Jaguar XJ 6, XJ 12 Serie III (1979 bis 1992)
Stimmen die Vorurteile?
Rost, Standschäden und schlampige Wartung sind die größten Feinde eines Jaguar XJ Series 3. Der Ruf niedriger Preise und teurer Wartung hält sich hartnäckig. Sind Sechs- und 12-Zylinder eine Empfehlung wert?
20.08.2020 Alf Cremers, Peter MichaelySie seien günstig zu kaufen, teuer im Unterhalt und kompliziert zu reparieren, erzählt der Volksmund über große Jaguar-Limousinen. Man solle immer zwei bereit halten, weil einer immer in der Werkstatt stünde. Aha. Haben wir jetzt wirklich alle Klischees bedient? Schauen wir lieber mal genauer hin, denn die Limousinen der Serie 3 haben einen genaueren Blick verdient.
Pininfarina-Design und Einspritzanlage
Zwei wesentliche Merkmale unterscheiden den Jaguar XJ Series III von seinem Vorgänger, der Seris II: Die Karosserie war von Pininfarina stilistisch überarbeitet worden und der 4,2-Liter-Sechszylinder bakem statt Vergaser eine Einspritzanlage. Das half der Leistung auf die Sprünge: 250 statt 168-DIN-PS gab Jaguar nun an. Der Reihen-Sechszylinder basiert auf dem XK-Motor, die Konstruktion der Hinterachse mit Hilfsrahmen und innen liegenden Bremsscheiben ist mit jener im E-Type verwandt.
Aufwendige Konstruktion, hoher Komfort
Die aufwendige Konstruktion bietet einen hohen Komfort, benötigt dafür jedoch aufmerksame Wartung – und beim Wechsel der Bremsscheiben etwas mehr Aufwand. Das gilt natürlich erst recht für Arbeiten am 12-Zylindermotor. Nicht selten haben manche Besitzer kostspielige Routinearbeiten wie das Wechseln der Zündkerzen oder das Einstellen des Ventilspiels herausgezögert oder sind mit dem Jaguar länger schnell gefahren als ihm gut tat. Denn der Sechszylinder ist ein Langhuber und der 12-Zylinder sorgt für eine gewaltige Hitzeentwicklung unter der formschönen Haube. Beides kann dazu führen, dass der Motor Stress gerät, der sich später rächt. Läuft der Jaguar und ist er gut gewartet, entschädigt er mit sanftem Komfort und edlem Innenraum. Das Ganze gibt es zum Preis eines neuen Kompakten – jedoch nicht zu dessen Unterhaltskosten. Mitte der 80er wurde außerdem die Qualität besser. Dennoch lohnt es sich heute, beim Kauf genauer hinzuschauen. Genauso ist es übrigens bei Vorurteilen.
Karosserie-Check
Verglichen mit der Problemserie II ist die XJ-Serie III viel besser verarbeitet und weit weniger rostanfällig. Jaguar-Boss John Egan führte in den Achtzigern neue Qualitätsstandards ein. Trotzdem haben sich einige Schwachstellen gehalten. Rost entsteht beim XJ vor allem an Front- und Heckscheibenrahmen, im Motorraum um die Stoßdämpferdome und treibt sein Unwesen um die Scheinwerfertöpfe und an den hinteren Radläufen. Rost am Wagenboden ist recht selten, dafür tritt er oft am Schiebedachrahmen auf. Die Lackqualität ist nicht die beste, vor allem der Klarlack nimmt langes Stehen im Freien übel. Vorsicht auch bei Feuchtigkeit im Innenraum (defekte Scheibendichtungen!), die das Holz angreift.
Technik-Check
XJ 6 und X 12 verursachen einen hohen Wartungsaufwand: Der Motor braucht spätestens alle 10.000 Kilometer frisches Öl, das Fahrwerk muss alle 5.000 Kilometer abgeschmiert werden. Wartungsstaus sind daher häufig. Um regelmäßiges Spannen der Steuerketten und Einstellen der Ventile kommen Besitzer nicht herum.
Bei Ölundichtigkeiten am Kurbelwellensimmerring (Schwungradseite) müssen Motor und Getriebe raus, die Reparatur der hinteren, innenliegenden Bremsen ist zeitraubend. Zum Fahrwerk: Die Federn können sich setzen, Silentbuchsen, Schubstreben und Traggelenke verscheleißen. Defekte Klimaanlagen, verbastelete Kabelbäume, Probleme mit der L-Jetronic und zickende Zentralverriegelungen kommen ebenfalls vor.
Der Sechszylinder ist günstiger zu warten und zu reparieren, weil der Motor viel besser zugänglich ist. Der Zwölfzylinder gilt als robust, langlebig und relativ drehzahlfest. Oft führt ein Wartungsstau zu thermischen und mechanischen Problemen, weil schon Zündkerzenwechsel und Ventilspieleinstellen kostspielig sind. Dauervollgas sollte man auch beim Zwölfzylinder meiden. Der langhubige Sechszylinder ist auf schonende Fahrweise angewiesen, soll er lange halten. Die Elektrik sorgt bisweilen für unangenehme Überraschungen, Automatik- und Schaltgetriebe sind robust und langlebig.
Preise
Dei Preisexperten von Classic Analytics notieren einen Jaguar XJ 12 5.3 S3 in gepflegtem Zustand bei 16.200 bis 21.900 Euro. In schlechtem Zustand liegt der Wert bei 3.300 bis 4.500 Euro. Ein 4,2-Liter-Sechszylinder ist beim Kauf etwas und bei der Wartung deutlich günstiger.
- Bei Einführung 1979 (Jaguar XJ 12, Serie III) :
- 53.950 Mark
- Bei Produktionsende 1992 (Jaguar V12) :
- 114.456 Mark
Ersatzteile
Verschleißteile sind in der Regel problemlos zu bekommen, doch Spezielles wie Serien-Auspuffteile aus unlegiertem Stahl ist bereits rar. Edelstahlanlagen sind deutlich lauter. Schwierig und teuer wird es bei Karoserieteilen wie Gummiauflagen für die hinteren Stoßstangen. Die Zahl der Teilespezialisten ist groß, am bekanntesten sind SNG Barrat, David Manners, Limora, Oldtimer Veteranen Shop oder Jaguar Classic Parts. Das Preisniveau ist für technische Verschleißteile erstaunlich niedrig, selbst V12-Ersatz liegt preislich nicht erheblich über dem für die Sechszylinder 3.4 und 4.2.
Schwachpunkte
- Scheinwerfertöpfe
- Kotflügel und Stehbleche
- Scheibenrahmen vorn/hinten
- Außenschweller, Radläufe
- Hintere Radhäuser
- Türböden
- Kurbelwellen-Dichtring
- Lagerschäden (Sechszylinder)
- Elektrik
- Zylinderköpfe
- Standschäden
Wertungen
Fazit
Obwohl beim Jaguar XJ6 der Serie 3 deutlich besser gegen Rost vorgesorgt wurde, entscheidet auch bei ihm der Karosseriezustand. Denn Blecharbeiten werden meist teuer - und teurer als zunächst gedacht. Es lohnt sich, eine längere Suche auf sich zu nehmen, um ein wirklich gut erhaltenes Exemplar zu finden. In England ist das Angebot deutlich größer - wer mit einem rechtsgelenkten XJ6 leben kann, kann hier viel Geld sparen. Die Vorurteile, dass ein Jaguar mit Öl tropft und das Konto leersaugt, muss nicht stimmen. Gute Wartung verhindert Schlimmeres - wie bei den meisten alten Autos übrigens.