Citroën 2CV Kaufberatung

Enten rosten. Alle. Fast überall.

Manche denken immer noch, der Citroën 2 CV, die Ente, seiein billiges Auto. Doch das war einmal. Inzwischen kommen gute Modelle teuer. Die Zeiten erfolgreicher Schnäppchenjagd ist vorbei. Wer kein Top-Exemplar kauft, sollte bei allen Jahrgängen besonders auf den Karosseriezustand achten. Technische Probleme bleiben überschaubar. 

Austin Mini und Citroën 2 CV 6 Club Foto: Uli Jooß 21 Bilder

Wer rechnet denn mit so was? Die Reiseapotheke für den Nordseeurlaub, von meinen fürsorgenden Eltern reich bestückt, scheint für jede Unbill gerüstet, die einem viereinhalb Jahre alten, umhertobenden Buben widerfahren könnte: Heilsalbe und Pflaster für aufgestoßene Knie, Kühlkompressen für Wespenstiche oder eingeklemmte Fingerchen und Magentropfen, falls das Inselfieber kommt. Nur auf ein gebrochenes Herz ist die Reiseapotheke nicht vorbereitet.

"Ich will nicht, dass die Ente geht"

Es passiert, als der Junge sich in den grünen 2CV 6 einer Urlauberin aus Rendsburg verliebt. Die Dame setzt ihn hinter das Lenkrad, verspricht, den Wagen nicht mehr abzuschließen, damit der Bub jederzeit in die Ente klettern kann. Der verliert so jedes Interesse an Sandburgenbau, Eisessen und Schlafengehen. Das Glück zerbricht, als die Dame nach zwei Wochen abreist. "Ich will nicht, dass die Ente geht", heult der Bub, und nichts kann ihn trösten.

Der 2CV reagiert damals abgeklärter, er ist ja immerhin auch 34 – ein Spätenwickler allerdings, der schon seinen Geburtstermin um neun Jahre überzog. Drei Jahre entwickelt Citroën den T.P.V., doch dessen für September 1939 terminierte Serienproduktion verhindert der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Das Konzept des Toute Petite Voiture, des ganz kleinen Autos, übersteht den Krieg: Vier Passagiere und deren Gepäck soll der französische Volkswagen möglichst komfortabel und mit mindestens Tempo 60 über die schlechten französischen Straßen transportieren.

Auf dem Pariser Salon 1948 präsentiert Citroën den 2CV. Er ähnelt dem T.P.V. formal stark, ist aber deutlich verbessert und kommt im Vergleich zum etwa gleich alten VW Käfer sehr modern daher: Am Plattformrahmen baumelt ein Fahrwerk mit Einzelradaufhängung rundum und langhubigen seitlichen Schraubenfedern. Dazu bietet der 495 Kilo leichte 2CV allen vier Passagieren eine eigene kleine Tür und hat einen echten Kofferraum.

Zweizylinder-Boxermotor als Kraftquelle

Der luftgekühlte 375-cm³-Zweizylinder-Boxermotor sitzt längs unter der windigen Dünnblechhaube und treibt über ein Vierganggetriebe die Vorderräder an. Weil er aber nur neun PS aufbringt, ist so etwas wie Beschleunigen schwierig. 62 km/h soll er schaffen, doch bei voller Zuladung, wenn jedes PS fast 90 Kilogramm bewegen muss, kann schon ein etwas aufmüpfiger Gegenwind das Vorankommen des 2CV grundsätzlich gefährden.

Das Existenzrecht von Bergen schließlich hat die Ente niemals wirklich anerkannt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich ihre Leistung während der 42 Produktionsjahre mehr als verdreifacht. 1970 ist die Ente ausgewachsen, ihre Weiterentwicklung kommt praktisch zum Stillstand. Die Vordertüren ankern da schon seit sechs Jahren an der A- statt an der B-Säule, in der C-Säule sitzt ein Seitenfenster, und als 2CV 6 bekommt die Ente den großen Motor mit 602 Kubik und 28 PS.

Die Bleifrei-Ente lief 116 km/h

Sein Volumen wird in den restlichen 20 Jahren gleich bleiben, seine Leistung mal um drei PS nach unten, mal um ein PS nach oben variieren, ohne dass dies Einfluss auf die Fahrleistungen hätte. 1986 hat die Ente gerade mal wieder 28 PS. Klaus Westrup bemerkt dazu in einem Test in auto motor und sport: "Die Bleifrei-Ente lief 116 km/h – drei schneller als die 29-PS-Ente. Eine Erklärung für das eigenwillige Verhalten kann die Redaktion nicht liefern; es gibt – ähnlich den Wundern von Lourdes – Dinge, in die man sich fügen muss."

Nach 42 Jahren Bauzeit und 3,9 Millionen Exemplaren beschließt die Ente 1990 dahinzuscheiden. Vielleicht ist sie es auch einfach leid, dass ihr Tod seit Jahren erwartet wird. Sie selbst mag danach rosten, meine alte Liebe und die Sehnsucht nach ihr nicht. Sie überstehen 26 Jahre. Selbst die kostspielige, zerbrochene Beziehung mit einer verratzten Billig-Ente können sie nicht schmälern.

Obwohl sie nur eine gleiche, aber nicht dieselbe Ente wie damals ist, scharrt der grüne 2CV 6 beim Wiedersehen aufgeregt mit dem Anlasser und schnattert hochtourig im Leerlauf los. Der erste Gang rastet nur im Stillstand knirschfrei ein. Wenn die Kupplung greift und die Ente losprustet, fühlt sich das so an, als ob zwei Züge an nebeneinanderliegenden Gleisen stehen und einer ganz langsam anfährt: Das Auge erkennt Bewegung, aber die anderen Sinne können nicht einordnen, welcher Zug tatsächlich rollt – der eigene oder der gegenüberliegende.

Die Ente gautscht gemütlich

Wenn die Ente anfährt, fragt man sich, ob sie sich sachte vorwärts bewegt oder sich die Welt unter ihr in die Gegenrichtung wegdreht. Erst nach ein paar Sekunden trügen die Sinne nicht mehr. Die Ente bewegt sich, ihr Vorwärtsdrang presst die Passagiere sogar in die Sitze, was allerdings eher an deren trampolinhafter Konstruktion – zwischen den Sitzrahmen gespannte Gummibänder tragen die Polster – als an hohen Längskräften liegt. Wegen der großen Schwungmasse des Zweizylinders bricht die flache Beschleunigungkurve auch nach dem Hochschalten nicht ein. Im vierten Gang gautscht die Ente dann gemütlich über schmale Sträßchen. Anderswo möchte sie nicht mehr fahren.

Auf Autobahnen wird sie wegen ihrer Langsamkeit terrorisiert, auf breiten Landstraßen in den Graben gedrückt, weil alle meinen, sie wären Verlierer, wenn sie die Ente nicht überholen. Kurven dagegen mag sie gern, auch wenn ihr noch immer nachgesagt wird, sie würde mal umpurzeln, weil sie sich da mit so großer Schlagseite reinwirft. Sie kippt vor allem Denkweisen. Man fragt sich oft, was man im Auto braucht, wünscht sich die Ausstattungsliste hoch und runter, kauft ernsthaft Sensoren, die bei Regen die Wischer einschalten und bei Nacht das Licht, als sei man selbst dafür zu begriffsstutzig.

Ente-Fahren ist Slow Drive

Ein Tag mit der Ente und man erkennt, auf was man alles verzichten könnte, wie erleichternd das wäre – die reine Freude am Auto. Ente-Fahren ist heute ein Genuss wie Slow Food: Slow Drive, langsam also, aber umso bewusster. Durch die hochgeklappen Seitenscheiben und das zurückgerollte Dach streicht nun warmer Sommerwind. Als er kühler wird, die Sonne sich senkt, stoppt die Ente und packt ihr Rücksitzsofa raus, zum Abendrotgucken. Als die Sonne untergegangen ist, sitze ich noch immer auf der Bank vor der grünen Ente. Diesmal wird es nicht so sein wie im Sommer ’82. Diesmal lasse ich sie nicht gehen.

Karosserie-Check

Enten rosten. Alle. Fast überall. Besonders bei den letzten Modellen, die in Portugal produziert wurden, hat man den Eindruck, die Blechteile seien ein paar Wochen in Salzwasser eingelegt und erst dann montiert worden. Rostvorsorge gab es beim Citroen 2CV praktisch keine. Immerhin wurden viele der letzten Enten seinerzeit von ihren Besitzern hohlraumversiegelt.

Besonders gefährdet durch Rost sind der Rahmen und das daraufliegende Bodenblech. Sehr oft muss beides ausgewechselt werden. Dabei sind unbedingt verzinkte oder anderweitig rostsichere Teile zu verwenden. Durch die sehr oft undichten Dächer der Ente kommt viel Feuchtigkeit ins Auto. Unter der Fußboden- Gummimatte sammelt sich die Nässe, vor allem am vorderen Querblech unter den Pedalen. Oft sind Citroen 2CV in diesem Bereich schon ausgebessert - häufig aber nicht sehr gut. So kann Rost auch von innen nach außen dringen.

Weitere korrosionsgefährdete Stellen beim Citroen 2CV sind Schweller, Radläufe beziehungsweise die Kotflügel und besonders ihre Endspitzen sowie das hintere Abschlussblech der Karosserie unter der Kofferraumklappe. Ebenso kann die braune Pest am Lüfterblech, den Scheibenrahmen und den Türen kräftig wüten. Der größte Pluspunkt an der Ente, das PVC-Rolldach, wird bei häufigem Gebrauch schnell brüchig und undicht.

Technik-Check

Die Technik der Ente ist zwar überschaubar, doch braucht der Motor einige Pflege. So sollten das Öl regelmäßig gewechselt und die Ventile mindestens alle 20.000 Kilometer eingestellt werden. Dann sind Laufleistungen bis zu 300.000 Kilometer möglich. Das Viergang-Getriebe macht ebenfalls wenig Ärger. Oft ist aber die Kupplung des Citroen 2CV verschlissen - was ein starkes Kratzen und entsprechend hohen Verschleiß in der Gangbox zur Folge hat.

Bis 1982 hatte die Ente rundum Trommelbremsen. An den vorderen lassen sich die Beläge nur sehr aufwendig und kompliziert tauschen. Bis zu vier Werkstattstunden können für diese Arbeit samt Einstellen anfallen. Wer sich also für einen Citroen 2CV 6 entscheidet, wählt besser ein Modell mit Scheibenbremsen vorn. Sie lassen sich nicht nur sehr viel einfacher und schneller warten, sondern haben auch eine deutlich bessere Wirkung. Nach etwa 120.000 Kilometern leckt oft der Bremszylinder und muss ausgetauscht werden. Unproblematisch, weil kaum vorhanden gibt sich die Elektrik. 

Preise

Gute Citroen 2CV sind inzwischen teuer. Unter 3.000 Euro finden sich nur Autos zum Ausschlachten oder für sehr unerschrockene Restaurierer. Alltagstaugliche 2 CV kosten rund 5.000 Euro, doch auch dann kann keine absolute Rostfreiheit erwartet werden. Die richtig guten Exemplare gibt es ab etwa 10.000 Euro. In dieser Preisregion finden sich sowohl sehr gepflegte Originalmodelle als auch neu aufgebaute und rostgeschützte Wagen. Für sehr gute, neuwertige Citroen 2CV werden inzwischen Preise um 20.000 Euro verlangt.

Bei Einführung 1980 (Citroën 2 CV) :
7.390 Mark
Bei Produktionsende 1990:
8.690 Mark

Ersatzteile

Auch wenn Citroën-Vertragswerkstätten oft nur noch wenig Ersatz vorrätig haben, mangelt es nicht an Teilen für die Ente. Lediglich wer ganze Karosserien braucht, muss mitunter eine längere Suche auf sich nehmen. Dank der vielen Citroen 2 CV-Spezialisten ist die Versorgung mit Technikteilen weitgehend unproblematisch.

Das Preisniveau liegt dabei aber wie früher auf einem nicht gerade niedrigen Niveau. Bei der Bereifung sind die Michelin-Pneus eine gute Wahl. Sie erweisen sich als sehr haltbar und sorgen für ein ausgewogenes Fahrverhalten. Eine Alternative zu den schnell verschleißenden PVC-Rolldächern sind Stoffverdecke. Sie sind zwar teurer und nicht original, aber deutlich robuster. 

Schwachpunkte

  1. Kotflügel innen und außen
  2. Vorderes Querblech
  3. Schweller
  4. Rahmen und Bodenblech
  5. Endspitzen und Abschlussblech
  6. Bremsen vorn (Trommeln)
  7. Ventileinstellung
  8. Rolldach
  9. Kupplung verschlissen
  10. Auspuff
Citroen 2CV

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Manche denken immer noch, der Citroen 2 CV, die Ente, seiein billiges Auto. Doch das war einmal. Inzwischen kommen gute Modelle teuer. Die Zeiten erfolgreicher Schnäppchenjagd ist vorbei. Wer kein Top-Exemplar kauft, sollte bei allen Jahrgängen besonders auf den Karosseriezustand achten. Technische Probleme bleiben überschaubar.