Mercedes 300 SL Widebody-Speedster mit AMG-Motor
Ganz ruhig, das ist ein SLK
Blasphemie oder Kunst? Wir finden: Dem Mercedes SL stehen Speedster-Look, Widebody und Kompressor-V6 eigentlich ganz ausgezeichnet.
09.02.2021
Patrick Lang
Foto: S-Klub / Patrick Lang
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So ein Widebody steht dem 300 SL schon extrem gut, nicht wahr?
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Mercedes-Fans brauchen keinen Alarm zu schlagen. Hier wurde kein echter 300 SL umgebaut.
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Dieser 300 SL Speedster ist in Wahrheit ein SLK mit eigens angefertigter Fiberglas-Karosserie.
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Erschaffen wurde das Kunstwerk von John Sarkisyan aus Los Angeles. Unter dem Label S-Klub kreiert er spektakuläre Restomods.
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Einige Originalteile stecken allerdings schon drin. Embleme, Grill und Rückleuchten sind echte 300 SL-Elemente.
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Die Windschutzscheibe, die Sitze und der Innenspiegel stammen dagegen von einem Porsche 356 Speedster. Der Motor kommt aus einem SLK 32 AMG von 2002.
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Kein anderer Sportwagen hat eine Aura wie der Mercedes-Benz 300 SL, kein Detail der Automobilgeschichte besitzt einen Wiedererkennungswert wie die Flügeltüren des Coupés.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
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Die Powerdomes in der 300-SL-Haube waren nötig, um Platz für den Motor zu schaffen. Mercedes nutzt sie bis heute als Designmerkmal.
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Trotz des aufwändig in Handarbeit gefertigten Gitterrohrrahmens, der aus dünnen Stahlrohren zusammengeschweißt wurde, war das Coupé mit 1.310 Kilogramm verhältnismäßig schwer.
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Das Rückgrat des 300 SL bildet ein besonders verwindungssteifer Gitterrohrrahmen, der dem Rennwagen von 1952 entliehen ist. Darüber schwingen sich die Karosserierundungen, unverwechselbar gestaltet von Chefstilist Friedrich Geiger.
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Lange Zeit galt „Sport Leicht“ als Auflösung des Buchstabenkürzels. Doch anlässlich des 60-jährigen Modelljubiläums wurde im Werksarchiv ein Dokument entdeckt, in dem die Abkürzung als „Super Leicht“ aufgelöst wurde.
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Der 300 SL ist Mitte der 50er-Jahre „ein Fahrzeug, das den Namen Mercedes-Benz wieder vergoldet“.
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Der zweisitzige Sportwagen folgte damit ab dem ersten Entwicklungsschritt einer klaren Strategie: Der 300 SL sollte ein neues Markenimage prägen und damit den wichtigen US-Markt zu öffnen.
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Trotz des horrenden Kaufpreises von 29.000 Mark wurden allein vom Coupé insgesamt 1.400 Exemplare gebaut.
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Gute Exemplare werden heute für Preise von rund einer Million Euro gehandelt. Allerdings variieren die Preise stark je nach Geschichte und Zustand des angebotenen Autos.
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Das Lenkrad ist klappbar, um den Einstieg zu erleichtern. Eine Servolenkung gibt es nicht, deshalb ist das Lenkrad so groß.
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Der Kunde hatte die Wahl zwischen Stoff- und Ledersitzen.
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Das Schaltgetriebe hat vier Gänge.
Foto: Bonhams/P. Litwinski
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Unter der Motorhaube mit den zwei markanten Wölbungen („Powerdomes“) steckt der Dreiliter-Motor mit Trockensumpfschmierung, um 45 Grad nach links zur Seite geneigt.
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Unter der Kofferraumhaube wohnt das Ersatzrad. Größeres Gepäck muss hinter die Sitze.
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Der Roadster bekam eine andere Hinterachse, Hochkant-Scheinwerfer und ab 1961 Scheibenbremsen.
Foto: Frank Herzog
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Die offene Version gilt wegen der besseren Belüftung des Cockpits und der gutmütigeren Fahreigenschaften als das einfacher zu fahrende Auto.
Foto: Frank Herzog
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300 SL werden heute noch gern bei Oldtimer-Rallyes gefahren.
Foto: Frank Herzog
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Seine Premiere hatte der Mercedes-Benz 300 SL im Februar 1954 in New York.
Foto: Daniel Byrne
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Im Dezember 2018 erzielte ein Flügeltürer (Baujahr 1955) aus der Sammlung eines großen Wiener Mercedes-Händlers in der Auktion von Dorotheum einen Verkaufspreis von 1.492.600 Euro.
Foto: Dorotheum
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Prominente wie etwa der Hollywood-Schauspieler Clark Gable fuhren 300 SL. Sein ehemaliges Auto wurde im Januar 2018 für umgerechnet 1,8 Millionen Euro versteigert.
Foto: Barrett-Jackson
Könnte es wirklich sein, dass sich hier ein historischer Moment Bahn bricht? Wird dieses Auto der Anlass dafür sein, dass sich Traditionalisten und Restomodder weinend in den Armen liegen? Sich alle gehässigen Kommentare der letzten Jahre verzeihen und künftig Besserung geloben? Okay, das wissen wir auch nicht. Was wir wissen: Dieser 300 SL Speedster von S-Klub aus Los Angeles ist ein sagenhaft lässiges Stück Automobil-Kunst.
Foto: S-Klub / Patrick Lang
Die Liebe zum Detail ist beeindruckend. Hingucker im Cockpit: Das Lenkrad nach eigenem Design.
Trotzdem muss man sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Da kommt ein Typ daher und plant, einem 300 SL buchstäblich die Flügel zu stutzen. Weg mit den aufschwingenden Türen, rein ins Speedster-Gewand. Bevor Sie nun doch der Zorn übermannt, weil lediglich 1.400 Exemplare des 300 SL Coupé jemals gebaut wurden, müssen wir Entwarnung geben. Der Mann hinter dem Umbau, John Sarkisyan, hat kein gut erhaltenes Original zersäbelt und schon gar kein Coupé. Die Basis bildet tatsächlich ein 2002er SLK 32 AMG. Mit 2.400 Millimetern weist das kleine Sport-Coupé übrigens exakt den selben Radstand wie ein 300 SL auf.
Da steckt auch Porsche drin
Tatsächlich besteht der Widebody-Speedster aus mehreren Fahrzeugen, und darunter sind auch echte 300 SL-Teile. Der Grill, die Rückleuchten und die Embleme sind durchaus original. Die Windschutzscheibe stammt dagegen von einem Porsche 356 Speedster, ebenso der Rückspiegel auf dem Armaturenbrett und das Gestühl. Was den Eigenbau-SL allerdings so einzigartig macht, ist genau das: Eigenbau. Die Widebody-Karosserie, das Lenkrad oder das tief liegende Air-Ride-Fahrwerk geben dem Retro-Sportwagen sein ganz besonderes Flair. Dazu kommt moderne Technik, wie etwa eine High-End-Audioanlage oder Bremsen von Brembo. Die schnieke Belederung des Cockpits tut ihr Übriges.
Foto: Screenshot NFL Youtube
Das macht den Speedster nochmal deutlich exklusiver: Beim Super Bowl 2021 hat der Restomod-Benz einen Halbzeit-Auftritt mit Musiker "The Weeknd".
Achja, ganz nebenbei: Wenn Ihnen der SL Speedster während der Lektüre dieses Artikels zunehmend bekannter vorkommt, liegt das vielleicht daran, dass Sie ein Football-Fan sind. Wer sich nämlich beim amerikanischen Super Bowl die Nacht um die Ohren geschlagen hat, könnte den Retro-Benz dort entdeckt haben. Zumindest, falls die Halbzeitpause nicht für einen ausgedehnten Gang auf die Toilette gedient hat. Musiker "The Weeknd" hat den Speedster in seine Performance integriert.
Nicht für Normalsterbliche
Einen echten 300 SL würde Sarkisyan laut eigener Aussage übrigens nie zerschneiden und umbauen – die Mercedes-Fans dürfen also beruhigt aufatmen. Gut so, denn kaum ein historischer Sportwagen strahlt ikonischer bis heute in die Welt der Auto-Fans. Direkteinspritzung, Gitterrohrahmen und (natürlich) Flügeltüren – da weiß jeder Petrolhead sofort, wer gemeint ist. Der Dreiliter-Reihensechser faszinierte seinerzeit mit 190 PS, dank optionaler Sportnockenwelle auch mit 215 Pferden und bis zu 228 km/h schnell.
Foto: Schaltkulisse
Originale 300 SL sind heute kaum bezahlbar. Millionenbeträge sind die Regel, wenn es sich (wie auf dem Bild) um ein seltenes Alu-Modell handelt, wird es noch teurer.
Mittlerweile ist ein 300 SL, egal ob als Roadster oder als Flügeltürer, in Preisregionen angekommen, die das Auto für Normalsterbliche unerreichbar machen. Siebenstellig geht es eigentlich immer zur Sache. Kein Wunder also, dass sich talentierte Restomodder und Schrauber wie Sarkisyan auf einen SLK verlegen, und den Look aus einer Fiberglas-Karosserie nachmodellieren. Davon haben wir doch am Ende alle was: Der Original-Bestand bleibt unangetastet, dafür entsteht ein Auto, das man tatsächlich auch mal auf der Straße zu sehen bekommt.