Mercedes-Benz 220 SE Coupé
Die Ponton-Kaufberatung
Die Mercedes Benz 220 Ponton-Coupés und Cabriolets sind elitäre, handgefertigte Produkte Sindelfinger Karosseriebaus. Ihre komplexe Karosseriestruktur ohne schützende Rostvorsorge macht sie zu kostspieligen Restaurierungsobjekten. Die robuste Technik bereitet wenig Sorgen. Vorsicht vor US-Importen.
Karosserie-Check
Eine komplexe Karosseriestruktur, der handwerklicher Zusammenbau in Kleinserie mit teilweise unterschiedlichen Passformen und Messtoleranzen, dazu ein gewisser Aluminiumanteil (die Türpaneele sowie einige Bleche im Bereich des Vorderwagens) machen die Restaurierung eines Mercedes-Benz 220 SE Coupés oder Cabriolets zu einer ebenso anspruchsvollen wie kostspieligen Angelegenheit. Hinzu kommt der kaum vorhandene Korrosionsschutz jener Tage.
Wer glaubt, nur einen Vetter des 180 Diesel vor sich zu haben, kann das nur am Fahrwerk festmachen. Kotflügelschraubkanten und Stehbleche sind die bevorzugten Korrosionsherde bei den zweitürigen Mercedes-Benz 220 SE Coupé-Modellen. Auch die Quertraverse der Bodengruppe, die Schweller im B-Säulenbereich und die Aufnahmepartien für die Schubstreben der Eingelenk-Pendelachse sind oft durchgefault. Rost nistet sich auch am Übergang der vorderen Radhäuser zum Bodenblech von Fahrer- und Beifahrerfußraum ein. Die hinteren Radläufe blühen unter den Chromleisten auf, der Gammel schreitet dann meist bis zu den Endspitzen fort, befällt Reserveradmulde und hinteres Abschlussblech.
Selbst wer die Rohkarosserie bei der Restaurierung in den Griff bekam, hat noch nicht gewonnen. Auf ihn warten mannigfache Chromteile und ein Innenraum, dessen Renovierung Polster- und Holzspezialisten fordert. Vor allem der Windschutzscheibenrahmen, der aus sieben einzelnen Leisten besteht, ist ein Puzzle für Könner. Klaus Kienle beziffert eine erstklassige Vollrestaurierung beim Mercedes-Benz 220 SE Coupé mit rund 120.000 Euro.
Technik-Check
Die Mercedes-Benz 220 SE Sechszylinder sind robust und haltbar, Laufleis-tungen von über 250.000 Kilometern keine Seltenheit, das gilt vor allem für den gering belasteten 100-PSVergasermotor. Der Öldruck bei heißem Motoröl soll 1,5 bar nicht unterschreiten, der Ölverbrauch nicht über 1,5 Liter/1.000 km liegen. Der Einspritzmotor ist etwas sensibler, eine Überholung der mechanischen Einspritzpumpe kostet etwa 2.500 Euro. Lagerschäden treten nur bei extrem hohen Laufleistungen auf.
Auch die Mercedes-Benz 220 SE Getriebe machen kaum Probleme, manchmal verschleißt die Synchronisierung des zweiten Gangs vorzeitig oder der Rückwärtsgang lässt sich nur mit viel Gefühl einlegen. Das erfodert eine Justierung des Schaltgestänges. Das Fahrwerk ist nicht wartungsfrei, sondern muss abgeschmiert werden, bei Vernachlässigung sind ausgeschlagene Gelenke die Folge. Ein zu großes Lenkspiel tritt häufig auf.
Preise
Die Ponton-Exklusivmodelle Coupé und Cabriolet haben eine beachtliche Preiskarriere hinter sich, seit 1998 ist vor allem das Cabrio um rund 40 Prozent gestiegen. Am begehrtesten sind die späten 220 SE-Modelle, das Mercedes-Benz 220 SE Coupé gern mit Schiebedach. Doch der Kenner entscheidet eher nach Zustand als nach Motorisierung und Ausstattung. Rostfreie, unrestaurierte Wagen sind Raritäten und verdienen einen weiteren erheblichen Preisaufschlag von bis zu 25 Prozent. Rostfreie angeblich ungeschweißte US-Importe sind nur mit Vorsicht zu genießen. Sie sollten hier zu Lande restauriert worden sein, weil das Qualitätsniveau ungleich größer ist. Generell wird der Abstand zwischen Coupé und Cabriolet in Zukunft schrumpfen.
- Bei Einführung 1956 (220 S Coupé, 100 PS) :
- 21.400 Mark
- Bei Produktionsende 1960 (220 SE, 120 PS) :
- 23.400 Mark
Ersatzteile
Prinzipiell ist alles zu haben, nur zu sehr hohen Preisen. Technischer Ersatz ist meist ohne Weiteres verfügbar, Verscheißteile wie Bremsbeläge, Kupplungsscheiben oder Stoßdämpfer sind sogar erschwinglich. Vordere Bremstrommeln, die aufwändige Zweistempel-Einspritzpumpe oder ein kompletter Edelstahlauspuff verschlingen vierstellige Summen. Ganz zu schweigen von Ausstattungs- und Zierteilen, die häufig mit Gold aufgewogen werden.
Die Manufakturqualität dieser begehrenswerten Autos schlägt sich in horrenden Restaurierungskosten nieder, allein ein kompletter Satz Chromund Holzteile kostet über 25.000 Euro. Übrigens gab es auf Wunsch auch Velourspolster, und die Hölzer im Innenraum differieren in Sorte, Farbe und Maserung.
Schwachpunkte
- Kotflügel-Schraubkanten
- Spaltmaße und Türpassform
- Einstiegsbleche u. Schweller
- Kontaktkorrosion Türbleche
- Hintere Radläufe
- Vordere Quertraverse
- Aufnahme der Schubstreben
- Endspitzen
- Reserveradmulde
- Einspritzpumpe
- Ölverbrauch/Ölverlust
- Ausgeschlagene Fahrwerksgelenke
- Frontscheibenrahmen
- Holz- und Chromteile
- Verdeck und Verdeckkasten
Wertungen
Fazit
Die Ponton-Coupés und Cabriolets sind elitäre, handgefertigte Produkte Sindelfinger Karosseriebaus. Ihre komplexe Karosseriestruktur ohne schützende Rostvorsorge macht sie zu kostspieligen Restaurierungsobjekten. Die robuste Technik bereitet wenig Sorgen. Vorsicht vor US-Importen.