Kaufberatung VW Käfer 1302/1303
Darum ist ein Käfer der perfekte Einstiegs-Oldie
Der beliebte VW Käfer eignet sich trotz seiner eigenständigen Technik hervorragend als Einstiegs-Klassiker mit großer Alltagstauglichkeit. Die robuste Mechanik gibt wenig Rätsel auf, es gibt genügend Ersatzteile und auch die Fahrzeugpreise sind bei dem Millionenseller günstig.
06.01.2025 Christian BangemannFür den oberflächlichen Betrachter sehen alle VW Käfer gleich aus. Tatsächlich wurde der Wolfsburger in seiner langen Laufzeit aber gleich mehrfach komplett umgekrempelt, den größten Sprung machte er 1970. In diesem Jahr erhielt er rundum ein modernes Fahrwerk, Federbeine nach MacPherson vorn ergänzten die Schräglenker an der Hinterhand, die der Hinterachse des Automatikkäfers bereits seit 1967 das Pendeln ausgetrieben hatten.
Der vordere Kofferraum wuchs von schmalen 127 auf höhlenhafte 210 Liter. Auf einem Werbefoto packte VW gleich vier Getränkekisten hinein. Dass die unten abgesägt waren, damit die Haube auch geschlossen werden konnte – geschenkt.
Ab wann nannte VW den Typ 1 offiziell Käfer?
Ende der 1960er-Jahre hatte sich die Grundkonstruktion des Käfers längst überlebt. Die Kurbellenker-Vorderachse und die Eingelenk-Pendelachse hinten waren seit den 1930er-Jahren zwar im Detail leicht aufpoliert worden, aber das Fahrverhalten blieb altertümlich. Auch das Raumangebot konnte neueren Konstruktionen von Opel und Co. nicht das Wasser reichen – nur schien das die Kunden nicht zu stören. Der Käfer eilte von einem Produktionsrekord zum nächsten.
Mit mehr als 1,2 Millionen Exemplaren war 1969 sogar das bislang erfolgreichste Modelljahr des Käfers, der erst seit 1968 auch von VW offiziell so genannt wurde. Mit einem Paukenschlag kam dann 1970 der 1302 in den Handel. Endlich ein Fahrwerk, das den Namen verdiente, mehr Kofferraum und Leistung gab es auch – bis zu 50 PS. Die Kunden waren begeistert, 1971 entschieden sich fast 1,3 Millionen Menschen für einen Käfer und erhoben ihn Anfang 1972 zum Produktionsweltmeister.
Ausgerechnet die Baureihe 1302, der es gelang, den Ford Model T zu überholen, blieb aber nur zwei Jahre im Programm, dann kam schon der 1303, erkennbar an der nunmehr gewölbten Panorama-Frontscheibe statt flacher Scheibe und dem ausgeformten Armaturenträger statt des nur spärlich verkleideten Blech-Armaturenbretts. Er wurde in den USA auf den Spitznamen "Superbeetle" getauft. Damit ist eigentlich alles gesagt.
Vorteil Käfer: solide Verarbeitung
Wie seit Anbeginn der Käfer-Zeiten, genauer seit 1949, sind 1302 und 1303 als Limousine und als Cabrio vom Band gelaufen. Die Cabrios kamen dabei stets von Karmann in Osnabrück und genossen einen besonders guten Ruf in Bezug auf ihre Fertigungsstandards. Die Limousinen im direkten Wettbewerbsumfeld waren ebenfalls mit nahezu kugelsicherer Qualität gesegnet und auf Wunsch mit Schiebedach zu haben.
Der 1303 hatte 1972 sogar einen selbstaufstellenden Windabweiser für seine Luke. Teile für diese Dächer sind mittlerweile sehr rar, selbst der Blechdeckel ist kaum noch zu bekommen. Tatsächlich hat das 1303 Cabrio weit länger gelebt als die Limousine. Immerhin fünf Jahre ist der offene Superbeetle noch gebaut worden, nachdem die Blechdach-Basis bereits Geschichte war.
Motoren: Boxer mit Schwächen
Mit den 1,3- und 1,6-Liter-Motoren, die im 1302 debütierten, hat VW zunächst voll danebengegriffen. Schon die schwächeren Vorfahren galten als trinkfest. Die Motoren mit dem charakteristischen dreigeteilten Ansauggeweih und den Doppelkanal-Zylinderköpfen des Jahrgangs 1970 aber waren richtig schlimme Säufer und unter zwölf Litern auf 100 km kaum zu bewegen. VW hat zwar schleunigst nachgebessert und den frisch eingeführten Verteiler mit seltsamer doppelter Unterdruckdose rausgeworfen sowie Zündzeitpunkt und die Vergaser angepasst.
Aber der Ruf war nachhaltig ruiniert. Auch der Sparkäfer 1302 A (später 1303 A) mit dem kleinen 1200er wurde in Sippenhaft genommen. Fatal war die Neigung des Auslassventils von Zylinder drei, bei Vollgasfahrt zu verbrennen. Ein Standard-Motorentod bei Cabrios, die offen über sommerliche Autobahnen getrieben wurden. VW hatte die Position des Ölkühlers geändert und ihn in den Luftstrom des Gebläses gerückt. In der neuen Position strich nun aber die von ihm aufgeheizte Luft über den Kopf des dritten Zylinders – vor allem im Cabrio mit der verringerten Luftzufuhr zum Motor (ihm fehlen die Lüftungsschlitze unter dem Rückfenster) fatal. Aus heutiger Sicht ist das alles nicht mehr so schlimm.
Käfer-Fahrer rasen nicht wie wilde Stiere, das senkt den Verbrauch und die Motortemperatur. Ein zusätzlicher Ölkühler ist freilich immer eine gute Idee. Vor allem, wenn man über eine leichte Frisur für den Boxer nachdenkt. Und das sollte man, denn historisch durchaus korrekte Doppelvergaser können zweierlei: Sie senken den Verbrauch und heben das Fahrvergnügen.
Fahren: toller Komfort, einzigartiges Geräusch
Eigentlich ist der Käfer ein Paradox auf Rädern. Denn obwohl er im Serientrimm nie wirklich schnell war, fühlte er sich nie langsam an. Im Gegenteil, durch das schon bei niedriger Drehzahl anliegende maximale Drehmoment bekommt man beim Beschleunigen immer den Eindruck, über ordentlich Leistung zu verfügen – zumindest bis etwa 90 km/h, darüber wird es mit nur 34 oder 44 PS schon etwas mühselig, der 50-PS-Motor ist hier immerhin etwas besser.
Dabei rauscht von hinten der luftgekühlte Boxer und lässt den Käfer auf seiner typischen Geräuschwoge durch die Lande surfen. Das Fahrwerk der 1302 und 1303 verwöhnt den Fahrer mit überraschend viel Komfort und in Kurven mit einem erstaunlich hohen Grenzbereich. Ab August 1974 hat der 1303 die Zahnstangenlenkung der wassergekühlten Geschwister und lässt sich damit präzise dirigieren.
Der 1302/1303 als Klassiker
Es hat einige Zeit gedauert, bis die 1302 und 1303 voll von der Klassiker-Szene akzeptiert wurden. Die Limousinen galten als Wegwerf-Winterkäfer oder hauchten ihr Leben beim Autocross aus. Limousinen wurden als Teileträger für waidwunde Cabrios ausgebeint, denn die Topless-Varianten besaßen immer einen Liebhaberstatus. Mittlerweile haben sich die Limousinen längst etabliert, und einige Sondermodelle, wie der Weltmeister oder der GSR, werden kultisch verehrt.
Darum aufgepasst, so ein Modell lässt sich leicht nachbauen. Vor dem Kauf sollte man sich von der Originalität überzeugen (lassen). Volkswagen stellt auf Wunsch für 50 Euro ein Datenblatt mit allen Ausstattungsdetails zum Auto aus. Eine etwas schmuckere Geburtsurkunde kann man bei VW als sogenanntes Zertifikat für 76 Euro ordern.
Karosserie-Check
Mürbe Rahmenköpfe sind bei allen Käfer-Generationen ein Problem, daran hat auch der Sprung zur MacPherson-Vorderachse nichts geändert. Sie krankt außerdem an labilen Querlenkern, die schon leichte Bordsteinrempler mit unnatürlicher Verkrümmung übelnehmen. In den Federbeindomen kann es böse rosten, ebenso im Bereich der Spritzwand. Eine verhärtete Kofferraumdeckel-Dichtung lässt Feuchtigkeit in den Kofferraum und in die Ersatzradmulde, die auch von außen korrosionsgefährdet ist. Bei allen nicht exzellent gewarteten Käfern gammelt es im Bereich der Kotflügelschraubkanten. Schwachstellen sind die Bodenbleche, vor allem im Bereich unter der hinteren Sitzbank und um die Wagenheberaufnahmen. Bei Cabrios können die Türen im oberen Bereich, kurz hinter den Dreiecksfenstern, einreißen, sie korrodieren unten von innen nach außen, wenn die Ablauflöcher verstopft sind, und ihre Scharniere schlagen aus, wenn die Schmierung vernachlässigt wird. Risse in den Armaturentafeln der 1303 sind die Regel. Sitzbezüge scheuern durch und sind kaum zu bekommen. Beim Tacho geht der Kilometerzähler kaputt.
Technik-Check
Es gibt praktisch keinen Käfer-Motor, der nicht ölt, und ein solches Triebwerk fasst nur 2,5 Liter, die müssen alle 5000 km oder einmal im Jahr gewechselt werden. Mit zu altem Öl oder niedrigem Ölstand ist nicht zu spaßen, schließlich wird der Boxer keineswegs nur von der Luft gekühlt, sein Schmierstoff muss sich hier ebenfalls stark engagieren. Die Getriebe und Antriebsachsen machen kaum Ärger, die Schaltung kann durch ausgeleierte Buchsen viel von ihrer ohnehin nicht dramatisch guten Präzision verlieren.
Ein durchgerosteter Auspuff und poröse Wärmetauscher (Heizbirnen) stellen eine Gefahr dar, weil sie Abgase über die Heizungskanäle in den Innenraum blasen können. Zu straff gespannte Keilriemen reißen schnell und schädigen vorher noch die Lager der Lichtmaschine. Das komplette Zündgeschirr altert durch die hohen Temperaturen im Motorraum, vor allem die Kabel. Grundsätzlich macht die Elektrik des Käfers keinen Ärger, die elektrische Uhr des 1303 ist allerdings nicht als Ersatzteil lieferbar, sie sollte also laufen. Es waren gegen Aufpreis elektrische Frischluftgebläse verfügbar, hier gehen die Motoren fest, wenn sie zu selten genutzt werden.
Preise
Für nicht fahrbereite Superbeetles werden immer noch vierstellige Beträge fällig. Ein 1302 im mäßigen Zustand kostet etwa 3.600 Euro. Ein gepflegtes Exemplar veranschlagt Classic-Analytics bei etwa 15.400 Euro. Ein 1303 kostet 15.800 Euro. Sondermodell wie der Gelb Schwarze Renner können fast so viel Geld kosten wie ein Cabrio: 32.300 Euro notiert Classic-Analytics für diese Variante in einem guten Zustand.
Mit seiner planen Scheibe und dem wulstigen Bug trifft das 1302 Cabrio einen Minderheitengeschmack, das hält die Preise im Zaum: Ein solches Cabrio kostet in gutem Zustand 24.200 Euro und ist damit deutlich günstiger als ein 1303 Cabrio, dessen Wert bei 35.200 Euro liegt.
- Bei Einführung 1970 (VW 1302) :
- 5.750 Mark
- Bei Produktionsende 1980 (VW 1303) :
- 6.990 Mark
Ersatzteile
Die gute Nachricht: Es gibt fast alle Teile, entweder neu oder als gute gebrauchte. Feine-Cabrios hat sogar das Kunststoff-Armaturenbrett des 1303 in "Besser-als-damals-Passform" wieder neu aufgelegt, es kostet herzhafte 2.640 Euro und passt sowohl in die Limousine als auch in das Cabrio. Ein Kotflügel hinten für die Elefantenfuß-Rücklichter ist für 300 Euro zu bekommen. Schwierig ist die Versorgung mit hochwertigen Wärmetauschern (Heizbirnen). Zwar gibt es Ersatzteile, deren Passform auch okay ist. Ihr Innenleben liegt qualitativ aber weit unter dem Niveau der alten Bauteile, die Heizleistung ist damit sehr eingeschränkt. Wer seinen Käfer auch für Winterrallyes nutzen möchte, sollte sich daher nach NOS-Teilen oder guten Gebrauchten umschauen.
Schwachpunkte
- Rahmenkopf
- Kotflügelschraubkanten
- Bodenblech, Wagenheberaufnahmen
- Karosserie-Schraubkante
- Schweller und Trittbretter
- Bremse zieht einseitig
- Vorderachsaufhängung
- Federbeindome, Querlenker
- Heizbirnen, Wämetauscher, Auspuff
- Motor ölt
Wertungen
Fazit
Der beliebte VW Käfer eignet sich trotz seiner eigenständigen Technik hervorragend als Einstiegs-Klassiker mit großer Alltagstauglichkeit. Die robuste Mechanik gibt wenig Rätsel auf, es gibt genügend Ersatzteile und auch die Fahrzeugpreise sind bei dem Millionenseller günstig.
Gut gepflegte Käfer leben ewig. Aber auch schlecht gewartete laufen mitunter überraschend gut, darum Augen auf beim Check. Die Preise für einen VW Käfer streuen stark.