Kaufberatung Honda NSX (1990 - 2005)
Ayrton Sennas heißer Alu-Renner für die Straße
Mittelmotor, Alukarosse, 280 km/h Spitze und ein Testfahrer aus der Formel 1: Der Honda NSX war 1990 Japans Ersatz-Ferrari. Und heute? Überzeugt er mit Solidität, Exklusivität und Klassiker-Potenzial, auch wenn seine 280 PS heute schon im Kompaktsportler von Seat toben. Es gibt nur ein Problem.
16.07.2015 Roman DomesDie Revolution begann in den späten 1980er-Jahren in Japan. Mazda belebte mit dem MX-5 das Konzept des zweisitzigen, erschwinglichen Roadsters wieder. Honda zeigte 1989 mit dem NSX einen Sportwagen mit Formel 1-Technologie, einen Konkurrenten zu Porsches 911 Carrera 2 und Ferraris 348 tb. Das NSX steht für "New Sportscar Experimental".
Honda NSX mit V6-Mittelmotor und bis zu 280 PS
Der Dreiliter-V6-Mittelmotor leistete bei Erscheinen 274 PS und damit mehr als Boxer im 911, der zu jener Zeit in der Generation 964 mit 250 luftgekühlten PS sägte. Bei Honda war man durchaus optimistisch, was den Verkauf des NSX betraf. In Tochigi bauten die Japaner ein Werk, nur für den futuristischen Sportwagen. Seine 4,4 Meter lange Karosse bestand ausschließlich aus Aluminium, und das 1990 - als Audi, BMW und Mercedes noch vergeblich versuchten, ihre Stahlkonstrukte rostfrei zu halten.
Der NSX der ersten Baureihe (NA1) wog nach Angaben von Honda lediglich 1.362 Kilogramm. Noch leichter war die 2002 vorgestellte, finale NSX-R-Extremvariante mit 280 PS. Der „normale“ NSX bekam den gleich starken 3,2-Liter-Motor schon mit der Vorstellung der zweiten Baureihe (NA2) im Jahr 1997. Da wurde er auch etwas schwerer: 1.388 Kilo sind 26 mehr als vorher.
VVIS, VTEC, Titanpleuel und Ayrton Senna
Abgespacet sah er immer aus, egal ob mit oder ohne seine Klappscheinwerfer; die entfielen 2002 mit dem Facelift des NSX NA2. Der hatte weiterhin das viel zu lang wirkende, weit über die hinteren Radkästen ragenden Heck mit dem Spoiler obendrauf. Der hochdrehende Motor wies Zutaten aus, die man bisher nur aus dem Rennsport kannte. Dazu zählen die Pleuel aus Titan, eine variable Ansaugregelung (VVIS) und natürlich die durch den Öldruck regulierte Ventilsteuerung (VTEC).
Im Vergleich schlug er im Querdynamik-Test von auto motor und sport 1991 mit seinem Antriebskonzept und seiner fein austarierten Fahrwerksabstimmung sowohl den Porsche Carrera 2, als auch den Konkurrenten aus eigenem Lande, den Nissan 300 ZX. Kein Wunder, fuhr doch ein gewisser Ayrton Senna die letzten Abstimmungsfahrten des NSX auf dem Nürburgring.
Die Presse überschüttete den NSX mit Lob für sein außergewöhnlich gutes Handling und den trotz seines bescheidenen Hubraums begeisternden V6-Motor.
Querdynamik statt PS-Protzerei - bis zu seinem Ende
Auch beim Sprint erzielte der Honda gute Leistungen: Von 0 auf 100 km/h beschleunigte der Vorfacelift-NA1-NSX in flotten 5,9 Sekunden (NA2: 5,5 Sek., NSX-R im Supertest: 4,9 Sek.) und rannte je nach Version bis zu 280 km/h - wenn er denn mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe ausgerüstet war. Die F-Matic genannte Viergang-Automatik raubte dem Japan-Sportwagen jegliche Längsdynamik und der Standardsprint dauerte eine ganze Sekunde länger. Erwähnenswert: Der NSX mit F-Matic hatte immer 256 PS.
Man fragt sich: Wer ist denn Schuld, dass Honda entschied, eine Automatik für diesen doch recht extremen Sportler anzubieten? Ganz klar: der amerikanische Markt. Den hatte Honda als Hauptabsatzmarkt für den NSX ausgemacht, und die Käufer in den Staaten nahmen erfahrungsgemäß lieber die Automatik-Schaltung. Umso eigenartiger, dass Honda im Land der großvolumigen Achtzylinder auf einen vergleichsweise kleinen V6-Motor in einem Supersportwagen setzte.
Und dann war da noch der hohe Preis für viel Technik-Brimborium, aber letztlich zu wenig Leistung: Mindestens 135.000 DM waren bei der Einführung des Honda NSX fällig. In 15 Jahren kamen nur 271 Exemplare nach Deutschland. Die sind heute - und im guten Zustand, mit wenigen Kilometern - auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht ganz preiswert. Mit mindestens 40.000 Euro sollte man für ein Vorfacelift-Modell rechnen, Modelle ab Baujahr 2000 tauchen nur noch ganz selten im Internet auf.
Auch ein Honda NSX hat Schwachstellen
Es sind auch einige Honda NSX mit der gescholtenen Wandlerautomatik in den Autobörsen zu finden. Immerhin hatten die Automatik-Kunden einen Vorteil: keine Zweischeiben-Kupplung. Die gilt beim Honda NSX als eine der wenigen Schwachstellen und muss meistens nach maximal 100.000 Kilometern getauscht werden. Mit dem Nachfolgemodell NA2 und der darin verbauten neuen Einscheiben-Kupplung wurde es nicht wirklich besser.
Für Sportfahrer weniger wichtig, dafür im Alltag umso nerviger: Die Klimakompressoren (Ersatz: ca. 1.000 Euro) geben im Lauf der Jahre oftmals den Löffel ab, und die Bose-Soundanlage quittiert ihren Dienst. Krachender, quietschender Sound ist ein Indiz dafür, dass hier bald eine neue Platine für den Verstärker her muss. Kosten: mindestens 400 Euro.
Alle 8 Jahre oder 100.000 Kilometer steht ein Zahnriemen- und Wasserpumpen-Wechsel an - bei einem Kauf sollte man darauf schauen, dass der letzte große Service nicht zu lange her ist. Denn um die beiden, eigentlich relativ günstigen Bauteile zu wechseln, muss der Motor ausgebaut werden. Das dauert, und Zeit ist bekanntlich Geld.
Die Ersatzteillage ist schlecht, viel muss importiert werden. Von Unfallautos ist beim Honda NSX besonders dringend abzuraten: Die Karosserieteile aus Alu sind extrem teurer. Ihre Preise liegen auf Ferrari-Niveau. Eine Tür kostet unlackiert ca. 3.000 Euro. Heftig, und auch ein Grund, warum der Honda NSX von den Straßen so gut wie verschwunden ist. Man wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher als ein europäisches Klassiker-Programm für japanische Sportwagen der 1990er.