Mercedes 300 SEL 6.3 Rote Sau
Rückkehr des legendären AMG-Renners als Replika
Arthur Bechtel Classic Motors baut jedem eine Rote Sau nach, der eine haben will (und sich leisten kann) – das Original von 1971 gibt es nämlich schon lange nicht mehr.
14.03.2021 Gregor HebermehlArthur Bechtel Classic Motors aus dem 20 Kilometer südwestlich von Stuttgart gelegenen Böblingen hat sich auf die Restauration von und den Handel mit klassischen Mercedes-Modellen spezialisiert. Jetzt bieten die Schwaben ein ganz besonderes Automobil an: eine Replika des Mercedes 300 SEL 6.3 Rote Sau. Mit diesem Fahrzeug erlangte der damals noch kleine Tuner AMG Anfang der 1970er-Jahre Weltruhm.
AMG machte das, was Mercedes nicht schaffte
Den Mercedes 300 SEL 6.3 (Baureihe W 109) baute Daimler von 1967 bis 1972. Für den Rennsport war die Konstruktion nicht vorgesehen: Das fast 1,8 Tonnen schwere Auto ließ bei wilder Kurvenhatz Reifen und Bremsen zu schnell verschleißen. Mercedes selbst gab die Versuche, aus dem 300 SEL 6.3 ein Rennauto zu machen, auf – aber Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher blieben mit ihrer noch jungen und damals in Großaspach ansässigen Tuningfirma AMG dran. Sie nahmen einen W-109-Unfallwagen und bauten ihn wieder auf. Für das Motortuning verwendeten sie Mercedes-Teile und koppelten das Aggregat dann an ein Fünfgang-Schaltgetriebe samt Rennkupplung. Das aufgrund seiner knallig roten Farbe "Rote Sau" getaufte Auto holte 1971 bei den 24 Stunden von Spa den Klassensieg und belegte in der Gesamtwertung Platz 2. In der finalen Ausbaustufe soll der Motor 428 PS geleistet und ein maximales Drehmoment in Höhe von 620 Newtonmetern generiert haben – dies reichte für eine Höchstgeschwindigkeit in Höhe von 265 km/h.
Ungeklärtes Ende
Bereits 1972 war die Rennkarriere der Roten Sau vorbei, weil ein neues Reglement die Hubräume auf höchstens fünf Liter begrenzte. Angeblich ging das Auto dann für Reifentests zum französischen Luftfahrtkonzern Aérospatiale-Matra – es gilt als verschollen, wahrscheinlich landete es in den 1990er-Jahren auf dem Schrott. Das im Mercedes-Museum in Stuttgart ausgestellte Exemplar ist eine Werk-Replika von 2005. Jetzt bietet Arthur Bechtel Classic Motors eine schicke Replika der Roten Sau für private Kunden an.
Wiederauferstehung
Als Basis für den Umbau dient ein W 109, den die Spezialisten von Arthur Bechtel Classic Motors optisch eins zu eins der Roten Sau nachempfinden. Dafür entfernen sie die Stoßstangen, lackieren den Renner knallrot, montieren an der Front Zusatzscheinwerfer und setzten die Sponsoren-Aufkleber an die Stellen, wo sie auch beim Original saßen. Außerdem bekommt die Rote Sau die dem Original entsprechenden Radhausverbreiterungen. Innen gibt es mit schwarzem Leder bezogene Rennschalensitze und einen schwarz lackierten Überrollkäfig. Die Rückbank bleibt zwar erhalten, dürfte aber wegen des Käfigs und der über sie geführten Sicherheitsgurte der Vordersitze nur schwer zu nutzen sein.
Der Serienmotor mit 6,3 Litern Hubraum und 250 PS bleibt allerdings unangetastet, der Kunde kann aber wählen, ob das originale Getriebe im Auto bleibt, oder ob eine Getrag-Fünfgang-Automatik zum Einsatz kommt. Das standardmäßige Luftfahrwerk ersetzen die Mechaniker auf Wunsch gegen ein tiefergelegtes Sportfahrwerk.
Kundenwunsch löste Andrang aus
Seine erste Replika der Roten Sau baute Arthur Bechtel Classic Motors 2019 für einen südkoreanischen Kunden. Das sprach sich rum und immer mehr Interessenten wollten ebenfalls so eine Rote Sau. Also baut die schwäbische Firma inzwischen vier Exemplare pro Jahr – es dauert neun Monate, ehe eine Rote Sau fertig ist. Der Preis beträgt 339.150 Euro. Dafür gibt es nicht nur das Auto, sondern auch eine vollumfängliche Garantie für ein Jahr, eine fotografische Dokumentation der Restauration, eine weltweite fachgerechte Auslieferung, einen Kundensupport bei Zoll, Import und Zulassung und nach 500 Kilometern den ersten Kundendienst in der Oldtimer-Fachwerkstatt bei Arthur Bechtel Classic Motors.