Markus Winkelhock testet 5 Fahrspaß-Klassiker
Welcher Oldtimer macht am meisten Spaß?
Front-, Heck- oder Allradantrieb? Und wo muss eigentlich der Motor sitzen, damit man maximalen Fahrspaß erlebt? Wir haben den Rennfahrer Markus Winkelhock gebeten, sich fünf gänzlich unterschiedliche Sportwagenklassiker einmal näher anzuschauen.
12.12.2014 Michael SchröderAudi Quattro, BMW 2002 tii, Lancia Fulvia Coupé, Renault Alpine A110 und VW-Porsche 914
Nein, diese fünf Sportwagen müssen sich längst nicht mehr beweisen. Und dennoch haben wir heute noch einmal einen Audi Quattro, einen BMW 2002 tii, ein Lancia Fulvia Coupé, eine Renault Alpine A110 sowie einen VW-Porsche 914 zu einem besonderen Vergleich auf eine einsame Landstraße auf der Schwäbischen Alb einbestellt. Weil jeder für sich sinnbildhaft für ein bestimmtes Konzept steht, welches von seinen Fans schon mal als das einzig wahre verteidigt wird, wenn es um die Rezeptur für möglichst viel Fahrspaß geht: Die Alpine und der VW-Porsche sind als Vertreter der Heckmotor- beziehungsweise Mittelmotorsportwagen-Gemeinde angereist, der Audi verfügt selbstredend über Allradantrieb, und der BMW vertritt mit seinem Hinterradantrieb die klassische Sportwagenfraktion, während die Fulvia ihre Motorkraft über die Vorderräder abgibt.
Dass diese Autos großen Spaß bereiten, setzen wir an dieser Stelle einmal voraus. Doch warum machen uns diese Autos Freude? Und findet sich in dieser Gruppe einer, der womöglich noch unterhaltsamer als die anderen zur Sache geht?
Ex-DTM und Formel 1-Pilot testet die 5 Sportwagenklassiker
Auf der Suche nach einer Antwort haben wir den Rennfahrer Markus Winkelhock verpflichtet. Der ehemalige DTM- und Formel-1-Pilot ist derzeit als Fahrer für Audi in einem R8 im ADAC GT Masters unterwegs und dürfte demnach wissen, wie man ein Auto bewegt und worauf es ankommt, wenn man damit Spaß haben will. Dass Winkelhock bisher kaum Berührungspunkte mit klassischen Autos hatte, spricht ebenfalls für ihn - wie der Umstand, dass ihm der Anblick der 5 am Straßenrand geparkten Sportwagenklassiker auf Anhieb ziemlich gut gefällt.
Kandidat Nummer eins, weil die Autos in alphabetischer Ordnung geparkt sind: der Audi. Der Allradsportler mit dem exotischen Fünfzylinder-Turbomotor kommt mit seinem typischen 80er-Jahre-Kanten-Design bei dem 34-jährigen Gastfahrer erwartungsgemäß gut an. Und: "Motorsport war bei uns zu Hause immer ein Thema", erklärt Winkelhock und erinnert sich sofort an den spektakulären Auftritt von Walter Röhrl, der 1987 in einem Audi Sport Quattro als erster Fahrer in einer Zeit von unter elf Minuten den Pikes Peak hinaufgestürmt ist.
Audi Quattro mit 200 PS-Turbo-Fünfzylinder
Winkelhock nimmt auf dem Fahrersitz des Audi Quattro Platz, sein Blick schweift über das schwarze Plastik-Cockpit mit dem aufgesetzten Instrumentenkasten, welches prinzipiell aus dem Audi 80 stammt. Ihm fallen sofort die ab 1986 eingeführten Digitalinstrumente anstelle eines herkömmlichen Tachos und Drehzahlmessers auf. "Ziemlich cool, diese Anzeigen", schwärmt der Rennfahrer.
Im nächsten Moment ist Winkelhock unterwegs. Er schätzt den brummigen, leicht unrunden Klang des Fünfzylinders, dessen ladeluftgekühlter Turbo ab etwa 4.000 Touren für 0,85 Bar im Ansaugtrakt sorgt und dabei 200 PS aus dem Triebwerk quetscht. "Noch immer bemerkenswert, wie das Auto beschleunigt", findet der gebürtige Schwabe.
Noch faszinierender sei es allerdings, wie es gänzlich ohne Traktionsprobleme auf der Straße haftet. Immer und überall. Die Begeisterung für den Allradsportler mit der ruhmreichen Rallye- Karriere im Nacken ist Markus Winkelhock anzusehen, während er den Quattro abwechselnd im zweiten und dritten Gang routiniert durch eine Folge enger Rechts- und Linkskurven treibt. "Das muss damals eine echte Sensation gewesen sein." Und: "Dieses Auto würde es schaffen, dass man sich stets wie ein Rallye-Pilot vorkommt".
1.030 Kilo leichter BMW 2002 tii
Fahrzeugwechsel. Winkelhock steigt in den fjordblauen BMW 2002 tii von 1971 um. Ihm gefällt die sparsam modellierte Form. "Kein Gramm Blech zu viel", lautet sein erster Kommentar. "Aber ein Sportwagen?" Winkelhock kommt angesichts des riesigen Lenkrads und der geraden Sitzposition ohne jeglichen Seitenhalt ein wenig ins Schmunzeln.
Doch sein Eindruck ändert sich, als er mit dem nur 1.030 Kilo leichten BMW 2002 tii auf die Landstraße verschwindet. "Einfach genial, wie dieses Auto ab etwa 3.000 Touren losstürmt." Der Pilot kommt angesichts des Drehvermögens des 130 PS starken Vierzylinders ins Schwärmen, er freut sich zudem über ein Vierganggetriebe mit kurzen Schaltwegen. Doch noch mehr beeindrucken ihn die leichtgängige und exakte Lenkung und das fein abgestimmte Fahrwerk, das selbst im Grenzbereich nie tückisch reagiert und seiner Meinung nach durchaus ein paar weitere PS verkraften könne. "Ein ehrlicher Übersteuerer", so der Rennfahrer, "und das perfekte Auto, um Driften zu üben."
Monte-Carlo-Sieger Lancia Fulvia Coupé
Fahrzeug Nummer drei: das Lancia Fulvia Coupé mit dem 1,3-Liter-V-Motor, dessen Zylinderwinkel nur knapp 13 Grad beträgt und der weit vorne links um 45 Grad geneigt eingebaut ist. "Kaum zu glauben, dass man damit 1972 trotz Frontantrieb und 89 PS sogar die Rallye Monte Carlo gewonnen hat", wundert sich Winkelhock angesichts des Autos mit dem kantigen Heck.
Doch der bereits 1965 vorgestellte Lanica Fulvia weiß ihren heutigen Testfahrer nachhaltig zu berühren. Winkelhock gefällt, dass der erste von fünf Gängen wie bei einem reinrassigen Sportwagen hinten links sitzt und dass dieser kleine Motor so herrlich röhrt, sobald die Nadel des Drehzahlmessers sich oberhalb der 4.000-Touren-Marke befindet.
Trotz ihrer Kopflastigkeit fühle sich der Lancia Fulvia selbst in schnell gefahrenen Kurven pudelwohl und kaschiere dabei perfekt ihren Frontantrieb, lobt Winkelhock das leicht kontrollierbare Fahrverhalten. Er ist begeistert vom direkten Kontakt zur Straße, schätzt das "pure" Fahrerlebnis, welches nur Autos böten, die ohne jegliche Servounterstützung auskommen. "Als ich den Führerschein gemacht habe, waren solche Fahrzeuge längst von der Straße verschwunden."
Das 625 kg-Leichtgewicht Renault Alpine A110
Jetzt aber der Renault Alpine A110. Es dauert eine Weile, bis sich Winkelhock mit dem winzigen Cockpit der blauen Flunder arrangiert hat. Doch als Rennfahrer gefällt ihm die Liegeposition ausgesprochen gut. Ebenso das Leistungsgewicht des Autos mit der federleichten Kunststoffkarosserie: Der 1300er-Renault-Motor im Heck leistet bescheiden anmutende 80 PS, doch so eine Alpine wiegt eben auch nur 625 Kilogramm.
Raus auf die Straße, erster, zweiter, dritter Gang. Winkelhocks Augen strahlen angesichts der Dynamik der kleinen Französin. Gefühlte 200 PS im Heck des Renault Alpine A110. Mindestens. Und eine Lenkung, so direkt wie bei einem Kart. "Eben ein echtes Wettbewerbsauto", freut sich der Ex-Formel-1-Fahrer.
Allerdings eines, das seiner Meinung nach in schnellen Kurven Übung verlangt. Stichwort Heckmotor. Und Pendelachse. "Eine bei hektischen Lastwechseln durchaus kritische Paarung", weiß Winkelhock. Der Grat zwischen Schnellsein und Abfliegen sei ein sehr schmaler, doch dafür werde es in der Renault Alpine A110 nie langweilig.
Der Mittelmotor-Sportler VW-Porsche 914
Gegen die Enge in der Alpine erscheint dem Gastfahrer die Kabine des VW-Porsche 914/2.0 so großzügig dimensioniert wie der Innenraum eines Reisebusses. Winkelhock gefällt, dass der Drehzahlmesser mittig sitzt. Und natürlich, dass der Wagen von einem Mittelmotor angetrieben wird: "Diese Anordnung findet man ansonsten eigentlich nur bei Supersportwagen und im Motorsport, weil damit eine möglichst ausgeglichene Achslastverteilung und eine Massenkonzentration nahe am Fahrzeugschwerpunkt erreicht wird", erklärt der Profi.
Diese Antriebskonfiguration sorge für ein ausgewogenes Fahrverhalten und ermögliche erstaunlich hohe Kurvengeschwindigkeiten. Dass sich hinter seinem Rücken im VW-Porsche 914 jedoch kein Hochleistungsmotor, sondern "nur" der luftgekühlte Boxer aus dem VW 411 "Nasenbär" befindet, quittiert Winkelhock mit einem Lächeln.
Doch der 100 PS starke Zweiliter kommt beim Rennfahrer gut an: "Ab 4.000 Touren macht das Auto richtig Spaß", so sein Urteil. Noch beeindruckender sei allerdings die Straßenlage des VW-Porsche 914. "Der klebt förmlich auf der Strecke."
Aber hier und jetzt endgültig einen Fahrspaß-Sieger küren? "Unmöglich." Weil jedes Auto erwartungsgemäß seinen ganz besonderen Reiz habe, meint Markus Winkelhock. Unterm Strich wäre für ihn der Audi erste Wahl, aber das sei eben seine ganz persönliche Entscheidung. "Und die darf man niemandem abnehmen."
Fazit von Markus Winkelhock zu den 5 Fahrspaß-Klassikern
Zu meinen ewigen Helden zählt natürlich der Audi Quattro, und die Kombination aus Leistung und Traktion finde ich nach wie vor großartig. Dieses Auto macht einfach Spaß. Die "Spaßwertung" in der Kategorie Motor geht allerdings an die Maschine des BMW 2002 tii, wohingegen die radikale Renault Alpine A110 wegen ihrer Sitzposition und der VW-Porsche 914 wegen der mittelmotortypischen Straßenlage am meisten Rennsportfeeling bieten. Der Lancia Fulvia hingegen hat mich durch ihre Leichtigkeit beim Fahren und durch den direkten Kontakt zur Straße begeistert.