Kaufberatung Opel Kadett C
Kadett zäh zum kleinen Preis
Ausgerechnet der Jedermanns-Opel ist heute ein Auto der Superlative. Speziell die Limousine ist ein Youngtimer, der sehr viel Alltagstauglichkeit zum kleinen Preis bietet. Auf dem Weg zum H-Kennzeichen lauert aber nicht nur die zeittypisch nachlässige Rostvorsorge, sondern auch die Kreativität vieler Tuner. Denn diese ließen nur wenige originale Exemplare übrig.
24.08.2011Karosserie-Check
Natürlich ist Rost das größte Opel Kadett-C -Problem, schließlich ist er ein Erfolgsprodukt der siebziger Jahre. Im Vergleich zum frühen VW Golf oder vielen Konkurrenten aus Italien und Frankreich zählte seine Karosserie damals zu den Haltbareren im Lande. Nach reichlich drei Jahrzehnten sind ungeschweißte Exemplare dennoch rare Einzelfälle. Und wenn seinerzeit saniert wurde, dann oftmals marktwertgerecht - nämlich schnell und schmutzig: Ein ehrliches, unberührtes Auto ist deshalb die seltenere, aber bessere Wahl. An mangelnder Verfügbarkeit von Reparaturblechen oder deftigen Preisen wird das Weiterleben des Volks-Opel jedenfalls nicht scheitern (siehe Ersatzteile). Ein Tummelplatz der Korrosion ist im Prinzip der gesamte Vorderwagen. Die Frontschürze gammelt entlang der Kotflügelkanten und - bei frühen Typen - um die Blinker. Die Kotflügel quellen entlang der A-Säule, im Radlauf und an der kompletten Oberkante.
Weitere Schwachstellen sind die Schottbleche um die Scheinwerfer, die Stehbleche im Motorraum, die Stoßdämpferdome, der Batteriekasten und selbstverständlich die A-Säule selbst. Als ebenso typisch gelten durchmorschte Türunterkanten, weil verstopfte Ablauflöcher meist das Entstehen von Feuchtbiotopen unterstützen, poröse Windschutzscheibendichtungen, die Regenwasser in den Innenraum tröpfeln lassen, korrodierte Außen- und Innenschweller (zur Prüfung: Teppich- oder Gummibelag des Fahrzeugbodens entfernen), angerostete Sitzhalterungenhintere Seitenteile. Leider sind sie verschweißt, lassen sich also nicht einfach tauschen wie die vorderen Kotflügel, weshalb gerade hier oft gemurkst wird: Radläufe sowie Endspitzen sind meist ein Fall für den Totalersatz. und - in praktisch allen Fällen - gammelige
Ein Check des Kofferraumbodens empfiehlt sich ebenso wie ein Blick auf gleichmäßige Spaltmaße, weil Unfallreparaturen ebenfalls gern auf kostendämpfende Weise erledigt wurden. Und wer vor einem der raren Aero-Typen steht, sollte den Übergang vom Sicherheitsbügel zur Karosserie ebenso prüfen wie den Zustand der Dichtungsgummis, die häufig ausfransen
Technik-Check
Der klassische kleine Kadett-Motor mit seitlicher Nockenwelle lebte noch bis Ende der Achtziger im Corsa weiter - so viel zum Thema Standfestigkeit. Leichter Ölverlust ist der einzige Makel, den ihm Kenner nachsagen. Ansonsten erreicht er locker die 200.000-Kilometer-Grenze und lässt sich dann für kleines Geld ersetzen. Nicht weniger dauerhaft sind die anderen Motoren für den Kadett C gab: Die Typen 1.6 S, 1.9 E sowie 2.0 E gehen allesamt auf die gleiche Konstruktion des Jahres 1965 zurück, wurden 100.000-fach verkauft und trugen ihren Teil zum Mythos des unzerstörbaren Opel bei.
Markentypisch ist allerdings die anfällige Wasserpumpe (Ersatz kostet rund 70 Euro). Beim 2.0 E streikt oft auch die Ölpumpe, und ausgeschlagene Drosselklappenwellen kommen ebenso vor wie streikende Benzinpumpenrelais. Als problemlos gilt hingegen die in den GT/E- und Rallye- Versionen verwendete Bosch-Einspritzung - so lange kein Wasser ins Steuergerät eingedrungen ist, woran undichte Kabelzugänge schuld sein können. Ein schwergängiges Gaspedal hat meist die banale Ursache von porös gewordenen oder fehlenden Gummilagern im Gasgestänge.
Anfälliger ist der Antriebsstrang. Singende Getriebe sind normal, auch die Synchronisierung schwächelt gern (Überholsatz: etwa 150 Euro). Dröhnende Kardanwellen fordern nach neuen Kreuzgelenken, Differenziale jammern schon bei geringen Kilometerleistungen und trennen sich im höheren Alter oft von ihrem Schmierstoff. Die Gummimanschetten der Spurstangen gelten ebenso als Verschleißteile wie die Hardyscheiben der Lenkung (Ersatz: rund 20 Euro). Relativ schnell werden auch Hauptbremszylinder undicht, wirft die Tachowelle das Handtuch (ca. 20 Euro) oder brechen die Plastik-Scharniere der Tankklappe an der C-Säule - Defekte sind ebenso fix aber auch repariert. Keine Angst müssen Kadett-Käufer, denen nicht so sehr nach druckvoller Beschleunigung ist, im Übrigen vor der häufiger anzutreffenden Dreigang-Automatik haben: Sie gilt als ausgesprochen langlebig.
Preise
Voll fahrbereite C-Kadett-Typen gibt es für knapp 2.000 Euro, aber auch für die zehnfache Summe: Ganz unten rangieren die Limousinen mit kleiner Motorisierung, die mitunter noch in Opas beheizter Garage überdauert haben, die Spitze markieren wettbewerbsfähige GT/E-Coupés für den Privat-Rennsport. Dazwischen ist je nach Anspruch alles möglich: Gesunde C-Kadett-Limousinen sind billiger als gleichaltrige Käfer und daher sicher eine der attraktivsten Möglichkeiten, mit einem Alltags-Youngtimer ins Hobby einzusteigen. Selbst ein Top-Kadett im Jahreswagenzustand ist kaum teurer als 3.500 Euro.
Praktisch ausgestorben ist der Kadett Caravan, eine Rarität der City, dessen Winz-Kofferraum den Alltagsnutzen deutlich einschränkt: Beide sind theoretisch etwas teurer als die Limousine. Makellose Coupés können dagegen auch in Normal-Ausführung an der 5.000-Euro-Marke kratzen, während ausgezeichnete und vor allem originale Aero bereits in fünfstellige Bereiche entschwebt sind. Ansonsten raten Experten dazu, jeden GT/E oder Zweiliter-Rallye zu kaufen, der in ebenso rost- und unfallfreiem wie naturbelassenem Zustand überlebt hat. Aber vorher muss man sie finden: Das Gros im heutigen Angebot sind Fünfthand-Kadetten in Normalversion, wüst aufgebrezelt, oft auch mit lausig sanierten Unfallspuren und geschmacksferner Individual-Lackierung aus den Achtzigern. Lieber Finger weg - auch wenn die flaue Nachfrage inzwischen Billigpreise diktiert. Solche Exemplare gibt es ab etwa 3.000 Euro, gute GT/e kosten rund 11.000 Euro.
- Bei Einführung 1973 (Opel Kadett C) :
- 7175 Mark
- Bei Produktionsende 1979 (Opel Kadett C) :
- 10.365 Mark
Ersatzteile
Käfer oder Kadett, das war in den Siebzigern zu Recht die Frage, weil sie beide unschlagbar günstig im Unterhalt waren. Seine soziale Ader hat der Opel nicht verloren, er macht Pfennigfuchser noch immer froh: Denn die Versorgung mit Verschleißteilen und vielen Blechpositionen ist gesichert, es gibt eine ganze Reihe von Anbietern, ihre Preise sind moderat. Eine Stoßstange etwa kostet zwischen 125 Euro und 200 Euro, das Lenkgetriebe 149 Euro, zwei Bremsscheiben für den GT/E 98 Euro und ein neuer vorderer Blinker 39 Euro. Das können selbst moderne koreanische Kleinwagen nicht viel billiger, zumal immer wieder auch Schlachtexemplare im Preisbereich zwischen einem Mittagessen und 200 Euro im Angebot sind und als Motorenspender auch andere Opel-Modelle in Frage kommen.
Zudem eignet sich ein simpel strukturiertes Auto wie der Kadett C bestens zum kostendämpfenden Selbermachen. Alles gibt es auf dem freien Markt allerdings nicht mehr, weshalb das Restaurieren meist deutlich teurer ist als der Kauf eines gut erhaltenen Autos: So zählen neue Frontmasken für spätere Modelle ebenso zur Mangelware wie vordere Kotflügel für frühe Kadett-Exemplare sowie Seitenteile und Türen für die Coupés - als Neuteile kosten sie bis zu 500 Euro. Mühsam ist mittlerweile auch die Suche nach speziellen Ausstattungsdetails, die neben dem Verschleiß auch dem Ehrgeiz der Tuner zum Opfer fielen: Dazu gehören spezielle Anbauteile, originale Sportsitze, Zusatzinstrumente, viele der zeittypischen Dekorfolien, Türverkleidungen oder die originalen Sitzbezugsstoffe. Wenn es etwa um den Karo-Stoff eines frühen GT/E, eines Aero oder City geht, wird die Originalität der Innenausstattung zum Kriterium, das den Marktwert eines Fahrzeugs entscheidend beeinflussen kann.
Schwachpunkte
- Kotflügel
- Frontschürze
- A-Säulen
- Stehbleche
- Stoßdämpferdome
- Innen- und Außenschweller
- Türunterkanten
- Radläufe und Endspitzen
- Kofferraumboden
- Ölverlust
- Fahrwerk (Verschleiß)
- Originalität
Wertungen
Fazit
Ausgerechnet der Jedermanns-Opel ist heute ein Auto der Superlative. Speziell die Limousine ist ein Youngtimer, der sehr viel Alltagstauglichkeit zum kleinen Preis bietet. Auf dem Weg zum H-Kennzeichen lauert aber nicht nur die zeittypisch nachlässige Rostvorsorge, sondern auch die Kreativität vieler Tuner. Denn diese ließen nur wenige originale Exemplare übrig.