Marcos 3 Litre, Ginetta G33, TVR 3000 M

Britische GFK-Sportwagen - Leichtbau mit V6-Power

Triumph, MG, Healey kann jeder. Wer das Besondere sucht, wird bei Ginetta, Marcos und TVR fündig. Die 3 GFK-Flundern sind kompromisslos auf Fahrspaß getrimmt – und kontern 900 kg mit bis zu 250 PS. Wir fragten deren Besitzer nach dem besonderen Reiz des Exotischen.

Marcos 3 Litre, Ginetta G33, TVR 3000 M, Foto: Dino Eisele 24 Bilder

Nach dem Krieg entstanden in Großbritannien viele kleine Sportwagenfirmen, die alle auf das gleiche Bauprinzip setzten: Man nehme einen separaten Rahmen aus Holz, Vierkantrohren oder einem Zentralrohr, setze eine möglichst niedrige Coupé-Karosserie aus Kunststoff darauf und motorisiere das Ganze mit preisgünstiger Großserientechnik – am besten von Ford. Als aussagekräftige Werbung diente in der Regel allein das Racing, wo sich die kleinen Plastikflitzer aufgrund ihres geringen Gewichts noch heute im historischen Rennsport behaupten. Sie heißen Ginetta, Lotus, Marcos und TVR.

TVR 3000 M, Rahmen Foto: Dino Eisele
Die Technik der drei GFK-Flundern ist simpel: Eine leichte GFK-Karosserie wird auf einen stabilen Rohrrahmen geschraubt, dazu ein Großserienmotor verbaut. Genau richtig für Selbstschrauber.

Unbekannte Kleinsthersteller von der Insel

Während man Lotus und auch die bereits seit 1909 existierende Marke Morgan zu den arrivierten, nach wie vor existierenden englischen Sportwagenherstellern rechnen darf, sind die Straßenmodelle von Ginetta, Marcos und TVR zumindest bei uns auf dem Kontinent eine große Seltenheit. Motor Klassik wollte daher nicht nur drei dieser außergewöhnlichen Engländer für Fortgeschrittene in Wort und Bild präsentieren, sondern auch der Frage nachgehen, wer diese fragilen und bisweilen unkommoden Plastikrenner überhaupt fährt und pflegt.

Einer von ihnen ist Matthias Glock, Jahrgang 1961. Und er besitzt gleich alle drei, eine Ginetta, einen Marcos und einen TVR der Baujahre 1971, 1980 und 1991. Wir treffen ihn und seine Frau Lifia auf einem Gartengrundstück bei Gotha, wo in einer klassischen Holzgarage der Dreiliter-Marcos und der TVR 3000 M ein hübsches Zuhause gefunden haben.

Mit Eibenholz gegen Heimweh

In der Doppelgarage befindet sich neben dem üblichen Material und Werkzeug zum Erhalt von Oldtimern auch ein schöner Vitrinenschrank aus Eibenholz im typisch englischen Vorkriegs-Stil. „Damit die beiden kein Heimweh kriegen und sich ein bisschen wie zu Hause fühlen“, meint Matthias.

Wir merken schon jetzt: Der Sportwagen-Fan kümmert sich rührend um seine Schützlinge und hat ein großes Faible für alles Britische, wenn es um alte Technik zu Wasser, zu Land und in der Luft geht. So gleicht das Wohnzimmer im nahen Einfamilienhaus dem Alterssitz eines pensionierten Staffelkapitäns: Schwere, dunkelbraune Ledermöbel laden zu Gesprächen bei Whiskey und Zigarren ein, an den Wänden hängen gerahmte Ansichten von einmotorigen Jagdflugzeugen und englischen Sportwagen im Renneinsatz.

TVR 3000 M war das erste selbst gekaufte Auto

Dass dieses britische Club-Ambiente mehr als nur den Spleen eines Romantikers darstellt, beweist der blaue TVR, den Matthias bereits 1984 im Alter von 23 Jahren erworben hat und der seither in seinem Besitz geblieben ist. „Als Student bin ich öfter bei der damaligen TVR-Deutschland-Niederlassung in Großauheim bei Hanau vorbeigeradelt und durfte auch mal in einem blauen Coupé Probe sitzen“, berichtet er. Ihn haben vor allem die gedrungene Optik und der rotzig-grollende V6-Sound der 142 PS starken Ford-Maschine beeindruckt. Außerdem sei der TVR ein Auto, „das nicht an jeder Straßenecke parkt“.

Und so kam es, dass der TVR-Fan den bereits bekannten blauen 3000 M mit serienmäßigem Faltschiebedach, das jedoch nicht eingebaut war, ein paar Jahre später aus erster Hand übernommen hat: „Mein erstes selbst gekauftes Auto“. Außerdem bildete das eher eng geschnittene TVR Coupé einen interessanten Kontrast zum bereits vorhandenen roten 77er Triumph Spitfire, den Matthias von seiner Mutter übernommen hatte. Der Virus wirkte also bereits und es kam zum unvermeidlichen Ausbruch einer Briten-Infektion.

Erste Begegnung mit einem Marcos beim TVR-Treffen

Weil nämlich die Fahrer der raren Kleinserien-Sportler oft gemeinsam auftreten, hat Matthias „bei einem TVR-Treffen erstmals bewusst einen Marcos wahrgenommen“. Die extrem flache Karosserie und das geschwungene, wie mit dem Beil abgehackte Fließheck hatten es dem TVR-Piloten angetan: „Ich musste unbedingt einen Marcos mit Dreilitermotor haben und gab deshalb 1997 in den einschlägigen Klassiker-Magazinen eine Suchanzeige auf.“

Aus München meldete sich schließlich ein Marcos-Besitzer, der ein Coupé mit dem gesuchten Dreilitermotor von Volvo besaß. Matthias erinnert sich: „Der Besitzer hatte von Technik nicht die geringste Ahnung. Anstatt beim Kaltstart den Choke zu benutzen, von dem er gar nichts wusste, sprühte er Startpilot in den Vergaser.“ Für den TVR-Mann war deshalb klar, er musste diesen Marcos kaufen und ihn damit aus diesen unkundigen Händen befreien. Der Zustand der Karosserie erforderte die Ausbesserung von diversen Rissen und eine komplette Neulackierung.

An seinen Engländern gibt's immer etwas zu verbessern

Derartige Spezialarbeiten überlässt England-Fan Matthias lieber einem Experten. Bei dieser Gelegenheit erhielt der Marcos das für den TVR mitgelieferte Faltschiebedach eingebaut. „Wegen der flacheren Windschutzscheibe wird es im Marcos noch etwas heißer als im TVR“, erläutert Glock den Umbau.

Fast alle Montagearbeiten am Chassis bis zum Motorausbau erledigt der TVR- und Marcos-Fahrer ansonsten in Eigenregie, fast immer unterstützt durch seine Ehefra Lifia. Und zu tun gibt es immer etwas – weniger Reparaturen, aber dafür „kleine Verbesserungen“. So ersetzen am großen Volvo-Sechszylinder drei Weber-Doppelvergaser die beiden serienmäßigen Stromberg-Gasfabriken. Ein ortsansässiger Spezialist lieferte dazu eine speziell für den Marcos konstruierte Ansaugbrücke.

Schrauberfreundliche Bauweise

Die fast identische Bauweise von TVR und Marcos – auf einen Gitterrohrrahmen aus Vierkantrohren ist eine Karosserie aus Kunststoff aufgesetzt – erleichtert Wartungs- und Montagearbeiten ganz erheblich. Dank großzügig bemessener Motorhauben sind beispielsweise Motor und Vorderradaufhängungen sehr gut zugänglich. Auch der TVR erhielt übrigens einige „kleine Verbesserungen“ wie Fächerkrümmer und einen Holley-Vergaser.

Trotz Marcos und TVR war bei Matthias der Hunger nach den verrückten Engländern noch nicht gestillt. Ein Achtzylinder musste her – aber bitte kein Morgan, zu teuer und zu konventionell. „Außerdem gefiel mir die Ginetta G33 optisch ganz hervorragend. Ich kannte ja diese Autos schon von Kindheit an aus meinen Büchern“, berichtet Matthias.

Marcos 3 Litre, Heckansicht Foto: Dino Eisele
Langstreckenwagen: Der Marcos bietet am meisten Platz und ist dank des laufruhigen 3-Liter-Reihenmotors von Volvo akustisch recht zurückhaltend. Das Fahrwerk mit hinterer Starrachse ist komfortabler, als es auf dem Papier erscheint.

Ginetta G33 von 1991 im Retro-Look

Tatsächlich entspricht die 1985 neu aufgelegte Karosserie des G33 – zunächst als G27 mit Ford-Vierzylinder – optisch weitgehend dem Ginetta-Urmodell G4 von 1961, das einem geschrumpften Jaguar D-Type ohne Heckfinne gleicht. Außerdem bilden vier Liter Hubraum, 203 PS und 900 kg Gewicht einen weiteren Kaufanreiz.

Gattin Lifia wurde schließlich im Internet auf www.carandclassic.co.uk fündig und Matthias machte sich auf die Reise nach Tring nordwestlich von London. Dort wartete der rote Roadster von 1991 aus erster Hand mit gerade mal 8.000 Meilen Laufleistung auf seinen neuen Besitzer aus Deutschland.

Ginetta mit bösem V8-Grollen

Und es kam, wie es kommen musste: „Die Rückfahrt auf eigener Achse im Dauerregen mit dem mickrigen Notverdeck war die reinste Katastrophe“, erinnert sich Matthias. In einem französischen Supermarkt kaufte er einen Stapel Handtücher, die er unterwegs auf vielen Zwischenstopps immer wieder auswringen musste, um die helle Lederausstattung vor größerem Schaden zu bewahren.

Das war vor sechs Jahren, und der Aufwand hat sich gelohnt. Vor allem das Offenfahren in der pfeilschnellen Ginetta macht riesigen Spaß, wenn der V8-Motor sein Grollen ertönen lässt, das man dem kleinen Roadster gar nicht zutrauen würde. Auch nicht die 233 km/h Spitze und einen Nullauf-100-km/h-Sprint in 5,5 Sekunden.

Marcos 3 Litre ideales Langstreckenauto

Für längere Fahrten bevorzugen die Glocks jedoch ihren Marcos 3 Litre, der von allen drei Autos den meisten Platz hinter dem Lenkrad bietet. Hier ist der Fahrersitz fest montiert, und die Pedale können in der Länge über ein Drehrad angepasst werden.

Seit 2008 geht es regelmäßig zum großen Clubtreffen während der Le Mans Classics, wo sich auf der Rennstrecke der optisch fast identische 1800 GT und der Mini Marcos mit den Konkurrenten balgen. So werden Jungenträume Wirklichkeit.

Ginetta G33, Motor Foto: Dino Eisele
Unter der Haube dieses Ginetta grollt der auf 4 Liter aufgebohrte Rover-V8 mit 250 PS - bis zu 233 km/h sind drin.

Die Szene der britischen GFK-Flundern ist zwar nicht besonders groß, doch sehr rege. Und zudem kommt es hier nicht unbedingt auf die Marke an. Drei Besitzer über iihre Faszination für die leichten Briten mit Kunststoffhaut.

„Liebe auf den ersten Blick“ Siegfried A. Lang TVR Griffith 500

„Mein Griffith von 1999 mit Fünfliter-V8 und 345 PS macht mir viel Spaß. Eigentlich wollte ich eine Cobra haben, aber der Griffith, seine Form, sein Sound und seine Leistung haben mich überzeugt. Er passt gut zu meinem MG RV8 und Morris Minor Coupé.“ (Lang ist Geschäftsführer von Fertan)

Reinhard Rieser über seinen Marcos-BMW 2000

„Eigentlich wollte ich einen De Tomaso Pantera kaufen und entdeckte dabei den Marcos. Nach einer Probefahrt musste ich das blaue Coupé kaufen. Sein Holzchassis und der bereits 1967 in der Schweiz eingebaute BMW-Motor machen ihn einzigartig. Die Daten: 185 PS, 780 Kilogramm.“

Martino Veglio über seinen Ginetta G33

„Wieso Ginetta? Ganz einfach: Liebe auf den ersten Blick. Ich entdeckte 1997 in einer Ausgabe von 'Quattroruote' den G33 und musste das Auto haben. Ohne Importeur und Google dauerte die Suche fast zwei Jahre. Der G33 ist laut und anstrengend, trotzdem liebe ich den Wagen.“