-Modell

Wichtigste Änderung gegenüber dem 190: Der Tank steht nicht mehr hinter der Rücksitzbank. Das bringt mehr Platz im Innenraum, einen größeren Kofferraum und macht einen Kombi möglich: Der erscheint 1996 mit bis zu 1.510 Liter Ladevolumen im schwungvoll geformten Heck. Hier sind die Rücksitzlehnen serienmäßig geteilt umklappbar, bei der Limousine kostet das 1.000 Mark extra.

Mercedes C-Klasse W 202 (1997-2001) Foto: Mercedes-Benz
Ab 1996 ergänzt das T-Modell die Modellreihe um den ersten Mittelklasse-Kombi der Marke.

Das wirkt heute ebenso skurril, wie der Versuch von Mercedes, mit einem neu konstruierten Vierventil-Saugdiesel auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Die Konkurrenz bietet Anfang der 1990er längst Turbodiesel an, die kräftiger sind. Mercedes zieht 1995 mit dem 150 PS starken C 250 Turbodiesel nach. Gleichzeitig erscheint der C 230 Kompressor; ein Vierzylinder der mithilfe eines Roots-Gebläses die Leistung des Sechszylinders im C 280 erreicht. Das nach dem Turbo benannte Loch spart sich der Kompressor; besonders bei mittleren Drehzahlen schiebt der aufgeladene M 111 mit 280 Newtonmeter mächtig an und spart sich bei vernünftiger Fahrweise das Saufen.

Zwei Jahre später stellt Mercedes auf der IAA im C 220 CDI einen Direkteinspritzer-Diesel vor, der reichlich Kraft (125 PS, 300 Newtonmeter) und geringen Verbrauch mit relativ ruhigem Lauf kombiniert: "Seine Disziplin ist die Kultur. Common Rail trennt die Einspritzung von der Druckerzeugung; die dadurch ermöglichte Voreinspritzung kompensiert den Zündverzug – das Ende des Direkteinspritzer-Lärmens", schreibt die Mot am 10. Januar 1998 über den neuen Motor. Jahre später bauten Mercedes-Ingenieure einen Nachfolger dieses CDI in einen 190er – hier schließt sich der Kreis zum Baby-Benz, der mit der Baureihe W 202 erwachsen wurde. Der Einstieg gelingt heute günstig, die Technik ist robust, das Blech rostanfällig und imagemäßig ist der erste C (noch) unter dem Radar unterwegs.

Karosserie-Check

Der in Bremen gebaute W 202 rostet nicht so heftig wie die 210er-E-Klasse. Vor allem ist Korrosion an tragenden Teilen seltener. Dennoch hat auch die erste C-Klasse mit den Folgen verkeimter Grundierungsbäder zu kämpfen, welche die Lackanhaftung störten – was zu Rostblasen an Zierleisten, Tür- und Haubenkanten führt. Rostlöcher bilden sich vor allem im Bereich der Feder- und Dämpferbeinaufnahmen, an den Radläufen sowie an den Schwellern in Höhe der Wagenheberöffnungen. Beim KOmbi nagt der Rost außerdem ganz klassisch an der Heckklappe. Auf verborgene Unfallschäden achten!

Technik-Check

Die Vierventil-Vierzylinder, allen voran natürlich die Dieselversionen, gelten als ausgesprochen robust. Oft sind Exemplare mit über 300.000 km im Angebot. Der Sechszylinder M 104 hat häufiger Probleme mit der Zylinderkopfdichtung, mit Steuerketten und Gleitschienen, der Dreiventil-V6 (M 112) zeigt sich mustergültig unauffällig, krankt aber an der Elektronik-Peripherie. Weil er Doppelzündung hat, sind beim Kerzenwechsel 12 Zündkerzen fällig. Korrekte Wartung ist umso wichtiger, je aufwendiger der Motor ist.

Preise

Classic-Analytics attestiert einem C180 im Zustand 2 einen Wert von ca. 4.800 Euro. Fahrbereite Exemplare im Zustand 4 sind bereits unter 1.000 Euro erhältlich. Das Angebot an Fahrzeugen unter 3.000 Euro ist sehr groß. Dabei finden sich dort bereits einige Sechszylinder (C240).

Unter 5.000 Euro sind schon C280 in annehmbarem Zustand zu finden. Ähnlich sieht es bei den T-Modellen aus. Diese sind in ihrem Preisniveau zwar grundsätzlich etwas höher, allerdings finden sich auch hier bis 5.000 Euro zahlreiche brauchbare Fahrzeuge. Die Preise für den W202 sind derzeit also noch auf niedrigem Niveau.

Der 5.221-mal gebaute C 36 AMG ist in den vergangenen Jahren deutlich im Wert gestiegen: Ein Auto in gutem Zustand notiert laut Classic Analytics bei 21.200 Euro.

Bei Einführung 1993 (Mercedes C 180) :
40.825 DM
Bei Produktionsende 2001 (Mercedes C 180) :
47.444 DM

Ersatzteile

Die Ersatzteilversorgung des weitverbreiteten Einsteiger-Mercedes W 202 ist grundsätzlich gesichert. Ausstattungs- und Zierteile für C-Klasse-Modelle von der Stange sind vorrätig. Interieurteile in raren Ausstattungsfarben (Esprit, Rubinrot) sind oft nicht lieferbar.

Schwachpunkte

  1. Rost an Seitenschutzleisten
  2. Rost Kontaktstellen Karosserie
  3. Rost am Kofferraumdeckel
  4. Rost Wagenheberaufnahmen
  5. Rost Federaufnahmen
  6. Einarm-Scheibenwischer
  7. Ölverlust Differenzial
  8. Auspuffkrümmer
  9. CDI-Diesel: Injektoren
  10. Gummilager Vorderachse
Mercedes C-Klasse, Schwachpunkte, Igelbild

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Bisher galt jeder gerade abgelöste Mercedes umgehend als "letzter echter Mercedes". Rost kostete die erste C-Klasse diesen Nimbus, den sie mit ihrer robusten Mechanik und durchdachten Konstruktion durchaus verdient hätte.

Mehr Platz und stärkere Motoren als im W 201 sprechen für den W 202, dafür ist das Design weniger klar und zeitlos. Gepflegte Topmodelle machjen sich gerade auf den Weg Richtung Klassiker, während zahlreiche angenagte Exemplare in letzter Hand im Alltag unterwegs sind. Doch war das bisher nicht bei jedem Mercedes so?

Mein Tipp wäre ein rostarmes T-Modell aus pflegendem Vorbesitz oder eine Limousine mit Designo-Ausstattung und Kompressor oder Sechszylinder als Alternative zum raren C 36. Der ist ohnehin eine Empfehlung wert: seltener als ein BMW M3, günstiger und komfortabler.